image
Freistaat
Sachsen
Landesamt für Umwelt und Geologie
Potentielle Natürliche
Vegetation Sachsens
mit Karte 1 : 200 000
3.1.2
16.2
3.2.3
8.3
Mulde
3.2.2
2.1.8

1
Materialien zu Naturschutz
und Landschaftspflege 2002
Potentielle Natürliche
Vegetation Sachsens
mit Karte 1 : 200 000
P. A. Schmidt, W. Hempel, M. Denner,
N. Döring, A. Gnüchtel, B. Walter, D. Wendel
Technische Universität Dresden
Herausgeber:
Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie

2

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image
image
 
3
Vorwort
Die „Potentielle Natürliche Vegetation“ (PNV) beschreibt einen Zustand der natürlichen
Vegetation, der vorherrschen würde, wenn die Landnutzung durch den Menschen auf-
hörte. Der Begriff wurde 1956 von R. TÜXEN eingeführt.
Nach diesem Modell wäre Sachsen nahezu vollständig von Wäldern bedeckt. Wasser- und
Nährstoffhaushalt des Bodens, Klima, Höhenlage sowie die Verbreitungsareale der Pflan-
zen würden die Zusammensetzung dieser natürlichen Wälder bestimmen. Nur Gewässer,
Blockschutthalden, Felsen und teilweise Moore wären offene, waldfreie Landschaftsele-
mente.
Unter dem Einfluss des Menschen haben sich in der Kulturlandschaft Felder, Wiesen,
Weiden, Heiden, Staudenfluren, Hecken, Gebüsche und Forste etabliert. Vergleicht man
diese mit der PNV der entsprechenden Standorte, zeigt sich, wie weit ein Gebiet von sei-
nem natürlichen Zustand entfernt ist. Umgekehrt gibt das natürliche Potential eines Stand-
ortes die Zielrichtung für die naturschutzfachliche Pflege und Entwicklung einer Land-
schaft vor, z. B. lichte, artenreiche Mittelwälder, extensiv genutzter Nasswiesen,
artenreiche Bergwiesen oder Zwergstrauchheiden als schutzwürdige Ersatzgesellschaften
der PNV oder die Schlussgesellschaft selbst als natürlichen Wald.
So ist die PNV eine richtungsweisende Grundlage für die Landschaftsplanung. Weitere
Auswertungsmöglichkeiten ergeben sich bei der Vorbereitung von Schutzgebieten, der
Einrichtung von Naturwaldreservaten und Biotopverbundsystemen sowie der Pflege- und
Entwicklungsplanung für solche Gebiete. In der Forstwirtschaft können bei ihrer Berück-
sichtigung die Naturnähe, Produktivität und Widerstandsfähigkeit von Waldbeständen
erhöht und eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden.
Vorkommen und Ausdehnung der potentiellen natürlichen Waldgesellschaften werden in
Vegetationskarten dargestellt. Die beiden in Sachsen etablierten wissenschaftlichen
Ansätze zu ihrer Erstellung basieren auf floristisch-pflanzensoziologischer bzw. stand-
örtlich-vegetationskundlicher Grundlage. Beide wurden im Rahmen von Forschungs- und
Entwicklungsprojekten, die vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Dres-
den, und vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn, gefördert wurden, an der TU Dresden
zusammengeführt und fortgeschrieben. Dabei entstand ein flächendeckendes digitales
Kartenwerk der PNV Sachsens, das nicht nur vielfältige Grundlagen für Planungen in
Sachsen liefert, sondern auch einen Baustein für die Übersichtskarte der PNV Deutsch-
lands darstellt.
Die vorliegende Veröffentlichung beschreibt diesen Prozess und dokumentiert die Pro-
jektergebnisse im Kartenmaßstab 1: 200 000, der eine gute Gesamtübersicht bei hoher
Detailtreue ermöglicht. Besonderen Wert haben die Autoren auf die Erläuterung der Kar-
tiereinheiten gelegt zur Unterstützung der anwendungsorientierten Nutzung.
Mit der Veröffentlichung dieses grundlegenden Kartenwerkes möchten wir einen breiten
Anwenderkreis ansprechen und zu einer an die natürlichen Potentiale angepassten Nut-
zung und nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft beitragen.
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Kinze
Prof. Dr. Hartmut Vogtmann
Präsident des Sächsischen Landesamtes
Präsident des Bundesamtes für Naturschutz
für Umwelt und Geologie

 
4
1
Vorbemerkung und Danksagung
6
2
Einleitung
7
2.1
Die Potentielle Natürliche Vegetation als Planungsinstrument
7
2.2
Arbeitsgrundlagen
8
2.2.1
Theoretische und methodische Bemerkungen zur
Potentiellen Natürlichen Vegetation
8
2.2.2
Definitionen
9
3
Die Erstellung klein- und mittelmaßstäbiger PNV-Karten
für den Freistaat Sachsen
11
3.1
Problem- und Zielstellungen
11
3.2
Grundlagen und Methodik
13
3.2.1
Grundsätzliches zum Verfahren
13
3.2.2
Arbeitskonzeption zur Kartenerstellung
14
3.2.3
Literaturrecherche
21
3.2.4
Geobotanische und waldgeschichtliche Grundlagenerhebungen
21
3.2.5
Auswertung der Waldbiotopkartierung
23
3.2.6
Standortskundliche Auswertungen und Erhebungen
23
3.2.7
Erarbeitung und Beschreibung von Kartiereinheiten
24
3.2.7.1
Erarbeitung von Waldgesellschaften, Auswahl und Benennung
von Kartiereinheiten
24
3.2.7.2
Charakterisierung der Kartiereinheiten
26
3.2.8
Konstruktion der PNV-Karten
28
3.2.8.1
Erstellung von PNV-Karten im Maßstab 1 : 50 000
28
3.2.8.2
Umsetzung der PNV-Karten in den Maßstab 1 : 200 000
30
3.2.9
Erfassung großflächiger naturnaher Waldgebiete
31
4
Allgemeine Gebietsbeschreibung des Freistaates Sachsen
32
4.1
Lage, Oberflächengestalt und naturräumliche Gliederung
32
4.2
Geologie und Böden
33
4.3
Klima
34
4.4
Zur Verbreitung von Buchenwäldern in Beziehung zu Klimafaktoren
37
4.4.1
Methodik zur Erstellung der Buchenklimakarte
37
4.4.2
Ergebnisse
38
5
Potentielle Natürliche Vegetation des Freistaates Sachsen
41
5.1
Ergebnisse der floristischen und vegetationskundlichen
Grundlagenerhebungen
41
5.1.1
Weiserartenkartierung
41
5.1.2
Auswahl und vegetationskundliche Charakterisierung
kartierwürdiger Pflanzengesellschaften
42
5.2
Kurzcharakteristik der Vegetationseinheiten und Stetigkeitstabellen
43
5.2.1
Natürliche Offenlandökosysteme und künstliche Ökosysteme
43
5.2.1.1
Flechtengesellschaften offener Blockhalden (KE 15.1 / X16)
44
5.2.1.2
Gewässer und deren Ufervegetation (KE 0.1 / B)
44
5.2.1.3
Vegetationskomplexe offener und gebüschbestandener
Zwischen- und Niedermoore (KE 0.2 / C3)
44
5.2.1.4
Anthropogen geprägte Bereiche (ohne Angabe der PNV, KE 16 / Z1)
46
5.2.2
Buchen(misch)wälder
46
5.2.2.1
Mesophile Buchen(misch)wälder
47
5.2.2.1.1 Waldmeister-Buchenwald (KE 1.1 / M, N1)
47
5.2.2.1.2 Springkraut-Buchenwald (KE 1.2 / N50)
48
5.2.2.1.3 Waldgersten-Buchenwald (KE 1.3 / N20)
48
5.2.2.1.4 Hochmontaner Bergahorn-Buchenwald (KE 1.4 / M60)
48
5.2.2.1.5 Orchideen-Buchenwald (KE 1.5 / N40)
49
5.2.2.2
Bodensaure Buchen(misch)wälder
49
5.2.2.2.1 Hainsimsen-Eichen-Buchenwald (KE 2.1 / Lps)
49
Inhalt

image
5
5.2.2.2.2 Waldschwingel-(Tannen-)Buchenwald (KE 2.2 / L7)
51
5.2.2.2.3 Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald (KE 2.3 / Lm)
52
5.2.2.2.4 Schattenblümchen-Buchenwald (KE 2.4 / L10)
54
5.2.2.2.5 Wollreitgras-Fichten-Buchenwald (KE 2.5 / L61)
54
5.2.3
Eichen(misch)wälder
55
5.2.3.1
Linden-Hainbuchen-Eichenwälder
55
5.2.3.1.1 Linden-Hainbuchen-Stieleichenwälder (KE 3.1 / F)
57
5.2.3.1.2 Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwälder (KE 3.2 / G)
58
5.2.3.2
Thermophile Eichen-Trockenwälder (KE 4.1 / K2)
59
5.2.3.3
Bodensaure Eichen(misch)wälder = Buchen-, Birken- und
Kiefern-Eichenwälder
60
5.2.3.3.1 Buchen-Eichenwald (KE 5.1 / H6)
60
5.2.3.3.2 (Kiefern-)Birken-Stieleichenwald (KE 5.2 / H2, 3)
61
5.2.3.3.3 Kiefern-Eichenwald (KE 5.3 / P10, 13, 14)
62
5.2.3.3.4 Färberginster-Traubeneichenwald (KE 5.4 / J11)
63
5.2.4
Fichtenwälder und Tannen-Fichtenwälder
64
5.2.4.1
Wollreitgras-Fichtenwald (KE 6.1 / S10, 22)
64
5.2.4.2
(Tannen-Kiefern-)Fichtenwald (KE 6.2 / R1)
66
5.2.5
Zwergstrauch- oder moosreiche Kiefernwälder
67
5.2.5.1
Zwergstrauch- oder moosreicher Kiefernwald (KE 7.1 / P21)
67
5.2.5.2
Subkontinentaler Steppen-Kiefernwald (KE 7.2 / P3)
68
5.2.5.3
Serpentin-Kiefernwald (KE 7.3 / P4)
68
5.2.6
Auen- und Niederungswälder
69
5.2.6.1
Erlen-Eschen-Auen-, Quell- und Niederungswälder (KE 8 / E2, 3)
69
5.2.6.2
Hartholz-Auenwälder oder Ulmen-Auenmischwälder (KE 9 / E73)
72
5.2.6.3
Weichholz-Auenwälder und Weiden-Auengehölze (KE 10 / E74, 76)
73
5.2.7
Bruch- und Moorwälder
74
5.2.7.1
Erlen-Bruchwälder (KE 11 / D2, 3, 4)
74
5.2.7.2
Birken-, Kiefern- und Fichten-Moorwälder (KE 12 / C1, 2)
76
5.2.8
Edellaubbaum-Schlucht-, Schatthang- und Hangschuttwälder
oder Eschen-Ahorn- und Ahorn-Linden-Wälder (KE 13 / O1, E5)
78
5.2.9
Fichten- und Ebereschen-Blockwälder (KE 14 / S3, 4)
80
5.2.10
Stetigkeitstabellen der kartierten Vegetationseinheiten (Tab. 2)
81
5.3
Beschreibung der Kartiereinheiten – „Steckbriefe“
106
5.4
Die räumliche Verbreitung der Potentiellen Natürlichen Vegetation
im Freistaat Sachsen - PNV-Karten M 1 : 50 000 und 1 : 200 000
107
5.4.1
Überblick
107
5.4.2
Bergland
109
5.4.3
Hügelland
112
5.4.4
Tiefland
113
6
Aktuelle Vorkommen großflächig naturnaher
Wälder in Sachsen
115
7
Schlussbetrachtungen
120
7.1
Karten der Potentiellen Natürlichen Vegetation Sachsens
Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung
120
7.2
Methodische Probleme der PNV-Konstruktion
121
8
Zusammenfassung
125
9
Literatur
127
10
Abbildungsverzeichnis
134
11
Tabellenverzeichnis
135
12
Anlagenverzeichnis
136
13
Abkürzungsverzeichnis
137
Anlagen (inkl. Steckbriefe der Kartiereinheiten und Karte
der Potentiellen Natürlichen Vegetation des Freistaates Sachsen
1 : 200 000)
138

image
 
6
Vorliegende Veröffentlichung zur Potentiellen Natürlichen Vegetation (PNV) Sachsens
beruht auf den Ergebnissen zweier F- u. E-Vorhaben, die vom Sächsischen Landesamt für
Umwelt und Geologie (LfUG) und vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert wur-
den (1997 bis 2001). Im Auftrag des LfUG entstanden Manuskriptkarten zur Potentiellen
Natürlichen Vegetation im Maßstab 1 : 50 000. Das BfN förderte eine vertiefende Bear-
beitung dieser Karten und, darauf aufbauend, die Erstellung einer Übersichtskarte im
Maßstab 1 : 200 000. Auftragnehmer war die Technische Universität Dresden, vertreten
durch das Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz sowie das Institut für Bota-
nik. Unser Dank gilt dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie und dem
Bundesamt für Naturschutz, durch deren Förderung die Bearbeitung dieser Projekte
ermöglicht wurde.
Für die fachliche und organisatorische Betreuung der Vorhaben sei den Mitarbeitern des
LfUG, Herrn Dr. R. habil. Steffens und Frau K. Jenemann (zeitweilig auch Frau Dr. S.
Uhlemann) und des BfN, Herrn Prof. U. Bohn und Herrn L. Schröder, sowie den Fach-
betreuern Herrn Prof. G. Hofmann (Waldkunde-Institut Eberswalde) und M. Bushart
(Institut für Vegetationskunde und Landschaftsökologie, Hemhofen) herzlich gedankt.
Fachliche Unterstützung erhielten wir weiterhin von der Sächsischen Landesanstalt für
Forsten (LAF). Abstimmungen mit dem Landesamt für Umwelt Sachsen-Anhalt (Halle)
sowie Herrn Prof. Türk (für Thüringen) waren hilfreich bei der Kartierung der an diese
Bundesländer angrenzenden Gebiete.
Durch Bearbeitung von Teilgebieten oder -themen wurden wir zeitweilig, über befristete
Arbeits-, Honorar- oder Werkverträge, unterstützt durch: Dr. D. Bartelt, W. Buder, F.
Edom, A. Golde, Dr. K.-H. Großer, Dr. D. Hanspach, U. Kleinknecht, W. Riether, H.
Tippmann, Th. Weiß, P. Zinke, B. Zöphel. Auch ihnen sei herzlich gedankt.
Wertvolle Hinweise zur Lösung gebiets- oder fachspezifischer Probleme erhielten wir
weiterhin von B. Irmscher, H. Metzler, M. Opfermann, Dr. L. Reichhoff, Dr. W. Wagner
sowie oben nicht genannten Mitarbeitern des LfUG und anderen Behörden (Forstämter,
Naturschutzbehörden) und Institutionen. Herr Dr. F. Müller übernahm im größeren
Umfang die Bestimmung von Moosen. Unterstützung bei der Lösung diverser kleiner und
teils auch gravierender computertechnischer Probleme erhielten wir von Mitarbeitern der
Rechenstation an der Fachrichtung Forstwissenschaften in Tharandt. Nicht zuletzt seien
stellvertretend Frau Pohl, Frau Dr. Felinks und Frau Arndt für die Personen genannt, die
durch die Bewältigung so mancher verwaltungstechnischer Aufgaben, beim Lesen und
Einarbeiten von Korrekturen wichtige Voraussetzungen zum Gelingen der Arbeit
schufen.
Die Autoren
1
Vorbemerkung und
Danksagung
Hochmontaner Farn- oder
Bergahorn-Fichtenwald
mit Athyrium distentifolium
im NSG Zechengrund
ca. 1100 m ü. NN (KE 6.1.4).
Foto: D. Wendel

 
7
2
Einleitung
2.1
Die Potentielle Natürliche Vegetation als
Planungsinstrument
Vegetationskarten basieren auf der flächenhaften Umsetzung punktuell gewonnener
standortskundlicher, floristischer und vegetationskundlicher Daten. Sie stellen wertvolle
Grundlagen für naturraumbezogene Planungen und Gestaltungsvorhaben dar. Karten der
„Potentiellen Natürlichen Vegetation” (PNV) geben auf Grund der Integration von Vege-
tation und Standortsbedingungen sowie der postulierten Rückschlüsse auf möglichst
natürliche oder naturnahe Verhältnisse Auskunft über das ökologische Grundgerüst eines
Gebietes. Sie berücksichtigen damit nicht die Schwankungen, denen die aktuelle Vegeta-
tion in kurzen Zeiträumen unterworfen ist. Karten der PNV sind Dokumente des gedank-
lich konstruierten Vegetationsinventars eines Gebietes zu einem bestimmten Zeitpunkt
(z. B. heutige PNV). Ihr höchster Aussagewert liegt im Maßstabsbereich von etwa
1 : 10 000. Sie können dann als Grundlage für flächenkonkrete Planungen dienen.
Die praktische Nutzung der PNV-Karten im Rahmen naturschutzfachlicher Bewertungen,
der Landnutzungs- und Landschaftsplanungen sowie landschaftsökologischer Forschun-
gen ist mannigfaltig und hat dazu geführt, dass sich PNV-Karten in den letzten Jahrzehn-
ten zu einer vielverwendeten Arbeitsgrundlage entwickelten, an die hohe Ansprüche
gestellt werden. Herausgestellt werden sollen folgende Nutzungsaspekte (vgl. auch B
FN
2001):
• Herleitung des Entwicklungspotentials der Waldvegetation (standortsgemäße Baum-
artenkombinationen) und Ermittlung der Naturnähe aktueller Waldbestände als Grund-
lage für forstliche bzw. waldbauliche Planungen (vgl. SCHMIDT 1998),
• Naturschutzplanung und -management (Bewertung von Seltenheit, Gefährdung,
Repräsentanz natürlicher Waldgesellschaften; Ableitung von Ziel-Biotoptypen, Erar-
beitung von Pflege- und Entwicklungsplänen für Schutzgebiete, vgl. z. B. S
CHMIDT et
al. 1997; Ausweisung national und international wichtiger Lebensräume),
• landschaftsplanerische Aspekte (z. B. Entwicklung von naturnahen Gehölzbeständen
im Agrarraum und an Verkehrswegen, Biotopverbund),
• raumplanerische Aspekte und langfristige Landschaftsprognosen,
• Grundlagen für Umweltverträglichkeitsprüfungen (z. B. Wertungen der eventuell
beanspruchten Vegetation),
• touristische Aspekte, insbesondere der Landschaftsästhetik (z. B. Planung von Wan-
derwegen, Erlebnisräumen).
Letztlich dienen PNV-Karten der Ableitung sektoraler (vegetationskundlicher) und
regionaler naturschutzfachlicher Leitbilder und liefern damit einen fachspezifischen
Beitrag zu einem gesamtheitlichen (synoptischen) Leitbild für ein bestimmtes Gebiet
(SCHMIDT 2000).
Kartenausschnitt
(Wermsdorfer Forst und
Muldegebiet bei Döbeln)
11
3.1.2
16.2
3.2.3
3.2.2/
8.3
3.2.2
2.1.8

 
2.2
Arbeitsgrundlagen
2.2.1 Theoretische und methodische Bemerkungen
zur Potentiellen Natürlichen Vegetation
Der von TÜXEN (1956) eingeführte Begriff der
„Potentiellen Natürlichen Vegetation”
bezeichnet einen „gedachten Zustand der Vegetation, der sich schlagartig (!) einstellen
würde, wenn die Landnutzung durch den Menschen aufhörte”. Diese Vegetation ist nicht
mit der
ursprünglichen Vegetation
vergleichbar, da Entwaldungen und jahrhunderte-
lange Landnutzung Veränderungen des Mikro- und Mesoklimas, des Bodens, der Flora
und Fauna nach sich zogen. Außerdem führten seit dem agrarischen Landausbau der Wan-
del des Makroklimas (z. B. mittelalterliche „Wärmezeit“ oder „Kleine Eiszeit” im 16./17.
Jahrhundert.; vgl. OTTO 1994) und damit verbundene ökologische Prozesse zu sich
ändernden natürlichen Rahmenbedingungen. Nach DIERSCHKE (1994) ist die PNV eines
Gebietes die Summe aller denkbaren natürlichen Dauer- und Klimaxgesellschaften, denen
sich bestimmte Ersatzgesellschaften syndynamisch zuordnen lassen. Karten zur PNV
spiegeln demnach einen gedachten Schlusszustand der Vegetation wider, der mit den
aktuellen Umweltbedingungen im Einklang steht. Sie stellen damit in Mitteleuropa
hauptsächlich Verbreitungskarten potentieller Waldgesellschaften dar, da Wald als Kli-
maxvegetation auf dem weit überwiegenden Teil der Landfläche vorherrschen würde
(Ausnahmen sind beispielsweise waldfreie Blockhalden, sehr nasse Moore).
Oft wird der Begriff
„Heutige Potentielle Natürliche Vegetation”
(HPNV) verwendet,
da bei Vorliegen entsprechender Datenmengen auch PNV-Karten für definierte histori-
sche Zeiträume angefertigt bzw. für die Zukunft entworfen werden können (HEMPEL 1983,
SCHMIDT 1998). Im Folgenden wird unter „PNV“ die Heutige Potentielle Natürliche
Vegetation verstanden. Eine modifizierte Fassung der PNV, die vom ursprünglichen Kon-
zept (TÜXEN 1956) abweicht, schließt unter Einbeziehung der jedem Ökosystem eigenen
Dynamik (verursacht durch ökosysteminterne Prozesse, jedoch auch zufallsbedingte Stör-
ereignisse wie Waldbrand, Sturm, Kalamitäten usw.) ebenso Entwicklungsphasen und
-stadien, also auch Pionier- und Zwischenwälder, ein (vgl. REMMERT 1990, LEIBUNDGUT
1993, KORPEL’ 1995, ELLENBERG 1996). SCHMIDT (1998, S. 77) bezeichnet diese Kon-
struktion als „dem natürlichen Entwicklungspotential des aktuellen Biotops entspre-
chende Vegetation” bzw. kurz als
„natürliches Vegetationspotential”
, das z. B. für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung oder den Waldumbau in der Forstwirtschaft wesentlicher
als die herkömmlich abgeleitete, eher auf statischen Zuständen basierende PNV wäre. Es
gibt, bezogen auf Standortstypen, Hinweise auf das gesamte natürliche und damit forst-
lich verwendbare Baumartenspektrum, auf Baumartenwechsel und vertikale sowie hori-
zontale Raumstruktur naturnaher Wälder im Verlaufe einer Sukzession. Zur Konstruktion
der PNV sind mehrere Herangehensweisen möglich, die sich ergänzen können. Die Ablei-
tung auf
standörtlich-vegetationskundlicher Grundlage
geht von den gegenwärtigen
abiotischen Standortsbedingungen und den dazugehörigen, real vorkommenden naturna-
hen Waldbeständen aus. Die Ableitung auf
floristisch-pflanzengeographischer Grund-
lage
basiert unter anderem auf der Verbreitung von Weiserarten. Die der PNV zugrunde-
liegenden Vegetationseinheiten werden von Waldgesellschaften, die in der Regel durch
Abstraktion und Typisierung naturnaher Bestände der
aktuellen Vegetation
definiert
werden, abgeleitet und entsprechen damit zumeist einem Schlusswaldstadium. Die Sel-
tenheit von Naturwäldern, d. h. natürlicher Dynamik überlassener Bestände in Mitteleu-
ropa, führt zu einem Mangel an „Vorbildern“ und erschwert sowohl Aussagen zur klassi-
schen PNV wie auch zum natürlichen Vegetationspotential. Es soll hier die PNV – als
8
Potentielle natürliche
Vegetation
Ursprüngliche Vegetation
Natürliches
Vegetationspotential
Aktuelle Vegetation
Heutige Potentielle
Natürliche Vegetation

derzeit beste Verständigungsgrundlage – im herkömmlichen Sinne verstanden, allerdings
nicht zu eng angewandt werden (zu kritischen Aspekten des PNV-Konzeptes siehe auch
KOWARIK 1987). Werden auf der Basis des heutigen (mangelhaften) Wissens zu Natur-
wäldern und potentiellen Waldgesellschaften auch Pionier- und Zwischenwälder angege-
ben, wird die PNV durch Aussagen zum natürlichen Vegetationspotential ergänzt. Mit
dem vorliegenden PNV-Projekt wird ein solcher Ansatz versuchsweise verfolgt.
2.2.2 Definitionen
Folgende Definitionen charakterisieren die verwendeten Termini (sofern nicht anders
angegeben, Definitionen nach S
CHMIDT et al. 1997):
Ausbildungsform (AF)
Bei geographisch, edaphisch, hygrisch usw. differenzierten Waldgesellschaften eine von
uns als Untergesellschaft betrachtete ranglose (da ohne spezielle vegetationskundliche
Bearbeitung syntaxonomisch nicht einzuordnende) Vegetationseinheit.
Begleitgesellschaft (BGS)
Seltener oder kleinflächig, also untergeordnet im Areal der Leitgesellschaft auftretende,
aber für die Struktur der Vegetationslandschaft oft wesentliche (zonale, extra- oder azo-
nale) Waldgesellschaft.
Bestand (einer natürlichen Waldgesellschaft)
Konkrete Vergesellschaftung von Individuen einer oder verschiedener Baumarten, die
sich von Vergesellschaftungen benachbarter Bestände durch ihre Arten-, Raum- und
Altersstruktur deutlich abgrenzt.
[Heutige] Potentielle Natürliche Vegetation ([H]PNV)
Gedanklich konstruierter Zustand, und zwar einer höchstentwickelten Vegetation
(Schlussgesellschaft), wie er unter gegenwärtigen Standortsbedingungen bei Ausschal-
tung menschlicher Einflüsse vorzustellen wäre. Dabei werden für den Zweck der vor-
liegenden PNV-Kartierung Florenänderungen in der Baumschicht, die möglicherweise
nur langfristig reversibel oder sogar irreversibel sind, weitgehend vernachlässigt
(z. B. Etablierung der Fichte in ehemals fichtenfreien Gebieten, Ausfall bzw. unzurei-
chendes natürliches Reproduktionspotential der Weiß-Tanne, Einbürgerung gebiets-
fremder Baumarten).
Höhenform (HF)
Höhenklimatisch bedingte Abwandlung einer Waldgesellschaft, die durch Differentialar-
ten bestimmter vertikaler Verbreitung gekennzeichnet ist (D
IERSCHKE 1994). Diese vege-
tationskundliche Differenzierung ist nicht der geographischen Abgrenzung von „Höhen-
stufen“ gleichzusetzen, da letztere nur als
Verbreitungsschwerpunkte
von bestimmten
Höhenformen betrachtet werden können.
Kartiereinheiten (KE)
Vegetationseinheiten der PNV oder Komplexe davon, die auf vergleichbaren Standorten
und Höhenstufen eine gleiche Ausbildung zeigen und die sich an Einheiten der naturna-
hen, aktuellen Waldvegetation bzw. an Ersatzgesellschaften 1. Grades orientieren. Sie
können sowohl im Gelände ohne aufwendige Tabellenarbeit ermittelt, als auch bei
bekannter Standortskonfiguration aus topographischen und synthetischen Karten
9

image
erschlossen (extrapoliert) werden. Im pflanzensoziologischen System müssen sie nicht
der gleichen Rangstufe angehören. Es kann sich um Assoziationen, Subassoziationen,
Höhenformen oder andere Ausbildungsformen, aber auch um Vegetationskomplexe han-
deln. Die Kartiereinheiten erhalten deutsche Namen. Den Kartiereinheiten vergleichbare
Waldgesellschaften werden bei deren Beschreibung aufgeführt.
Leitgesellschaft (LGS)
Flächenmäßig in einem bestimmten Raum dominierende und ihn charakterisierende
Waldgesellschaft. Steht als Leitform der Waldvegetation symbolisch für eine regional-
spezifische Kombination von Waldgesellschaften, in der Regel zonale, seltener
großflächig auftretende azonale Waldgesellschaften (bzw. regionale Ausbildungs-
formen).
Repräsentativität bzw. typische Ausprägung
Typische Ausbildung (Beispielhaftigkeit) eines konkreten Bestandes, d. h. einer natürli-
chen Waldgesellschaft in Arten-, Raum- und Altersstruktur nahekommender Bestand.
Vegetationslandschaft (VL)
In der Regel nach Leitgesellschaften benannte (aus einem oder mehreren Teilarealen
bestehende) Vegetationsgebiete, die auf Grund eines weitgehend übereinstimmenden
Standorts- und Florenpotentials Komplexe bestimmter Waldgesellschaften bzw. für die-
ses Gebiet typische (regionaltypische) Kombinationen von Leit- und Begleitgesellschaf-
ten aufweisen.
Vikariante
Durch geographische Differentialarten bestimmter horizontaler Verbreitung (Zonalität,
Ozeanität) bedingte Untereinheiten von Waldgesellschaften, welche meist größere Areal-
teile einnehmen (D
IERSCHKE 1994).
Waldgesellschaften (WGS)
Floristisch-soziologisch definierte Vegetationseinheiten, die in der Regel einer Assozia-
tion, Höhenform oder Vikariante entsprechen, bei Bedarf (z. B. bessere ökologische
Kennzeichnung) aber weiter in Ausbildungsformen untergliedert werden. Sie stellen Ein-
heiten der aktuellen Vegetation (abstrahierte Vegetationstypen naturnaher Waldbestände)
dar, deren Strukturen und Gliederungen mittels vegetationskundlicher Methoden ermittelt
werden. Sie können im Interesse überregionaler Vergleichbarkeit in eine pflanzensozio-
logische Systemhierarchie eingeordnet werden und erhalten dann wissenschaftliche
Namen (entsprechend der Assoziationslehre nach B
RAUN-BLANQUET), von denen die deut-
schen Bezeichnungen in der Regel abgeleitet werden. Diese Namen stellen jedoch Sym-
bole dar. In ihnen sind Namen von Pflanzenarten enthalten, die nicht zwingend in Bestän-
den, die zu der entsprechenden Waldgesellschaft gehören, vorkommen müssen (vgl.
S
CHMIDT
1998).
Weiserpflanze (im pflanzengeographischen Sinne)
Arealkundlich besonders aussagefähige Art, die zwar nicht an eine WGS oder KE gebun-
den sein muss, jedoch zu ihrer chorologischen Charakterisierung dient und damit die
pflanzengeographische Einordnung der PNV-Einheiten im größeren Rahmen kennzeich-
net (vor allem wesentlich für die Konstruktion der PNV in Gebieten ohne naturnahe Wald-
bestände).
10
Quirl-Zahnwurz
(Dentaria enneaphyllos),
ein Element der sudeto-
karpatischen Vikariante
montaner Buchenwälder
Foto: P. A. Schmidt

image
 
Kartographische Übersichten zur natürlichen Verbreitung von Pflanzenformationen und
-gesellschaften Sachsens liegen bereits aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor
(z. B. D
RUDE 1908, KÄSTNER et al. 1944, REINHOLD 1944). Sie basierten auf regionalen
Vegetationsmonographien, so zu den Wäldern und Forsten des Vogtlandes oder den Fich-
ten- und Moorwäldern des oberen Erzgebirges (K
ÄSTNER
& FLÖßNER 1933, KÄSTNER
1939, REINHOLD 1939), waldgeschichtlichen Untersuchungen (R
EINHOLD o. J.) und geo-
logischen Karten, wiesen also von Beginn an eine komplexe Betrachtungsweise auf. Wei-
tere Übersichtskarten zur natürlichen Vegetation stammen aus den folgenden Jahrzehnten
(z. B. SCAMONI et al. 1958, 1964, 1976; H
EMPEL 1983). In den 60er Jahren entstanden
diverse vegetationskundliche Karten, die regional mehr oder weniger eng begrenzte
Gebiete abdecken (z. B. S
CHRETZENMAYR et al. 1965, RUPP 1970), aber nur teilweise publi-
ziert wurden. Dieses umfangreiche Wissen wurde Mitte der 90er Jahre in zwei methodisch
verschiedenen Übersichtskarten, die als
„Konzeptkarten“
dienten, zusammengefasst:
am Institut für Botanik, TU Dresden, entstand eine Konzeptkarte der Potentiellen Natür-
lichen Vegetation auf floristisch-pflanzengeographischer Grundlage (M 1 : 300 000).
Gleichzeitig wurde am Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz, TU Dresden,
eine Konzeptkarte der Vegetationslandschaften Sachsens auf standörtlich-vegetations-
kundlicher Grundlage erarbeitet (M 1 : 200 000, im Auftrag des Sächsischen Landesam-
tes für Umwelt und Geologie und in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesanstalt
für Forsten, vgl. SCHMIDT et al. 1997, LAF 1997).
3.1
Problem- und Zielstellungen
Die genannten Konzeptkarten stellten wichtige Grundlagen für die Ableitung der PNV
Sachsens dar und fanden unter anderem bei naturschutzfachlichen Landesplanungen
Anwendung (z. B. Analyse der Repräsentanz von Waldgesellschaften im Schutzgebiets-
system Sachsens; S
CHMIDT et al. 1997). Den Erfordernissen mittel- und großmaßstäbiger
Anwendungen wurden sie jedoch weniger gerecht (S
CHMIDT & WENDEL 1997).
Alle Übersichtskarten wurden – bedingt durch den Maßstab (1 : 200 000 bis
1 : 1 000 000) und die deduktive Herleitung – auf chorischer Ebene konstruiert. Viele Fra-
gestellungen müssen jedoch auf topischer Ebene bearbeitet werden. Die Vegetationsge-
biete kleinmaßstäbiger Karten waren meist komplexe Einheiten (z. B. Vegetationsland-
schaften mit Leit- und Begleitgesellschaften). Oft stehen jedoch Vegetationseinheiten im
Mittelpunkt des Interesses, die sich möglichst auf homogene Standortsbereiche beziehen.
Um das Defizit an einheitlich erarbeiteten Detailkarten zu beseitigen und zugleich Wis-
sen und Methoden beider Institute in einem Kartenwerk zusammenzufassen, wurde vom
Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie die Erstellung der Karte zur PNV Sach-
sens im Maßstab 1 : 50 000 (
„Manuskriptkarte“
) in Auftrag gegeben. Die Karte sollte
Aussagen möglichst auf der Ebene von Einzelstandorten bzw. Komplexen nahe ver-
wandter Standortstypen zulassen. Das Kartenwerk war durch eine Beschreibung der Kar-
tiereinheiten zu ergänzen. Hinweise auf standörtliche Bindung, Arten- und Raumstruktur
sowie Dynamik der Kartiereinheiten sollten dem Anwender planungsrelevante Detailin-
formationen bieten. Im Interesse der Kontinuität der Kartenwerke wurde die Nomenkla-
tur der für die Konzeptkarten postulierten Vegetationseinheiten für die PNV-Karten weit-
gehend übernommen.
Für Naturschutzpraxis und Landschaftsplanung auf überregionaler Ebene sowie wissen-
schaftliche Fragestellungen wurden außerdem nach einheitlichen Kriterien erarbeitete
und – wegen ihrer höheren Genauigkeit – möglichst induktiv hergeleitete, kleinmaßstä-
11
3
Die Erstellung klein- und mit-
telmaßstäbiger PNV-Karten
für den Freistaat Sachsen
Hochkolliner Eichen-Buchenwald
im NLP Sächsische Schweiz
(KE 2.1.2), landschaftsprägende
Leitgesellschaft in den für Buche
klimatisch und edaphisch günsti-
geren Lagen des Hügellandes
Foto: P. A. Schmidt

image
12
bige Karten der PNV in den Maßstäben 1 : 200 000 und 1 : 500 000 benötigt (vgl. SCHRÖ-
DER 1999, BF
N 2000). Ein entsprechendes, vom Bundesamt für Naturschutz finanziertes
F- u. E-Vorhaben baute auf den Ergebnissen des landesfinanzierten Projektes auf. Seine
Ziele waren:
• Überarbeitung o. g. PNV-Manuskriptkarte M 1 : 50 000,
• kartographische Verkleinerung und Verallgemeinerungen der PNV-Karte
M 1 : 50 000 in die Maßstäbe 1 : 200 000 und 1 : 500 000,
• Erfassung großflächiger naturnaher Waldbestände,
• Erarbeitung eines Erläuterungstextes zur PNV-Karte Sachsens.
Aus den Zielstellungen wurden folgende grundlegende Aufgaben abgeleitet:
1. Recherche zu Vorkommen, Verbreitung und pflanzensoziologischer Einordnung
naturnaher Pflanzengesellschaften auf der Basis von Literaturquellen, Biotopkartie-
rungen sowie eigenen Geländebegehungen,
2. Auswahl kartierwürdiger Waldgesellschaften und deren Ausbildungsformen; Erstel-
lung einer Liste der Kartiereinheiten; Beleg der Kartiereinheiten durch Vegetations-
aufnahmen auf Basis von Literatur und eigener Geländearbeit,
3. Klärung bisher ungelöster vegetationskundlicher Problemstellungen, überwiegend
zur räumlichen Verbreitung der PNV-Einheiten,
4. Charakterisierung der Kartiereinheiten nach standörtlichen, vegetationskundlichen,
floristisch-geobotanischen und anwenderbezogenen Kriterien in Kurzcharakteristi-
ken (im folgenden als
„Steckbriefe“
bezeichnet); Abgleich mit der Bundeslegende
und Legendenentwürfen für Ostdeutschland (SUCK & B
USHART 1995, HOFMANN
1993, LAU 2000),
5. Auswahl, Charakterisierung und Kartierung von Weiserarten zur Präzisierung der
Grenzlinien von Vegetationseinheiten, zur Ermittlung von extra- und azonaler Vege-
tation und Sonderstandorten sowie zur allgemeinen chorologischen Charakteristik der
Kartiereinheiten,
6. Recherche und rechnergestützte Aufarbeitung von (vorwiegend kartographischen)
Informationen zur Standortsstruktur des Landes Sachsen,
7. Erarbeitung von Kartenentwürfen zur PNV im Bereich einzelner Topographischer
Kartenblätter M 1 : 50 000 (TK 50) unter Einbeziehung bereits vorliegender klein-
und großmaßstäbiger Kartenentwürfe; Überprüfung von Kartiermethodik (insbeson-
dere Zuordnung von Standort und Kartiereinheiten) und Karten im Gelände,
8. Digitalisierung und Druck der fertiggestellten Karten; anwenderfreundliche Gestal-
tung durch Einbeziehung topographischer Hintergrundinformationen (Siedlungen,
Infrastruktur, Gewässersystem, Relief),
9.
Ermittlung und Abgrenzung großflächiger naturnaher Waldgebiete auf der Basis vor-
liegender vegetationskundlicher Arbeiten und der Waldbiotopkartierung, Erstellung
von Karten, Listen und Kurzbeschreibungen,
10. Verkleinerung der PNV-Karte M 1 : 50 000 in den Maßstab 1 : 200 000, möglichst
ohne Informationsverlust,
11. Generalisierung auf den Maßstab 1 : 500 000 (nicht Bestandteil dieser Publikation),
12. Zusammenstellung eines Erläuterungstextes für Sachsen (Allgemeine Gebietsbe-
schreibung, Beschreibung der Kartiereinheiten der PNV incl. Vegetationstabellen
und Fotos, naturnahe Waldgebiete).
Typischer Hainbuchen-
Traubeneichenwald im
Frühjahrsaspekt (KE 3.2.2,
NSG Weißeritztalhänge)
Foto: P.A. Schmidt

 
3.2
Grundlagen und Methodik
3.2.1 Grundsätzliches zum Verfahren
Die Erstellung von PNV-Karten ist ein sehr komplexes Verfahren, das Erkenntnisse ver-
schiedener Fachrichtungen integriert und mit einer großen Zahl an verallgemeinernden
Arbeitsschritten verbunden ist. Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung solcher Kar-
ten hängen damit unmittelbar zusammen. Deshalb sollen zu Beginn einige Grundzüge des
Verfahrens dargelegt werden. Der Erarbeitung der PNV-Karten geht die Schaffung eines
vorläufigen Systems der Kartiereinheiten voraus, das im Verlaufe der Untersuchungen zu
ergänzen und präzisieren ist.
Erarbeitung von Waldgesellschaften und Kartiereinheiten
1. Recherche zum Vorkommen naturnaher Waldbestände und zur Vegetation natürlich
waldfreier Ökosysteme (z. B. Blockhalden mit Flechtengesellschaften)
2. Dokumentation naturnaher Ausprägungen der aktuellen Vegetation mittels Vegeta-
tionsaufnahmen, ihre Typisierung und Klassifikation
3. Bearbeitung aktueller Vegetationstypen mit dem Ziel der Abstraktion zu Vege-
tationseinheiten
4. Entwurf einer regionalbezogenen Übersicht zu aktuellem Vorkommen und zur
Verbreitung natürlicher Waldgesellschaften (Vegetationstypen naturnaher Wald-
vegetation) und natürlich waldfreier Vegetation
5.
Ermittlung standortskundlicher und chorologischer Eigenschaften dieser Waldgesell-
schaften und waldfreier Pflanzengesellschaften auf der Grundlage aktueller Vorkom-
men
6. Auswahl von kartierwürdigen Pflanzengesellschaften als Kartiereinheiten (im
wesentlichen Waldgesellschaften)
7. Zusammenstellung von Kriterien zur Kartierung der Vegetationseinheiten der PNV
Erstellung der PNV-Karte
In der Regel wird bei kleinmaßstäbigen Kartierungen der PNV eine „Leitgesellschaft”
zugrunde gelegt, deren Namen einen Vegetationskomplex (einschließlich Ersatz- und
Kulturvegetation) symbolisiert. Räumlich kann dieser Vegetationskomplex z. B. durch
eine Vegetationslandschaft abgegrenzt werden (vgl. SCHMIDT et al. 1997). Im mittelmaß-
stäbigen Bereich (1 : 50 000) empfiehlt sich auf Grund der größeren Detailtreue und im
Interesse der Handhabbarkeit, der Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse sowie der raschen
Geländeansprache die Ausweisung von Kartiereinheiten, die nicht in allen Fällen mit
beschriebenen oder erschließbaren Waldgesellschaften identisch sein müssen.
Eine mittelmaßstäbige Kartierung der PNV, d.h. eine kartographische Umsetzung
flächendeckender Geländekenntnisse, ist unter den gegebenen zeitlichen und finanziellen
Rahmenbedingungen für derart große Bereiche, wie sie einzelne Bundesländer darstellen,
praktisch nicht durchführbar. Sie würde, ähnlich wie die forstliche Standortskartierung,
Jahrzehnte erfordern (vgl. SCHRÖDER 1999, SCHWANECKE 1999). Deshalb wird aus
• ökologischen Eigenschaften, floristischen und pflanzensoziologischen Merkmalen
der einzelnen Waldgesellschaften,
• der räumlichen Verteilung der für die Vegetationseinheiten charakteristischen
Standortstypen,
• dem Verbreitungsbild ausgewählter Weiserarten und
• dem aktuellen Vorkommen natürlicher Waldgesellschaften
13

image
14
auf die potentielle Verbreitung der Waldgesellschaften geschlossen. Überprüfungen im
Gelände dienen der Ergebniskontrolle.
In diesem Sinne handelt es sich bei der Erstel-
lung der PNV-Karten in dem hier dargestellten F- u. E-Vorhaben weniger um eine
direkte Kartierung als um die kartographische Darstellung einer PNV-Konstruk-
tion.
Die Genauigkeit der Konstruktion hängt von der Qualität der verwendeten bzw.
verfügbaren Grundlagen (SCHMIDT
et al. 1998b) sowie Zahl und Intensität aufgewendeter
Geländebegehungen ab.
3.2.2 Arbeitskonzeption zur Kartenerstellung
Grundzüge des Verfahrens zur Konstruktion von PNV-Karten wurden bereits in
Kap. 3.2.1 dargestellt. Bedingt durch die Aufteilung in zwei Projekte, erfolgte die Kartie-
rung in zwei Schritten:
1. Erstellung von PNV-Manuskriptkarten (M 1 : 50 000) im Auftrag des LfUG,
2. Vertiefende Bearbeitung dieser Manuskriptkarten sowie Umsetzung und Verall-
gemeinerung in die Maßstäbe 1 : 200 000 und 500 000 im Auftrag des BfN.
Die Arbeitskonzeption der F- u. E-Vorhaben beruht auf der Kombination zweier metho-
discher Ansätze (floristisch-pflanzengeographisch und standörtlich-vegetationskundlich;
vertreten durch die Auftragnehmer, vgl. HEMPEL 1996 und SCHMIDT et al. 1997), deren
Zusammenführung eine verbesserte Nutzung von Grundlagen und Erfahrungen beider
Richtungen im Interesse einer höheren Qualität und Objektivität des zu erstellenden Kar-
tenwerkes ermöglichen soll.
PNV-Konzeptkarten auf floristisch-pflanzengeographischer und standörtlich-vege-
tationskundlicher Grundlage als methodische und inhaltliche Basis
Auf der Basis früherer Untersuchungen (HEMPEL 1983) entwickelte HEMPEL (1996) eine
Karte der PNV Sachsens, deren Aussage nach heutigem Verständnis eher die rekonstru-
ierte „natürliche Vegetation“ repräsentiert. Die Ergebnisse jahrzehnteübergreifender
floristischer Kartierung in Verbindung mit der Auswertung der Publikationen zur Ent-
wicklung der Altlandschaft auf der Grundlage von Ur- und Frühgeschichte sowie Sied-
lungsgeschichte, verbunden mit waldgeschichtlichen Studien ließen diesen Versuch gebo-
ten erscheinen. Für diese
Konzeptkarte auf floristisch-pflanzengeographischer Basis
wurden keine Vegetationsaufnahmen angefertigt, sie basierte ausschließlich auf der
Punktkartierung von Weiserarten. Insgesamt wurden die bis 1983 vorliegenden Verbrei-
tungskarten von 250 Arten (inkl. geographischer Weiserarten) verwendet, 90 von ihnen
wurden nachkartiert (Anlage 1, S. 138). In der Konzeptkarte (HEMPEL 1996; Abb. 2,
S. 18, Anlage 2, S. 143 ff.) spiegelt sich die Synthese folgender Arbeitsschritte wider:
• Übereinanderprojektion der für Waldgesellschaften wichtigen Kenn- und
Differentialarten inkl. geographischer Weiserarten,
• Abgleich mit Karten zu Geologie, Boden, Hydrographie und Klima,
• Vergleich mit Erkenntnissen von Siedlungsgang und Landnahme,
• Ergebnisse waldgeschichtlicher Untersuchungen (vor allem REINHOLD o.J. und vor-
liegende Pollendiagramme ab Hochmittelalter),
• Kontrolle von Grenzlinien im Gelände.
Zittergrasseggen-
Hainbuchen-Stieleichenwald
in der Flöha-Aue
bei Frankenberg
(KE 3.1.2)
Foto: D. Wendel

image
15
Pflanzengeographische Weiserarten wurden zur Abgrenzung subatlantisch und subkonti-
nental orientierter Waldgesellschaften benutzt, desgleichen zur Festlegung von Höhen-
und Tiefengrenzen von Vegetationseinheiten. Ohne Hinzunahme von Ersatzgesellschaf-
ten 1. Grades, deren floristisches Inventar bis 1970 gut bekannt ist, sowie von Saumge-
sellschaften wären Abgrenzungen nicht möglich gewesen.
Eine Karte der „natürlichen Vegetation“ muss nicht, wie bei der PNV, das aktuelle und
prognostizierbare Standortspotential bei der Postulierung der Vegetationseinheiten berück-
sichtigen. Sie widerspiegelt vielmehr die Vegetation (auch als historische PNV) vor Beginn
der geregelten Forstwirtschaft, vor Melioration und vor Flusseindeichungen im Tiefland.
Insofern kommt auf dieser Karte etwas zum Ausdruck, was die Karten heutiger PNV nicht
wiedergeben können: die Verbreitung ehemaliger Tannenwälder. Vor 250 bis 300 Jahren
lag der Tannenanteil in den Gebirgswäldern noch bei 75 %. Tannenwälder werden daher
für die Gebiete angenommen (und sind oft forstarchivalisch belegbar), in denen die Buche
aus vielerlei Gründen nicht vorkam oder selten blieb (staunasse Verebnungsflächen, spät-
frostreiche Lagen mit ganzjähriger klimatischer Unausgeglichenheit). In diesen Gebieten
sind noch heute Elemente mesophiler Buchenwälder selten oder sie fehlen ganz.
Ähnlich ungewöhnlich ist das Postulat von Kiefernauen im Elbraum. In Analogie zum
Oberrhein und den Voralpenflüssen ist auf den sandigen Terrassen kaum etwas anderes
vorstellbar, wenn auch die typischen calciphilen Elemente aus pflanzengeographischen
und ökologischen Gründen fehlen. Es wird zu untersuchen sein, ob Zeithainer Heide und
Schöpstiefland hier zuzuordnen sind.
Die Übergangslage des Freistaates vom subatlantischen zum subkontinentalen Klima
wird symbolisiert durch die Grenzlinie der thermischen Kontinentalität auf der Wasser-
scheide von Spree- und Neißesystem. Demzufolge enthalten östlich dieser Linie fast alle
Vegetationseinheiten subkontinentale Züge (deutlich im Bereich der Carpineten). Ökolo-
gisch und pflanzengeographisch bedingt ziehen sich nördlich und gebirgsseitig des Ober-
lausitzer Ackerhügellandes Vegetationseinheiten mit vielen kontinentalen Arten (Wald-
steppenelemente) hin. Ähnliches gilt für das Tiefland mit der Muskauer Heide, in der wohl
nur auf Dünenzügen reine Kiefernwälder zu postulieren sind. Demgegenüber erstrecken
sich (sub)atlantisch geprägte Waldgesellschaften nur bis zum Schwarzelsterbogen, die
atlantische Heide- und Moorvegetation reicht dagegen bis östlich der Neiße (ökologische
Bedingungen).
In der Konzeptkarte nicht berücksichtigt werden konnten aus Darstellungsgründen einige
kleinflächige Vegetationsprägungen wie (ehemals vorhandene) Kiefern-Steppenwälder,
Elemente von Flaumeichen-Buschwäldern oder bestimmte Moortypen. Desgleichen feh-
len ehemalige größere Stillwasserflächen (heute durch Grundwasserabsenkung ver-
schwunden oder in Teichgebieten aufgegangen), Niedermoorareale, punktuell vorhan-
dene Zwischenmoore sowie Sandsteppenrelikte, Blockhalden und Felspartien als
natürliche Offenlandstandorte (sämtlich kleinflächig). Nicht gesondert ausgewiesen sind
auch einige Buchen-Ahornbestände der Hochlagen um Seiffen und Schöneck, denen mög-
licherweise eine pflanzengeographische Eigenständigkeit zukommt, sowie die Flussauen-
Galeriewälder der Bruchweidenauen.
Die
Konzeptkarte auf standörtlich-vegetationskundlicher Grundlage
(SCHMIDT et al.
1997, LAF 1997; Abb. 3, S. 19) soll hier nur kurz Erwähnung finden, da sie in früheren
Veröffentlichungen bereits umfangreich erläutert wurde. Sie stützt sich stärker als vorge-
nannte Konzeptkarte auf das aktuelle Geo- und Biotoppotential, also die gegenwärtige
Sumpfseggen-Erlen-Bruchwald
(KE 11.1.2)
Foto: W. Hempel

16
Artenstruktur naturnaher Waldbestände und das heutige Standortsgefüge. Durch die über-
wiegende Darstellung von Leitgesellschaften ist sie zudem stärker verallgemeinernd. Auf
die Darstellung des Verfahrens zur Erstellung dieser Konzeptkarte kann verzichtet wer-
den. Es entspricht im Wesentlichen der im Projekt angewandten Methodik (vgl. Kap.
3.2.3 bis 3.2.8.1), wenn auch einige der Untersuchungen in Anbetracht des Maßstabes
nicht vorgenommen wurden.
Die Erstellung der detaillierten PNV-Karten im Rahmen des Projektes
In dem relativ kurzen Zeitraum von vier Jahren mussten entsprechend den Zielstellungen
des LfUG und BfN etwa 1,8 Mio. ha Landesfläche in verschiedenen Maßstabsebenen
(s. o.) lückenlos kartographisch erfasst werden. Dieser anspruchsvollen Aufgabe steht ein
geringer vegetationskundlicher Durchforschungsgrad der sächsischen Naturräume (ins-
besondere Hügel- und Tiefland) gegenüber. Es existierte bislang keine umfassende und
hinreichend differenzierte, durch Vegetationstabellen untersetzte Übersicht der Waldge-
sellschaften Sachsens. Zwangsläufig waren auch regionale Verbreitung und ökologische
Spezifika der Waldgesellschaften nur lückenhaft bekannt. Lösbar war diese Aufgabe nur
dadurch, dass sämtliche standorts- und vegetationskundlichen Materialien der letzten
Jahrzehnte recherchiert und in die Arbeit einbezogen wurden, darunter nicht oder nur teil-
Grundlagen
Arbeitsschritte
Angaben zu Vorkommen und
Struktur natürlicher
Waldgesellschaften in Sachsen:
- Literatur
- Waldbiotopkartierung
- Gebietskenner und Behörden,
eigene Kenntnisse
Karten u. Beschreibungen:
- Standorte u. Regionalklima
- Geologie
- Vegetationsgeschichte
- Vegetationslandschaften
Prüfung der Zuordnung von
Standort und Vegetation
Computergestützte Aufarbeitung
von Daten, insbesondere:
-
Karten der Standortskartierung
-
Karten/Beschreibungen d. Biotopkartierung
-
Vegetationstabellen
Recherche zum Vorkommen natur-
naher Waldbestände und natürlicher
Waldgesellschaften in Sachsen
Erstellung einer Kartierlegende
-
Auswahl kartierwürdiger Vegetations-
einheiten
-
Charakterisierung der Kartiereinheiten nach
Artenstruktur und Standort
Erarbeitung von „Steckbriefen“
Kartographische u. textliche Dar-
stellung der PNV M 1 : 50 000
1. Kartenentwurf auf Basis von Standorts-
karten, Ökogrammen, Verbreitungskarten
von Weiserarten u. a. Charakteristika
2. Prüfung des Karteninhaltes im Gelände
3. Kartenkorrektur
4. Digitalisierung u. Fertigstellung der Karten
Verkleinerung zur PNV-Karte
M 1 : 200 000
und
Erstellung des Erläuterungsberichtes
Geländearbeit:
- Artenlisten, Vegetations-
aufnahmen
- Einschätzung des Standortes
- Vegetationslandschaften
Vorkommen und Verbreitung
von Weiserarten:
- Literatur
- Floristische Kartierungen
Abb. 1:
Konzeption zur Erarbeitung
von PNV-Karten Sachsens
M 1 : 50 000 und
1 : 200 000

Abb. 2
: Natürliche Vegetation des Freistaates Sachsen auf floristisch-pflanzengeographischer Grundlage (HEMPEL 1996, verändert 2001)
Dünenzüge
Moore (nur größere Moorkomplexe)
J1 - Hochmoore/Zwischenmoore
J2 - Tieflands-Niedermoore
Auenwälder
I1 - Verlegtes Elsterflutbett
I2 - Erlen-Eschen-Aue
I3 - Montane Erlenaue
I4 - Silberweiden-Weichholzaue
I5 - Eichen-Hainbuchen-Aue
I6 - Eichen-Ulmen-Hartholzaue
Schlucht-, Hang- und Auenrandwälder
H1 - Hainbuchen-Bergulmen-Hangwald
H2 - Ahorn-Linden-Steilhangwald
H3 - Ulmen-Ahorn-Steilhang-/Schluchtwald
Thermophile Eichentrockengehölze
G1 - Haarstrang-(Kiefern-)Eichenwald an Spree und Neiße
G2 - Ginster-Traubeneichenwald
Kiefernwälder
F1 - Tieflands-Kiefernwald im Komplex mit
Sumpf-Porst-Kiefernwald und Kiefern-Traubeneichenwald
F2 - Serpentin-Kiefernwald
F3 - Vogtländisch-fränkischer Schneeheide-Kiefernwald
F4 - Elbtal-Kiefernaue
Wechseltrockene bis feuchte (Birken-)Eichenwälder
E1 - Silgen-Stieleichenwald
E2 - Pfeifengras-Kiefern-Traubeneichenwald
E3 - Pfeifengras-Birken-Stieleichenwald
E4 - Pfeifengras-Buchen-Eichenwald im Komplex mit
Pfeifengras-Birken-Stieleichenwald
Trockene bis grundfeuchte Eichen- u. Buchen-Eichenwälder
D1 - Birken-Stieleichenwald
D2 - Kiefern-(Birken-)Stieleichenwald
D3 - Fichten-(Tannen-)Stieleichenwald
D4 - Höhenkiefern-(Tannen-)Traubeneichenwald
D5 - Birken-(Kiefern-)Traubeneichenwald
D6 - Kiefern-Traubeneichenwald
D7 - Winterlinden-Traubeneichenwald
Hainbuchenwälder
C1 - Östlicher (Trauben-)Eichen-Hainbuchenwald
C2 - Stieleichen-Hainbuchenwald
C3 - Westlicher (Trauben-)Eichen-Hainbuchenwald
C4 - Zentraleuropäischer (Trauben-)Eichen-Hainbuchenwald
Buchenwälder
B1 - Subkolliner Eichen-Buchenwald
B2 - Hochkolliner Eichen-Buchenwald
B3 - Eutrophe Buchenwälder
B4 - Submontaner Eichen-(Tannen-)Buchenwald
B5 - Montaner (Tannen-)Buchenwald
B6 - Hochmontaner Fichten-Buchenwald
Fichten- und Tannenwälder des Berglandes
A1 - Fichten-Tannenwald
A2 - Buchen-Tannenwald
A3 - Herzynischer Hochlagen-Fichtenwald
Bemerkenswerte kleinflächige Vegetationskomplexe
Fichten-Tieflandsvorkommen im Areal E3
Fichten-Erlenbruch der Steinbacher Heide mit borealen Elementen
Pflanzengeographisch bemerkenswerte Erlen-Bruchwälder
Soligene Hangquellmoore
Basiphil-kalkoligotrophe Niedermoore
Hangquellmoore mit bemerkenswerten Seggenriedern
Quellmoore des oberen Vogtlandes
Wechselfeuchte Bereiche der Elsteraue
Subalpine Vegetation im oberen Zechengrund
Thematische Bearbeitung:
Kartographische Bearbeitung:
Kartengrundlage:
Prof. Dr. W. Hempel, TU Dresden, Institut für Botanik
A. Gnüchtel, TU Dresden, Institut für
Allgemeine Ökologie und Umweltschutz
Rasterdaten der DTK 500, Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie, Frankfurt/M. 2000
Vektordaten der DTK 400, Landesamt für Umwelt
und Geologie, Bereich Boden und Geologie, Freiberg 2001
Gefördert vom Bundesamt für Naturschutz
M 1 : 800 000
0 5
10
15 20 25 km
18

Abb. 3
: Vegetationslandschaften Sachsens auf standörtlich-vegetationskundlicher Grundlage (SCHMIDT et al. 1997 und in LAF 1997)
Vegetationslandschaft des Berg-Fichtenwaldes
Wollreitgras-Fichtenwald
Vegetationslandschaft der Buchen(misch)wälder
Wollreitgras-Fichten-Buchenwald
Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
mit Höhenkiefer
Submontaner Hainsimsen-Eichen-Buchenwald
Hainsimsen-Eichen-Buchenwald mit Höhenkiefer
Hainsimsen-Eichen-Buchenwald mit Höhenkiefer/
Waldmeister-Buchenwald-Komplex
Hochkolliner Hainsimsen-Eichen-Buchenwald
Hainsimsen-Eichen-Buchenwald/
Birken-Kiefern-Eichenwald-Komplex
Waldmeister-Buchenwald
Vegetationslandschaft der Eichen(misch)wälder
Waldlabkraut-Hainbuchen-Eichenwald
Waldlabkraut-Hainbuchen-Eichenwald
mit Zittergras-Segge
Waldlabkraut-Hainbuchen-Eichenwald
mit Winter-Linde
Waldlabkraut-Hainbuchen-Eichenwald/
Birken-Kiefern-Eichenwald-Komplex
Birken- und Kiefern-Eichenwälder
auf überwiegend terrestrischen Standorten
auf überwiegend nassen Standorten
Vegetationslandschaft der Kiefernwälder
Beerstrauch-Kiefernwald
Vegetationslandschaften der Auen,- Bruch- und Moorwälder
Erlen-Eschen-Auen-, Quell- und Niederungswälder
und Erlenbruchwälder
Hartholz-Auenwald
Kiefern- und Birken-Moorwälder
Bergbaugebiete
M 1 : 800 000
Bearbeitung:
Kartographische Bearbeitung:
Kartengrundlage:
TU Dresden, Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz
A. Gnüchtel
Rasterdaten der DTK 500, Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie, Frankfurt/M. 2000
Vektordaten der DTK 400, Landesamt für Umwelt
und Geologie, Bereich Boden und Geologie, Freiberg 2001
Gefördert von der Sächsischen Landesanstalt für Forsten,
dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie und
dem Bundesamt für Naturschutz
0 5
10
15 20 25 km
19

21
weise publizierte Quellen und Einzeldaten (z. B. unveröffentlichte Vegetationskarten und
-aufnahmen, Biotopkartierungen der letzten Jahre, digitale Standortsdaten). Ein wesentli-
cher Aspekt war deshalb die Bündelung, Komprimierung und Auswertung dieser Infor-
mationen. Aufstellung und Charakteristik der Kartiereinheiten sowie Erstellung der
Karten gingen also einer noch ausstehenden umfassenden vegetationskundlichen Bear-
beitung Sachsens voraus. Eine abschließende pflanzensoziologische Gliederung der Wäl-
der erfordert weitere Studien.
In Abbildung 1 (S. 16) sind die Arbeitsschritte beider Projekte wiedergegeben. Im Text
erfolgt keine getrennte Darstellung beider F- u. E-Vorhaben. Eine Übersicht der Karten-
blätter 1 : 50 000 mit Nachweis der Bearbeiter enthält Anlage 3 (S. 149).
3.2.3 Literaturrecherche
Die Recherche projektbezogener Literatur erfolgte wie bei SCHMIDT et al. (1996). Die
Datenbank am Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz wurde entsprechend
weiter ausgebaut. Berücksichtigung fanden u. a. vegetationskundliche und vegetations-
kundlich orientierte floristische sowie geologische und standortskundliche Veröffentli-
chungen, Dissertationen, Staatsexamens-, Projekt- und Diplomarbeiten, ebenso die
umfangreiche Literaturliste von BÖHNERT et al. (1996). Die Datenerfassung erfolgte auf
der Basis eines Literaturprogramms (siehe SCHMIDT et al. 2001a).
3.2.4 Geobotanische und waldgeschichtliche
Grundlagenerhebungen
Auswahl, Interpretation und Erfassung von Weiserarten
Aus der Flora Sachsens lassen sich Arten auswählen, die auf Grund ihres standörtlichen
Verhaltens, ihrer pflanzensoziologischen Bindung und spezifischen Arealmuster einen
hohen Weiserwert für die Konstruktion der PNV-Karten besitzen. Als derartige „Weiser-
arten“ fanden Berücksichtigung:
• Differentialarten für edaphisch bedingte Vegetationseinheiten (Zeiger für Standorts-
spezifika),
• chorologische Differentialarten für die Ausweisung pflanzengeographischer Vika-
rianten,
• Arten, die zur gezielten Suche nach lokalen Besonderheiten dienen, so nach thermo-
philen Hangwäldern (z. B.
Cytisus nigricans
), Schluchtwäldern (z. B.
Lunaria redi-
viva
), Kaltluftkesseln unterhalb der montanen Höhenstufe (z. B.
Calamagrostis vil-
losa
) u. a.
Der Weiserwert der Arten ist regionalspezifisch und damit für deren Auswahl die Wei-
serfunktion in Sachsen entscheidend. Grundsätzlich verwertbar sind nur Arten mit Bin-
dung an Wald oder waldnahe Stauden- und Grasfluren sowie an Ersatzgesellschaften
1. Grades (extensives Grünland). Nicht hinzugenommen wurden chorologische Differen-
tialarten des Grünlandes und der Niedermoore ohne erkennbare Bindung zur Waldvege-
tation in Sachsen, obwohl sie im Allgemeinen zur pflanzengeographischen Gebietscha-
rakteristik geeignet sind (z. B.
Meum athamanticum, Trollius europaeus
). Arten mittlerer
Verbreitungsdichte und Arten, die seltene Vegetationseinheiten charakterisieren, fanden

image
22
bevorzugt Verwendung. Wertvolle Hinweise lieferten auch historische Daten. Die im
Institut für Botanik archivierten Unterlagen zur Pflanzenkartierung enthalten Fundortsan-
gaben für große Teile Sachsens in einem Raster von 0,25 km x 0,25 km. Zur besseren
Handhabbarkeit wurden sie in ein Raster von
1
/
16
Quadranten (Rasterfeld 1,25 km x
1,25 km) übertragen. Aus den Fundortsangaben entstanden mit Hilfe des Programmes
FLOREIN Verbreitungskarten. Entsprechend sehr differenzierter Intensität der Kartie-
rung der Arten für die o. g. Fundortskartei ergibt sich eine unterschiedliche Qualität und
Aussagekraft der Verbreitungskarten. Aus diesem Grund mussten Nachkartierungen vor-
genommen und private Fundortskarteien aus verschiedenen sächsischen Gebieten ausge-
wertet werden, was durch Mitwirkung sächsischer Floristen realisiert wurde. Informatio-
nen lieferten außerdem Verbreitungskarten von HEMPEL (1967, 1979, 1981) und HEMPEL
& P
IETSCH (1985). Zur Schließung verbliebener Kartierungslücken diente der „Sächsische
Florenatlas” (
HARDTKE
& IHL 2000). Diese Karten sind zwar gröber (Kartierung auf der
Basis von
1
/
4
Quadranten), haben aber den wesentlichen Vorteil einer gleichmäßigen,
flächenhaften Datenerhebung, so dass sich repräsentative Verbreitungsmuster ergeben.
Vegetationskundliche Erhebungen im Gelände
Wichtige Indikatoren für das Verhältnis von Standort und Vegetation und damit letztlich
für die Konstruktion der PNV sind
aktuell naturnahe Waldbestände
und
Offenlandge-
sellschaften
, die bei hinreichend guter Ausprägung auch als
Weiserbestände
bezeichnet
werden können. Insbesondere die Kontrolle und Überarbeitung der PNV-Karten
M 1 : 50 000 beinhaltete deshalb umfangreiche Recherchen und Analysen naturnaher Bio-
tope. Die in Sachsen untersuchten Bestände sind – wenn auch als naturnah eingeschätzt –
in jedem Falle mehr oder weniger anthropogen beeinflusst. Die Einschätzung der
Naturnähe stützte sich im Gelände, wie bei der Auswahl der Vegetationsaufnahmen aus
der Literatur, auf „Idealbilder“ zu Struktur und Dynamik von Waldgesellschaften, die auf
eigenen Erfahrungen und Auswertung wissenschaftlicher Arbeiten beruhen. Fehlten
regional naturnahe Biotope, die einer Schlussgesellschaft nahe kommen, musste bei den
Untersuchungen im Gelände auch auf Pionier- und Zwischenwälder sowie Forsten
zurückgegriffen werden. Der Weiserwert der Bodenvegetation für das Standortspotential
und damit für die PNV ist hier jedoch meist eingeschränkt, da unstandortsgemäße
Bestockung oft zu einer starken Veränderung des Oberbodenzustandes führt und damit
die Artengarnitur stark überprägt.
Wesentlichste Datenquelle zum Auffinden naturnaher Bestände waren die Ergebnisse der
selektiven Waldbiotopkartierung, die vom LfUG in Form einer Access-Datenbank (L
F
UG
2000) und von der LAF als Karten (M 1 : 25 000; LAF 1999) zur Verfügung gestellt wur-
den. Für etwa 23 000 relativ naturnahe Biotope sind Angaben zu Vorkommen, Flächenan-
teil und Ausprägung von Biotoptypen (nach A
RBEITSKREIS
FORSTLICHE LANDESPFLEGE
1996, LAF 1996) bzw. Waldgesellschaften (nach S
CHMIDT 1995), umfangreiche verbale
Beschreibungen, vorkommende Arten (inkl. Weiserarten), zu dem im Biotop vorherr-
schenden Standortstyp und nicht zuletzt zur genauen Lage des Biotops enthalten (Aus-
wertungsmöglichkeiten siehe Kap. 3.2.5, S. 22). Weitere Informationen zum aktuellen
Vorkommen naturnaher Pflanzenbestände wurden durch Auswertung von BUDER (1998),
RIETHER (2000) und ZINKE (2000) sowie aus der Literatur erschlossen. Mit diesen Grund-
lagen war eine gezielte Vorauswahl und Begehung der zu untersuchenden Bestände, aber
auch eine Reihe weiterer Auswertungen möglich (Kap. 3.2.8, S. 28).
Informationen zur Vegetation wurden bei Geländebegehungen in Form von vollständigen
oder verkürzten Vegetationsaufnahmen sowie Artenlisten, meist kombiniert mit allge-
meinen Beschreibungen zu Bestandesstruktur, Relief und Standort (Kap. 3.2.6), erhoben.
Bruchweiden-Auengebüsch und
-wald bei Grimma (KE 10.2)
Foto: B. Walter

image
23
Vegetationsaufnahmen (Skala zur Artmächtigkeit siehe WILMANNS 1993) erfolgten vor
allem zur Charakterisierung von Kartiereinheiten und zur Klärung einiger strittiger vege-
tationskundlicher Probleme (siehe Kap. 3.2.7.2, S. 26).
Waldgeschichtliche Untersuchungen zur ursprünglichen und Potentiellen Natürli-
chen Vegetation ausgewählter Naturräume Sachsens
Wertvolle Hinweise für die PNV-Konstruktion liefern historische Daten. So führt der Ver-
gleich von ehemaliger und gegenwärtiger Baumartenverbreitung zu einer räumlich
genaueren Umgrenzung von PNV-Einheiten in einer stark veränderten Landschaft. Des-
halb wurden hierzu einige gezielte Recherchen vorgenommen (H
ANSPACH 1998, 2000)
und die über Abteilungsnummern und Ortsnamen lokalisierbaren Angaben von REINHOLD
(o.J.) zur Baumartenstruktur der kursächsischen Wälder im 16. Jahrhundert ausgewertet.
So ist die Verbreitung einzelner Arten wie der Buche oder der Ahorne im montanen und
hochmontanen Bereich des Erzgebirges relativ genau nachvollziehbar. Da die Daten
frühere Standorts- und Nutzungsverhältnisse repräsentieren, bedurften Rückschlüsse auf
das heute mögliche Baumartenspektrum einer kritischen Wertung.
3.2.5 Auswertung der Waldbiotopkartierung
Durch die außerordentliche Datenmenge und das in die Datenbank der Waldbiotopkartie-
rung integrierte Rechercheprogramm boten sich vielfältige Auswertungs- und Abfragemög-
lichkeiten. Wenn es auch im Einzelfall kritischer Prüfungen bedurfte, so muss insgesamt
gesehen den Ergebnissen der Waldbiotopkartierung eine große Bedeutung als Grundlage für
die PNV-Kartierung zuerkannt werden, insbesondere unter folgenden Aspekten:
• Auswahl geeigneter Bestände für gezielte Untersuchungen im Gelände,
• standörtliche Amplitude aktueller Vorkommen von Waldgesellschaften, Ermittlung
eventueller Abweichungen von den Ökogrammen sächsischer Waldgesellschaften
(SCHMIDT et al. 1998a),
• Höhenverbreitung und -grenzen von aktuellen Vorkommen ausgewählter Waldgesell-
schaften (z. B. Buchenwälder im Übergang zu klimatisch bedingten Fichtenwäldern;
Bruchwälder, erlenbestimmte Bach- und Quellwälder) und Baumarten (Buche, Erle),
• Auswahl und Lokalisierung von gut ausgeprägten Beständen natürlicher Waldgesell-
schaften und Gesellschaftskomplexen (z. B. Kontaktbereiche von nassen Fichtenwäl-
dern und Buchenwäldern) als Weiser für Standortsverhältnisse und Potentielle Natür-
liche Vegetation,
• Hinweis auf großflächige und gut ausgeprägte aktuelle Vorkommen natürlicher Wald-
gesellschaften (z. B. Schluchtwälder), die der PNV entsprechen und deshalb in der
PNV-Karte direkt zur Darstellung gelangen können,
regionale standörtliche und vegetationskundliche Besonderheiten (z. B. gehäuftes Auf-
treten von Waldmeister-Buchenwald in Hangmulden, von offenen Mooren),
• Vorkommen großflächiger naturnaher Waldkomplexe.
3.2.6 Standortskundliche Auswertungen
und Erhebungen
Im Wesentlichen wurde auf bereits vorliegende Ergebnisse bzw. Karten zurückgegriffen.
Über den Einzelstandort als eine der grundlegendsten Informationen der PNV-Konstruk-
tion (Kap. 3.2.8, S. 28) liefern Standortskarten Informationen:
Bodensaurer Schneeheide-
Kiefernwald im NSG
Hirschberg (KE 7.1.4)
Foto: B. Walter

image
24
Für den Bereich der Wälder
standen nach Bearbeitung der digitalen Daten des LfUG,
Abt. Boden und angewandte Geologie, forstliche Standortskarten (FSK, Basiskartie-
rung M 1 : 10 000) mit detaillierten und flächengetreuen Angaben zu Standortstypen
auf topischer Ebene zur Verfügung. Angaben zu Nährkraft und Wasserhaushalt sowie
weitere Beschreibungen ermöglichen weitgehende ökologische Aussagen (SCHWANECKE
1993; LAF 1995; LFUG 1998; Anlage 4, S. 150).
Im Bereich des Offenlandes
lagen Daten der Mittelmaßstäbigen landwirtschaft-
lichen Standortskartierung (MMK, Basiskartierung digital M 1: 25 000, gedruckt
M 1 : 100 000) vor. Überwiegend sind Bodengesellschaften dargestellt, also Informa-
tionen auf chorischer Ebene. Angaben über Boden-/Substrattypen lassen Schlüsse auf
das Wasserregime und in sehr begrenztem Maße auf die Nährstoffversorgung zu
(L
FUG 1998).
Im Gelände war häufig eine genauere Charakteristik der Einzelstandorte nötig als sie von
den für großräumige Überblicke gedachten Standortskarten geboten wird. Vor allem die
Parallelisierung von Standort und Vegetation (siehe Kap. 3.2.4, S. 21) erforderte zur Kon-
trolle regelmäßige Bodenprofilnahmen mittels Erdbohrstock. Die Grobansprache von
Substrat, Schichtung und Bodentyp richtete sich nach gebräuchlichen Kartieranleitungen
(ARBEITSGRUPPE BODEN 1994, ARBEITSKREIS STANDORTSKARTIERUNG 1996). Bodentyp
und Vorkommen bestimmter Weiserarten der Bodenvegetation wurden für eine grobe
Einschätzung von Nährkraft sowie Wasserregime herangezogen.
3.2.7 Erarbeitung und Beschreibung
von Kartiereinheiten
3.2.7.1
Erarbeitung von Waldgesellschaften, Auswahl und Benennung
von Kartiereinheiten
Informationen zum
aktuellen Vorkommen natürlicher Waldgesellschaften
wurden
durch eine umfangreiche Literaturrecherche, die sich vor allem auf die Arbeiten von
GUTTE et al. (1964), HEMPEL (1983), SCHMIDT et al. (1996) und BÖHNERT et al. (1996)
stützt, gewonnen. Problematischer war die Lokalisierung potentiell vorkommender Wald-
gesellschaften, von denen heute zwar keine aktuellen Bestände existieren, deren poten-
tielle Standorte in Sachsen jedoch nachweisbar sind (z. B. Orchideen-Buchenwälder).
In diesem Fall waren Analogieschlüsse zu Vorkommen in angrenzenden Bundesländern
nötig (z. B. Thüringen).
Als primäres Bezugssystem für die Einordnung der Waldgesellschaften diente die „Über-
sicht der natürlichen Waldgesellschaften Deutschlands” (SCHMIDT 1995). Sie bot durch
Berücksichtigung soziologischer und ökologischer Aspekte sowie durch relativ weit
gefasste Assoziationen einen übersichtlichen, handhabbaren Rahmen. Die wissenschaft-
liche Nomenklatur auf Assoziationsebene richtet sich nach neueren pflanzensozio-
logischen Standardwerken (z. B. O
BERDORFER 1992, POTT 1992, SCHUBERT et al. 1995,
DIERSCHKE 1996 ff.), sowie der bisher noch nicht publizierten, sondern nur im Internet als
Entwurf vorliegenden und von RENNWALD et al. (2000) im Auftrag des BfN bearbeiteten
Übersicht und Roten Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands.
Die berücksichtigte Gliederungstiefe der Grundeinheiten ergab sich aus der Zielstellung
des Projektes. So sollten die Karten der PNV weitgehend ein Spiegelbild der natürlichen
ökologischen Raumgliederung Sachsens auf vegetationskundlicher Grundlage sein und
Quellmoor mit Montanem
Sumpfdotterblumen-Erlenwald
(KE 11.4) bei Lippersdorf/Erzg
Foto: D. Wendel

image
25
damit dem Anwender Informationen zu Standort und PNV bis auf die Ebene einzelner
bzw. mehrerer nahe verwandter Standortstypen bieten. Die gebildeten Untereinheiten,
ranglos als Ausbildungsformen bezeichnet, mussten deshalb möglichst eng an das vor-
handene Grundgerüst der Standortstypen der Forstlichen und Mittelmaßstäbigen Land-
wirtschaftlichen Standortskartierung angebunden werden. Ökologisch gestützte Unter-
einheiten bieten zudem den Vorteil, dass sie bei abweichenden oder sich wandelnden
syntaxonomischen Auffassungen (vgl. o. g. Literatur) eher mit Pflanzengesellschaften
derartiger pflanzensoziologischer Systeme vergleichbar sind.
Die Untergliederung der einzelnen Waldgesellschaften ging (soweit hinreichend bekannt)
von deren charakteristischer Artenstruktur aus. Abweichungen von dieser Artenstruktur,
die auf besonderen Standortseigenschaften beruhen, konnten anhand von Weiserarten und
ökologisch-soziologischen Artengruppen (z. B. Übersicht im Ergebnis von Literaturaus-
wertung bei SCHMIDT & POHL 1990) erkannt werden. Sie führten zur Ausweisung von Aus-
bildungsformen. Weitere Informationen entstammten u. a. den Arbeiten von HARTMANN &
JAHN (1967), PASSARGE & HOFMANN (1968), SCHUBERT (1972) und HOFMANN (1993).
Als eigenständige
Kartiereinheiten
wurden berücksichtigt:
• gut von anderen Waldgesellschaften bzw. deren Ausbildungen zu differenzierende,
• lokalisierbare und über den Standort räumlich abgrenzbare,
• im Maßstab 1 : 50 000 darstellbare, also entsprechend großflächige,
• Waldgesellschaften und deren Ausbildungen.
Das bundesweite System der Kartiereinheiten (SUCK & BUSHART 1995) fand als Bezugs-
system Berücksichtigung. Teilweise musste mit Kartiereinheiten, die aus Komplexen von
zwei oder mehr Vegetationseinheiten bestehen, gearbeitet werden (Kriterien siehe
Kap. 3.2.8, S. 28).
Die Kartiereinheiten erhielten deutsche Namen. Der Kartiereinheit nahekommende bzw.
ihr vergleichbare Waldgesellschaften der aktuellen Vegetation wurden durch Angabe des
wissenschaftlichen Namens (Nomenklatur überwiegend nach OBERDORFER 1992) sowie
der gängigen Synonyme aufgeführt. Die basalen Kartiereinheiten sind in der Regel in
Ausbildungsformen untergliedert. Dies ist in drei Ebenen möglich:
• höhenklimatisch (als Höhenformen), z. B. planare, hochkolline und submontane For-
men des Hainsimsen-Eichen-Buchenwaldes,
• edaphisch (als standörtliche Ausbildungsformen), z. B. Grasreicher Hainbuchen-
Traubeneichenwald, Elsbeeren-Hainbuchen-Traubeneichenwald,
• geographisch (als Vikarianten), z. B. Mitteldeutscher und Ostsächsischer Hainbuchen-
Traubeneichenwald.
Typischer Kiefern-Eichenwald
(KE 5.3.1) im NLP
Sächsische Schweiz
Foto: P. A. Schmidt

image
26
Die Nomenklatur der aus Komplexen bestehenden Kartiereinheiten richtete sich nach
Zusammensetzung der beteiligten Vegetationseinheiten und ihrem Flächenanteil. In der
Benennung steht die Vegetationseinheit mit dem größten Flächenanteil an erster Stelle, da
sich nach dieser die Einordnung in der Legende richtet. Danach folgt „...im Komplex
mit...“, und es werden die weiteren Einheiten genannt. Gehen Vegetationseinheiten inein-
ander über (siehe hierzu Kap. 3.2.8.1, S. 30), wird dies durch Formulierungen wie „...im
Übergang zu...“ gekennzeichnet. Komplexbildungen wegen Kleinflächigkeit oder enger
Verzahnung von Kartiereinheiten werden im Namen folgendermaßen hervorgehoben: „...
im (kleinflächigen) Wechsel mit ...“.
3.2.7.2
Charakterisierung der Kartiereinheiten
Mit der Charakterisierung werden zwei wesentliche Ziele verfolgt:
• Erarbeitung von vegetations- und standortskundlichen Kartierkriterien als Grundvor-
aussetzung für die Konstruktion der PNV-Karten,
• Beschreibung der Kartiereinheiten, um dem Nutzer eine Vorstellung von den Kartier-
einheiten zu vermitteln bzw. die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.
Vegetationskundliche Charakterisierung
Vegetationskundliche Untersuchungen dienten in erster Linie zur Charakterisierung der
Kartiereinheiten über textliche Beschreibungen und Vegetationsaufnahmen. Fallweise
konnten sie zur Klärung strittiger syntaxonomischer Fragen herangezogen werden.
In einem ersten Schritt wurde auf der Basis intensiver Literaturrecherchen eine verbale
Charakteristik der Vegetationseinheiten nach vertikaler Raumstruktur und kennzeichnen-
den Arten erarbeitet. Vertiefende Recherchen waren nötig, um geeignete, die Kartierein-
heit repräsentierende Vegetationsaufnahmen aufzufinden, wobei Lücken über Geländear-
beiten geschlossen werden mussten. Der Eingabe der Vegetationsaufnahmen in eine
Datenbank folgte eine Vorsortierung in Vegetationstabellen, getrennt nach PNV-Kartier-
einheiten. Kriterium war das Vorkommen von Charakter- und Differentialarten bzw. cha-
rakteristischen Artenkombinationen (z. B. nach OBERDORFER 1992, SCHUBERT et al. 1995).
Zur Charakterisierung von Kartiereinheiten wurden dann Vegetationsaufnahmen ausge-
wählt, die für die jeweilige Grundeinheit oder Ausbildungsform typisch sind. Mehrere
Tausend Vegetationsaufnahmen konnten einbezogen werden, neben eigenen auch solche
anderer Autoren. Die Aufnahmen wurden aus den verschiedensten Interessen heraus und
in unterschiedlicher Qualität erstellt. Häufig spiegelten sie lokale Besonderheiten wider,
ein Phänomen, das z. B. bei Schluchtwäldern sehr ausgeprägt auftrat. Insgesamt handelte
es sich um ein äußerst heterogenes Material, das sehr sorgfältig gesichtet und ausgewählt
werden musste (Auswahlverfahren siehe SCHMIDT et al. 2001a). Die verbliebenen Vege-
tationsaufnahmen wurden in umfangreichen Tabellen nach dem Prinzip maximaler flori-
stischer Ähnlichkeit zusammengestellt. Eine hohe Bedeutung kam außerdem dem ökolo-
gischen Weiserwert der Arten sowie den zwischen den Kartiereinheiten differenzierenden
Arten und Artengruppen zu, was durch entsprechende Tabellengestaltungen ein hohes
Gewicht erhielt.
Es wurde angestrebt, großflächig auftretende Kartiereinheiten durch mindestens zehn,
kleinere durch etwa fünf Vegetationsaufnahmen zu belegen. Traten Ausbildungsformen
bzw. Varianten davon auf, die nicht kartierbar, aber im Komplex oder für bestimmte wald-
dynamische Prozesse (z. B. Seggen-Fichtenwald auf vermoorenden Standorten) charak-
teristisch waren, wurden beispielhaft einige Aufnahmen beigefügt, um diese Kenntnisse
für vertiefende Untersuchungen (z. B. Erstellung von PNV-Karten M 1 : 10 000) verfüg-
Wüchsige Buchenbestände im
Übergangsbereich vom montanen
Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)
Buchenwald (KE 2.3) zum hoch-
montanen Wollreitgras-Fichten-
Buchenwald (KE 2.5) im 900 m ü.
NN gelegenen NSG Zweibach. In
der Krautschicht herrscht Woll-
Reitgras (Calamagrostis villosa)
vor.
Foto: G. Hofmann

image
27
bar zu machen. Zuletzt erhielten die Tabellen eine Gliederung und Gestaltung, die diffe-
renzierende Merkmale in der Artenstruktur zwischen den Kartiereinheiten bzw. Ausbil-
dungsformen möglichst deutlich heraustreten lässt (vgl. SCHMIDT
et al. 2001a). Aus den
differenzierten Tabellen entstanden in einem abschließenden Arbeitsschritt Stetigkeitsta-
bellen. Aus ihnen kann für jede Kartiereinheit die Häufigkeit einzelner Arten in den Vege-
tationsaufnahmen abgelesen werden. Bei weniger als 5 Aufnahmen je Kartiereinheit wur-
den absolute Stetigkeiten angegeben (diese Werte sind in den Tabellen kursiv gedruckt),
bei 5 und mehr Aufnahmen dagegen Stetigkeitsklassen ausgewiesen.
Stetigkeitsklassen :
r
bis 5 %
III
> 40 bis 60 %
+
> 5 bis 10 %
IV
> 60 bis 80 %
I
> 10 bis 20 %
V
> 80 %
II
> 20 bis 40 %
Arten der Stetigkeitsklassen r, + und I wurden in den Tabellen (im Sinne der Platzerspar-
nis) weggelassen, soweit sie keine differenzierenden Arten sind oder für den Vergleich
mit anderen Tabellen besondere Bedeutung besitzen.
Standortskundliche Charakterisierung
Die Zuordnung von Waldgesellschaften zu bestimmten, definierten Standortstypen, wie
sie für eine Kartierung der PNV auf standörtlicher Basis erforderlich ist, setzt die Kennt-
nis ihrer ökologischen Parameter (Klima, Nährstoff- und Wasserhaushalt) sowie stand-
örtlicher Besonderheiten voraus (beispielsweise Bodenbewegungen bei Schluchtwäl-
dern). Wichtigste Arbeitsgrundlage waren die Ökogramme der Waldgesellschaften
Sachsens (SCHMIDT et al. 1998a, vgl. auch Anlage 5, S. 151), in denen Waldgesellschaf-
ten den in Sachsen kartierten forstlichen Standortsgruppen zugeordnet sind. Prüfung, Prä-
zisierung und Anpassung dieser Zuordnung an die detaillierteren Kartiereinheiten der
PNV Sachsens waren jedoch unerlässlich (siehe folgender Abschnitt).
Für
Waldstandorte
wurden folgende Beziehungen analysiert:
• forstliche Standortsformengruppen und forstliche Vegetationsformen,
• forstliche Standortsformen/Standortsformengruppen und Waldgesellschaften,
• Boden-/Substrattypen und Vegetationsformen.
Häufig auftretende Parallelen von Standort und Vegetation wurden verallgemeinert und
gegebenenfalls zur Untersetzung der Ökogramme verwendet.
Problematisch war der Abgleich von Vegetation und Standort im Bereich des
Offenlan-
des
. Ökogramme wie für forstliche Standorte liegen nicht vor. Selbst die Standortstypen
sind für die Zwecke des Projektes zu schwach charakterisiert. Angaben zum Wasser-
haushalt lassen sich aus den Flächenanteilen der Bodentypen innerhalb eines Kartier-
komplexes folgern, sie sind entsprechend breit gefächert. Eine Einschätzung der Nähr-
kraft ist jedoch nur indirekt über Bodentypen und geologisches Ausgangssubstrat
möglich. Im Grenzbereich von Wald und Offenland konnte ein Vergleich und eine Paral-
lelisierung der forstlichen und landwirtschaftlichen Standortstypen vorgenommen wer-
den. Als Weiser dienten außerdem naturnahe Feldgehölze, selten Ersatzgesellschaften
1. Grades, da letztere unter den Bedingungen der heutigen intensiven Landwirtschaft
kaum noch zu finden sind.
Beschreibung der Kartiereinheiten in „Steckbriefen“
Alle zu den Kartiereinheiten verfügbaren und projektrelevanten Informationen wurden in
Typischer Wollreitgras-
Fichtenwald im NSG
Kleiner Kranichsee
(KE 6.1.1)
Foto: D. Wendel

image
28
steckbriefartigen Kurzbeschreibungen zusammengeführt, die sich an inhaltlichen und
gestalterischen Vorgaben des BfN orientierten (vgl. Anlage 9, S. 167). Vegetationskund-
liche und standörtliche Charakteristika (siehe vorhergehende Abschnitte) sowie Differen-
zierung in Ausbildungsformen bildeten den Schwerpunkt. Standortskundliche Angaben
wurden durch Herrn Dr. Bartelt (Spechtshausen) geprüft, Angaben zu den Ersatzgesell-
schaften auf der Basis von SCHMIDT
et al. (2002) überarbeitet.
3.2.8 Konstruktion der PNV-Karten
3.2.8.1
Erstellung von PNV-Karten im Maßstab 1 : 50 000
Herleitung und kartographische Darstellung der PNV-Karten wurden in den Projektbe-
richten umfangreich beschrieben (SCHMIDT et al. 2000a, 2001a). Hier sollen nur einige
wesentliche methodische Aspekte dargestellt werden.
Die Erstellung der Karten umfasst prinzipiell vier Arbeitsschritte:
1. Sammlung aller Grundlageninformationen und Darstellung in einem Kartenentwurf,
2. Prüfung des Kartenentwurfes im Gelände,
3. Kartenkorrektur, Abgleich benachbarter Karten,
4. Digitalisierung und Fertigstellung der PNV-Karte.
Auswahl und Abwägung von Informationsquellen, kartographischer Entwurf
Für die Konstruktion des Kartenentwurfes stand eine Fülle an abiotischen und biotischen
Grundlageninformationen zur Verfügung. Dieser Umstand erforderte einen Algorithmus,
nach dem diese Informationen abgewogen werden und in die Karten einfließen. Eine Vor-
erkundung oder die Durchführung mehrerer Kartierdurchgänge wie bei der
Standortskartierung (vgl. SCHWANECKE 1999) war aus Zeitgründen nicht möglich.
Als günstig stellte sich bei der Erstellung der Kartenentwürfe heraus, zuerst das Fließge-
wässernetz mit den zugehörigen Auen und weitere Nassbereiche abzugrenzen. Gleiches
gilt für Bereiche, in denen keine PNV angegeben wird, wie künstliche Seen, größere Sied-
lungskerne oder Bergbaugebiete. Für die kartographische Bearbeitung erwiesen sich wei-
terhin trophische Unterschiede der Böden auf sehr gegensätzlich charakterisierten Grund-
gesteinen oder Substraten (z. B. Sandstein, Freiberger Grauer Gneis, Basalt),
Höhenstufen, Vorkommen von Weiserarten, Detailinformationen aus Biotopkartierung
oder Literatur (z. B. bekannte und abgrenzbare Vorkommen von naturnahen Gesellschaf-
ten) als bedeutsam. Der Wert der einbezogenen Informationsquellen steigt mit deren öko-
logischer Aussageschärfe, aber auch mit der Lokalisierbarkeit bzw. der Genauigkeit für
die Abgrenzung bestimmter Standortsfaktoren. Die höchste Aussagekraft erreichen die
Karten der forstlichen und landwirtschaftlichen Standortskartierung, da sie den aktuellen
Bodenzustand wiedergeben. Sie nahmen im Projekt eine Schlüsselstellung ein.
Folgende abiotische und biotische Grundlagen fanden Eingang in die Kartenkonstruktion
(Näheres in Anlage 6, S. 152):
• Topographische Karten (M 1 : 50 000),
• Karten der Waldhöhenstufen (M 1 : 1 000 000) und Makroklimaformen
(M 1 : 200 000),
• Forstliche Standortskarten (M 1 : 50 000),
• Landwirtschaftliche Standortskarten (M 1 : 50 000 und 1 : 100 000),
• Geologische Spezialkarten (M 1 : 25 000),
Birken- und höhenkiefernreiche
Bestände des (Tannen-Kiefern-)
Fichtenwaldes (KE 6.2)
bei Landwüst
Foto: W. Hempel

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29
• Geologische Karten der eiszeitlich bedeckten Gebiete (M 1 : 50 000),
• Bodenkarte (M 1 : 50 000, nur drei Kartenblätter vorhanden),
• bereits vorliegende Vegetationskarten (M 1 : 25 000 bis 1 : 750 000),
• aktuelle und historische Karten von Weiserarten,
• Punktkarten und andere Angaben zur aktuellen Verbreitung natürlicher Waldgesell-
schaften.
Allen verwendeten Informationsquellen sind bestimmte Aussageunschärfen eigen, deren
Kenntnis für die Konstruktion der PNV bedeutsam ist und die häufig nur durch eine ver-
stärkte Einbeziehung alternativer Quellen behoben werden können. Beispielhaft seien hier
die nassen Standorte mittlerer Nährkraft im submontanen Bereich des Erzgebirges
genannt (Standortsgruppe Uf NM1; siehe Anlagen 4 u. 5, S. 150-151), die eine derartige
Variabilität aufweisen, dass im Bereich eines Standortstyps Bestände verschiedenster
Waldgesellschaften vorzufinden sind (Fichtenwälder, Erlen-Bruchwälder, Bach- und
Quellwälder, waldfreie Zwischenmoore). Hier ließen sich Präzisierungen anhand der
selektiven Biotopkartierung vornehmen. Ein anderer Aspekt, der trotz vorgegebener
Arbeitsmethodik zu Abweichungen führte, ist die bearbeiterspezifische Individualität der
Karten (FSK, MMK), ein Umstand, der bei allen großräumigen Kartierungen mit mehre-
ren Bearbeitern und getrennten Kartiergebieten kaum vermeidbar ist.
Ausgehend vom Maßstab der Karte (Darstellbarkeit) und praktischen Gesichtspunkten
(Aufwand) wurden
Kartierschwellen
für die einzelnen Kartiereinheiten festgelegt. So
wurden aus dieser Sicht beispielsweise Auenstandorte und damit Bachwälder in der Regel
erst ab einer Länge von 500 m und einer Breite von 100 m als kartierwürdig eingestuft.
Nach Abwägung der Daten aus den Informationsquellen und der Kartierwürdigkeit
erfolgte die kartographische Darstellung durch:
• Zusammenfassung von vegetationskundlich gleichwertigen Standortstypen (= inhaltli-
che Abgrenzung) anhand von Ökogrammen bzw. Charakteristika der Kartiereinheiten,
• Übertragen ausgewählter Standorts- und damit Vegetationsgrenzen auf TK 50-Karten
(= räumliche Grenzziehung),
• Eintrag der Code-Nummer für die jeweilige Kartiereinheit bzw. einen Komplex von
Kartiereinheiten.
Komplexbildungen mussten vorgenommen werden, wenn:
• Kartiereinheiten wegen Kleinflächigkeit auf der TK 50 nicht darstellbar sind,
• mehrere definierte Kartiereinheiten eng miteinander verzahnt vorkommen und als
Komplex wesentliche Flächenanteile aufweisen bzw. gebietstypisch sind oder
• fließende Übergänge zwischen zwei oder mehreren Kartiereinheiten existieren.
Am Beispiel der Steilhangwälder wird offensichtlich, dass mehrere Gründe gleichzeitig
Anlass für Komplexbildungen sind. In kolline und submontane Hangwaldkomplexe wur-
den Hainsimsen-Eichen-Buchenwald, Waldschwingel-(Tannen-)Buchenwald, Eschen-
Ahorn-Schlucht- und Schatthangwald, Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwald, und Fär-
berginster-Traubeneichenwald einbezogen (vgl. S. 179).
Prüfung des Kartenentwurfes im Gelände
Eine katenaartige Vorkartierung diente der Ermittlung regionaler Trends (z. B. Wandel
der Waldgesellschaften entsprechend der klimatischen Höhenstufen). Nachfolgend wurde
der Kartenentwurf hinsichtlich folgender Schwerpunkte bei Geländebegehungen gezielt
überprüft:
Offenes Zwischenmoor am Rauner
Berg mit mehreren Metern Torf-
mächtigkeit; kartiert wurde hier
ein mineralischer Nassstandort.
Foto: D. Wendel

image
30
• Extremstandorte,
• Übergangsbereiche zwischen Waldgesellschaften bzw. Vegetationskomplexen und
• bisher wenig untersuchte Standortsbereiche.
Digitalisierung, Kartengestaltung und erste Auswertungen
Abschließend wurden die Karten digitalisiert und entsprechend den Vorgaben des LfUG
graphisch gestaltet (Näheres dazu in SCHMIDT
et al. 2001a). Auf der Basis von ArcInfo
konnten für jede Kartiereinheit hektargenau Flächen (Grundwerte) errechnet werden.
Diese Werte wurden in weiteren Arbeitsschritten durch verschiedene thematische Auf-
summierungen zu Übersichten aufbereitet. Bei der Interpretation dieser Grund- und Sum-
menwerte ist zu beachten, dass es sich
nicht um reale Flächengrößen
handelt. Auch
wenn ein exaktes, von GIS gestütztes Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Einzel-
werte angewendet wurde, ist die Berechnungsgrundlage – gedankliche Konstruktion und
Abgrenzung der potentiellen Vegetationseinheiten in den Karten – immer mit Unsicher-
heiten verbunden. Bei summarischen Werten kommt hinzu, dass die Fläche der Auswer-
teeinheit (z. B. „Hartholz- und Weichholz-Auenwälder“) aus Grundeinheiten (z. B.
Eichen-Ulmen-Auenwald) und Komplexeinheiten (z. B. Eichen-Ulmen-Auenwald im
Übergang zu Zittergrasseggen-Hainbuchen-Stieleichenwald) zusammengesetzt ist, also
in nicht abtrennbarem Maß auch flächenmäßig ± bedeutende Nebeneinheiten (Zittergras-
seggen-Hainbuchen-Stieleichenwald) enthält. Insbesondere bei kleinflächigen, azonalen
Vegetationseinheiten ist mit größeren Spielräumen zu rechnen.
3.2.8.2
Umsetzung der PNV-Karten in den Maßstab 1 : 200 000
Der PNV-Kartenentwurf M 1 : 200 000 entstand als eine weitgehend identische Verklei-
nerung der PNV-Karten M 1 : 50 000. Auf diese Weise wird die Kompatibilität der
Kartiereinheiten und ihrer Beschreibungen zwischen beiden Kartensystemen gesichert.
Nicht alle Kartiereinheiten und Flächenabgrenzungen des Maßstabes 1 : 50 000 sind im
Maßstab 1 : 200 000 noch darstellbar, da die Zahl der zur Auswahl stehenden Farben und
Signaturen begrenzt ist und sehr kleinflächige Vorkommen in der PNV-Karte
M 1 : 200 000 drucktechnisch nicht wiederzugeben bzw. vom Nutzer nicht zu erkennen
sind. In einem zweiten Arbeitsschritt war damit fallweise eine Verallgemeinerung zwin-
gend. Mögliche Varianten dafür sind:
• Wegfall einzelner, zu kleiner Karteneinträge durch Anpassung von Farbe und Signatur
an die Fläche einer angrenzenden, möglichst nahe verwandten Kartiereinheit,
• Bildung eines räumlich-inhaltlichen Komplexes mit einer angrenzenden, ökologisch
verwandten Kartiereinheit und Anpassung von Karteneintrag, Farbe und Signatur in
beiden Flächen oder
• Zusammenfassung von Einheiten bereits auf der Ebene des Maßstabes 1 : 50 000 (hier-
auf wurde verzichtet, da mit zu hohem Informationsverlust verbunden).
Eine gewisse Erweiterung des Spektrums darstellbarer Kartiereinheiten ist durch Aufsig-
naturen möglich.
Die Farb- und Signaturwahl unterscheidet sich deutlich von der PNV-Karte M 1 : 50 000.
Sie orientiert sich an bereits fertiggestellten PNV-Karten, wie der von Sachsen-Anhalt
(LAU 2000). Wenige Grundfarben lassen die Einordnung in eine der großen Gruppen von
Kartiereinheiten (Hainbuchen-Eichenwälder, bodensaure Buchenwälder usw.) zu. Far-
bige Schraffuren und Aufsignaturen markieren hygrische, trophische oder klimatische
Differenzierungen.
Flechtengesellschaften und
randlich Karpatenbirken-Fichten-
Blockwald besiedeln Blockhalden
im NSG Schwarzwassertal
(KE 15.1 und 14.1). Derartige
Vegetationskomplexe sind nur
durch Geländebegehungen
erfassbar.
Foto: D. Wendel

image
31
3.2.9 Erfassung großflächiger naturnaher
Waldgebiete
Wichtigste Informationsgrundlage zur Lokalisierung, Abgrenzung und Beschreibung
großflächiger naturnaher Waldgebiete waren die Ergebnisse der sächsischen Waldbio-
topkartierung (Karten im Maßstab 1 : 25 000, Datenbank mit Flächenangaben und
Beschreibungen). Gemäß den Kriterien der Waldbiotopkartierung (vgl. LAF 1996) kamen
i. d. R. Bestände als „Seltene naturnahe Waldgesellschaft“ zur Darstellung, deren
• Alter mindestens die Hälfte der Umtriebszeit (z. B. bei Buche ca. 70 Jahre) beträgt,
• Fläche 0,3 ha übersteigt,
• aktuelle, flächenbezogene Baumartenzusammensetzung zu etwa 80 % der PNV
(PNV abgeleitet aus Standortskarten und Ökogrammen) entspricht.
Als Mindestgröße für die Erfassung naturnaher Waldflächen wurde vom BfN für wald-
reiche Gebiete 100 ha, in waldarmen Gebieten 30 ha festgelegt. Notwendige Präzisierun-
gen, insbesondere hinsichtlich Beschreibung und syntaxonomischer Einordnung der
Bestände, und Modifizierungen in der Abgrenzung durch Einbeziehung einiger jüngerer
oder weniger strukturreicher Bestände führten verschiedentlich zu Abweichungen im
Vergleich zu den Ergebnissen der Waldbiotopkartierung.
Nach Auswahl und Abgrenzung der Bestände erfolgte die Digitalisierung. Dabei wurde
eine Anpassung der im Maßstab 1 : 25 000 kartierten Grenzen an die TK 50 vorgenom-
men. Die Ergebnisse sind in einer Übersichtskarte und einer Liste naturnaher Waldgebiete
(S. 115-119) dokumentiert. Die gewählte Benennung soll einen Eindruck vom Charakter
des jeweiligen Gebietes, seiner Lage und ggf. dem gegenwärtigen Schutzstatus vermit-
teln. Jeder naturnahe Bestand wurde durch eine Kurzcharakteristik näher beschrieben
(u. a. Lage, Größe, vorkommende naturnahe Pflanzengesellschaften, ausgewählte Pflan-
zenarten, Schutzstatus).
Die enge Abfolge der Großland-
schaften nördlich des Czorneboh
(Oberlausitz) ermöglicht einen
Blick über mehrere Naturräume:
. Oberlausitzer Bergland mit heute
vorherrschenden Fichtenforsten;
. Oberlausitzer Gefilde mit
großflächigem Ackerbau und
zerstreuten, naturnahen Rest-
gehölzen;
. Oberlausitzer Heide- und Teich-
gebiet / Muskauer Heide mit Kie-
fernforsten sowie Tagebau und
Kraftwerk bei Boxberg.
Selten sind großflächig naturnah
erhaltene Wälder.
Foto: A. Schütze

 
32
Die Kurzcharakteristik der naturräumlichen Bedingungen Sachsens, die weitgehend
MANNSFELD & R
ICHTER (1995) folgt, gibt einen allgemeinen Überblick über die wesent-
lichen vegetationsprägenden natürlichen Umweltverhältnisse.
4.1
Lage, Oberflächengestalt und naturräumliche
Gliederung
Der Freistaat Sachsen erstreckt sich zwischen 50°10´ und 51°41´ nördlicher Breite sowie
11°74´ und 15°31´ östlicher Länge. Er nimmt eine Fläche von etwa 1,8 Mio. ha ein und
grenzt an die Republiken Polen im Osten und Tschechien im Süden sowie an die Bun-
desländer Bayern, Thüringen im Westen, Sachsen-Anhalt im Nordwesten und Branden-
burg im Norden.
Nach Höhenlage, Relief und Geologie lassen sich drei Naturregionen unterscheiden: Tief-
land (lößfreies Talsand-, Jung-, Altmoränengebiet), Lößgürtel und Mittelgebirge mit
4
Allgemeine Gebietsbeschrei-
bung des Freistaates Sachsen
Abb. 4: Naturräume Sachsens (MANNSFELD & RICHTER 1995)

image
 
33
jeweils ca. 20 %, 50 % bzw. 30 % Anteil an der Landesfläche (vgl. auch Foto auf S. 31).
Das Relief fällt insgesamt nach Norden und Nordwesten ab. Liegt der Erzgebirgskamm
bei etwa 900 m ü. NN, werden im Norden etwa 80 bis 100 m ü. NN erreicht. Die größte
Erhebung ist der Fichtelberg mit 1214 m ü. NN.
Das
Tiefland
untergliedert sich im Wesentlichen in die Naturräume Düben-Dahlener
Heide, das Riesa-Torgauer Elbtal, die Elsterwerda-Herzberger Elsterniederung, die
Königsbrück-Ruhlander Heiden, das Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet sowie die
Muskauer Heide (Abb. 4, Höhenlage siehe Tab. 1). Südlich schließt das
Sächsische
Lößhügelland
an, das als 10 bis 70 km breiter Gürtel den Mittelgebirgen vorgelagert ist.
Es ist von West nach Ost gegliedert in Leipziger Land, Nordsächsisches Platten- und
Hügelland, Mittelsächsisches Lößhügelland, Altenburg-Zeitzer Lößhügelland, Mulde-
Lößhügelland, Erzgebirgsbecken, Dresdener Elbtalweitung, Großenhainer Pflege, West-
lausitzer Hügel- und Bergland, Oberlausitzer Gefilde sowie Östliche Oberlausitz. Das
Sächsische Bergland und Mittelgebirge
besteht aus den Naturräumen Vogtland, Erzge-
birge (unterteilt in Ost-, Mittel-, Westerzgebirge), Sächsische Schweiz, Oberlausitzer
Bergland und Zittauer Gebirge. Regional prägend treten großflächige Braunkohletage-
baue und deren Folgelandschaften in Naturräumen der nördlichen und östlichen Oberlau-
sitz sowie im Leipziger Land auf.
4.2
Geologie und Böden
Ausgangssubstrate der Bodenbildung sind im nördlichen und mittleren Landesteil über-
wiegend Lockermaterialserien des Känozoikum, im südlichen Teil Verwitterungsrück-
stände der vorwiegend paläozoisch und präkambrisch entstandenen Festgesteine (Abb. 5).
Abb. 5:
Geologische Übersicht
(LFUG 1993)

 
34
Pleistozäne Inlandeisvorstöße erreichten sächsisches Gebiet während der Elster- und Saa-
lekaltzeit, ihre südlichste Ausdehnung folgt etwa der Linie Weida – Berga – Zwickau –
Chemnitz – Hainichen – Bad Schandau – Schirgiswalde – Liberec. Unter den Ablagerun-
gen sind für die Bodenbildung periglaziäre Sedimente von erheblicher Bedeutung wie
Decksande (vor allem Tiefland), äolische Ablagerungen (Sandlöß, Löß vor allem Hügel-
land), Flussablagerungen und Frostschuttdecken. Hinzu kommen nacheiszeitliche Auen-
und Moorbildungen.
Die sandigen Sedimente des Tieflandes sind heute entkalkt und je nach Zusammensetzung
(oft mit Lehmanteil) mehr oder weniger nährstoffarm. Weite Regionen werden von pod-
solierten Braunerden, z. T. auch Podsolen geprägt. Für Bodenbildungsprozesse ist wei-
terhin das großräumig oberflächennah anstehende Grundwasser entscheidend. Es bilde-
ten sich verbreitet Grundgleye und z. T. große Moore (Dubringer Moor, Teile der
Königsbrücker Heide, Zadlitzbruch). Lokal auftretende Tieflehme führten zur Ausbil-
dung von Braunerden oder Pseudogleyen. Auffallend sind im Tiefland und an dessen
Rand Grundgebirgsdurchragungen, vorwiegend von Grauwacke als Ausgangsmaterial für
nährstoffarme, flachgründige Braunerden.
Die für das Hügelland prägenden Sandlöße und Löße (meist zu Lößlehmen verwittert)
sind in der Regel tiefgründig entkalkt und im Waldbereich überwiegend von mittlerer Tro-
phie. Kalk im Oberboden ist nur noch selten, z. B. im Mittelsächsischen Lößgebiet um
Lommatzsch, zu finden. Im Hügelland und im unteren Bergland flach auflagernde, ent-
kalkte oder eiszeitlich in Hauptfolgen eingearbeitete Lößlehme sind meist mäßig nähr-
stoffversorgt. Sie können die Trophie der Standorte auf nährstoffarmem Untergrund wie
Sandstein, Quarzit oder tertiärem Kies verbessern, auf nährstoffreichen Gesteinen wie
Basalt jedoch auch verringern. Das schluffige, zur Verdichtung neigende Substrat hat oft
stark wasserstauende Eigenschaften, die in schwach reliefiertem Gelände, insbesondere
im Gebirgsvorland und im Hügelland, zur verbreiteten Ausbildung von Pseudogleyen
führen (z. B. Wermsdorfer Forst).
Vor allem die im Bergland und am Rand der großen Flusstäler oberflächennah anstehen-
den Festgesteine sind meist mehr oder weniger nährstoffarm (z. B. Schiefer, Gneise, Gra-
nite, Porphyre bzw. Rhyolithoide). Die Bodenentwicklung führt zu sauren, z. T. podso-
lierten Braunerden. Trophisch etwas bessere Braunerden entwickeln sich z. B. über
Bobritzscher Granit, Lausitzer Granodioriten sowie Freiberger Grauem Gneis. Nährstoff-
reichere Braunerden sind über Basalt, Diabas und ähnlichen basischen Gesteinen zu
erwarten (NEBE 1964, 1970, SCHWANECKE 1993). Sie treten nur regional in größeren
Flächen auf (Vogtland, Region um Zwickau, Östliche Oberlausitz). Kalkreiche Gesteine
sind dagegen sehr selten und meist kleinflächig. Nennenswert sind die Gesteine der Plä-
nerschichten im Umfeld der Dresdner Elbtalweitung.
4.3
Klima
Klimatisch wird Sachsen vor allem durch die Höhenstufung (vgl. Tab. 1) sowie durch
wechselnde Luv- und Lee-Effekte, die weit ins Gebirgsvorland und Tiefland übergreifen
können (z. B. westliche Oberlausitz als Luvgebiet), gegliedert. Während der größte Teil
der Landesfläche durch subozeanisch bzw. gebirgsozeanisch getöntes Klima charakteri-
siert ist, vollzieht sich in der Oberlausitz der Übergang zum subkontinental geprägten
Klima. In Sachsen werden die Klimagebiete „Tiefland im Lee des Harzes“, „Subkonti-
nentales Tiefland“, „Gebirgsvorland“ und „Mittelgebirge“ ausgewiesen. Dabei liegt die
Grenze des Gebirgsklimas gegen das Gebirgsvorland bei 250 bis 300 m ü. NN, nur im
vogtländischen Leebereich befindet sie sich ca. 100 m höher. Im klimatischen Grenzbe-

35
Höhen
Lufttemperatur
Jährlicher
Naturraumeinheit
lage ü.
Jahres-
Tage/a
Niederschlag
NN (m)
mittel (°C)
>5° C
(mm)
Tiefland
Düben-Dahlener Heide
80-210
8,1-9,0
224-232
510-650
Riesa-Torgauer Elbtal
70-95
9,0
230
540-570
Elsterwerda-Herzberger
Elsterniederung
80-100
8,3-8,6
220-225
520-600
Königsbrück-Ruhlander Heiden 100-220
8,5-8,8
226-230
600-700
Oberlausitzer Heide-
und Teichgebiet
140-180
8,5-8,8
220-230
580-650
Muskauer Heide
130
8,5
220
610-660
Hügelland
Leipziger Land
90-170
8,5-9,2
228-233
480-640
Nordsächsisches Platten-
und Hügelland
110-220
8,2-8,9
226-233
580-670
Mittelsächsisches Lößhügelland 160-280
8,2-8,9
226-232
560-680
Altenburg-Zeitzer Lößhügelland
8,1-8,6
221-240
520-620
Mulde-Lößhügelland
240-380
7,9-8,6
216
650-750
Erzgebirgsbecken
230-420
7,6-8,3
215-225
580-840
Dresdener Elbtalweitung
100-250
8,4-10,0
225-241
640-680
Großenhainer Pflege
100-180
8,5-8,9
227-230
570-640
Westlausitzer Hügel- und
Bergland
200-400
7,5-8,5
220-230
650-850
Oberlausitzer Gefilde
170-250
8,0-8,5
220-225
650-700
Östliche Oberlausitz
200-450
7,5-8,0
215-225
650-750
Bergland
Vogtland
- Elstertal
300-450
7.0-7,9
220
600-700
- nördliche Hochflächen
350-500
7,0-7,8
210
650-750
- südliche Hochflächen
500-750
5,8-7,0
195
730-860
Westerzgebirge
- Täler
270-700
7,5
220
700-980
- Hochflächen
400-800
6,0-6,5
195
800-1050
- Kammhochfläche
750-950
6,0
170-180
860-1145
Mittelerzgebirge
- Täler
300-750
5,5-7,5
215
800-930
- Hochflächen
450-900
4,5-7,5
180-200
840-980
- Kammhochfläche
über 850
2,8-5,0
150-185
950-1090
Osterzgebirge
- Täler
300-600
7,5-8,0
215
750-960
- Hochflächen
400-750
5,0-7,5
190-210
860-960
- Kammhochfläche
über 700
4,5-5,5
185
870-990
Sächsische Schweiz
150-450
7,0-8,5
205-220
650-900
Oberlausitzer Bergland
200-550
6,5-7,5
200-215
700-1000
Zittauer Gebirge
350-750
6,5-7,0
195-200
750-950
Tab. 1:
Höhenlage und klimatische Kenn-
werte der Naturräume Sachsens
(nach M
ANNSFELD & R
ICHTER
1995)

image
image
36
Abb. 6:
Jahresmittel der Lufttemperatur
in °C (A
MT FÜR METEOROLOGIE
in LFUG 1993)
Abb. 7:
Jahresmittel der Niederschlags-
mengen in mm
(A
MT FÜR METEOROLOGIE
in LFUG 1993)

 
37
reich von Gebirge und Vorland beträgt der durchschnittliche Jahresniederschlag noch 650
bis 750 mm (M
ANNSFELD & RICHTER 1995). Etwa entlang der Wasserscheide Neiße –
Spree verläuft die Grenzlinie zwischen thermischer Ozeanität und Kontinentalität. Neiße-
raum und Muskauer Heide sind damit schon im subkontinentalen Einflussbereich. Tabelle
1 enthält eine Übersicht zu einigen wesentlichen Klimakennwerten der Naturräume Sach-
sens (vgl. auch Abb. 6 und 7). Durch extreme Einzelwerte fallen neben den Kammlagen
mit hohen Jahresniederschlägen und geringer Jahresmitteltemperatur die Dresdener Elb-
talweitung und das Riesa-Torgauer Elbtal mit hoher Jahresmitteltemperatur und Leipzi-
ger Land, Altenburg-Zeitzer Lößhügelland sowie Elsterwerda-Herzberger Elsterniede-
rung mit geringen Jahresniederschlägen auf. Bemerkenswert sind Muldenlagen wie um
Reitzenhain oder im Tharandter Wald, die statistisch betrachtet an keinem Tag des Jahres
absolut frostfrei sind. Die lange Vegetationsperiode mit mittleren Tagestemperaturen über
5 °C erstreckt sich im Tief- und Hügelland, also großen Teilen des Freistaates, über etwa
220 bis 230 Tage. Im Gebirge, mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel, verkürzt
sie sich jedoch rasch bis auf 150 Tage. Die höhenklimatische Waldgrenze wäre bei etwa
1300 m ü. NN zu erwarten.
4.4
Zur Verbreitung von Buchenwäldern in
Beziehung zu Klimafaktoren
Beim Übergang vom buchenfreundlichen (ozeanisch getönten) Montanklima zum
buchenfeindlichen (kontinental getönten) Trockenklima findet eine allmähliche Ände-
rung der Baumartenzusammensetzung der Laubmischwälder statt. ELLENBERG (1996)
nimmt an, dass der Anteil der Rot-Buche dabei nicht kontinuierlich, sondern erst in der
Nähe ihrer absoluten Grenze plötzlich absinkt. In Sachsen gibt es Grenzzonen von boden-
sauren Buchenwäldern zu Linden-Hainbuchen-Eichenwäldern (großflächig im Erzge-
birgsvorland und der südlichen Oberlausitz) sowie zu bodensauren Eichen(misch)wäldern
(v. a. Düben-Dahlener Heide, nördliche Oberlausitz). Für diese mehr oder weniger brei-
ten klimatischen Übergangszonen ist wahrscheinlich, dass die Konkurrenzfähigkeit der
Rot-Buche herabgesetzt ist und die Wälder baumartenreicher sind (zusätzlich Berg- und
Spitz-Ahorn, Hainbuche, Winter-Linde, Stiel- und Trauben-Eiche). Diesen Übergangs-
zonen wurden in Sachsen keine eigenen Kartiereinheiten zugewiesen, da die Kenntnisse
über ihre Flächenausdehnung und die Artenzusammensetzung der entsprechenden Phyto-
zönosen nicht ausreichen. Sie liegen im Bereich des (Hoch)kollinen Eichen-Buchenwal-
des (KE 2.1.2) und Buchen-Eichenwaldes (KE 5.1). Naturnahe Waldbestände existieren
nicht.
4.4.1 Methodik zur Erstellung der
Buchenklimakarte
Klimafaktoren, welche die Vitalität von Buchenwäldern mindern, sind:
Frühjahrs- oder Sommertrockenheit
(in Trockengebieten; behindern v. a. Samenkei-
mung und Keimlingswachstum),
Winterkälte
(mittlere Januartemperatur, mittlere und absolute Minima der Lufttempe-
ratur der Wintermonate, Länge der Vegetationszeit),
Spätfrost
(in Beckenlandschaften mit Kaltluftseenbildung).

image
38
Bei zunehmend kontinental getöntem Klima, welches die Rot-Buche zunächst unterdrückt
und schließlich ganz ausschließt, wirken die drei o. g. Klimafaktoren zusammen. E
LLEN-
BERG (1996) nennt für den Klimafaktor Frühjahrs- oder Sommertrockenheit folgende For-
mel, mit der man die buchenwaldfähigen Klimabereiche annähernd bestimmen kann.
KI
RBU
= Klimaindex Rot-Buche
KI
RBU
= 1000 . ØT
Juli
ØT
Juli
= mittlere Julitemperatur (°C)
ØN
Jahr
ØN
Jahr
= mittlerer Jahresniederschlag (mm)
Je nach dem Wert von KI
RBU
ergeben sich folgende Buchenwaldzonen (entsprechend den
Höhenformen) bzw. nicht buchenwaldfähige Klimabereiche:
KI
RBU
<10
Subalpiner Buchenwald (
Aceri-Fagetum
) bzw. nicht
buchenwaldfähig (Nadelwaldstufe),
KI
RBU
> 10 bis 20
Buchenwald mit Nadelbäumen (v. a. Bergmischwaldstufe mit
Rot-Buche, Weiß-Tanne und Fichte),
KI
RBU
> 20 bis 30
Buchenwald mit Eichen und anderen Laubbaumarten (planare,
kolline und submontane Buchenwälder),
KI
RBU
> 30
Eichenmischwälder (± ohne Rot-Buche), nicht buchenwaldfähig.
Durch Anwendung dieser Formel ergibt sich für Sachsen, einem östlichen Bundesland mit
kontinentalerem Klima eine kritische Grenze für Buchenwälder bei mittleren Jahresnie-
derschlägen unter 600 mm und mittleren Julitemperaturen über 18 – 20 °C.
Grundlage einer Konzeptkarte für das Buchenklima von Sachsen sind zwei Klimakarten
der ehemaligen DDR im Maßstab 1 : 1 500 000 (mittlere Lufttemperatur Juli
[1901 bis
1950] und mittlere Niederschlagssummen im Jahr [1901 bis 1950], AKADEMIE DER
WISSENSCHAFTEN DER DDR 1976). Beide Klimakarten wurden gescannt, georeferenziert
und passgenau übereinandergelegt. Damit ergeben sich durch die Isothermen und Isohy-
eten abgegrenzte Flächen mit bestimmten mittleren Julitemperaturen und Jahresnieder-
schlägen, für die jeweils KI
RBU
nach o. g. Formel bestimmt wurde. Die Flächen, welche
bezüglich des ermittelten Klimaindex vergleichbare Buchenwaldgesellschaften bzw. aus
klimatischer Sicht keinen Buchenwald aufweisen würden, wurden in einer Karte darge-
stellt (Abb. 8).
4.4.2 Ergebnisse
Für die Interpretation der Buchenklimakarte sind einige einschränkende Bemerkungen
angebracht. Die Karte berücksichtigt nur einen Standortsfaktor (Klima) und auch hiervon
nur einen Ausschnitt (z. B. bleiben Winterkälte und Spätfrost unberücksichtigt). Über die
Buchenwaldfähigkeit eines Standortes entscheiden letztlich aber alle Standortsfaktoren,
einschließlich des Klimas, im Zusammenwirken. So sind im klimatisch nicht buchenwald-
fähigen Klimabereich Nordwestsachsens inselartige potentielle Buchenwälder nicht gänz-
lich auszuschließen. An lokalen Sonderstandorten innerhalb größerer Waldgebiete bei
überdurchschnittlich wasserversorgten grundwassernahen Böden wären trotz Frühjahrs-
und Sommertrockenheit Buchenwälder denkbar. Die Buchenklimakarte zeigt jedoch, wo
aufgrund des Klimas die Vorherrschaft der Rot-Buche in Frage zu stellen ist.
Typischer Hainbuchen-Traubenei-
chenwald in einer reichen Ausbil-
dung im NSG Spargründe
bei Dohna (KE 3.2.2)
Foto: B. Walter

image
39
Für Sachsen ergeben sich 3 Buchenklimabereiche und 2 Übergangszonen (Abb. 8):
KI
RBU
> 30
klimatisch nicht buchenwaldfähig, Hainbuchen-Eichenwälder
und bodensaure Eichen(misch)wälder,
KI
RBU
= 30
Übergangszone zwischen Buchenwäldern mit Eiche und
Eichenmischwäldern, dieser Bereich wurde gesondert ausge-
wiesen, da er in Sachsen großflächig auftritt, in der PNV domi-
nieren aufgrund der historischen Nutzung und der Bodeneigen-
schaften Eichenmischwälder,
KI
RBU
> 20 bis 30
Buchenwald mit Eichen und meist ohne Nadelbäume (v. a.
(Hoch)kolliner Eichen-Buchenwald, Submontaner Eichen-
Buchenwald, Planarer Eichen-Buchenwald, Schattenblümchen-
Buchenwald),
KI
RBU
= 20
Übergangszone zwischen montanen Buchenmischwäldern mit
Nadelbäumen und Buchenwäldern mit Eiche (in der PNV v. a.
Submontaner Eichen-Buchenwald),
KI
RBU
> 10 bis 20
montane Buchenmischwälder mit Fichte und Weiß-Tanne (v. a.
Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald, Wollreitgras-Fich-
ten-Buchenwald).
Das Maximum von KI
RBU
beträgt in Sachsen 39 (mitteldeutsches Trockengebiet östlich
von Halle), das Minimum 10,5 (Erzgebirgskamm im Fichtelberggebiet und westlich
Johanngeorgenstadt). Natürliche Fichtenwälder würden den Mittelgebirgen nach der
Klima-Konzeptkarte fehlen, sie kommen jedoch inselartig in Frostmulden sowie auf ver-
nässten Böden oder nährstoffarmen, flachgründigen und exponierten Standorten vor. Eine
kritische Klimagrenze (Trockengrenze) für Buchenwälder in Sachsen wäre die 600 mm-
Isohyete, denn alle Gebiete mit weniger als 600 mm mittlerem Jahresniederschlag liegen
im nicht buchenwaldfähigen Klimabereich. Insgesamt sind nur geringe Teile Sachsens
(16 %) klimatisch nicht buchenwaldfähig. Sie befinden sich in der Leipziger Tieflands-
bucht, zwischen Dübener und Dahlener Heide, in der Elbeniederung zwischen Meißen
und Dommitzsch sowie isoliert südlich von Hoyerswerda und umfassen v. a. Teile der
Naturräume Leipziger Land, Düben-Dahlener Heide, Riesa-Torgauer-Elbtal, Elster-
werda-Herzberger Elsterniederung, Nordsächsisches Platten- und Hügelland sowie
Großenhainer Pflege. Bei den buchenfähigen Klimabereichen wird der größte Teil von
Buchenwäldern mit Eiche eingenommen. Diese reichen nördlich von Chemnitz über das
Erzgebirgsvorland hinaus weit in das Sächsische Löß-Hügelland hinein, wobei das Mul-
detal ausgespart wird. Ein isoliertes Vorkommen von Eichen-Buchenwäldern lässt sich
klimatisch für den Höhenzug der Dübener Heide begründen. Interessant ist der Verlauf
der Buchenklimagrenze in der östlichen Oberlausitz, wo der buchenfähige Klimabereich
in einem ca. 20 bis 25 km breiten Streifen entlang der Landesgrenze zu Polen bis nördlich
von Weißwasser reicht. Klimatisch bedingte montane Buchenwaldgebiete (oberhalb der
800 bis 900 mm-Isohyete) sind in Sachsen fast ausschließlich auf mittlere und höhere
Lagen des Erzgebirges beschränkt, nur im Oberlausitzer Bergland (östlich des Valtenber-
ges) befindet sich noch ein isoliertes, klimatisch begründetes montanes Buchenwaldge-
biet. Die unteren Lagen des Erzgebirges, das Zittauer Gebirge, die grenznahen Bereiche
des Oberlausitzer Berglandes sowie die höchsten Bereiche der rechtselbischen Sächsi-
schen Schweiz werden von einer klimatischen Übergangszone zwischen montanen und
kollin-submontanen Buchenwäldern eingenommen. Diese reicht in den großen Erzge-
birgstälern (Flöhatal, Zschopautal, Tal der Zwickauer und Freiberger Mulde) weit nach
Süden, erreicht jedoch nirgends den Erzgebirgskamm. Größere Abweichungen zwischen
der Buchenklimakarte Sachsens und der PNV-Karte bestehen v. a. im Lößhügelland und
Typischer Hainsimsen-
(Tannen-Fichten-)Buchenwald
(KE 2.3.1) im NSG Gottesberg
Foto: D. Wendel

40
der südlichen und östlichen Oberlausitz. Im Lößhügelland scheiden Buchenwälder
großflächig infolge der stauvernässten Böden aus, in der Oberlausitz aufgrund der nähr-
stoffarmen und wasserdurchlässigen Quarzsande. In beiden Gebieten spielen auch die
historische Waldnutzung sowie die aktuelle Wald-Feld-Verteilung eine bedeutende Rolle.
So konnte die Rot-Buche in der Nähe ihrer Trockengrenze durch Nieder- und Mittel-
waldwirtschaft leichter und schneller als in feuchten Klimabereichen zurückgedrängt wer-
den. Andererseits ist das kontinentaler getönte Klima der offenen Feldlandschaft und der
kleinen Waldreste der Rot-Buche nicht zuträglich (vgl. Kap. 5.2.3.1, S. 55), so dass hier
auch potentiell Linden-Hainbuchen-Eichenwälder und bodensaure Eichenmischwälder
mit wahrscheinlicher Beteiligung der Buche angenommen werden. Ob eine Regeneration
zu Buchenmischwäldern in längerfristigen Zeiträumen möglich wäre, kann nicht beurteilt
werden.
Klimabereiche
(KI Klimaindex Rot-Buche)
KI > 30
KI = 30
20 < KI < 30
KI = 20
10 < KI < 20
klimatisch nicht buchenwaldfähig; Hainbuchen-Eichenwälder
und bodensaure Eichenwälder
Übergangszone zwischen Eichen-Buchenwäldern und
Eichenmischwäldern
Eichen-Buchenwald meist ohne Nadelbaumarten
Übergangszone zwischen montanen Buchenmischwäldern
und Eichen-Buchenwäldern
montane Buchenmischwälder mit Fichte und Tanne
Bearbeitung:
Kartographische Bearbeitung:
Kartengrundlage
TU Dresden, Institut für Allgemeine Ökologie
und Umweltschutz
A. Gnüchtel
Rasterdaten der DTK 500, Bundesamt für Kartographie
und Geodäsie, Frankfurt/M. 2001
Vektordaten der DTK 400, Landesamt für Umwelt und
Geologie, Bereich Boden und Geologie, Freiberg 2001
Gefördert vom Bundesamt für Naturschutz
Abb. 8: Verbreitung von Buchenwäldern in Beziehung zu Klimafaktoren (D
ENNER 2000, Mskr.)

 
41
5.1
Ergebnisse der floristischen und vegetations-
kundlichen Grundlagenerhebungen
5.1.1 Weiserartenkartierung
Als Weiserarten der PNV wurden insgesamt 85 Arten ausgewählt, hinsichtlich pflanzen-
soziologischer Bindung und Zeigerwert charakterisiert und in Punktverbreitungskarten
dargestellt. Eine umfassende Darstellung dieser Ergebnisse ist hier aus Platzmangel lei-
der nicht möglich. Um jedoch einen Einblick zu geben, wurde mit Anlage 1 (S. 138) eine
entsprechende Übersicht mit Auflistung und Kurzcharakteristik der Arten beigefügt.
Abbildung 9 zeigt beispielhaft die Sächsischen Areale von
Galium sylvaticum
und
G.
schultesii,
deren Verbreitungsschwerpunkt in unterschiedlichen Ausbildungen von Lin-
den-Hainbuchen-Eichenwäldern liegt (vgl. S. 139).
58
58
57
57
56
56
55
55
54
54
53
53
52
52
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51
50
50
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49
48
48
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37
37
38
38
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40
41
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42
42
43
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52
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55
56
56
Galium schultesii
Glattes Wald-Labkraut
58
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40
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41
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53
53
54
54
55
55
56
56
Galium sylvaticum
Gewöhnliches Wald-Labkraut
5
Potentielle
Natürliche Vegetation
des Freistaates Sachsen
Abb. 9:
Beispiele für Weiserartenkarten –
die Verbreitung von Galium
sylvaticum und G. schultesii
in Sachsen

image
42
5.1.2 Auswahl und vegetationskundliche
Charakterisierung kartierwürdiger
Pflanzengesellschaften
Die Auswertung der vegetationskundlichen und standörtlichen Daten ergab, dass unter der
Vielzahl an Vegetationseinheiten unterschiedlichen syntaxonomischen Ranges für die
Kartendarstellung der PNV Sachsens im Maßstab 1 : 50 000
162
als
Kartiereinheiten
in
Frage kommen. Etwa
47
dieser Kartiereinheiten sind
„Grundeinheiten“
, von denen im
Waldbereich etwa 40 mit Pflanzengesellschaften vergleichbar sind, die nach verschiede-
nen Autoren dem Rang einer Assoziation entsprechen. Hinzu kommen durch standörtli-
che Differenzierungen
66 Untereinheiten
(überwiegend edaphische Ausbildungsformen)
sowie etliche Vikarianten und Höhenformen. Kleinflächige Standortsmosaike oder Über-
gänge zwischen Pflanzengesellschaften erforderten die Ausweisung von
49 Komplexen
als Kartiereinheiten. Eine Gesamtübersicht der Kartiereinheiten findet sich in Anlage 7
(S. 155 ff.).
Auf die Ergebnisse pflanzensoziologischer Untersuchungen soll hier nur verwiesen
werden:
• Buchenwälder (D
ENNER
2000, 627 VA; SCHMIDT
et al. 2001b, 1167 VA),
• Hainbuchen-Eichenwälder (W
ALTER
2000, 245 VA; ZÖPHEL
2000a u. 2000b, 85 VA),
• Bodensaure Eichenwälder (T
IPPMANN
2000, 369 VA),
• Fichtenwälder im Berg- und Tiefland (G
OLDE
2000, 250 VA),
• Bach- und Niederungswälder (G
OLDE
2000, 187 VA),
Moorkiefern- u. Fichtenbestände erzgebirgischer Moorstandorte (G
OLDE
1999, 193 VA).
Literaturrecherchen und eigene Geländeerhebungen erbrachten einen Fundus von mehre-
ren Tausend Vegetationsaufnahmen für den Bereich des Freistaates Sachsen, von denen
für die Bearbeitung etwa 3400 in die engere Auswahl einbezogen wurden. Allein vom
ehemaligen Mitarbeiter des Instituts für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz, Dr. W.
Wagner, liegen etwa Tausend Aufnahmen vor, von denen 560 Aufnahmen in differen-
zierten Tabellen zu Buchen- und Fichtenwäldern sowie Fichtenforsten aufbereitet wurden
(unveröff. Material am Lehrstuhl für Landeskultur und Naturschutz). Auf dieser Basis
konnten für die meisten Kartiereinheiten Vegetationsaufnahmen (insgesamt ca. 1200) ent-
sprechender Pflanzengesellschaften erbracht werden. Sie wurden in 15 Tabellen zu größe-
ren Gruppen zusammengestellt, um Verwandtschaft bzw. differenzierende Merkmale
zwischen den Kartiereinheiten zu verdeutlichen (siehe Anlagen 9/1-15 in S
CHMIDT et al.
2001a):
• Flechtengesellschaften offener Blockhalden,
• Röhrichtgesellschaften,
• Vegetationskomplexe offener und gebüschbestandener Zwischen- und Niedermoore,
• Planar bis submontane bodensaure Buchenwälder,
• Planar bis submontane mesophile Buchenwälder,
• Montane und hochmontane mesophile und bodensaure Buchenwälder,
• Linden-Hainbuchen-Eichenwälder,
• Bodensaure Eichen(misch)wälder und Thermophile Eichen-Trockenwälder,
• Fichtenwälder, Tannen-Fichtenwälder sowie Fichten- und Ebereschen-Blockwälder,
• Zwergstrauch- oder moosreiche Sand-Kiefernwälder,
• Erlen-Eschen-Auen-, Quell- und Niederungswälder,
• Hart- und Weichholz-Auenwälder,
Erlen-Stieleichenwald bei Sprotta
nahe Eilenburg (KE 5.2.2)
Foto: B. Walter

image
 
43
• Bruchwälder,
• Moorwälder,
• Edellaubbaum-Schlucht-, Schatthang- und Hangschuttwälder oder Eschen-Ahorn- und
Ahorn-Linden-Wälder.
5.2
Kurzcharakteristik der Vegetationseinheiten
und Stetigkeitstabellen
Im folgenden Kapitel werden alle kartierten PNV-Grundeinheiten kurz beschrieben.
Durch die vergleichende Zusammenstellung sollen – in Ergänzung zu den „Steckbriefen“
der Kartiereinheiten (Kap. 5.3 und Anlage 9) – floristisch-vegetationskundlich und stand-
örtlich verbindende und differenzierende Merkmale innerhalb von und zwischen den Kar-
tiereinheiten verdeutlicht werden. Die Beschreibung dient zugleich der Kommentierung
der Stetigkeitstabellen (Tabellen 2/1-10). Die Zuordnung zu in der Literatur bereits
beschriebenen Assoziationen oder Subassoziationen (im Text „Vergleichbare
natürliche
Pflanzengesellschaft – VP“) hat orientierenden Charakter, denn eine kritische Prüfung mit
Einbeziehung aller Originalpublikationen war im Rahmen des Projektes nicht möglich.
Alle Angaben zu Vorkommen, Häufigkeit und Fläche sind, ohne dass dies stets erwähnt
wird, immer auf das Bearbeitungsgebiet Sachsen bezogen (näheres zu den Flächen der
einzelnen KE in Anlage 8, S. 163). Die bei der Kartierung letztlich berücksichtigten Vege-
tationseinheiten (einschließlich Untereinheiten, hier neutral als Ausbildungsformen – AF)
werden im Text in
fetter Schrift
dargestellt. Nicht berücksichtigte, aber erwähnenswerte
Vegetationseinheiten sind durch Unterstreichung hervorgehoben. Details zur Artenstruk-
tur der Kartiereinheiten lassen sich aus den Stetigkeitstabellen (Tabellen 2/1-10, S. 81 ff.)
bzw. den differenzierten Tabellen (SCHMIDT et al. 2001a) ablesen.
Anmerkungen zur Gestaltung der Stetigkeitstabellen:
• Die Stetigkeitswerte der für die Differenzierung wesentlichen Arten wurden in Rah-
men gesetzt und bis auf die auffällig zurücktretenden Arten fett gedruckt.
• Differenzierende Arten einer
Kartiereinheit erhielten in der jeweiligen Tabelle eine
kräftige Umrahmung.
• Differenzierende Arten mehrerer Kartiereinheiten oder nur schwach differenzierende
Arten wurden mit einer schwachen Umrahmung versehen.
• Arten, die durch ihre Dominanz eine Kartiereinheit differenzieren, sind durch doppelte
Umrahmung gekennzeichnet (ihre Stetigkeit ist oft nicht höher als in anderen Einhei-
ten).
• Arten, die besonders auffällig gegenüber anderen Kartiereinheiten zurücktreten, wur-
den gestrichelt umrahmt.
5.2.1 Natürliche Offenlandökosysteme und
künstliche Ökosysteme
Natürliche Offenlandökosysteme sind in Sachsen sehr selten, da entsprechende wald-
bzw. baumfeindliche Standorte kaum (noch) vorkommen. Permanent waldfreie, terrestri-
sche und semiaquatische Biotope (z. B. offene Blockhalden, Moore) würden heute weni-
ger als 0,1 % der Landesfläche einnehmen. Nahezu 6 % entfallen auf stark anthropogen
geprägte Gebiete (z. B. Städte, Tagebaue), für die keine PNV kartiert wurde.
Die Elbe als Beispiel für ein
großes Fließgewässer, hier bei
Wehlen in der Sächsischen
Schweiz (KE 0.1.1)
Foto: P. A. Schmidt

image
44
5.2.1.1
Flechtengesellschaften offener Blockhalden (KE 15.1 / X16)
Zu den vegetationskundlichen Besonderheiten Sachsens gehören
Flechtengesellschaften
offener Blockhalden
. Natürliche Standorte, deren Eigenschaften so extrem sind, dass
sich Gefäßpflanzen und Moose nicht etablieren können, sind allerdings selten und äußerst
kleinflächig, „kartierwürdig“ treten sie nur am Kahleberg und Wendelstein auf. Sie sind
meist sehr exponiert, eine Bodenbildung hat nicht eingesetzt. Feinsubstrat, das als Was-
serspeicher dienen könnte, ist nicht vorhanden oder durch das Gestein für Wurzeln uner-
reichbar abgedeckt. Die hier siedelnden Flechtengesellschaften sind noch wenig unter-
sucht, zu den für Sachsen beschriebenen gehört das
Rhizocarpetum alpicolae
(VA siehe
SCHMIDT
et al. 2001a).
5.2.1.2
Gewässer und deren Ufervegetation (KE 0.1 / B)
Die Kartiereinheit „
Offene Wasserflächen“
(KE 0.1.1) umfasst künstliche Gewässer und
natürliche Fließgewässer. Je nach Gewässertyp (Wasserqualität, Gewässertiefe und
-dynamik) können theoretisch verschiedene Wasserpflanzengesellschaften (VP: z. B.
Potamogetonetea pectinati
) zugeordnet werden. Mangels geeigneter, alle Ausprägungen
einbeziehender Untersuchungen musste jedoch darauf verzichtet werden, einzelne Vege-
tationseinheiten auszuweisen. Natürliche offene Stillwasserflächen existieren als Fluss-
seen und mesotrophe Weiher im Schwarzelstergebiet des Tieflandes.
Im Grenzbereich zwischen offenen Wasserflächen und Ufern können sich als Dauerge-
sellschaften großflächig
Ufer- und Verlandungsröhrichte sowie Großseggenrieder
ansiedeln. An eutrophen Gewässern bilden sich
Röhrichte
(KE 0.1.2.1), die überwiegend
von
Typha latifolia
oder
Phragmites australis
bestimmt werden (VA siehe SCHMIDT et al.
2001a). Für
Großseggenrieder
(KE 0.1.2.2), die nur an Gewässern mit geringer Wasser-
tiefe vorkommen, sind Arten wie
Carex acuta, C. paniculata, C. vesicaria
und
C. elata
typisch
.
5.2.1.3
Vegetationskomplexe offener und gebüschbestandener
Zwischen- und Niedermoore (KE 0.2 / C3)
Stagnierendes, sauerstoffarmes Grundwasser, das nahe an und teilweise auch über der
Bodenoberfläche steht, ist der prägende Standortsfaktor in Mooren. Mangels Sauerstoff
ist der Abbau der sich mehr oder weniger rasch ablagernden, schwer zersetzbaren Pflan-
zenreste verzögert. Starke Humusauflagen bis mehrere Meter mächtige Torfe (NSG
Großer Kranichsee ca. 11 m) können über Jahrtausende hinweg akkumuliert werden.
Dauerhaft baum- bzw. waldfreie Moore treten unter den sächsischen Klimabedingungen
nur bei langfristiger und extremer Durchnässung von Torfkörpern auf. Dazu müssen vom
Moorökosystem auch längere klimatische Trockenphasen kompensiert werden. Zudem
muss der Grundwasserspiegel dem aufwachsenden Torfkörper nachfolgen. Für die gleich-
bleibend hohe Nässe ist neben den von Klima, Geologie und Relief abhängigen Wasser-
speisungsverhältnissen das die Wasserabgabe steuernde Selbstregulationsvermögen des
Moorökosystems entscheidend (vgl. E
DOM 2001). Unter den hydrogenetischen Moorty-
pen tendieren in Sachsen nach derzeitigem Kenntnisstand vor allem naturnahe Durch-
strömungsmoore zu einer derartig hohen Wassersättigung („Schwammsumpfigkeit“, z. B.
östliche Teile des NSG Dubringer Moor). Unter günstigen Bedingungen können aber auch
In den besonders stark
durchströmten und damit sehr
dynamischen Auenbereichen
etablieren sich längerfristig
Röhrichte. In Abhängigkeit von
der Überflutungsdauer kommt es
zur Verzahnung mit überstauungs-
toleranteren Pflanzengesell-
schaften oder konkurrenz-
kräftigen, jedoch geringer
überstauungstoleranten,
nitrophilen Uferstaudenfluren
(KE 0.1.2).
Foto: U. Jäger

image
45
wachsende Hangmoore im Erzgebirge und Versumpfungsmoore im Tiefland kleinflächig
Offenbereiche entwickeln. Grundwasserabsenkungen durch Tagebaue, Torfabbau und
Melioration haben dazu geführt, dass natürlich waldfreie Moore heute sehr selten gewor-
den sind. Mit der Austrocknung sind Standortsveränderungen verbunden, die oft sehr
nachhaltig wirken und eine Anzahl teils gegenläufig wirkender Prozesse zur Folge haben
(Torfsackung, -schwund, -zersetzung; Reliefveränderungen mit nachfolgenden Verände-
rungen des hydrologischen Regimes, u. a. der Wasserspeisung; Verlust des Selbstregula-
tionsvermögens; teilweise Regeneration nach Grabenverlandung usw.). Der Standort
unterliegt einer langfristigen Sukzession (Austrocknung, u. U. nachfolgende regenerati-
onsbedingte Vernässung), die Prognose der PNV ist daher sehr erschwert (Problematik
und Alternativverfahren der Ökotopprognose siehe E
DOM 2000). Die Kartierung von
Vegetationseinheiten offener bzw. gebüschbestandener Moore ist damit faktisch nur mög-
lich, wenn das offene Moor bereits vorhanden ist, also aktuelle Vegetation und PNV über-
einstimmen, wobei kritisch geprüft werden muss, ob die Offenvegetation Folge von Grün-
landnutzung ist. Großflächig baumfreie Moorbereiche existieren in Sachsen im Dubringer
Moor und, u. a. als Folge von Regeneration in Torfstichen, im Zadlitz- und Wildenhainer
Bruch.
Je nachdem, welche Moortypen vergesellschaftet und wie diese ausgeprägt sind, kann sich
eine größere Anzahl, nach dem Artengefüge z. T. sehr verschiedener Pflanzengesell-
schaften einstellen. Die offenen Moore Sachsens sind überwiegend schwach mesotroph-
bis mesotroph-sauer. Das mögliche Gesellschaftsspektrum reicht vom Torfmoos-Seggen-
Wollgras-Ried (VP:
Eriophoro angustifolii-Sphagnetum recurvi
) über Torfmoos-Flatter-
binsen-Ried (VP:
Sphagno-Phragmitetum, Carici-Agrostidetum caninae, Calamagrosti-
detum canescentis
) zum Torfmoos-Waldbinsen-Braunseggen-Ried (VP:
Juncetum
acutiflorii
; vgl. S
UCCOW & JOOSTEN 2001). Diese Vielfalt ist nicht auskartierbar und wird
durch den Komplex „
Vegetation bodensaurer offener Zwischen- und Niedermoore“
(KE 0.2.1) ausgedrückt. Typisch sind nässeertragende Arten, die sich grob in trophisch
anspruchslosere (
Eriophorum angustifolium, Carex rostrata, C. nigra, C. echinata, C.
canescens, C. lasiocarpa, Agrostis canina
) und anspruchsvollere Arten (
Equisetum flu-
viatile, Juncus conglomeratus, J. acutiflorus, Viola palustris, Phragmites australis,
Calamagrostis canescens
) gruppieren lassen. Extreme Nässe und konkurrenzarme Stand-
orte zeigen
Drosera rotundifolia, Vaccinium oxycoccos, Menyanthes trifoliata, Hydroco-
tyle vulgaris
und
Potentilla palustris
an. Die Moosschicht ist meist gut ausgeprägt (je nach
Trophie und Nässe
Sphagnum fallax
agg.,
S. capillifolium, S. palustre, S. squarrosum,
S. flexuosum, Drepanocladus fluitans, Polytrichum commune
). Vier der Gesellschaften
wurden durch Vegetationsaufnahmen in SCHMIDT et al. (2001a) beispielhaft dargestellt.
Bodensaures offenes Zwischen-
moor mit dominierendem Schilf
(Phragmites australis) im
„Gehängemoor bei
Tränke“/Muskauer
Heide (KE 0.2.1)
Foto: D. Wendel

image
46
Das sehr nasse Schnabelseggenried und das etwas trockenere Glockenheide-Heidemoor
kommen nur in den armen Mooren des ostsächsischen Tieflandes vor.
Rhynchospora
alba, Rh. fusca, Erica tetralix
und
Sphagnum papillosum
haben hier ihren Verbreitungs-
schwerpunkt innerhalb von Sachsen (vgl. PIETSCH 1985)
. Carex canescens, Eriophorum
angustifolium
und
Agrostis canina
sind typische „Mineralbodenwasserzeiger“. Mit erst-
genannter Gesellschaft nahe verwandt ist das Torfmoos-Seggen-Wollgras-Ried, das
schwerpunktmäßig im Bergland auf schwach nährstoffhaltigen Torfen vorkommt. Mäßig
nährstoffreiche, oft quellige Torfstandorte besiedelt das Torfmoos-Waldbinsen-Braun-
seggen-Ried.
Als
„Vegetation der Kalkzwischen- oder -niedermoore“
(KE 0.2.2) wurden Vorkom-
men basiphiler Kleinseggenrieder im NSG „Winzerwiese“ bezeichnet.
Parnassia palust-
ris
, früher auch
Carex hostiana
und
Eriophorum latifolium
(siehe H
EMPEL & SCHIEMENZ
1986) kennzeichnen besser basenversorgte Standorte (ohne VA-Belege).
Sehr kleinflächig und selten treten primäre
Ohrweidengebüsche
(VP:
Frangulo-Salice-
tum auritae
; KE 0.2.3, VA siehe S
CHMIDT et al. 2001a) auf, die das unmittelbare, tief-
gründig durchwässerte und aufgeschlämmte Umfeld von Quellen in Quellmooren kenn-
zeichnen. Sie wurden nur selten auskartiert und sind oft Teil des Komplexes „Vegetation
bodensaurer offener Zwischen- und Niedermoore“. Die Gebüsche sind meist licht, zur
Ohr-Weide gesellen sich sporadisch Wald-Kiefer und Moor-Birke.
Menyanthes trifoliata
und
Potentilla palustris
zeigen hohe Nässe,
Phragmites australis
eine etwas bessere Nähr-
stoffversorgung an.
5.2.1.4
Anthropogen geprägte Bereiche (ohne Angabe der PNV, KE 16 / Z1)
Für stark anthropogen geprägte Bereiche erwies sich die Angabe einer PNV als unzweck-
mäßig bzw. zu unsicher. Dazu zählen:
• Bergbaugebiete (Bergbaufolgelandschaften mit Rohböden unterschiedlichster Her-
kunft) und großflächige Deponien,
• Siedlungskerne größerer Ortschaften (inkl. Industrie-, Gewerbe- und Militärgebiete,
Verkehrsräume u. ä. mit hohem Anteil versiegelter Flächen),
• künstliche Seen (Talsperren, Abbaugewässer) und andere offene Wasserflächen (in
Nutzung befindliche und deshalb offengehaltene Stillgewässer, z. B. Fischteiche).
Erstere sind in den Karten als
Bergbaugebiete und Deponien
(KE 16.1) oder
Dichte
Siedlungsgebiete
(KE 16.2) ausgewiesen. Die künstlichen Gewässer wurden im Sinne
einer praktikablen Handhabung mit den natürlichen Fließgewässern zu einer Einheit
(KE 0.1.1) zusammengefasst.
5.2.2 Buchen(misch)wälder
Buchenwälder würden in weiten Bereichen Sachsens die Vegetation prägen. Sie sind von
der hochmontanen bis in die planare Stufe verbreitet (vgl. auch Kap. 5.4). Dem Geotop-
potential Sachsens entsprechend, handelt es sich weit überwiegend um bodensaure
Buchenwälder. Etwa 39 % der Landesfläche würden von bodensauren, dagegen nur 2 %
von mesophilen Buchenwäldern eingenommen.
Braunkohletagebau-Landschaft
in der Oberlausitz bei Lohsa
(KE 16.1)
Foto: P. A. Schmidt

image
47
5.2.2.1
Mesophile Buchen(misch)wälder
5.2.2.1.1 Waldmeister-Buchenwald (KE 1.1 / M, N1)
Gegenüber den bodensauren Buchenwäldern kennzeichnen die Waldmeister-Buchenwäl-
der (VP:
Galio odorati-Fagetum
) höhere Stetigkeiten und Artmächtigkeiten anspruchs-
voller Pflanzenarten frischer Standorte in der Bodenvegetation. In Sachsen sind dies vor
allem
Lamium galeobdolon
und
Gymnocarpium dryopteris
, während die für die Wald-
meister-Buchenwälder namensgebende Art
Galium odoratum
stellenweise fehlt (Tabelle
2/1 – planar/submontan, S. 81; Tabelle 2/2 – montan, S. 83). Die Standorte zeichnen sich
durch eine gute Basen- und Nährstoffversorgung bei zumeist durchschnittlicher Wasser-
versorgung aus. Entsprechend der Vielfalt der besiedelten Standorte und Höhenstufen
sowie der unterschiedlichen Grundgesteine lassen sich für Sachsen mehrere Ausbildungs-
und Höhenformen bzw. Vikarianten unterscheiden.
Der
Typische Waldmeister-Buchenwald
(KE 1.1.1) Sachsens zeichnet sich vor allem
durch das regelmäßige Auftreten o. g. Arten sowie weitere, zumindest mäßig anspruchs-
volle Arten (z. B.
Melica nutans
,
Milium effusum
) in der Bodenvegetation aus, während
typische Säurezeiger, aber auch Laubwaldarten basenreicher Standorte (z. B. Differenti-
alarten des Waldgersten-Buchenwaldes) fehlen. In der Baumschicht fällt in manchen
Beständen der stellenweise höhere Deckungsgrad von Berg- bzw. Spitz-Ahorn auf.
Als
Perlgras-Waldmeister-Buchenwald
(KE 1.1.2) bezeichnen wir die artenärmste
Ausbildungsform der mesophilen Buchenwälder. Er findet sich auf zumeist flachgründi-
gen und stärker zur Austrocknung neigenden Kuppenlagen über basischen Ausgangsge-
steinen (v. a. Basalt, Diabas), aber auch über Lößlehmen. In der artenarmen Krautschicht
finden sich häufig Dominanzbestände von
Melica uniflora
, während vor allem Frische-
und Feuchtezeiger ausfallen. Da viele der potentiellen Standorte der sächsischen Perlgras-
Ausprägung mesophiler Waldmeister-Buchenwälder aktuell von hainbuchenreichen
Gesellschaften (ehemalige Niederwälder) eingenommen werden, ist die Gesellschaft mit
dem vorliegenden Aufnahmematerial nur unzureichend belegt. Bereits stärker zu den
bodensauren Hainsimsen-Buchenwäldern vermittelt der
Hainsimsen-Waldmeister-
Buchenwald
(KE 1.1.5). Er ist gekennzeichnet durch das gemeinsame, aber im Vergleich
zu den Flattergras-Hainsimsen-Buchenwäldern noch untergeordnete Auftreten azidophy-
tischer Arten (z. B.
Luzula luzuloides
,
Deschampsia flexuosa
,
Mycelis muralis
) und
anspruchsvollerer Elemente in der Bodenvegetation. Die Standorte zeichnen sich vielfach
durch eine schwach saure Bodenreaktion bei nur mäßiger Basenversorgung aus, die Über-
gänge zu den bodensauren Buchenwäldern sind fließend. Dem
Zwiebelzahnwurz-
Buchenwald
(KE 1.1.3) fehlen als montane Höhenform Arten aus dem Spektrum wär-
meliebender und anderer Elemente der Tieflagen, stattdessen treten u. a. mit
Cardamine
bulbifera
,
Polygonatum verticillatum
und
Prenanthes purpurea
verbreitet Arten
(sub)montaner Lagen auf (Tabelle 2/2). Die im Bergland höheren Niederschläge bedin-
gen, dass mit Arten wie
Lysimachia nemorum
und andere zusätzliche Frische- bis Feuch-
tezeiger die Artenstruktur der Krautschicht kennzeichnen. Übergänge zu den Springkraut-
Buchenwäldern können fließend sein. Der
Quirlblattzahnwurz-Buchenwald
(KE 1.1.4)
als östliches Gegenstück zum Zwiebelzahnwurz-Buchenwald erreicht Sachsen nur am
Rande in einer verarmten, kaum noch zu der sudeto-karpatischen Gesellschaft gehören-
den Ausprägung. Er zeichnet sich durch das Auftreten von
Cardamine enneaphyllos
aus.
Die sonstige Artenzusammensetzung der Bodenvegetation unterscheidet sich nur unwe-
sentlich von jener der Zwiebelzahnwurz-Buchenwälder, wobei stellenweise der Edel-
laubbaumanteil in der Baumschicht höher sein kann (Übergänge zu Schlucht- und Schatt-
hangwäldern). Auf Grund der nur kleinflächigen Verbreitung in Sachsen (vom
Osterzgebirge an ostwärts) ist die Gesellschaft im vorliegenden Aufnahmematerial nur
Zwiebelzahnwurz-Buchenwald
im NSG Hemmschuh (KE 1.1.3)
Foto: D. Wendel

48
schwach repräsentiert. Als pflanzengeographische (und sächsische) Besonderheit soll sie
aber Beachtung finden. Der
Zittergrasseggen-Waldmeister-Buchenwald
(KE 1.1.6)
besiedelt wechselfeuchte bis staunasse Böden. Im Vergleich zum Springkraut-
Buchenwald fehlt ein wesentlicher Teil der Feuchtezeiger, da sich die Standorte zumeist
durch eine ± ausgeprägte Sommertrockenheit auszeichnen. Unter den wenigen häufiger
auftretenden und gegenüber zeitweiliger Austrocknung der Standorte relativ unempfind-
lichen (Wechsel-)Feuchtezeigern fällt insbesondere
Carex brizoides
durch ihre Dominanz
auf. Die Baumschicht ist durch die nur unregelmäßige Beimischung von Edellaubbaum-
arten wie Esche und Berg-Ahorn (seltener Berg-Ulme) gekennzeichnet. Wie bei den Zit-
tergrasseggen-AF anderer Kartiereinheiten (2.1.6, 2.3.6) kommen lokal Ausprägungen
mit anderen Nässezeigern (
Festuca gigantea, Deschampsia cespitosa,
letztere besonders
submontan/montan) vor, in denen
Carex brizoides
zurücktritt. Durch die Ausweisung
eigener Kartiereinheiten konnte dies nicht berücksichtigt werden.
5.2.2.1.2 Springkraut-Buchenwald (KE 1.2 / N50)
Springkraut-Buchenwälder (VP:
Galio odorati-Fagetum impatientetosum
) finden sich
auf feuchten, oftmals durch Sickerwasser geprägten Standorten guter Nährstoffversor-
gung im Bereich der Unterhänge bevorzugt in der montanen und submontanen Höhen-
stufe. Die Baum- und Strauchschicht sind zusätzlich durch Esche und Berg-Ahorn, die in
hohen Deckungsgraden auftreten, gekennzeichnet. Für die Bodenvegetation ist ein brei-
tes Spektrum von Frische- und Feuchtezeigern charakteristisch, wobei die Übergänge zu
Quellwäldern häufig fließend sind. Kennzeichnend ist ein auffallender Artenreichtum der
weitgehend geschlossenen Bodenvegetation. Unter den charakteristischen Arten errei-
chen vielfach
Impatiens noli-tangere
,
Circaea x intermedia
,
Carex remota
sowie
Vero-
nica montana
und damit ganzjährig feuchtebedürftige Arten hohe Stetigkeiten (Tabellen
2/1 und 2/2, S. 81-84).
5.2.2.1.3 Waldgersten-Buchenwald (KE 1.3 / N20)
Insbesondere über Basalt finden sich auf überdurchschnittlich basen- und nährstoffver-
sorgten Standorten geeignete Wuchsbedingungen für den Waldgersten-Buchenwald (VP:
Hordelymo-Fagetum
). Gegenüber dem Waldmeister-Buchenwald zeichnet sich die Gesell-
schaft durch das Auftreten einer Vielzahl sehr anspruchsvoller Laubwaldarten aus, zu
denen unter anderem
Hordelymus europaeus
,
Mercurialis perennis
,
Lathyrus vernus
,
Bro-
mus benekenii
und
Hepatica nobilis
gehören. In der Baumschicht sind außerdem verbrei-
tet Edellaubbaumarten (v.a. Berg-Ahorn) beigemischt (Tabelle 2/1, S. 81-83).
Im Gegensatz zu anderen Naturräumen Mitteleuropas sind in Sachsen die Waldgersten-
Buchenwälder eher verarmt und fragmentarisch ausgebildet, so dass sie Übergängen zu den
Waldmeister-Buchenwäldern nahekommen und von diesen nicht scharf abzugrenzen sind.
5.2.2.1.4 Hochmontaner Bergahorn-Buchenwald (KE 1.4 / M60)
Lediglich auf Sonderstandorten in den höchsten Lagen des Erzgebirges (Fichtelbergge-
biet) ist ein dem Bergahorn-Buchenwald (VP:
Aceri-Fagetum
) nahekommender Vegeta-
tionstyp anzunehmen. Auf nährstoffreichen, feuchten und oftmals durchsickerten Hang-
fußstandorten weisen Berg-Ahorn, einzelne Buchen und eine hochstaudenreiche
Bodenvegetation auf das potentielle Vorkommen dieser Gesellschaft hin. Zu den charak-

image
49
teristischen Arten zählen hier neben Feuchtezeigern (z. B.
Impatiens noli-tangere
,
Crepis
paludosa
,
Equisetum sylvaticum
,
Filipendula ulmaria
) vor allem Elemente der (hoch-)
montanen Staudenfluren, die unter anderem durch
Ranunculus platanifolius
,
Athyrium
distentifolium
,
Streptopus amplexifolius
repräsentiert werden. Die äußerst seltene und
kleinflächig auftretende Waldgesellschaft ist für Sachsen bislang nicht durch aussage-
kräftiges Aufnahmematerial belegt. Aktuell existieren nur Zwischenwälder, die allerdings
o. g. Artenstruktur der Krautschicht komplett enthalten.
5.2.2.1.5 Orchideen-Buchenwald (KE 1.5 / N40)
Es wird von uns angenommen, dass auf oberflächennahen Kalkgesteinen in wärmebe-
günstigten Lagen die Voraussetzung für die Entwicklung von Orchideen-Buchenwäldern
(VP:
Carici-Fagetum
) gegeben ist. Potentielle Standorte finden sich nur kleinflächig
(z. B. unteres Osterzgebirge, Elbtalweitung), sie werden aktuell von hainbuchenreichen
Gesellschaften besiedelt. Demzufolge kann die Gesellschaft nicht mit Vegetationsauf-
nahmen belegt werden. Die Bodenvegetation der Bestände zeichnet sich aber durch einen
Reichtum basiphytischer und teilweise thermophiler Arten (z. B. mehrere für den Orchi-
deen-Buchenwald typische Orchideen) aus. Die Standorte weisen oftmals nur eine durch-
schnittliche bis unterdurchschnittliche Wasserversorgung auf.
5.2.2.2
Bodensaure Buchen(misch)wälder
Unter den Buchenwäldern sind in der PNV Sachsens Vegetationstypen bodensaurer
Standorte flächig vorherrschend. Sie kommen auf Urgesteins- und seltener Pleistozän-
standorten von der planaren bis zur montanen Stufe vor. Vorherrschende Baumart ist
Buche, in Abhängigkeit von der Höhenstufe sind Fichte (montane Höhenform des
Luzulo-
Fagetum
) sowie Trauben-Eiche (planare bis submontane Höhenform des
Luzulo-Fage-
tum
) die wichtigsten der Begleitbaumarten. Charakteristisch für alle Ausbildungsformen
ist die im Vergleich zu anderen Waldgesellschaften auffallende Artenarmut der oftmals
nur lückig entwickelten Bodenvegetation, in welcher z. B. mit
Vaccinium myrtillus
,
Deschampsia flexuosa
und
Maianthemum bifolium
azidophytische Arten vorherrschen.
Auf Grund der Artenarmut ist die Anzahl differenzierender Arten gering, so dass die als
Höhenformen und andere Ausbildungsformen ausgewiesenen Kartiereinheiten in der
Regel nur schwach gekennzeichnet sind. Vor allem in den tieferen Lagen wird dabei die
Sonderstellung Sachsens an der Arealgrenze planar-kolliner Hainsimsen-Buchenwälder
zu bodensauren Buchenwäldern, die nicht zu den
Luzulo-Fageten
gehören, deutlich. Es
klingen bereits Tieflands-Buchenwälder an, denen
Luzula luzuloides
fehlt (Drahtschmie-
len- oder armer Schattenblümchen-Buchenwald)
.
5.2.2.2.1 Hainsimsen-Eichen-Buchenwald (KE 2.1 / Lps)
In der planaren, kollinen und submontanen Stufe besiedeln reine Buchenwälder oder
buchendominierte Mischwaldgesellschaften im terrestrischen Bereich ein breites Stand-
ortspektrum, die überwiegend dem Hainsimsen-Eichen-Buchenwald (VP:
Luzulo-Fage-
tum
, planare bis submontane Höhenformen) angehören. Charakteristische und stete
Mischbaumart ist hier Trauben-Eiche. Die ebenfalls regelmäßig vor allem in der 2. Baum-
schicht auftretende Hainbuche weist auf Übergänge zu Hainbuchen-Eichenwäldern ärme-
rer Ausprägung hin, die allerdings, bedingt durch historische Nutzungen, aktuell auf
Vogel-Nestwurz
(Neottia nidus-avis)
Foto: P. A. Schmidt

image
50
potentiellen Buchenwaldstandorten stocken können. Auf Grund des (mit Ausnahme der
submontanen Höhenstufe) weitgehenden Ausfalls von montanen Arten, des Fehlens
(sub)atlantischer Buchenwaldarten in Sachsen und der allgemeinen Artenarmut der boden-
sauren Buchenwälder zeichnet sich die Bodenvegetation der Bestände oftmals nur durch
wenige Arten und geringe Deckungsgrade aus. Die Ausbildungsformen sind somit z. T.
besser standörtlich als floristisch zu trennen. Auffallend ist allerdings das im Vergleich zu
den montanen Buchen(misch)wäldern regelmäßige Auftreten von
Luzula luzuloides
in
allen Ausprägungen der Hainsimsen-Eichen-Buchenwälder des Tieflandes bis unteren
Berglandes.
Innerhalb des Hainsimsen-Eichen-Buchenwaldes können mehrere Höhenformen unter-
schieden werden. Der
Submontane Eichen-Buchenwald
(KE 2.1.1) zeichnet sich durch
regelmäßiges Auftreten der Bergwaldpflanze
Prenanthes purpurea
, häufig auch von
Cala-
magrostis villosa
und
Senecio ovatus
aus (Tabelle 2/1, S. 81). Gegenüber dem Hainsim-
sen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald der mittleren Berglagen (Tabelle 2/2, S. 83) ist die sub-
montane Höhenform durch das Vorkommen von Trauben-Eiche differenziert. Aktuelle
Verbreitungsschwerpunkte des submontanen Eichen-Buchenwaldes sind die Leitenwälder
an Fluss- und Bachtälern, die sich durch gemeinsames Vorkommen von Berg- und Hügel-
landelementen auszeichnen. Den Beständen des
(Hoch)kollinen Eichen-Buchenwaldes
(KE 2.1.2) fehlen im Gegensatz zur submontanen Höhenform die Berglandelemente. Ihre
Standorte weisen zumeist eine mittlere Nährstoffversorgung bei normaler bis leicht unter-
durchschnittlicher Wasserversorgung auf. Kennzeichnend für die Bodenvegetation ist die
zumeist geringe Gesamtdeckung. Mit Ausnahme von
Luzula luzuloides
und
Deschampsia
flexuosa
erreichen die azidophytischen Arten zumeist nur geringe Artmächtigkeiten. Tief-
lagenstandorte durchschnittlicher Wasser- und Nährstoffversorgung im Bereich der Dah-
len-Dübener Heide (Geschiebemergel und schluffige Sande) sind mit dem
Planaren
Eichen-Buchenwald
(KE 2.1.3) bestockt. Gegenüber der kollinen Höhenform zeichnen
sich die Bestände u. a. durch das häufige Auftreten von
Luzula pilosa
und
Calamagrostis
epigejos
bei gleichzeitigem deutlichen Zurücktreten von
Luzula luzuloides
nahe der Are-
algrenze der Massenverbreitung dieser Art aus.
Milium effusum
deutet eine stellenweise
bessere Nährstoffversorgung an.
Im Bereich der kollin-submontanen Buchenwälder wird eine vogtländische Vikariante,
der
Vogtländische Eichen-Buchenwald
(KE 2.1.4), abgegrenzt. Er zeichnet sich durch
regelmäßiges Auftreten von Wald-Kiefer in der Baumschicht aus, während in der Boden-
vegetation Beersträucher (
Vaccinium myrtillus
,
V. vitis
-
idaea
) und Kryptogamen höhere
Deckungsgrade erreichen können. Entsprechende Bestände in der aktuellen Vegetation
sind sehr selten und bisher unzureichend vegetationskundlich bearbeitet, so dass kein
repräsentatives Aufnahmematerial vorliegt. Auch bleibt zu prüfen, in welchem Umfang
die Kiefer natürliche Mischbaumart ist. Ausgehagerte und oftmals flachgründige Steil-
hänge und Plateaus sowie ärmere und trockene Böden sind Standorte des
Heidelbeer-
Eichen-Buchenwaldes
(KE 2.1.5). In der Baumschicht tritt mit größerer Stetigkeit Wald-
Kiefer auf, die Krautschicht wird durch hohe Deckungsgrade von
Vaccinium myrtillus
und
Deschampsia flexuosa
gekennzeichnet. Vor allem auf Steilhangstandorten in Durch-
bruchstälern erreichen stellenweise auch
Calluna vulgaris
und
Melampyrum pratense
in
den hier zumeist lückigen Beständen höhere Stetigkeiten. Auf Sandsteinstandorten in der
Sächsischen Schweiz und im Zittauer Gebirge fällt zusätzlich das regelmäßige Auftreten
von
Pteridium aquilinum
auf, im Bereich des Kirchberger Granites das von
Vaccinium
vitis-idaea
. Durch eine mittlere Wasser- und Nährstoffversorgung mit einer oftmals aus-
geprägten wechselfrischen bis -feuchten Komponente zeichnen sich die Pseudogleystand-
orte des
Zittergrasseggen-Eichen-Buchenwaldes
(KE 2.1.6) aus. Vielfach werden dabei
Hohe Dominanz von Zwergsträu-
chern, Vorkommen der Wald-
Kiefer und eingeschränkte
Vitalität der Buche kennzeich-
nen den Heidelbeer-Eichen-
Buchenwald (Seidelsberg bei
Bärenwalde, KE 2.1.5).
Foto: D. Wendel
Hohe Dominanz von Zwergsträu-
chern, Vorkommen der Wald-
Kiefer und eingeschränkte
Vitalität der Buche kennzeich-
nen den Heidelbeer-Eichen-
Buchenwald (Seidelsberg bei
Bärenwalde, KE 2.1.5).
Foto: D. Wendel

51
ebene Bereiche in Bach- und Fluss-auen besiedelt. Auf den Lößlehmen des Hügellandes
tritt die Vegetationseinheit großflächig auf. Für die Baumschicht ist auf entsprechenden
Standorten der (teilweise) Ersatz von Trauben- durch Stiel-Eiche kennzeichnend, in der
Strauchschicht kann
Frangula alnus
auftreten. Die Bodenvegetation wird zumeist
großflächig von
Carex brizoides
beherrscht, regelmäßig treten zusätzlich – aber mit gerin-
geren Deckungsgraden – die azidophytischen Arten
Deschampsia flexuosa
,
Maianthe-
mum bifolium
, und
Vaccinium myrtillus
auf. Farne treten dagegen deutlich zurück. Stand-
orte besserer Basen- und Nährstoffversorgung leiten stellenweise u. a. durch das
Vorkommen von
Milium effusum
,
Lamium galeobdolon
und
Galium odoratum
bereits zu
mesophilen Buchenwäldern über. Mit zunehmender Höhenlage tritt
Carex brizoides
zugunsten von
Deschampsia cespitosa
zurück. Da dieser Übergang fließend ist, konnte
die Rasenschmielen-AF
nicht auskartiert werden und ist in die Kartiereinheit 2.1.6 einge-
schlossen. Der
Waldreitgras-Eichen-Buchenwald
(KE 2.1.7) stockt bevorzugt auf ost-,
süd- und westexponierten Steilhängen, deren Bodensubstrate gegenüber denen des Hei-
delbeer-Eichen-Buchenwaldes etwas nährstoffreicher sind. In der Baumschicht können
neben der hochsteten Begleitbaumart Trauben-Eiche vereinzelt Winter-Linde und Hain-
buche auftreten, für die Bodenvegetation ist neben den Arten
Deschampsia flexuosa
und
Luzula luzuloides
vor allem
Calamagrostis arundinacea
charakteristisch. Insbesondere
auf nährstoffreicheren Unterhangstandorten können mit
Lamium galeobdolon
und
Mer-
curialis perennis
zusätzlich anspruchsvollere Arten auftreten. Bereits zu den mesophilen
Buchenwäldern leitet der
Flattergras-Eichen-Buchenwald
(KE 2.1.8) über. Neben
Deschampsia flexuosa
und
Luzula luzuloides
treten u. a. mit
Milium effusum
,
Dryopteris
filix-mas
und
Lamium galeobdolon
bereits anspruchsvollere Arten auf, während die für
andere AF charakteristischen Elemente (z. B.
Calamagrostis arundinacea
,
Carex brizoi-
des
) fehlen. Der Flattergras-Eichen-Buchenwald ist für die hochkollinen und submonta-
nen Lagen Sachsens bislang unzureichend vegetationskundlich belegt. Schattige Hänge
und Unterhangbereiche mit zumeist nördlicher Exposition sowie frische Mulden sind
Standorte des
Farn-Eichen-Buchenwaldes
(KE 2.1.9). Die zumeist gute Wasserversor-
gung und das kühl-feuchte Lokalklima sind Ursache für das weitgehende Fehlen von Trau-
ben-Eiche in der Baumschicht, die Bodenvegetation wird zumeist auf mehr als 50 % der
Fläche von Farnen dominiert, unter denen wiederum
Dryopteris carthusiana, D. dilatata
und
Athyrium filix-femina
vorherrschen. Erstere kennzeichnen durch alleiniges Auftreten
eine ärmere Ausprägung. Das Hinzutreten von
Gymnocarpium dryopteris
und
Dryopteris
filix-mas
deutet eine etwas reichere Ausprägung an. Mehr in Muldenlagen (z. B. im Umfeld
des NSG Conradswiese) siedelt die Sauerklee-AF,
in der Farne etwas zurücktreten. Eine
kartographische Trennung von vorgenannter Kartiereinheit war nicht durchführbar.
5.2.2.2.2 Waldschwingel-(Tannen-)Buchenwald (KE 2.2 / L7)
Auf durchschnittlich bis gut nährstoff- und basenversorgten Standorten stockend, vermit-
telt der
Waldschwingel-(Tannen-)Buchenwald
(VP:
Luzulo-Fagetum festucetosum
)
innerhalb der Hangwälder zwischen den bodensauren und mesophilen Buchenwäldern. In
der Baumschicht treten als Mischbaumarten häufig Berg- und Spitz-Ahorn auf. Für die
Bodenvegetation ist neben dem Auftreten von
Festuca altissima
vor allem der hohe
Deckungsgrad von Farnen (
Athyrium filix
-
femina
,
Dryopteris filix-mas
,
D. carthusiana
)
kennzeichnend. Zusätzlich finden sich mit
Lamium galeobdolon, Milium effusum
u. a.
regelmäßig anspruchsvollere Arten (Tab. 2/2, S. 83). Die Gesellschaft hat einen monta-
nen Charakter und tritt entsprechend ihren Standortsanforderungen bevorzugt an schatti-
gen, geschützten und luftfeuchten Unterhängen der Durchbruchstäler der Mittelgebirge
auf. An Nordhängen steigt sie bis ins Gebirgsvorland herab.

image
52
5.2.2.2.3 Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald (KE 2.3 / Lm)
Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwälder (VP:
Luzulo-Fagetum
, montane Höhen-
form) finden sich großflächig im Bereich der Nordabdachung des Erzgebirges in Höhen-
lagen zwischen ca. 550 und 750 m sowie stellenweise in den benachbarten Naturräumen.
Die Bestände stocken auf einem breiten Spektrum terrestrischer Standorte über unter-
schiedlich nährstoffhaltigen Ausgangsgesteinen. Als hochstete Mischbaumart aller Aus-
bildungsformen fällt insbesondere Fichte (teils auch Weiß-Tanne) auf. Die oftmals nur
schwach entwickelte Strauchschicht wird zumeist von
Sambucus racemosa
, vereinzelt
auch von
Rubus idaeus
und
R. fruticosus
agg. gekennzeichnet. Für die Krautschicht ist das
regelmäßige Auftreten der montanen Elemente
Polygonatum verticillatum
,
Senecio ova-
tus
,
Prenanthes purpurea
sowie von
Calamagrostis villosa
(Tabelle 2/2, S.83) charakte-
ristisch. Gebietsweise auffällig selten ist dagegen
Luzula luzuloides
als Assoziations-
charakterart der Hainsimsen-Buchenwälder. Im Vergleich zu westlichen Gebirgen
(vgl. O
BERDORFER 1992) tritt
Calamagrostis villosa
mit auffallend hoher Stetigkeit auf.
Für den sächsischen Raum lassen sich die Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwälder
wie folgt untergliedern:
Der
Typische Hainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
(KE 2.3.1) besiedelt in der
Regel nur durchschnittlich wasser- und nährstoffversorgte Standorte und zeichnet sich in
der Bodenvegetation zumeist durch hohe Artmächtigkeiten von
Deschampsia flexuosa
und
Calamagrostis villosa
bei stärkerem Zurücktreten der Stauden
Polygonatum verticil-
latum
,
Senecio ovatus
und
Prenanthes purpurea
sowie der Farnarten aus. Auch fehlen
weitgehend Zeiger einer besseren Nährstoffversorgung. Die AF ist im gesamten Gebiet
des Erzgebirges auf Standorten über verschiedenen Grundgesteinen verbreitet.
Ärmere und/oder trockenere Standorte werden vom
Heidelbeer-(Tannen-Fichten-)
Buchenwald
(KE 2.3.2) besiedelt, in dessen Bodenvegetation
Vaccinium myrtillus
vor-
herrscht. Von den begleitenden Arten in der Bodenvegetation treten lediglich
Deschamp-
sia flexuosa
und
Calamagrostis villosa
regelmäßig, aber auch diese schon mit geringer
Deckung, auf. Verbreitungsschwerpunkt der AF sind ärmere Standorte über Granit im
Westerzgebirge, sie findet sich kleinflächig aber verbreitet auf vergleichbaren Standorten
im gesamten Erzgebirge. Immissionen scheinen im Ost- und Mittelerzgebirge den Über-
gang zu gräserreichen Ausprägungen zu fördern, wobei offen bleiben muss, ob die Stand-
ortsveränderungen irreversibel sind und damit relevant für die PNV-Konstruktion. Abson-
nige bis schattige Hangbereiche mit oftmals kühlfeuchtem Lokalklima sind Standorte des
Farn-(Tannen-Fichten-)Buchenwaldes
(KE 2.3.3). Dieser tritt im gesamten Erzgebirge
bevorzugt an den Talhängen von Fließgewässern sowie in den Schluchten der Sächsischen
Schweiz auf. Kennzeichnend für die AF ist ein hoher Deckungsgrad verschiedener Farn-
arten (z. B.
Athyrium filix-femina
,
Dryopteris dilatata
,
Gymnocarpium dryopteris
,
Ore-
opteris limbosperma
). Auf feinerde- und nährstoffreicheren Unterhangstandorten können
mit
Lamium galeobdolon
u. a. bereits die ersten Zeiger einer besseren Nährstoffversor-
gung auftreten (zu Ausprägungen vgl. auch KE 2.1.9, Kap. 5.2.2.2.1). Von vorgenannter
Kartiereinheit standörtlich schwer abzutrennen ist die Sauerklee-AF,
die damit bei der
Darstellung der farnreichen Ausbildung immer eingeschlossen ist. Eine Besonderheit der
Bachtäler des Westerzgebirges und Teilen des Mittelerzgebirges ist das regelmäßige Auf-
treten der subatlantischen
Luzula sylvatica
in farnreichen Buchenwäldern. Die klimatisch
bedingte Zweiteilung der mittleren und wahrscheinlich auch oberen Berglagen des Erz-
gebirges deckt sich mit der Beobachtung, dass die Fichte in allen Bestandesschichten der
westerzgebirgischen Buchenbestände (auch außerhalb farnreicher Ausbildungen) ver-
gleichsweise stärker auftritt. Entsprechende Bereiche können – obwohl ursprünglich
erwogen – mangels kartographisch umsetzbarer Grundlageninformationen jedoch noch
Farn-(Tannen-Fichten-)Buchen-
wald im NSG Unger (KE 2.3.3)
Foto: W. Hempel

image
53
nicht als eigenständige Vikariante (Waldhainsimsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
von
den örtlicher verbreiteten montanen Hainsimsen-Buchenwäldern abgegrenzt werden. Im
Vogtland (gebietsweise übergreifend in das Westerzgebirge) dringt die Wald-Kiefer bis
in die montane Höhenstufe vor und kann als Mischbaumart in Buchenbeständen auftreten.
Dieser
Vogtländische (Tannen-Fichten)Buchenwald
(KE 2.3.4) ist unter anderem durch
auffallend hohe Deckungsgrade von Zwergsträuchern (v. a.
Vaccinium myrtillus
, verein-
zelt auch
V. vitis-idaea
) sowie das regelmäßige Auftreten von Flechten und bestimmten
Moosen gekennzeichnet, während etwas anspruchsvollere Stauden (z. B.
Prenanthes pur-
purea
,
Senecio ovatus
), aber auch
Calamagrostis villosa,
deutlich zurücktreten. Diese
Gebietsausbildung ist unzureichend untersucht und im vorliegenden Aufnahmematerial
schlecht repräsentiert. Die trophisch beste AF der montanen bodensauren Buchenwälder
ist der
Flattergras-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
(KE 2.3.5). Er wird durch hohe Ste-
tigkeiten von
Milium effusum
und
Lamium galeobdolon
bei gleichzeitig stärkerem
Zurücktreten der Säurezeiger (z. B.
Deschampsia flexuosa
,
Vaccinium myrtillus
) gekenn-
zeichnet. Damit vermittelt diese Ausbildungsform vielfach bereits zu den Waldmeister-
bzw. Springkraut-Buchenwäldern. Die Standorte des Flattergras-(Tannen-Fichten-)
Buchenwaldes zeichnen sich dabei zumeist bereits durch eine bessere Nährstoffversor-
gung (M
+
-Standorte) aus. Demzufolge konzentrieren sich seine Vorkommen auf Gneis-
und Schieferstandorte des Mittel- und Osterzgebirges, während die Gesellschaft über Gra-
nit im Westerzgebirge fehlt. Schwach vernässte Muldenlagen und nicht mehr überflutete
Auenbereiche sind Standorte des
Zittergrasseggen-(Tannen-Fichten-)Buchenwaldes
(KE 2.3.6). Auf den zumeist ebenen bis lediglich schwach geneigten Standorten erreicht
in der Bodenvegetation
Carex brizoides
oftmals hohe Deckungsgrade, auch
Calamagro-
stis villosa
findet sich z. T. in höheren Artmächtigkeiten, was aber als Fazies betrachtet
werden kann. Das Auftreten von anspruchsvolleren Arten (z. B.
Milium effusum
,
Anemone
nemorosa
) kennzeichnet eine etwas bessere Nährstoffversorgung der Standorte. Fließend
sind die Übergänge zu einer auf ähnlichen, möglicherweise weniger schluffigen Standor-
ten siedelnden Rasenschmielen-AF. Sie ist in die Kartiereinheit 2.3.6 eingeschlossen. Der
Waldreitgras-(Tannen-Fichten-)Buchenwald
(KE 2.3.7) hat seine Standorte an verha-
gerten Oberhängen und südexponierten Steilhängen, vor allem in den Tälern größerer
Bäche und Flüsse. Auf den oft nur unterdurchschnittlich wasserversorgten Standorten tritt
dabei Fichte auffallend zurück. Gleichfalls nur noch geringe Deckungsgrade erreichen
Farne und weitere, Boden- und Luftfeuchtigkeit liebende Arten, während
Calamagrostis
arundinacea
regelmäßig auftritt.
Zittergrasseggen-(Tannen-Fich-
ten-)Buchenwald nahe dem NSG
Bärenbachtal (KE 2.3.6)
Foto: B. Walter

image
54
5.2.2.2.4 Schattenblümchen-Buchenwald (KE 2.4 / L10)
Bereits nahe der Arealgrenze von
Luzula luzuloides
treten im planaren Bereich Nordost-
sachsens auf Standorten mittlerer bis unterdurchschnittlicher Nährstoff- und Wasserver-
sorgung kleinflächig isolierte bodensaure Buchenwälder auf, die sich floristisch von
denen des geschlossenen Buchenwaldareals unterscheiden und einer armen Ausprägung
des
Schattenblümchen-Buchenwaldes
(VP:
Maianthemo-Fagetum
oder
Deschampsio-
Fagetum
) angehören. Kennzeichnende Arten der Bodenvegetation sind neben
Deschamp-
sia flexuosa
,
Carex pilulifera
und (seltener)
Maianthemum bifolium
vor allem Elemente,
die auch in den häufig unmittelbar angrenzenden Kiefern-Eichenwäldern (
Festuca ovina
agg.,
Vaccinium vitis-idaea
und
V. myrtillus
,
Poa nemoralis, Agrostis capillaris
) vor-
kommen, während
Luzula luzuloides
fehlt. Mit
Hieracium pilosella
und
Rumex acetosa
treten gelegentlich sogar Arten trockener Standorte auf, die anderen Buchenwäldern Sach-
sens fehlen, während
Molinia caerulea
gleichzeitig eine bessere Wasserversorgung der
Standorte zumindest im Unterboden anzeigt (Tabelle 2/1, S. 81). Auf Grund der Klein-
flächigkeit der Bestände und der bislang unzureichenden vegetationskundlichen Bearbei-
tung ist das vorliegende Aufnahmematerial nur bedingt repräsentativ.
5.2.2.2.5 Wollreitgras-Fichten-Buchenwald (KE 2.5 / L61)
Bereits zu den hochmontanen Wollreitgras-Fichtenwäldern leitet der
Wollreitgras-Fich-
ten-Buchenwald
(VP:
Calamagrostio villosae-Fagetum
) über, dessen Hauptbaumarten
Fichte und Rot-Buche häufig ausgeglichene Baumartenanteile aufweisen. Unter günsti-
gen klimatischen und edaphischen Bedingungen kann die Buche bis in die erste Baum-
schicht vorstoßen (Fichtelbergabhänge, noch in 960 m ü. NN). Die Gesellschaft besiedelt
in einer Höhenlage von > 750 bis 850 m ü. NN mittel- bis tiefgründige Standorte über
basenarmen Silkatgesteinen, die zumeist über eine gute Wasserversorgung verfügen. Cha-
rakteristisch für die Gesellschaft ist das gleichzeitige Auftreten von Elementen der Hain-
simsen-(Tannen-Fichten-)Buchenwälder (schwach, z. B.
Prenanthes purpurea
,
Polygo-
natum verticillatum
) und der Wollreitgras-Fichtenwälder (z. B.
Plagiothecium
undulatum
,
Huperzia selago
,
Rhytidiadelphus loreus
) in der Bodenvegetation, wobei
allerdings letztere Arten bereits stark zurücktreten (Tabelle 2/2, S. 83). Im Untersu-
chungsgebiet können zwei Ausbildungsformen kartiert werden. Der
Typische Fichten-
Buchenwald
(KE 2.5.1) besiedelt zumeist ebene bis lediglich schwach hängige Standorte
durchschnittlicher Wasserversorgung. Vergleichsweise geringe Luft- und Bodenfeuch-
tigkeit lassen hier die Feuchtezeiger in der Bodenvegetation deutlich zurücktreten, so dass
die AF deutlich artenärmer als die folgende ist. Frische bis feuchte, geschützte Unter-
hangbereiche sowie Bachtälchen der oberen Berglagen sind Standorte des
Farn-Fichten-
Buchenwaldes
(KE 2.5.2). Neben dem höheren Deckungsgrad von Farnen (
Athyrium
filix-femina
,
Blechnum spicant
,
Gymnocarpium dryopteris
) fällt im Mittel- und Westerz-
gebirge zusätzlich die hohe Stetigkeit von
Luzula sylvatica
auf. Auf Grund forstlicher
Maßnahmen (Förderung der Fichte, Kahlschlagbetrieb) und der starken Immissionsbela-
stung erzgebirgischer Kammlagen ist der Fichten-Buchenwald in der aktuellen Vegeta-
tion nur noch fragmentarisch vorhanden und konnte durch Aufnahmematerial nur unzu-
reichend belegt werden.
Schattenblümchen-Buchenwälder
(KE 2.4) schließen in Norden
der Dübener Heide an
Hainsimsen-Buchenwälder an.
Typisch für diese planaren
Sand-Buchenwälder ist die
Armut an Bodenvegetation.
Foto: G. Hofmann

image
55
5.2.3 Eichen(misch)wälder
5.2.3.1
Linden-Hainbuchen-Eichenwälder
Hainbuchen-Eichenwälder werden als zonale Waldgesellschaften betrachtet, die vom öst-
lichen Mitteleuropa bis Sachsen reichen (vgl. BF
N 2000). Ihre Verbreitung erstreckt sich
potentiell über weite Bereiche des Hügellandes und Teile des Tieflandes (Düben-Dahle-
ner Heide, Riesa-Torgauer Elbtal, Elsterwerda-Herzberger Elsterniederung, Oberlausitzer
Heide- und Teichgebiet). Potentiell würden sie etwa 28 % der Landesfläche einnehmen.
Besonders in den Naturräumen des Tieflandes, aber auch in der Großenhainer Pflege, im
Nordteil des Leipziger Landes und in der Schwarzerderegion am Rand des Mitteldeut-
schen Trockengebietes sind nur selten aktuelle naturnahe Bestände anzutreffen. Dies ist
besonders auf die Waldarmut der betreffenden Gebiete, teils auch auf starke forstliche
Überprägungen der Wälder zurückzuführen.
Das Vorkommen von Hainbuchen-Eichenwäldern setzt eine gewisse Nährstoffversor-
gung des Bodens (wenigstens eine mittlere Trophie) voraus. In der aktuellen Vegetation
können alle Wasserhaushaltsstufen von feucht bis trocken eingenommen werden, dage-
gen bleiben innerhalb des Areals von Buchenwäldern in der PNV nur die für Buche
ungünstigen Wasserhaushaltsstufen vorbehalten. Ausgehend von den verschiedensten,
zumeist pleistozänen Ausgangsgesteinen (Löß, Sandlöß, Sande) ist das Standortsspekt-
rum groß und daher auch die Zahl der besiedelten Bodentypen (Braunerden, teilweise
Schwarzerden, Pseudogleye, Gleye), sofern sie nicht von Buchenwäldern eingenommen
werden (können). Bei Nährstoffarmut und gleichzeitig sauren Böden schließen im terrest-
rischen Bereich an die Hainbuchen-Eichenwälder bodensaure Eichenwälder und in eini-
gen großen Waldgebieten, z. B. der Düben-Dahlener Heide, Buchenwälder an. Natürliche
Verbreitungsgrenzen besitzen Hainbuchen-Eichenwälder auch bei zu starker Nässe. Hier
werden sie bei guter Trophie von eschen- und erlenreichen Waldgesellschaften abgelöst,
bei geringer Nährstoffversorgung von bodenfeuchten Birken-Stieleichenwäldern ver-
schiedener Ausprägung. Weitere potentielle Standorte entstehen gegenwärtig auf ehema-
ligen Überflutungsstandorten großer Fluss- und Stromauen. Hier setzt nach Eindeichung
und Ausbleiben von Überschwemmungsereignissen eine Umwandlung von Eichen-
Ulmen-Auenwäldern zu Hainbuchen-Eichenwäldern ein.
Obgleich aktuelle Hainbuchen-Eichenwälder oft Zwischenwaldcharakter (auf
Buchenwaldstandorten) haben, wird unter Berücksichtigung der heutigen Land-
schaftsöffnung in großräumigen Acker-Hügelländern (kontinentaleres Klima, Spätfrost-
gefahren, stärkere Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchte), besonders mit wech-
selfeuchten Standorten (Pseudogley u. a. z. B. Mittelsächisches Lößhügelland, Leipziger
Land oder Nordsächsisches Platten- und Hügelland), angenommen, dass Carpineten die
potentiellen Waldgesellschaften darstellen. Ohne Berücksichtigung dieser Aspekte ließen
sich hier in der potentiellen Vegetation Buchenwälder nicht ausschließen, gegebenenfalls
unter den mehr subkontinentalen Klimabedingungen Sachsens auch lindenreiche Wälder.
Für die Baumschichten der sächsischen Hainbuchen-Eichenwälder kennzeichnend ist ein
großes Spektrum an verschiedenen Arten. Regelmäßig kommen Hainbuche, Winter-
Linde, Trauben- und Stiel-Eiche sowie Berg-Ahorn vor. Auch Esche, Buche und Spitz-
Ahorn treten recht häufig auf. Für die Strauchschicht charakteristisch sind
Corylus avel-
lana, Crataegus
-Arten und -Hybriden,
Cornus sanguinea,
daneben auch Nitrophyten wie
Sambucus nigra, Rubus idaeus, R. fruticosus
agg.,
R. corylifolius
agg. Als verbindende
und teils hochstete Elemente der Krautschicht sind
Convallaria majalis, Stellaria holo-
stea, Melica nutans, Poa nemoralis, Brachypodium sylvaticum, Polygonatum multi-
Ein sehr kleinflächiges
Vorkommen des Typischen
Fichten-Buchenwaldes im
NSG Mothäuser Heide (KE 2.5.1)
Foto: D. Wendel

56
florum, Anemone nemorosa, Milium effusum
und
Lamium galeobdolon
zu nennen, dane-
ben
Carex sylvatica
und
Viola riviniana
mit geringerer Stetigkeit. Dagegen treten die Cha-
rakter- und Differentialarten der vergleichbaren Assoziation
Galio-Carpinetum
bzw. des
übergeordneten Verbandes (nach OBERDORFER
1992)
Dactylis polygama, Galium sylvati-
cum
und
Melampyrum nemorosum
nur mit geringer bis mittlerer,
Euphorbia dulcis
und
Festuca heterophylla
mit sehr geringer Stetigkeit auf (Tabelle 2/3, S. 85). Die sächsischen
Hainbuchen-Eichenwälder müssen gegenüber den gesamtdeutschen Verhältnissen als
artenärmer eingestuft werden.
Carex montana, Lathyrus niger
und
Sorbus torminalis
bei-
spielsweise, die nach OBERDORFER (1992) Differentialarten des
Galio-Carpinetum
Oberd.
57 darstellen, kommen in Sachsen nur in reicheren Ausbildungen vor. Ähnliches gilt für
Asarum europaeum, Lathyrus vernus, Campanula trachelium, Bromus benekenii, Neottia
nidus-avis.
Die syntaxonomische Gliederung der Hainbuchen-Eichenwälder kann nach zwei
grundsätzlich verschiedenen Gliederungsprinzipien vorgenommen werden:
1. Trennung in vikariierende Assoziationen: Einer subatlantischen Zentralassoziation –
dem
Stellario-Carpinetum –
wird das subkontinental verbreitete (sehr heterogene)
Galio-Carpinetum
gegenübergestellt. Beide Assoziationen weisen trockene und
feuchte Subassoziationen auf (vgl. z. B. OBERDORFER
1992).
2.
Trennung in hygrisch differenzierte Assoziationen: Das
Stellario-Carpinetum
nimmt
wechselfeuchte bis nasse Standorte ein. Dem
Galio-Carpinetum
wird der trockene
Flügel zugewiesen (vgl. S
UCK & B
USHART 1995).
Beide Gliederungsprinzipien finden bis heute nebeneinander Anwendung, ein Umstand,
der auf Grund ihrer Verschiedenartigkeit zu gravierenden Verständigungsproblemen führt.
Beurteilung der Vorkommen sächsischer Hainbuchen-Eichenwälder nach dem Prinzip
vikariierender Assoziationen:
Wird dieses Prinzip zugrundegelegt, lässt sich nach heutigen Kenntnisstand nicht auf das
potentielle Vorkommen eines
Stellario-Carpinetum
in Sachsen schließen. Da diese
Gesellschaft als Zentralassoziation keine eigenen (
Galio-Carpinetum
auch nur wenige)
Assoziationscharakter- und -differentialarten besitzt, gegenüber dem
Galio-Carpinetum
also durch das Fehlen von Arten negativ charakterisiert ist, ist der Nachweis des
Stella-
rio-Carpinetum
sehr schwierig. Das Fehlen von Trenn- und Kennarten des
Galio-Car-
pinetum
im Großteil der untersuchten sächsischen Waldbestände würde im Hinblick auf
die ebenfalls insgesamt seltener vorkommenden Verbands- und Ordnungscharakterarten
(im Vergleich zu den Tabellen von OBERDORFER 1992) deshalb gegenwärtig eher der all-
gemeinen Artenarmut der sächsischen Hainbuchen-Eichenwälder als der Existenz eines
Stellario-Carpinetum
zugeschrieben.
Beurteilung der Vorkommen sächsischer Hainbuchen-Eichenwälder nach dem Prinzip
hygrisch differenzierter Assoziationen:
Nach diesem eher pragmatischen Ansatz, der weitgehend einer Einteilung in Hainbuchen-
Traubeneichen- und Hainbuchen-Stieleichenwälder entspricht, würden die sehr
großflächig in Sachsen vorkommenden und bisher dem
Galio-Carpinetum
zugeordneten
Zittergrasseggen-Ausbildungsformen der Hainbuchen-Eichenwälder dem
Stellario-Car-
pinetum
angehören. Gleiches gilt für die kleinflächiger auftretenden Ausbildungen mit
Stachys sylvatica, Molinia caerulea
oder
Selinum carvifolia
.
Um im Rahmen der bundesweiten PNV-Kartierung eine einheitliche Kartiermethodik zu
wahren, wird dem zweiten Prinzip Vorrang gegeben. Damit entsteht für Sachsen die ein-

image
57
fache Grundgliederung in grund- und stauwasserbeeinflusste
Linden-Hainbuchen-
Stieleichenwälder
(mit Waldziest-Hainbuchen-Stieleichenwald, Zittergrasseggen-
Hainbuchen-Stieleichenwald, Pfeifengras-Hainbuchen-Stieleichenwald, Silgen-(Hainbu-
chen-)Eichenwald) sowie grund- und stauwasserferne
Linden-Hainbuchen-Traubenei-
chenwälder
(mit Elsbeeren-Hainbuchen-Traubeneichenwald, Typischem Hainbuchen-
Traubeneichenwald, Grasreichem Hainbuchen-Traubeneichenwald, Mitteldeutschem
Hainbuchen-Traubeneichenwald, Ostsächsischem Hainbuchen-Traubeneichenwald). Die
Einbeziehung der Winter-Linde in den Namen soll eine subkontinentale Ausprägung der
sächsischen Hainbuchen-Eichenwälder hervorheben, was aber nicht bedeutet, dass wir sie
dem erst östlich Sachsens vorkommenden
Tilio-Carpinetum
gleichsetzen.
5.2.3.1.1 Linden-Hainbuchen-Stieleichenwälder (KE 3.1 / F)
Der
Waldziest-Hainbuchen-Stieleichenwald
(KE 3.1.1, VP:
Stachyo-Carpinetum
,
Tabelle 2/3, S. 85) ist an grundwassernahe Standorte, meist in Bach- oder Flussnähe, rei-
cher bis mittlerer Trophie gebunden und zeichnet sich daher durch das Vorkommen von
Feuchte- bis Nässezeigern aus (
Athyrium filix-femina, Deschampsia cespitosa, Festuca
gigantea)
. Gleichzeitig treten die Zeigerarten frischer bis feuchter, mehr oder weniger
basenreicher, aber nitrophiler Standorte wie
Viola reichenbachiana, Aegopodium podag-
raria
und
Ranunculus ficaria
als verbindende Elemente mit dem typischen Hainbuchen-
Traubeneichenwald (s. u.) auf. Innerhalb des Waldziest-Stieleichen-Hainbuchenwaldes
ist durch die Abnahme von Basenzeigern (abnehmende Trophie) verschiedener Frische-
und Feuchtestufen eine Tendenz von artenreicheren zu -armen Ausbildungen zu erkennen
(z. B.
Galium odoratum, Pulmonaria obscura, Campanula trachelium, Adoxa moscha-
tellina
und
Allium ursinum, Arum maculatum, Stachys sylvatica
und
Impatiens noli-tan-
gere)
. Die reiche Variante tritt vor allem in den kleinen Lößalluvionen auf, während die
artenärmeren Varianten nährstoffärmere Substrate, z. B. Sandlöß- und Sandböden, besie-
deln. Interessante Ausprägungen mit
Symphytum tuberosum
(Elbhügelland) und
Gagea
spathacea
(Oberlausitzer Hügelland) konnten nicht getrennt kartiert werden. Der
Zitter-
grasseggen-Hainbuchen-Stieleichenwald
(KE 3.1.2,
Carici brizoides-Carpinetum
) ist
eine auf wechselfeuchten, überwiegend mäßig nährstoffversorgten Böden (Pseudogleye)
im Tief- und Hügelland verbreitet vorkommende Ausbildungsform. Die Bestände sind
durch das hochstete Auftreten von
Carex brizoides
gekennzeichnet (Artmächtigkeit von
mindestens 3). Die relativ geringe mittlere Artenzahl lässt sich auf die hohe Dominanz
und Konkurrenzkraft der Zittergras-Segge auf den entsprechenden Standorten zurück-
führen. Im Vergleich zu anderen Linden-Hainbuchen-Stieleichenwäldern kommen auf-
fällig wenig Säure- und Mäßigsäurezeiger vor. Verschiedentlich treten Feuchte- und Näs-
sezeiger auf.
Der arme Flügel der feuchten Hainbuchen-Stieleichenwälder wird vom
Pfeifengras-
Hainbuchen-Stieleichenwald
eingenommen (KE 3.2.3). Die Kartiereinheit besiedelt
(wechsel)feuchte, meist lehmig-sandige Böden im sächsischen Tiefland und ist neben
säure- und mäßigsäurezeigenden Arten wie
Luzula luzuloides, Calamagrostis arundi-
nacea, Hieracium sabaudum, Maianthemum bifolium
und
Solidago virgaurea
durch das
Auftreten von
Molinia caerulea
und verschiedene Feuchte- bis Nässezeiger (z. B.
Athy-
rium filix-femina, Lysimachia vulgaris)
gekennzeichnet
.
Dieser Vegetationstyp geht bei
abnehmender Trophie zu feuchten bodensauren Eichenwäldern über.
Der
Silgen-(Hainbuchen-)Eichenwald
(VP:
Selino-Quercetum
) besitzt nur eine geringe
Verbreitung im Oberlausitzer Hügelland und lokal im Osterzgebirge. Er besiedelt wech-
Strukturreicher Bestand des
Zittergrasseggen-Hainbuchen-
Stieleichenwaldes (KE 3.1.2)
im Lößhügelland
Foto: P. A. Schmidt

image
58
seltrockene bis -feuchte, sandig-lehmige oder Tonböden meist tertiären, seltener pleisto-
zänen Ursprungs. Die Standorte sind überwiegend mäßig nährstoffversorgte Pseudogleye
(oder Gleye). In der Krautschicht treten als charakteristische Elemente typische Wech-
selfeuchte- und Wechseltrockniszeiger wie
Molinia caerulea, Betonica officinalis, Seli-
num carvifolia, Potentilla erecta
sowie
Laserpitium prutenicum
und etwas seltener
Iris
sibirica
(Arten teilweise nicht in der Tabelle enthalten) auf. Andererseits kommen z. B.
Deschampsia flexuosa, Melampyrum pratense
und
Vaccinium myrtillus
als Starksäure-
bis Säurezeiger nährstoffärmerer Standorte sowie
Maianthemum bifolium
und
Holcus
mollis
als Säure- bis Mäßigsäurezeiger vor.
5.2.3.1.2 Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwälder (KE 3.2 / G)
Der
Typische Hainbuchen-Traubeneichenwald
(KE 3.2.2, VP:
Galio-Carpinetum
;
Tabelle 2/3, S. 85) besiedelt frische (bis feuchte) Standorte überwiegend mittlerer bis kräf-
tiger, selten reicher Nährstoffversorgung. Hauptsächlich handelt es sich um Braunerden,
die aus Lößen hervorgegangen sind. Die Kartiereinheit enthält keine eigenen Differen-
tialarten und ist gegenüber anderen Ausbildungen eher negativ charakterisiert. Durch das
differenzierte Vorkommen von Basen- und Frischezeigern (
Galium odoratum, Mercuria-
lis perennis
und
Lathyrus vernus
) lässt sich eine Untergliederung in eine reiche und
ärmere Variante erkennen. Das Vorkommen der reichen Variante beschränkt sich auf
basenreiche, gut nährstoffversorgte Böden (über wenig verwittertem Löß, teilweise auch
andere kalkhaltige Gesteine wie Pläner). Flächenmäßig ist die ärmere Variante
mittlerer
Standorte weiter verbreitet. Verschiedentlich treten mit
Luzula luzuloides, Maianthemum
bifolium
u. a. in der typischen Ausbildungsform als Zeichen für Bodenverhagerung Säure-
und Mäßigsäurezeiger auf. Diese weisen zum Grasreichen Hainbuchen-Traubenei-
chenwald. Vom Artenspektrum und -umfang her steht die reiche Variante zwischen den
sachsen-anhaltinischen Kartiereinheiten Haselwurz-Labkraut-Traubeneichen-Hainbu-
chenwald und Typischer Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwald (LAU 2000). Die
ärmere Variante ist hingegen wesentlich artenärmer als der Typische Labkraut-Traube-
neichen-Hainbuchenwald Sachsen-Anhalts, worin sich die oben erwähnte allgemeine
Artenarmut sächsischer Linden-Hainbuchen-Eichenwälder widerspiegelt. Bestände des
Elsbeeren-Hainbuchen-Traubeneichenwaldes
(KE 3.2.1) kommen über basen-, teil-
weise auch kalkreichem geologischem Untergrund vor und sind gleichzeitig an reiche bis
kräftige und warme Standorte gebunden. Ihre Verbreitung ist lokal begrenzt. Es handelt
sich überwiegend um lichte Bestände, in deren Baum- und Strauchschicht Feld-Ahorn und
Elsbeere auftreten (letztere Art nur selten in aktuellen naturnahen Beständen, z. B. Zie-
genbusch bei Meißen). Charakteristische Arten der Krautschicht sind vor allem
Melittis
melissophyllum, Lathyrus niger, Carex montana, Fragaria moschata
und
Vincetoxicum
hirundinaria
, außerdem Arten trockener bis frischer, mehr oder weniger basenreicher
Standorte wie
Lathyrus vernus
und
Bromus ramosus
. Teilweise treten Arten saurer, nähr-
stoffarmer Standorte hinzu (
Deschampsia flexuosa, Vaccinium myrtillus, Melampyrum
pratense
), was auf stärkere Verhagerungserscheinungen an Oberhängen zurückzuführen
ist. Der
Grasreiche Hainbuchen-Traubeneichenwald
(KE 3.2.3, VP:
Galio-Carpinetum
luzuletosum
) besiedelt trockene bis frische Standorte des Tief- und Hügellandes. Im Hügel-
land sind es vor allem ausgehagerte Lößstandorte, z. B. Taloberhänge oder Kuppen, im
Tiefland mäßig nährstoffversorgte lehmige Sande. Typisch ist das gehäufte Auftreten
säure- und mäßigsäurezeigender Arten wie
Luzula luzuloides, Calamagrostis arundinacea,
Hieracium sabaudum, Maianthemum bifolium
und
Solidago virgaurea
. Von einer
typischen Variante
ohne eigene Differentialarten lässt sich eine Variante mit
Deschampsia
flexuosa
abtrennen, in der die Säure- und Starksäurezeiger
Deschampsia flexuosa, Melam-
Silgen-(Hainbuchen-)Eichenwald
auf decklehmüberlagerten, stau-
vergleyten Basaltböden (nahe
NSG Rotstein, KE 3.1.4)
Foto: D. Wendel

image
59
pyrum pratense
und
Vaccinium myrtillus
teilweise hohe Stetigkeiten erreichen. Es handelt
sich hierbei um saure und nährstoffärmere Standorte im Grenzbereich zu bodensauren
Eichenwäldern. Aus sächsischer Sicht erweist sich die Abtrennung eines für das mittel-
deutsche Trocken- und Schwarzerdegebiet spezifischen
Mitteldeutschen Hainbuchen-
Traubeneichenwaldes
(KE 3.2.4) als sinnvoll. Seine Verbreitung in Sachsen reicht vom
Nordwesten bis nach Leipzig heran. Zwei Charakteristika, aus Tabelle 2/3
(S. 85) wenig hervortretend, sind einerseits das hochstete Vorkommen von Feld-Ulme
(auch auf terrestrischen Standorten), andererseits das vermehrte Auftreten von Winter-
Linde
.
Sächsische Hainbuchen-Eichenwälder lassen, verglichen mit den bundesdeutschen
Verhältnissen insgesamt, eine subkontinentale Tönung erkennen. Vor allem das Vor-
kommen der Vikariante des
Ostsächsischen Hainbuchen-Traubeneichenwaldes
(KE 3.2.5, ohne Beleg) mit
Galium schultesii
in unmittelbarer Neißenähe deutet auf den
Übergang zum
Tilio-Carpinetum
im östlichen Mitteleuropa hin.
5.2.3.2
Thermophile Eichen-Trockenwälder (KE 4.1 / K2)
Fingerkraut-Eichen-Trockenwälder
(VP:
Potentillo albae-Quercetum petraeae
;
Tabelle 2/4, S. 88) sind kennzeichnend für basenreiche, teils kalkhaltige Böden in konti-
nental geprägten Gebieten des Tieflandes und der Hügellandsschwelle. Die flach- bis mit-
telgründigen Ranker bzw. Regosole sind trocken bis wechseltrocken. Die nach OBER-
DORFER (1992) kennzeichnende Verbreitung der Fingerkraut-Eichen-Trockenwälder auf
Tonböden trifft für Sachsen nicht zu. Potentielle Vorkommen sind kleinflächig auf das
Elbhügelland beschränkt (z. B. geplantes NSG Käbschützgrund). Den Fingerkraut-
Eichen-Trockenwald kennzeichnen basiphytische kontinentale Trockenheitszeiger wie
Peucedanum cervaria, Trifolium alpestre, Berberis vulgaris
(Strauchschicht),
Stachys
recta, Festuca pallens, Galium glaucum
oder
Tanacetum corymbosum,
die im vorliegen-
den Aufnahmematerial jedoch nur eine lockere Gruppe bilden, da sie jeweils mit gerin-
gen Stetigkeiten und Abundanzen vertreten sind. Auf Grund der starken Verarmung an
Kennarten sind die sächsischen Bestände eher als fragmentarische Ausprägungen an der
Arealgrenze einzustufen, die den Fingerkraut-Eichen-Trockenwald nicht repräsentativ
widerspiegeln. Neben den kontinentalen Kennarten treten im Fingerkraut-Eichen-
Trockenwald zahlreiche Arten auf, die Gemeinsamkeiten mit den bodensauren Eichen-
wäldern belegen (z. B.
Poa nemoralis
sowie
Deschampsia flexuosa
und
Agrostis capilla-
ris
mit niedrigen Abundanzen). Auch Vorkommen von Arten der
Festuca ovina
- und der
Vincetoxicum hirundinaria
-Gruppe lassen die Nähe bzw. Übergänge zu thermophilen
Ausprägungen des Färberginster-Traubeneichenwaldes erkennen. Die Baumschicht wird
hauptsächlich von der Trauben-Eiche aufgebaut.
Mitteldeutscher Hainbuchen-
Traubeneichenwald im Brösen
bei Glesien (KE 3.2.4)
Foto: B. Walter

image
60
5.2.3.3
Bodensaure Eichen(misch)wälder = Buchen-, Birken- und Kiefern-
Eichenwälder
Bodensaure Eichenwälder sind in Sachsen kennzeichnend für nährstoff- und basenarme,
saure Böden, die von podsoligen Braunerden, Podsolen, Podsol-Ranker bzw. Podsol-
Pseudogleyen bis Stagnogleyen gebildet werden. Potentiell würden bodensaure Eichen-
wälder etwa 12 % der Landesfläche bedecken. Charakteristisch ist das Vorherrschen azi-
dophytischer Pflanzen wie
Deschampsia flexuosa, Vaccinium myrtillus, Sorbus
aucuparia
(Strauchschicht),
Agrostis capillaris
und
Melampyrum pratense
(regionalbe-
zogene Literatur: S
CAMONI 1960, S
CHMIDT & LÖFFLER 1994, RENTSCH 1999, TIPPMANN
2000, K
LEINKNECHT 2001). Höhenformen sind innerhalb der Untereinheiten der boden-
sauren Eichenwälder nur auf trophisch vergleichsweise besseren Standorten unterscheid-
bar. Eine geringe Basen- und Nährstoffversorgung führt hingegen zum Ausbleiben höhen-
differenzierender Arten wie
Equisetum sylvaticum
oder
Senecio ovatus
. Das vorliegende
Aufnahmematerial der bodensauren Eichenwälder in Sachsen (SCHMIDT et al. 2001a)
erfüllt nicht vollständig das Kriterium der Repräsentativität. Von kleinflächig auftreten-
den Einheiten liegen häufig mehr Vegetationsaufnahmen vor als von großflächig verbrei-
teten (z. B. Typischer Kiefern-Eichenwald). Außerdem ist der planare Bereich im Auf-
nahmematerial stark unterrepräsentiert.
5.2.3.3.1 Buchen-Eichenwald (KE 5.1 / H6)
Der Buchen-Eichenwald besiedelt potentiell tiefgründigere, podsolige Braunerden auf
pleistozänen Sedimenten oder Grundgesteinen (z. B. Grauwacken, Schiefer oder Sand-
stein) in der planaren bis kollinen Stufe, vorwiegend im Bereich des Nordsächsischen
Platten- und Hügellandes, der Düben-Dahlener Heide, des Riesa-Torgauer Elbtals sowie
des Westlausitzer Hügel- und Berglandes. Innerhalb der bodensauren Eichenwälder
nimmt er den vergleichsweise nährstoffreichen Flügel ein, deshalb ist die Krautschicht
auch recht üppig ausgebildet. Die Typische AF
ist vergleichbar mit dem
Holco mollis-
Quercetum
bzw. gehört dem weit gefassten
Betulo-Quercetum roboris
nach HÄRDTLE et
al. (1997) an. Kennzeichnend sind etwas anspruchsvollere Waldarten mäßig nährstoff-
versorgter Standorte wie
Carex pilulifera, Holcus mollis, Impatiens parviflora, Mai-
anthemum bifolium,
(Tabelle 2/4, S. 88). Die teilweise günstige Stickstoffversorgung
spiegeln Stickstoffzeiger wie
Rubus fruticosus
agg.
, Rubus idaeus
oder
Sambucus nigra
wider. Jedoch reichen diese Arten durchaus auch bis in Bestände des (Kiefern-)Birken-
Stieleichenwaldes. Dabei kann es sich in den aufgenommenen Beständen um Störungs-
zeiger handeln, was aus den Vegetationsaufnahmen nicht immer hervorgeht. Negativ wird
die Typische AF durch das Fehlen von Feuchtezeigern der
Carex brizoides-
und der
Moli-
nia caerulea
-Gruppe abgegrenzt. Innerhalb der Einheit kann eine Typische Variante von
einer Variante mit
Festuca ovina
trockenerer Standorte unterschieden werden. Zwischen
Zittergrasseggen-Eichen-Buchenwald und Erlen-Stieleichenwald vermittelt die Zitter-
grasseggen-AF des Buchen-Eichenwaldes. Neben vorherrschender
Carex brizoides
sind
weitere Feuchtezeiger mittlerer Standorte wie
Lysimachia vulgaris, Galium saxatile
und
Dryopteris carthusiana
kennzeichnend. Auch Feuchtezeiger basen- und nährstoffärmerer
Standorte wie
Molinia caerulea
und
Frangula alnus
kommen häufig vor, sind stets aber
von untergeordneter Bedeutung. Die Vegetationseinheit ist aktuell nur aus dem Tiefland
belegt. Eine pflanzensoziologische Einordnung dieser Einheit ist schwierig und weder
nach O
BERDORFER (1992) noch nach HÄRDTLE et al. (1997) eindeutig vorzunehmen.
Buchen-Eichenwald in einer
Ausbildung mit dominierender
Zittergras-Segge
(KE 5.1, NSG Gruna)
Foto: B. Walter

61
5.2.3.3.2 (Kiefern-)Birken-Stieleichenwald (KE 5.2 / H2, 3)
Der
Erlen-Stieleichenwald
(VP:
Lysimachio-Quercetum
; KE 5.2.2, Tabelle 2/4, S. 88)
ist potentiell vorwiegend im Tiefland auf grundwasserbeeinflussten, teilweise wasserzü-
gigen Böden (Nassgleye, Anmoorgleye, Niedermoor) auf pleistozänen Sedimenten ver-
breitet. Jedoch kommen Sonderstandorte im Hügelland (z .B. Rossauer Wald) in Betracht.
Bezüglich der Trophie nimmt der Erlen-Stieleichenwald eine vermittelnde Rolle zwi-
schen dem Buchen-Stieleichenwald basen- und nährstoffreicherer Standorte und dem
(Kiefern-)Birken-Stieleichenwald ärmerer Böden ein. Anspruchsvollere Waldarten (z. B.
Oxalis acetosella, Deschampsia cespitosa
) sind stets vertreten. Jedoch tritt auch
Molinia
caerulea
in einigen Beständen mit hoher Artmächtigkeit auf. Insbesondere die hohe Ste-
tigkeit von
Lysimachia vulgaris
weist auf Tendenzen zu den Erlen-Bruchwäldern des
Carici elongatae-Alnetum glutinosae
hin. Wenn die Kennarten der Eichenwälder
(
Deschampsia flexuosa
-Gruppe) zu stark zurücktreten, werden die Bestände als Über-
gänge betrachtet und hier nicht berücksichtigt. Eine Höhenform der Erlen-Stieleichen-
wälder lässt sich auf Grund des Auftretens von
Senecio ovatus
und
Equisetum sylvaticum
in den submontanen Lagen des Erzgebirges (z. B. Tharandter Wald, Struth bei Brand-
Erbisdorf) erkennen. Vereinzelt tritt sogar
Calamagrostis villosa
hinzu. Diese Ausbildung
kann als
Submontaner Fichten-Stieleichenwald
(KE 5.2.4) bezeichnet werden. Ähnlich
wie bei den nassen Ausbildungen des Wollreitgras-Fichtenwaldes auf Stagnogley (siehe
Kap. 5.2.4.1, S. 64) ist nicht auszuschließen, dass ein erhöhter Anteil an Weiß-Tanne
als Baumart der PNV zu berücksichtigen ist. Der
Planare Fichten-(Kiefern-)Stiel-
eichenwald
(auch Wollreitgras-Fichten-Stieleichenwald; KE 5.2.3) tritt vor allem im
Oberlausitzer Tiefland und im Naturraum der Königsbrück-Ruhlander Heiden, insbeson-
dere im Übergang zu Tieflands-Kiefern-Fichtenwäldern, auf. Die Standorte sind ähnlich
nass-quellig, aber ärmer als die des Erlen-Stieleichenwaldes. Neben anorganischen Nass-
standorten werden auch flachgründige, trockengefallene und deshalb hochzersetzte Torf-
lager in Moorrandlagen besiedelt. Die Fichte ist kennzeichnend, stellt jedoch auf Grund
ihres relativ häufigen Vorkommens auch in anderen Einheiten feuchter Standorte keine
gute Differentialart dar. Außerdem werden die Grenzen des natürlichen Auftretens von
Fichte oft von forstlicher Einbringung bzw. Naturverjüngung künstlich begründeter
Bestände überlagert. Wesentlich ist neben Fichte und Stiel-Eiche die Kiefer am Aufbau
der Baumschicht beteiligt. An den vergleichsweise armen Standorten treten in der Boden-
vegetation anspruchsvollere Waldarten mittlerer Standorte nur noch selten auf. Kenn-
zeichnende Besonderheit ist das Vorkommen der in Sachsen vorwiegend montan ver-
breiteten Arten (z. B.
Calamagrostis villosa
) im Tiefland, offensichtlich begünstigt durch
entsprechendes Lokalklima, wobei zumindest stellenweise ein Zusammenhang mit der
Fichtenausbreitung durch die Forstwirtschaft nicht auszuschließen ist. Der Planare Fich-
ten-(Kiefern-)Stieleichenwald wird weiterhin durch
Molinia caerulea
gekennzeichnet,
anspruchsvollere (Wechsel-)Feuchtezeiger wie
Carex brizoides, Lysimachia vulgaris,
Galium saxatile
und
Dryopteris carthusiana
sind ebenfalls stet vertreten, nehmen aber
grundsätzlich eine untergeordneter Bedeutung ein. Der
Pfeifengras-(Kiefern-)Birken-
Stieleichenwald
(VP:
Molinio-Quercetum roboris
; KE 5.2.1) ist potentiell großflächig in
planaren bis kollinen Bereichen der Düben-Dahlener Heide, der Muskauer Heide, des
Riesa-Torgauer Elbtals, des Westlausitzer Hügel- und Berglandes und des Oberlausitzer
Heide- und Teichgebietes, kleinflächig aber auch in der submontanen Stufe des Erzgebir-
ges, verbreitet. Diese Einheit kennzeichnet (wechsel-)feuchte, grundwassernahe und/oder
staufeuchte Standorte auf Podsol-Gley, Gley-Podsol oder Pseudogley-Podsol. Innerhalb
der (Kiefern-) Birken-Stieleichenwälder nimmt sie den basen- und nährstoffärmsten Flü-
gel ein. Anspruchsvollere Waldarten treten lediglich sporadisch auf.
Molinia caerulea
dominiert, während Arten wie
Carex brizoides, Galium saxatile
und
Dryopteris carthusi-

image
62
ana
nur sehr vereinzelt vorkommen. Es lassen sich eine Typische Variante und eine Vari-
ante mit
Pteridium aquilinum
unterscheiden. In letzterer kann der Adlerfarn stellenweise
zur Dominanz gelangen. Diese Untereinheit vermittelt bereits zu den Kiefern-Eichenwäl-
dern trockenerer Standorte.
5.2.3.3.3 Kiefern-Eichenwald (KE 5.3 / P10, 13, 14)
Das potentielle Areal der Kiefern-Eichenwälder umfasst planare Gebiete (Muskauer
Heide, Elsterwerda-Herzberger Elsterniederung, Königsbrück-Ruhlander Heiden, Ober-
lausitzer Schotterzone) ebenso wie kollin-submontane Höhenstufen des Vogtlandes und
Erzgebirges (hier nur lokal) sowie der Sächsischen Schweiz. Charakteristische Standorte
sind grundwasserferne, saure, nährstoff- und basenarme, sandige bis kiesige Böden auf
pleistozänen Sedimenten und Sandstein. Vorherrschende Bodentypen sind Podsole sowie
Ranker (z. B. Felsklippen der Sächsischen Schweiz). Infolge der standörtlichen Gege-
benheiten fehlen in den Kiefern-Eichenwäldern sowohl anspruchsvollere Waldarten als
auch Feuchtezeiger. Die Baumschicht ist vergleichsweise licht aufgebaut. Im Gegensatz
zu den Birken-Stieleichenwäldern wird auf den trockenen, sandigen und sich leicht
erwärmenden Böden der Kiefern-Eichenwälder die Stiel-Eiche oft durch die Trauben-
Eiche ersetzt. In der Krautschicht des Kiefern-Eichenwaldes, der mit dem
Vaccinio vitis-
idaeae-Quercetum
vergleichbar ist, sind azidophytische Zwergsträucher wie
Vaccinium
vitis-idaea, V. myrtillus
und
Calluna vulgaris
vorherrschend (Tabelle 2/4, S. 88). Im
Gegensatz zu H
ÄRDTLE et al. (1997) betrachten wir den Waldreitgras-Traubeneichenwald
nicht als Entsprechung dieser Kartiereinheit, sondern als eine Untereinheit des Kiefern-
Eichenwaldes.
Typische Kiefern-Eichenwälder
(KE 5.3.1) besiedeln grundwasserferne Standorte, vor
allem nährstoffarme Sande des Tieflands, Sandsteinriffe der Sächsischen Schweiz
(S
CHMIDT & LÖFFLER 1994) sowie sandig-kiesige Kuppen der nördlichen Hügellands-
schwelle, des Vogtlandes sowie des westlichen und östlichen Erzgebirgsvorlandes. Inner-
Pfeifengras-(Kiefern-)Birken-
Stieleichenwald bei Kleinschirma
westlich Freiberg (KE 5.2.1)
Foto: D. Wendel

image
63
halb des Typischen Kiefern-Eichenwaldes, der durch die oben beschriebenen Merkmale
des Kiefern-Eichenwaldes geprägt wird, sind drei Untereinheiten zu unterscheiden. Eine
Variante mit
Pteridium aquilinum
stellt den Übergang zum Pfeifengras-(Kiefern-)Birken-
Stieleichenwald dar. Wechselfeuchte Tendenzen sind noch erkennbar, jedoch bleiben
Feuchtezeiger aus. In der kennartenarmen Variante fehlt
Vaccinium vitis-idaea
, dagegen
nimmt
Calluna vulgaris
häufig eine dominante Rolle ein (z. B. an Felshängen in den
Durchbruchstälern des Hügel- und unteren Berglandes), was Ausdruck einer geringen
Basen-, Stickstoff- und Wasserversorgung ist. Die Typische Variante mit
Vaccinium vitis-
idaea
folgt einem Gradienten zunehmender Kontinentalität innerhalb der Kiefern-Eichen-
wälder. Neben der Preiselbeere ist das Moos
Pleurozium schreberi
kennzeichnend. In sub-
montanen Beständen des Typischen Kiefern-Eichenwaldes kann die Höhenkiefer (
Pinus
sylvestris var. hercynica
) vertreten sein (z. B. im Vogtland). Der
Waldreitgras-Kiefern-
Traubeneichenwald
(VP:
Calamagrostio arundinaceae-Quercetum
; KE 5.3.2) wird als
subkontinental verbreitete Untereinheit trophisch besserer Standorte aufgefasst. Er besie-
delt besonders die Hochflächen des Altpleistozäns um Weißwasser und Bad Muskau, wei-
tere lokale Vorkommen befinden sich ebenfalls im Oberlausitzer Tiefland. Von der gün-
stigeren Nährstoffversorgung zeugen anspruchsvollere Waldarten wie
Calamagrostis
arundinacea
(stellenweise dominierend)
, Carex pilulifera
und
Maianthemum bifolium
.
Calamagrostis arundinacea
und
Scorzonera humilis
unterstreichen den subkontinentalen
Charakter. An sonnenexponierten und flachgründigen Standorten der Hochfläche des Alt-
pleistozäns um Weißwasser siedelt der
Berghaarstrang-Kiefern-Traubeneichenwald
(KE 5.3.3), der als Untereinheit des Waldreitgras-Kiefern-Traubeneichenwaldes auf
wärmegetönten Sonderstandorten aufgefasst werden kann. Dies kommt im zusätzlichen
Auftreten thermophiler Arten wie
Anthericum ramosum
und
Peucedanum oreoselinum
zum Ausdruck. Ebenfalls an sonnenexponierten Standorten, jedoch auf nährstoffärmeren
Dünensanden, siedelt der Schafschwingel-Kiefern-Eichenwald.
Er ist anhand des vorlie-
genden Aufnahmematerials für den Dresdener Raum belegbar, wurde jedoch nicht aus-
kartiert (SCHMIDT et al. 2000a). Die Krautschicht der lichten Bestände wird von Vertretern
der Silikat-Magerrasen wie
Festuca ovina, F. brevipila, Hypochoeris radicata, Cory-
nephorus canescens
und
Hieracium pilosella
gekennzeichnet. Vereinzelte Vorkommen
von
Campanula rotundifolia
weisen auf die Nähe zum Färberginster-Traubeneichenwald,
dessen Kennarten wie
Hieracium sabaudum
oder
Luzula luzuloides
fehlen jedoch völlig.
5.2.3.3.4 Färberginster-Traubeneichenwald (KE 5.4 / J11)
Färberginster-Traubeneichenwälder (Tabelle 2/4, S. 88) besiedeln potentiell südexpo-
nierte, flachgründige Felsgrate, Hangschultern, Felsrippen und Schuttflächen im Bereich
von Durchbruchstälern der Mittelgebirge und ihrer Vorländer in Mittel- und Ostsachsen
sowie im Vogtland. Insbesondere Flusstalsteilhänge entlang der erzgebirgischen Flüsse
bis auf ca. 600 m ü. NN sind typische Wuchsorte, wo auch aktuell derartige Wälder anzu-
treffen sind. Es handelt sich um eine subkontinentale Vegetationseinheit trocken-warmer
Böden, deren Nährstoff- und Basenversorgung arm bis mäßig ist. Ranker oder Podsol-
Braunerden bilden die Hauptbodentypen über Silikatgestein oder Diabas. Der Färbergin-
ster-Traubeneichenwald, der dem
Genisto tinctoriae-Quercetum petraeae
bzw. dem
Luzulo-Quercetum
entspricht, wird von
Campanula rotundifolia, Genista germanica,
G. tinctoria
und
Cytisus scoparius
(Strauchschicht) sowie
Hieracium murorum
gekenn-
zeichnet, die jedoch teilweise nur geringe Stetigkeiten und Artmächtigkeiten aufweisen.
Dagegen hebt er sich gegenüber anderen Eichenwäldern recht gut durch
Luzula luzuloi-
des
und die Habichtskräuter
Hieracium sabaudum
und
H. lachenalii
ab. Des Weiteren
treten in der meist lückigen Krautschicht dieser schlechtwüchsigen Eichenwälder Arten
Waldreitgras-Kiefern-Trauben-
eichenwald in der Muskauer
Heide (KE 5.3.2)
Foto: D. Wendel

image
64
bodensaurer Magerrasen wie
Festuca ovina, Rumex acetosella, Hieracium pilosella
und
Polytrichum piliferum
auf.
Die Verbreitung des
Typischen Färberginster-Traubeneichenwaldes
(KE 5.4.1), dem
thermophile Arten fehlen, reicht bis ins Bergland. Nur an besonders wärmebegünstigten
Standorten wird der Färberginster-Traubeneichenwald in der Krautschicht durch thermo-
phile Arten wie
Vincetoxicum hirundinaria
,
Silene nutans, Anthericum liliago, Campa-
nula persicifolia
und
Silene viscaria
bereichert. In diesem
Thermophilen Färberginster-
Traubeneichenwald
(KE 5.4.2) kann
Cytisus nigricans
sporadisch auftreten.
Stellenweise nimmt
Calamagrostis arundinacea
hohe Deckungswerte ein und deutet auf
eine günstigere Nährstoffversorgung hin.
5.2.4 Fichtenwälder und Tannen-Fichtenwälder
5.2.4.1
Wollreitgras-Fichtenwald (KE 6.1 / S10, 22)
Der Wollreitgras-Fichtenwald (VP:
Calamagrostio villosae-Piceetum
) ist charakteristisch
für die hochmontanen Lagen der subkontinental getönten herzynischen Gebirge. In Sach-
sen hat er seinen Verbreitungsschwerpunkt im Erzgebirge oberhalb 850 bis 900 m ü. NN
bei Jahresmitteltemperaturen < 5 °C und Niederschlägen > 1000 mm bis zu 1400 mm je
Jahr. In Frostwannen, auf Stagnogleyen und (An-)Mooren kann er noch in submontanen,
in der Lausitz sogar planaren Bereichen auftreten. Sein Flächenanteil würde etwa 1 %
betragen. Da Fichtenwälder in der hochmontanen Stufe aus klimatischen Gründen ein
breites Spektrum an Standortstypen für sich allein beanspruchen können und zusätzlich
nach Höhenstufen differenziert sind, ist für diesen in Sachsen relativ kleinflächig ver-
breiteten Waldtyp eine beträchtliche Anzahl von Untereinheiten zu unterscheiden (vgl.
REINHOLD 1939, SCHRETZENMAYR et al. 1965, KRAUSE 1998). Zur allgemein dominieren-
den Fichte können sich auf einigen Standorten in größeren Anteilen Eberesche und Wald-
Kiefer gesellen. Da reichere Grundgesteine im Areal der Fichtenwälder fehlen, sind Säu-
rezeiger wie
Deschampsia flexuosa
und
Vaccinium myrtillus
immer prägend. Arten der
Buchenwaldstufen (
Senecio ovatus, Prenanthes purpurea, Luzula luzuloides
) kommen
nur noch selten vor. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass
Senecio ovatus
durch Kom-
pensationsdüngungen (Maßnahme gegen die immissionsbedingte Bodenversauerung,
z. B. am Fichtelberg) gegenwärtig künstlich stark gefördert wird.
Fichtenwälder terrestrischer Standorte existieren nur in den Kammlagen auf ± exponier-
ten Standorten. Die Fichte herrscht weitgehend allein. Die Bodenvegetation des
Typi-
schen Wollreitgras-Fichtenwaldes
(KE 6.1.1) wird von frischeliebenden Arten wie
Calamagrostis villosa, Trientalis europaea, Plagiothecium undulatum,
seltener
Bazzania
trilobata, Barbilophozia floerkei
und
Homogyne alpina
gebildet (Tabelle 2/5, S. 91),
wobei erstgenannte Art häufig faziesbildend ist. In den Gipfellagen von Fichtel- und Kah-
leberg nehmen klimatische Exposition und Flachgründigkeit der Böden derart zu, dass
sich die Bestände stark auflichten und kleinwüchsig bleiben (ca. 10 bis 15 m). Unter die-
sen Bedingungen ist die Eberesche als Lichtbaumart mit höheren Anteilen am Bestan-
desaufbau beteiligt und stößt bis in die obere Baumschicht vor.
Athyrium distentifolium
kann aspektprägend werden,
Homogyne alpina
ist steter Begleiter. Immissions- und dün-
gungsbedingt existieren heute kaum noch belegbare Vorkommen dieses
Ebereschen-
Fichtenwaldes
(KE 6.1.3). Blockböden und flachgründige Ranker besiedelt der
Heidel-
beer-Fichtenwald
(KE 6.1.2). Die etwas anspruchsvolle
Calamagrostis villosa
tritt hier
zurück,
Vaccinium myrtillus
breitet sich flächig aus.
Typischer Färberginster-
Traubeneichenwald im NSG
Weißeritztalhänge (KE 5.4.1)
Foto: D. Wendel

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65
Auf mineralischen Nassstandorten ist
Calamagrostis villosa
meist hochdominant und
wird von Torfmoosen begleitet. Sickernasse Mulden und Bachtälchen sind Standorte des
Farn-Fichtenwaldes
(KE 6.1.4). Farne (
Athyrium filix-femina, Dryopteris dilatata
),
Luzula sylvatica, Maianthemum bifolium
und
Oxalis acetosella
prägen das Bild. Die gute
Trophie könnte die klimatische Ungunst ausgleichen und damit Vorposten der Buche
ermöglichen, würde nicht Nässe als Ausschlussfaktor wirken. Subalpine Hochstauden wie
Rumex alpestris, Cicerbita alpina, Athyrium distentifolium, Senecio nemorensis
kenn-
zeichnen eine nasse, reiche Variante (SCHMIDT et al. 2001a), die auch als Hochmontaner
Bergahorn-Fichtenwald bezeichnet wird, bei der Kartierung aber nicht getrennt erfasst
werden konnte. Sie hat ihren Schwerpunkt im Fichtelberggebiet. Verbreiteter ist der
Rasenschmielen-Fichtenwald
(KE 6.1.6), der staunasse, flache Mulden mit z. T. stag-
nierendem Bodenwasser einnimmt. Stärkere Bodennässe wird von Torfmoosen,
Deschampsia cespitosa, Carex canescens, Juncus effusus
und
Agrostis stolonifera
ange-
zeigt. Eine Ausprägung reicher, leicht quelliger Standorte
mit
Stellaria nemorum
tendiert
zu vorgenannter AF. Farne treten jedoch gegenüber Nässezeigern zurück. Inwieweit die
Tanne hier potentiell natürlicherweise einen höheren Anteil hätte, ist anhand aktueller
Waldbestände nicht mehr zu klären (siehe Kap. 5.2.4.2, S. 66), Übergänge zu Tannen-
wäldern sind möglich. Dauernasse, anmoorige Standorte besiedelt der zu den Bruchwäl-
dern übergehende
Waldschachtelhalm-Fichtenwald
(KE 6.1.7), der bis in submontane
Lagen hinabsteigt.
Equisetum sylvaticum
und
Viola palustris
sind anspruchsvollere Näs-
sezeiger. Torfmoose wie
Sphagnum fallax
sowie
Polytrichum commune
nehmen zu. An
kleinflächig, aber regelmäßig eingelagerten Quellzonen ist die Fichte nicht mehr dauer-
haft standfest und lässt das Eindringen von Birke und, vor allem in submontanen Lagen,
von Wald-Kiefer zu. Das mögliche Vorkommen der Erle an diesen Quellen wurde je nach
Humusauflage durch eigene Komplexeinheiten (KE 6.1/11.4, 6.1/8.3.3) angedeutet, ist
aber nur selten belegt (NSG Hermannsdorfer Wiesen). Geringmächtige Torfstandorte,
deren Bodenwasser noch mit nährstoffreichem Grundgestein in Kontakt steht, sind Vor-
aussetzung für die Ausbildung eines
Torfmoos-Fichtenwaldes
(KE 6.1.5). Die meisten
Nässezeiger sind relativ anspruchslose Arten (
Molinia caerulea, Carex nigra, Sphagnum
fallax, S. girgensohnii, Polytrichum commune
). Die Moosschicht ist gut ausgebildet
(>10 %). Eine Variante mit
Eriophorum vaginatum, Sphagnum russowii
und
S. capillifo-
lium
vermittelt zum Fichten-Moorwald. Reichere und stärker durchnässte Standorte besie-
delt der Seggen-Fichtenwald (VA siehe SCHMIDT et al. 2001). Er konnte wegen Klein-
flächigkeit zwar nicht kartiert werden, ist aber für Versumpfungsprozesse in
Fichtenwäldern, vor allem des Vogtlandes, ebenso wie für die Laggzonen der Regen-
moore, sehr charakteristisch und leitet nicht selten zu offenen Zwischenmooren über.
Auch er ist Bestandteil einer Komplexeinheit (6.1/0.2.1). Durch den hohen Anteil an
Wald-Kiefer und die häufig absolute Dominanz von
Molinia caerulea
hat der in den unte-
ren Berglagen vorkommende
Submontane Pfeifengras-(Kiefern-)Fichtenwald
(KE 6.1.8) ein eigenes Gepräge. Er vermittelt zwischen der Torfmoos-Ausbildungsform
der montanen Lagen und den nassen Ausbildungen des Planaren Tieflands-Kiefern-Fich-
tenwaldes. Hochstet und dominant ist
Sphagnum fallax
. Die nässebedingt aufgelichtete
Baumschicht, das Vorkommen von
Drosera rotundifolia, Eriophorum angustifolium
sowie einem vermutlichen Hybridexemplar von Wald- und Moor-Kiefer (historisch hier
auch
Eriophorum vaginatum, Vaccinium oxycoccos
) stellen die Vorkommen einer
Seggen-Variante (VA siehe SCHMIDT et al. 2001) im Tharandter Wald den Moorwäldern
nahe. Auf moorigen, frostreichen Standorten im Lausitzer Tiefland kommt der
Tieflands-
Kiefern-Fichtenwald
(KE 6.1.9, vgl. GROßER 1954, HEMPEL 1983) vor. Ähnlich wie in
den submontanen Lagen ist neben der Fichte, deren Anteil vermutlich forstlich gefördert
wurde, die Wald-Kiefer häufig. Die hochsteten Moose
Hypnum cupressiforme
und
Pleurozium schreberi
sowie
Calamagrostis villosa
und
Trientalis europaea
sind Eigen-
Schuttreiche Böden am Kahleberg
(900 m ü. NN) wurden im Jahr
1961 noch vom Heidelbeer-
Fichtenwald (KE 6.1.2) besiedelt;
Immissionsschäden der 80er Jahre
haben von den Beständen nichts
übrig gelassen.
Foto: G. Weise

image
66
heiten dieses sächsischen Waldtyps, einer syntaxonomisch noch einzuordnenden Höhen-
form der planaren Stufe. Häufig werden degenerierte Moore besiedelt. Eine Sumpfporst-
AF mit
Ledum palustre
und
Erica tetralix
dürfte auf trockengefallenen Armmooren aus
Beständen des
Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris
(siehe Kap. 5.2.7.2, S. 76) hervor-
gegangen sein. Sie könnte analog dem montanen Fichten-Moorwald eingestuft werden,
war aber nicht auskartierbar und wurde deshalb als Kartiereinheit nicht abgetrennt. Ent-
wässerte Zwischenmoore besiedelt eine Sauerklee-AF, in der
Lysimachia vulgaris,
Sphagnum fimbriatum
und selten
Calamagrostis canescens
an ehemalige Erlen-Moorbir-
ken-Bruchwälder erinnern. Wesentlich verbreiteter ist die negativ charakterisierte ty-
pische AF.
Eine Adlerfarn-AF dürfte bereits zum Planaren Fichten-(Kiefern-)Stielei-
chenwald mit
Calamagrostis villosa
(KE 5.2.3; siehe Kap. 5.2.3.3.2, S. 61) überleiten.
5.2.4.2
(Tannen-Kiefern-)Fichtenwald (KE 6.2 / R1)
Vorkommen von buchenfreien Tannenwäldern in Sachsen bis in das 16. Jh. (REINHOLD
o.J.) sind durch archivalische Untersuchungen gut belegt. Ihren Verbreitungsschwerpunkt
hatten Tannenwälder vor allem in den Leegebieten des Vogtlandes und auf den armen
Grundgesteinen des Westerzgebirges. Nutzung, künstliche Begründung von Fichten- und
Kiefern-Altersklassenwäldern mit Kahlschlagbetrieb, Wildverbiss und Immissionen
haben innerhalb zweier Jahrhunderte zum weitgehenden Verschwinden der Tanne geführt
(heute werden nur noch ca. 2000 Altbäume in Sachsen gezählt). Bereits die
K
ÄSTNER´schen Aufnahmen von 1939 (VA 6-9, 18-35 in S
CHMIDT et al. 2001a) des oft als
Kiefern-Tannenwald bezeichneten
Abieti-Pinetum hercyniae
Reinh. 44 enthalten kaum
noch diese Baumart. Vergleichbare Bestände mit Höhenkiefer und Fichte sind auf ent-
sprechenden Standorten in den o. g. Naturräumen jedoch bis heute anzutreffen. Proble-
matisch ist die Einschätzung derartiger Standorte bezüglich der Buchenfeindlichkeit, eine
Voraussetzung für die Prognose von Tannenwäldern. Wahrscheinlich handelt es sich um
eine Kombination mehrerer ungünstiger Faktoren: rauhes, frostreiches Klima; schluffrei-
che und damit wechseltrockene, sehr flachgründige, feinerdearme und damit trockene
sowie nasse, nicht zu arme mineralische Böden. Diese Standortstypen finden sich auf
schwer verwitterbaren Quarziten und quarzithaltigen Phylliten um Adorf, Klingenthal
oder Kottenheide. Überlagert wird die Situation durch eine langanhaltende Degradation
der Böden, insbesondere durch frühere Streuentnahme. Aussagen zu den schwer ver-
änderlichen Stammeigenschaften des Standortes sind jedoch unsicher. Aus diesen Grün-
den wurde eine provisorische Kartiereinheit, der
(Tannen-Kiefern-)Fichtenwald
(VP:
Vaccinio-Abietetum
; KE 6.2), abgegrenzt. Wald-Kiefer, Tanne und Fichte sind
Hauptbaumarten. Nährstoffarmut und Trockenheit bewirken, dass
Calamagrostis villosa,
Galium saxatile, Trientalis europaea
und Farne weitestgehend ausfallen. Dagegen treten
neben
Vaccinium myrtillus
trockenheitszeigende bzw. konkurrenzschwache Arten wie
Vaccinium vitis-idaea, Calluna vulgaris, Cetraria islandica, Cladonia rangiferina,
Dicranum scoparium, Pleurozium schreberi
und
Hypnum jutlandicum
z. T. mit hohen
Deckungsgraden stark hervor (Tabelle 2/5, S. 91). Staunasse Böden werden durch eine
Variante mit
Molinia caerulea
und Torfmoosen besiedelt. Insgesamt vermittelt die Arten-
struktur mehr zum Vogtländischen bodensauren Schneeheide-Kiefernwald als zum Woll-
reitgras-Fichtenwald (vgl. Anlage 9/10, VA 70-87 & Anlage 9/9, VA 6-35 in S
CHMIDT et
al. 2001a).
Tieflands-Kiefern-Fichtenwald
(KE 6.1.9) bei Weißwasser
Foto: B. Walter

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67
5.2.5 Zwergstrauch- oder moosreiche
Kiefernwälder
5.2.5.1
Zwergstrauch- oder moosreicher Kiefernwald (KE 7.1 / P21)
Extrem nährstoff- und humusarme, meist auch sehr trockene Standorte sind typisch für
den
Zwergstrauch- oder moosreichen Kiefernwald
(VP:
Leucobryo-Pinetum
; KE 7.1)
.
Großflächig sind diese Bedingungen nur auf den mehrere Meter mächtigen Dünensand-
zügen des ostsächsischen Tieflandes vorzufinden, vor allem in der Muskauer Heide.
Kleinflächig klingen sie, wenn auch nicht so ausgeprägt, im Hügel- und Bergland (Säch-
sische Schweiz, Vogtland) an. Etwa 0,5 % der Landesfläche würden von zwergstrauch-
reichen Kiefernwäldern eingenommen. Vorherrschende Baumart ist die Wald-Kiefer, die
auf Grund der geringen Nährstoffversorgung geringwüchsig, oft schlecht geformt ist und
nur lichte Bestände bildet. Die Bodenvegetation ist ausgesprochen moos- und flechten-
reich. Sie wird überwiegend von sehr anspruchslosen und konkurrenzschwachen Arten
gebildet, neben Moosen und Flechten (
Pleurozium schreberi, Dicranum spurium, Clado-
nia rangiferina, C. arbuscula, C. furcata)
von Zwergsträuchern
(Calluna vulgaris, Vac-
cinium vitis-idaea, V. myrtillus
, Tabelle 2/6, S. 93).
In den Beständen des Tieflandes ist diese Artenstruktur besonders charakteristisch ausge-
prägt. Von dem
Typischen Zwergstrauch-Kiefernwald
(KE 7.1.1), der hier anteilig vor-
herrscht, lässt sich eine flechtenreiche Ausprägung dieses Kiefernwaldes auf Rohböden
unterscheiden. Stark kontrastiert dazu der durch hohe Grundwasserstände bei gleich-
zeitiger Nährstoffarmut geprägte
Pfeifengras-Kiefernwald
(KE 7.1.2), der mit
Ledum
palustre, Sphagnum capillifolium
und
Vaccinium uliginosum
zum
Vaccinio uliginosi-
Pinetum sylvestris
(siehe Kap. 5.2.7.2, S. 76) überleitet.
Die Kiefernwälder wurden besonders im Tiefland durch Streunutzung bis in die 1950er
Jahre stark gefördert. Inhaltliche und flächenmäßige Abgrenzung zu den ähnlich charak-
terisierten Kiefern-Eichenwäldern sind nicht immer eindeutig, zumal nach Aufgabe der
Streunutzung verbreitet eine Regradation der Standorte stattfindet und auch Immissionen
zur Nährstoffaufbesserung des Bodens führen. Kriterien für die Kartierung im Tiefland
sind die Schwachwüchsigkeit der Kiefer (als Ausdruck geringen Nährstoffangebotes),
geringe Dominanzwerte und Wüchsigkeit von
Vaccinium myrtillus,
verminderte Stetig-
keit von
Deschampsia flexuosa
und Fehlen anspruchsvollerer Arten wie
Agrostis stoloni-
fera
oder
Carex pilulifera
. Hohe Deckungsgrade von
Calluna vulgaris
können ehemalige
Streunutzungen anzeigen.
Typischer Zwergstrauch-Kiefern-
wald in der Muskauer
Heide (KE 7.1.1)
Foto: D. Wendel

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68
Im Mittelgebirge kommen nur wenige Bereiche für Kiefernwälder in Frage, da hier die
Bodentrockenheit durch das Klima und die Nährstoffarmut durch aufgewehte Löße
ausgeglichen wird. Standorte finden sich auf den erosionsgeprägten Sandsteinriffen der
Sächsischen Schweiz und den Quarzitrücken des Vogtlandes. Im Vogtland tritt ein
Bodensaurer Schneeheide-Kiefernwald
(KE 7.1.4) auf, der eine Ausprägung des
Zwergstrauch-Kiefernwaldes (
Leucobryo-Pinion
) darstellt und nicht zu den eigentlichen
Schneeheide-Kiefernwäldern (
Erico-Pinion
) gehört. In der lichten Krautschicht aus o. g.
Säurezeigern kommen teils aspektbildend
Cladonia arbuscula, Cetraria islandica
und
Erica carnea
vor. Eine sehr lichte Baumschicht, der sich Eberesche und Birke beigesel-
len, kennzeichnet die Ausbildungsform des
Kiefern-Felswaldes
(KE 7.1.3) in der Säch-
sischen Schweiz. Die Bodenbildung auf den Sandsteinklippen ist hier nur minimal fort-
geschritten, da der Bodenabtrag die Verwitterung weit überwiegt. Die Bodenvegetation
ist spärlich entwickelt (
Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea,
in Spalten etwas
Deschamp-
sia flexuosa
;
Pohlia nutans
in der Moosschicht). Auf frischen Standorten kann
Pteridium
aquilinum
zur Dominanz gelangen, bis letztlich in den sickerfeuchten, teilweise anmoo-
rigen Rinnen der Schluchten – für kollin-submontane Lagen ungewöhnlich –
Ledum
palustre
als Nässezeiger auftritt (VA in S
CHMIDT et al. 2001a). Weitere Besonderheiten
sind
Empetrum nigrum, Trientalis europaea
und
Bazzania trilobata
(letztere zeigen kühl-
feuchtes Lokalklima an). Sumpf-Porst und Krähenbeere als Relikte der spätglazialen
Zwergstrauchvegetation wurden im Zuge der Wiederbewaldung im Postglazial zu Kie-
fernwald-Elementen.
5.2.5.2
Subkontinentaler Steppen-Kiefernwald (KE 7.2 / P3)
Durch etwas höheren Basengehalt sind die Standorte des subkontinental verbreiteten
Steppen-Kiefernwaldes
(VP:
Pyrolo-
oder
Peucedano-Pinetum
; KE 7.2, Tabelle 2/6,
S. 93) gekennzeichnet. Die sächsischen Vorkommen sind sehr kleinflächige, an typischen
Arten verarmte Vorposten bzw. Relikte, die nur im Osten der Lausitz auftreten.
Pyrola
chlorantha, Chimaphila umbellata, Moneses uniflora, Orthilia secunda, Peucedanum
oreoselinum
,
Anthericum ramosum
heben die Waldgesellschaft deutlich von der zuvor
beschriebenen ab. Die drei erstgenannten Arten haben in Sachsen hier ihren Verbrei-
tungsschwerpunkt (H
ARDTKE & IHL 2000). Der restliche Artenbestand mit Zwergsträu-
chern und Moosschicht ähnelt dem
Leucobryo-Pinetum
.
5.2.5.3
Serpentin-Kiefernwald (KE 7.3 / P4)
Unter den verschiedenen Ausprägungen der Kiefernwälder fällt ein über Serpentin-
Gestein vorkommender
„Serpentin-Kiefernwald“
(KE 7.3, Tabelle 2/6, S. 93) durch
eine sehr eigenständige Artenstruktur auf, die so in kaum einer zweiten sächsischen Wald-
gesellschaft anklingen dürfte. Ursache sind die chemischen Eigenschaften des Serpentins,
eines ultrabasischen, schwermetallhaltigen Tiefengesteins. Bodenanalysen von H
ÖHNE
(1978) belegen hohe Gehalte an Magnesium (ca. 9 %), Eisen und Mangan, zugleich aber
geringe Gehalte an Calcium und Kalium. Größere Mengen an möglicherweise toxisch
wirkendem Chrom, Nickel und Kobalt sind enthalten. In Kuppen- und Oberhanglagen
sind die Böden bei geringer Decklehmauflage trocken und flachgründig, in Mulden dage-
gen nass, so dass die Waldgesellschaft ein breites Standortsspektrum besiedelt.
Die Serpentinvorkommen befinden sich meist in hochkollinen Lagen, einem noch
buchenfreundlichem Klima. In nassen Bereichen dürfte aber die Buche potentiell nicht
Kiefern-Felswald im NLP
Sächsische Schweiz (KE 7.1.3)
Foto: P. A. Schmidt

image
69
vorkommen. Trockenere Bereiche würden bei gutem Basenangebot auf das Vorkommen
buchenfähiger Standorte schließen lassen. Der Gesteinschemismus macht die Böden
jedoch zu Sonderstandorten, auf denen die Wald-Kiefer dominiert, dagegen Buche sehr
selten und Stiel-Eiche nur untergeordnet beigemischt sind. Bei etwas stärkerer Deck-
lehmauflage werden die Gesteinseigenschaften dagegen abgepuffert. Hier besiedelt die
Buche selbst pseudovergleyte Standorte. Dass – im Vergleich zu den typischen Kiefern-
waldstandorten – nährstoffreichere Böden besiedelt werden, zeigen Dominanz und
Stetigkeit von
Calamagrostis arundinacea, Dryopteris filix-mas, Brachypodium pinna-
tum, Carex cespitosa
und
Silene vulgaris
. Diese Arten sind in einer ganz eigentümlichen
Weise mit anspruchslosen Arten wie
Pteridium aquilinum, Molinia caerulea, Vaccinium
myrtillus, V. vitis-idaea
und (weniger)
Calluna vulgaris
sowie
Festuca ovina
vergesell-
schaftet. Sehr selten in Sachsen ist der an Serpentin gebundene
Asplenium cuneifolium
und die basenreiche Moore besiedelnde
Carex cespitosa
(Verbreitung vgl. H
ARDTKE &
IHL 2000). Zu den – hinsichtlich Höhenlage und Naturraum – Eigentümlichkeiten gehören
Trientalis europaea
(hochmontaner Schwerpunkt) und
Polygala vulgaris
(lichtbedürftig).
Die hohe Stetigkeit von
Molinia caerulea
in gering vernässten Bereichen fällt auf (glei-
ches ist auf den schwermetallreichen, steil geneigten und unvernässten Kippen der Frei-
berger Montanindustrie zu beobachten)
.
Interessant sind Blattanalysen von HÖHNE
(1978). Sie belegen, dass Wald-Kiefer,
Asplenium cuneifolium
und
Silene vulgaris
als
charakteristische Arten der Gesellschaft besonders wenig Mangan in den Blättern enthal-
ten, Stiel-Eiche und Buche dagegen besonders viel. Kaliumarmut (besonders bei Buche
und Eiche) und Phosphorarmut sowie Magnesiumüberangebot (Ca/Mg-Antagonismus,
durch den die mangelhafte Calciumversorgung zusätzlich verschlechtert wird) – für viele
Arten mithin ein Nährelementemangel – scheinen typische Standortseigenschaften zu sein.
Die aktuellen Bestände des Oberwaldes bei Hohenstein-Ernstthal wurden von I
RMSCHER
(2000) als
Querco-Pinetum serpentinicum
neu beschrieben. Waldgesellschaften auf ver-
gleichbaren Standorten wurden u. a. aus Österreich bekannt (M
UCINA et al. 1993, z. B.
Festuco ovinae-Pinetum
innerhalb des
Dicrano-Pinion
). Es muss offen bleiben, ob es sich
in Sachsen tatsächlich um Standorte handelt, auf denen nicht nur aktuell die Kiefer vor-
herrscht oder als PNV (Kiefern-)Stieleichenwälder anzunehmen sind.
5.2.6 Auen- und Niederungswälder
Alluvionen der Bäche und Flüsse sind hinsichtlich ihres Reliefs oft stark und kleinflächig
strukturierte Standortsbereiche mit einer hohen Vielfalt an natürlichen Pflanzengesell-
schaften. Wassergeprägte azonale Waldgesellschaften dominieren, daneben können aber
auch Edellaubbaumwälder, Hainbuchen-Eichenwälder und sogar feuchte Buchenwälder
höhere Flächenanteile erlangen. Diese Begleitgesellschaften wurden nur selten auskartiert
und auf Grund ihrer Vielfalt im Namen der Kartiereinheiten nicht berücksichtigt.
5.2.6.1
Erlen-Eschen-Auen-, Quell- und Niederungswälder (KE 8 / E2, 3)
Entlang von Fließgewässern, im Umfeld von Quellen und in Talweitungen mit hohem
Grundwasserstand kommen von Schwarz-Erle und Esche geprägte Waldbestände vor. Oft
sind sie galerieartig und kleinflächig ausgebildet, nur in den Niederungen der Großen
Röder erreichen sie beträchtliche Ausdehnung. Die Böden sind mehr oder weniger stark
vergleyt und je nach Sauerstoffgehalt des Wassers, vor allem bei stagnierendem Grund-
Keilblättriger Serpentin-Streifen-
farn (Asplenium cuneifolium),
eine Art sächsischer
Serpentinstandorte
Foto: P. A. Schmidt

image
70
wasser, auch anmoorig. Etwa 6 % der Landesfläche Sachsens würden potentiell von
diesen Auen-, Quell- und Niederungswäldern eingenommen. Alle hierzu gehörigen Wald-
gesellschaften sind durch eine Artengruppe verbunden, die überwiegend frische bis nasse,
z. T. kräftige Standorte anzeigt, und Arten wie
Deschampsia cespitosa, Festuca gigantea,
Anemone nemorosa, Filipendula ulmaria, Athyrium filix-femina
oder
Oxalis acetosella
(z. T. auch
Phalaris arundinacea;
Tabelle 2/7, S. 95) umfasst. Auffällig ist, wie auch bei
feuchten Ausbildungen zonaler Vegetationseinheiten (siehe Buchen- und Eichen-
mischwälder), die hohe Stetigkeit, z. T. auch Dominanz, von
Carex brizoides.
Der
Hainmieren-Schwarzerlen-Bachwald
(VP:
Stellario-Alnetum
; KE 8.1) besiedelt
Ufer und Schwemmbereiche schnellfließender und damit sauerstoffreicher Bäche im
Hügel- und Bergland. Episodische Hochwasser sind meist von kurzer Dauer, führen aber
zu Überflutungen mit einer u. U. beträchtlichen umgestaltenden Kraft (Müglitztal 1897,
1927, 1957, Tal der Roten Pockau 1998). Trotz Begradigung und biologisch-technischem
Uferverbau sind die Standorte langfristig sehr dynamisch. Bodenumlagerungen erzeugen
verschiedenste Sedimentgemische aus schluffigem, grusigem und steinigem Material,
auch ausgedehnte Schotterbänke können sich bilden. Vor allem die Erle als tiefwurzelnde,
dickborkige Baumart verträgt die mechanischen Belastungen starker Hochwasser. In
einem besonderen Maße unterliegen die Arten der Bodenvegetation diesen Überformun-
gen. Die kennzeichnenden Arten sind überwiegend konkurrenzstarke und hochwüchsige
Elemente der Uferstaudenfluren mit Wurzelausläufern bzw. Geophyten (
Petasites hybri-
dus
,
Aegopodium podagraria, Lamium maculatum
,
Silene dioica, Stellaria nemorum;
Tabelle 2/7, S. 95). Von dem
Typischen Hainmieren-Schwarzerlen-Bachwald
(KE 8.1.1) lässt sich auf kühlen, luftfeuchten Standorten ein Rauhhaarkälberkropf-Hain-
mieren-Schwarzerlen-Bachwald
abtrennen, in dem zusätzlich
Chaerophyllum hirsutum,
Aruncus dioicus, Bistorta officinalis und Cardaminopsis halleri
(Letztere nur regional)
vorkommen. Er hat einen montanen Verbreitungsschwerpunkt, tritt aber in Engtälern auch
in tiefen Lagen auf, so dass eine kartographische Trennung von der typischen Ausbil-
dungsform nicht möglich ist. Das Vorkommen einer an
Cardaminopsis halleri
reichen
Ausprägung ist entsprechend der Verbreitung dieser Art (B
ENKERT et al. 1996; HAEUPLER
& SCHÖNFELDER 1989) eine Besonderheit Sachsens. Sie kann innerhalb Deutschlands nur
noch in wenigen Mittelgebirgen (Harz, Frankenwald, Bayerischer Wald, eventuell West-
falen) erwartet werden. Nicht auskartierbar war eine verbreitet auftretende Variante
quelliger Bachauenstandorte, im Vogtland z. T. durch
Equisetum sylvaticum
(vgl. KRETZ-
SCHMAR 2001, SCHMIDT et al. 2001a) gekennzeichnet. Im hochmontanen Bereich leitet der
Fichten-Schwarzerlen-Bachwald
(KE 8.1.2) zum Ahorn-Fichtenwald über. Arten wie
Luzula sylvatica,
oder
Trientalis europaea
und teilweise Dominanz von
Calamagrostis
villosa
spiegeln das rauhe Klima wider. Anspruchsvollere Arten treten zurück, da die Ein-
zugsgebiete basenarm und zugleich klein sind. Naturnahe Erlenbestände kommen in
dieser Höhenlage sehr selten vor. Werden Grundwasserstand und Hochwasserintensität
durch Sedimentation und nachfolgende Reliefaufhöhung geringer, können sich je nach
Höhenlage verstärkt verschiedene Edellaubbaumarten (Berg-Ahorn, Esche, Winter-
Linde) und Hainbuche (z. T. auch Buche) etablieren und die Erle zurückdrängen. Es
bilden sich Bestände des Waldziest-Hainbuchen-Stieleichenwaldes oder Ahorn-Eschen-
Hangfuß- und Gründchenwaldes (Näheres siehe Kap. 5.2.8, S. 78 ff.) aus. Regional wurde
diese Entwicklung durch Anlage großer Talsperren (insbesondere Osterzgebirge) sowie
Bachbegradigungen und -eintiefung gefördert. Auffallend ist das weitgehende Fehlen der
Bruch-Weide (
Salix fragilis
) oder strauchiger Weiden in den vorliegenden Aufnahmen,
was als Hinweis auf die nur noch eingeschränkt vorhandene Fließgewässerdynamik der
sächsischen Bäche und Flüsse zu werten ist. Flächig durch Hochwasserereignisse und
Gewässerlaufverlagerung entstandene Rohböden, die
Salix
-Arten geeignete Keim- und
Hainmieren-Schwarzerlen-
Bachwald an der Wilden Sau
nördlich Klipphausen
Foto: B. Walter

image
71
Entwicklungsbedingungen bieten, fehlen (G
OLDE 2000). Wurde in den Karten ein Hain-
mieren-Schwarzerlen-Bachwald dargestellt, handelt es sich also je nach Talmorphologie
mehr oder minder stark um einen Gesellschaftskomplex aus Erlen-Bachwald und Hain-
buchen-Eichenwäldern bzw. Edellaubbaumwäldern.
Quellwälder treten in fast allen Höhenstufen auf, sind jedoch nach Trophie und Wasser-
regime stark differenziert und meist kleinflächig. Kennzeichnend ist das regelmäßige Vor-
kommen von Sickerwasserzeigern, die keine Sedimentüberlagerung vertragen, wie
Lysi-
machia nemorum
,
Cardamine flexuosa, C. amara
und
Chrysosplenium oppositifolium
(Tabelle 2/7, S. 95). Elemente der Uferstaudenfluren – für Bachwälder typisch – fehlen
dagegen weitgehend. Den anspruchsvollen Flügel bildet der
Winkelseggen-Erlen-
Eschen-Bach- und Quellwald
(VP:
Carici remotae-Fraxinetum
; KE 8.3.1), der z. B. auf
den besseren Gneisen des Osterzgebirges verbreiteter ist. Neben
Carex remota
sind
Cir-
caea x intermedia
und
Veronica montana
typisch (Tabelle 2/7).
Carex pendula
fehlt in
Sachsen dagegen weitgehend (vgl. Karte in HARDTKE & IHL 2000). In großen Teilen Sach-
sens ist eine
artenarme Variante
vorzufinden, sehr selten ist dagegen eine reiche Aus-
bildung, der
Riesenschachtelhalm-Eschen-Quellwald
(KE 8.3.2). Auf den armen
Grundgesteinen des Erzgebirges und sandigen Sedimenten des Tieflandes kann der
Schaumkraut-(Eschen-)Erlen-Quellwald
(KE 8.3.3) angetroffen werden. Fehlende
Nährstoffe lassen hier die Esche zurücktreten. Typisch sind
Cardamine amara, Myosotis
nemorosa
und
Stellaria uliginosa.
Nässezeiger treten in einer kräftiger durchsickerten
Variante verstärkt auf (
Equisetum fluviatile, Glyceria fluitans, Caltha palustris, Scirpus
sylvaticus
). Arten wie
Chaerophyllum hirsutum
und
Senecio ovatus
differenzieren die
Höhenform des Berglandes. Folgt man den Auffassungen von M
AST (1999), dann stehen
die meisten sächsischen Quellwaldvorkommen dem
Stellario-Alnetum
oder einer
Alno-
Ulmion-
Basalgesellschaft nahe (vgl. auch KRETZSCHMAR 2001).
Hoch anstehendes, langsam sickerndes Grundwasser (z. T. auch anmooriger Boden) ist
typisch für den
Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald
(KE 8.2;
Pruno-Fraxinetum
)
.
Derartige Standortsmerkmale treten vor allem im Tief- und Hügelland, selten im Berg-
land (Flöhatal), auf. Dem Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald fehlt der Einfluss von
sauerstoffreichem Quell- bzw. Fließwasser weitgehend (Vorkommen vor allem in
seltener überfluteten Auen). Er ist floristisch in erster Linie negativ charakterisiert, die
Traubenkirsche hat zwar hier einen Verbreitungsschwerpunkt, eignet sich jedoch nicht als
Differentialart. Nitrophyten wie
Urtica dioica
oder
Geum urbanum
werden stellenweise
dominant (Tabelle 2/7). Im feuchten Flügel treten verstärkt
Corylus avellana
und
Quer-
cus robur
, im nassen Flügel
Lycopus europaeus, Iris pseudacorus
und
Frangula alnus
auf.
Die feuchte bis staunasse Ausbildungsform steht dem
Pruno-Fraxinetum phalaridetosum
Traubenkirschen-Erlen-
Eschenwald im NSG
Königsbrücker Heide (KE 8.2)
Foto: B. Walter

image
72
(OBERDORFER 1992) nahe. Beide Ausbildungen waren im Rahmen des Projektes nicht
getrennt kartierbar. Gleiches gilt für verschiedene weitere Untereinheiten, zu deren Dif-
ferenzierung u. a. Artengruppen um
Humulus lupulus
(Tiefland),
Chaerophyllum hirsu-
tum
(Bergland) und
Allium ursinum
(nährstoffreiche AF) herangezogen werden. Eine an
Geophyten im Frühjahrsaspekt reiche Ausprägung wird für das nährstoffreiche Lößhü-
gelland, eine weitere AF auf nährstoffärmeren Böden im unteren Bergland, eventuell auch
im pleistozän überformten Tiefland (z. B. Düben-Dahlener Heide), angenommen.
5.2.6.2
Hartholz-Auenwälder oder Ulmen-Auenmischwälder (KE 9 / E73)
Überwiegend im sächsischen Tiefland kommen breite Flussauen und Stromtäler (Elbe,
Vereinigte Mulde, Pleiße) vor, die natürliche Standorte des
Eichen-Ulmen-Auenwaldes
(VP:
Querco-Ulmetum minoris
; KE 9.1) sind. Periodische Überflutungen, die einige Tage
bis Wochen anhalten (an höhergelegenen Standorten nur episodisch) und nährstoffreiches
Feinsubstrat mit sich führen, prägen das Ökosystem. Die Differenzierung des Eichen-
Ulmen-Auenwaldes in verschiedene AF hängt stark vom Mikrorelief (Terrassen, Sedi-
mentwälle, Senken) und damit vom Abstand zu mittleren Hochwassern, weniger aber von
der Flussnähe ab. Von Einfluss auf Nährstoffangebot und damit Artengefüge sind auch
die Sedimente, die von den Einzugsgebieten angeschwemmt werden (ärmere sandige
Lehme oder reichere Löße). Die Böden sind als Auen-Vega bis Vega-Gley ausgebildet.
Potentiell nehmen die Tieflands-Auen immerhin einen Flächenanteil von 2,5 % an Sach-
sen ein. Standortseigenschaften und -dynamik bedingen einen hohen Reichtum an Arten
und eine ausgeprägte vertikale Schichtung der Wälder. Der Grundbestand an Baumarten
wird von Ulmen (Feld-Ulme und teilweise Flatter-Ulme) und Esche (Tabelle 2/7, S. 95)
sowie Stiel-Eiche gebildet. In nasseren Bereichen kommen Schwarz-Erle, in weniger
wassergeprägten Stiel-Eiche, Winter-Linde, Hainbuche, Berg-, Spitz- und Feld-Ahorn
hinzu. Die Bodenvegetation wird, ähnlich wie bei den Bach- und Niederungswäldern, von
einer großen Gruppe anspruchsvoller Arten (z. B.
Geum urbanum, Urtica dioica
) sowie
von Feuchtezeigern (z. B.
Deschampsia cespitosa, Carex brizoides
) geprägt. Basen- und
stickstoffbedürftige Arten (
Allium ursinum, Arum maculatum, Arctium lappa
) treten
jedoch stärker hervor, während
Festuca gigantea, Impatiens noli-tangere, Athyrium filix-
femina
und
Oxalis acetosella
auf Grund des längerfristigen Abtrocknens der Böden deut-
lich seltener sind. Bei der Kartierung wurden aus Mangel an geeigneten Standortsinfor-
mationen keine Ausbildungsformen unterschieden. Anhand der Vegetationsaufnahmen
lassen sich jedoch deutliche hygrische und regionale Unterschiede feststellen. So sind von
der Elbe bei Kathewitz gehäuft
Stromtalarten
(
Symphytum tuberosum, Elymus caninus
)
dokumentiert (vgl. VA in SCHMIDT et al. 2001a). Die Leipziger Aue scheint nährstoff- oder
feinsubstratreicher zu sein als die Muldeaue. Hier treten verstärkt anspruchsvolle Ausbil-
dungen mit Arten wie
Allium ursinum
auf.
Deschampsia cespitosa
und
Carex brizoides
treten auffällig zurück. Die Aufnahmen vom Auenwald „Lauch“ deuten dagegen
Tendenzen zum Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald an (vgl. VA in S
CHMIDT et al.
2001a). Die tiefergelegenen, damit grundwassernahen und häufig überfluteten Bereiche
werden von Beständen besiedelt, die der Rohrglanzgras-Ausbildung
nahekommen. Sie
enthalten
Filipendula ulmaria, Phalaris arundinacea, Impatiens noli-tangere
und
Stella-
ria aquatica
. Eine geophytenreiche Ausbildung mit
Anemone ranunculoides, Gagea
lutea, Allium ursinum
und
Corydalis cava
ist auf etwas trockeneren Standorten zu finden.
Das verstärkte Auftreten von
Adoxa moschatellina
und letztlich
Convallaria majalis
(Maiglöckchen- oder Hainbuchen-Ausbildung) deuten langfristige Trockenheit und den
Übergang zu Hainbuchen-Eichenwäldern bzw. Edellaubbaumwäldern an. Überflutungs-
empfindliche Baumarten werden dominant (Berg-Ahorn, Hainbuche, Winter-Linde, vgl.
Eichen-Ulmen-Auenwald an der
mittleren Elbe (KE 9.1)
Foto: P. A. Schmidt

image
73
ELLENBERG
1996). Durch weiträumige Eindeichung und Eintiefung der Flüsse sind die
Auenstandorte heute weitgehend verändert (größerer Grundwasserabstand, seltenere oder
ausbleibende Überflutung und dann nur Qualmwassereinfluss, unterbundene Zufuhr von
Feinmaterial und Nährstoffen). Der Flächenanteil ahorn- und hainbuchenreicherer Aus-
bildungen ist zu Ungunsten nasserer Ausbildungen stark gefördert worden. Bei der Kar-
tierung der PNV musste dem Rechnung getragen werden. So wurde für die eingedeichten
Altauen eine Vegetationseinheit „
Eichen-Ulmen-Auenwald im Übergang zu Zitter-
grasseggen-Hainbuchen-Stieleichenwald“
ausgewiesen (vgl. eigenständige PNV-Ein-
heit Eschen-Stieleichen-Hainbuchenwald nicht mehr überfluteter, eingedeichter Wälder
im angrenzenden Sachsen-Anhalt, LAU 2000)
.
5.2.6.3
Weichholz-Auenwälder und Weiden-Auengehölze (KE 10 / E74, 76)
Der fluss- bzw. stromnahe Uferbereich mit seinen Schotter- und Sandbänken ist durch
wechselnd hohe Wasserstände und eine starke, umgestaltende Kraft der Hochwasser
bestimmt. Hier können sich langfristig nur sehr regenerationsfähige Gehölzarten, vor
allem Weiden (
Salix alba, S. x rubens, S. triandra, S. fragilis, S. viminalis
), etablieren, die
sich in vielfältiger Weise länger andauernder Überflutung, mechanischer Belastung und
Schäden durch Fließwasser sowie Treibeis angepasst haben. Auch die sehr nassen, ver-
landenden Altarme und Senken gehören zu den Standorten der Weichholzaue. Die Böden
sind meist als Rambla ausgebildet. Standorte mit einer ausgeprägten Flussdynamik sind
durch Begradigung und Eindeichungen stark zurückgegangen. Der potentielle Flächenan-
teil der Weichholz-Auenwälder würde heute etwa 0,5 % betragen.
Im Tiefland ist der
Silberweiden-Auenwald bzw. Pappel-Weiden-Auenwald
(VP:
Sali-
cetum albae;
KE 10.1
)
verbreitet. Neben Silber-, Fahl-, Mandel- und Korb-Weide sind
u. a.
Rubus caesius, Calystegia sepium, Galium aparine, Symphytum officinale
und
Humulus lupulus
kennzeichnend (Tab. 2/7, S. 95). Schwarz-Pappel kann auf groben
Substraten in der Baumschicht höhere Anteile erlangen. Die Mehrzahl der vorliegenden
Aufnahmen (vgl. SCHMIDT et al. 2001a) repräsentiert mit
Phalaris arundinacea, Bidens
frondosa, Solanum dulcamara
und
Glyceria maxima
Altwasserbereiche an der Elbe und
damit eine nasse AF. Auf stromnahen, höhergelegenen Kies- und Schotterbänken kommt
eine wechselfeuchte AF vor. Ähnlich charakterisiert, aber ohne eine durch
Salix alba
gebildete Baumschicht, sind die Mandelweidengebüsche (
Salicetum triandrae
). Eine
getrennte Kartierung als eigenständige Vegetationseinheit erfolgte nicht.
Silberweiden-Auenwald am
Bockholz/Mulde (KE 10.1)
Foto: D. Wendel

74
Bruchweiden-Auengebüsch und -wald
(VP:
Salicetum fragilis;
KE 10.2) haben in
Sachsen ihren Verbreitungsschwerpunkt im Hügelland an schnellfließenden, kleineren
Flüssen oder größeren Bächen. Auch sie treten in dem vom Hochwasser stark geprägten
Uferbereich auf. Typische Arten sind Bruch- und Fahl-Weide sowie
Stellaria nemorum,
Urtica dioica, Silene dioica, Petasites hybridus, Rubus caesius, Humulus lupulus
und
Phalaris arundinacea.
5.2.7 Bruch- und Moorwälder
Moorbewaldung tritt auf, wenn das Moorwachstum (bedingt durch Veränderungen im
Klima, in den Einzugsgebieten oder des Torfkörpers selbst, z. B. nach Entwässerung)
zumindest zeitweilig stagniert (vgl. Kap. 5.2.1.3, S. 44). Sommerliche Trockenheit,
wie sie unter subkontinentalen Klimabedingungen auftritt, fördert Bewaldung, schließt
offene Moore andererseits aber nicht aus. Als Vegetation seltener, extremer Standorte
nehmen Bruch- und Moorwälder mit etwa 0,4 % nur einen sehr geringen Flächenanteil
in Sachsen ein.
5.2.7.1
Erlen-Bruchwälder (KE 11 / D2, 3, 4)
Meso- bis eutrophe, meist organische und für Waldwachstum nicht zu nasse Böden sind
die natürlichen Standorte der Erlen-Bruchwälder. Sie haben ihren Verbreitungsschwer-
punkt im Tiefland. Hier wie auch im Hügelland bei geringen Neigungen ist das Grund-
wasser meist wenig bewegt. Deutlich unterscheiden sich die stärker geneigten Bruch-
waldstandorte des Gebirges. Häufige Quellaustritte führen hier zu einem ausgeprägten
Quellwasserregime.
Erlen-Moorbirken-Bruchwald
(KE 11.3) im Mäusebruch
Foto: B. Walter

75
Die extremen Standortseigenschaften engen das Baumartenspektrum stark auf einige
wenige Pionierbaumarten (Schwarz-Erle, Moor-, Hänge-Birke, Eberesche) ein. Unter
eutrophen Bedingungen herrscht die Schwarz-Erle, bei geringerem Nährstoffangebot
gesellt sich die Moor-Birke in größerem Anteil hinzu. Die Erlen-Bruchwälder des Tief-
und Hügellandes sind überwiegend durch
Carex elongata, Iris pseudacorus, Solanum dul-
camara
und
Peucedanum palustre
gekennzeichnet (Tabelle 2/8, S. 99). Eutrophe Moor-
standorte besiedelt der
Großseggen-Erlen-Bruchwald
(VP:
Carici elongatae-Alnetum
;
KE 11.1). Typisch für die Krautschicht sind
Lycopus europaeus, Equisetum fluviatile,
Galium palustre
agg.,
Carex acutiformis, Lythrum salicaria, Cirsium palustre.
Bemer-
kenswert ist eine quellnahe Ausbildung
mit
Viola uliginosa, Thelypteris palustris, Dryop-
teris cristata
und
Carex elata
bei Kreba.
Viola uliginosa
hat hier ihren einzigen Fundort
in Deutschland (vgl. VA in SCHMIDT et al. 2001a). Auf nährstoffärmeren Standorten ist
ein
Erlen-Moorbirken-Bruchwald
(VP:
Sphagno-Alnetum
oder
Carici-Alnetum spha-
gnetosum
; KE 11.3) ausgebildet. Auffällig ist die Moosschicht mit mehreren Torfmoos-
Arten (
Sphagnum fallax, S. fimbriatum, S. palustre
), dazu in der Krautschicht
Molinia
caerulea
und
Viola palustris. Hydrocotyle vulgaris, Potentilla palustris
und
Carex
rostrata
charakterisieren eine stark vernässte Ausprägung (vgl. VA in SCHMIDT et al.
2001a). Bei langfristiger bis ganzjähriger Überstauung ändert sich die Artenstruktur der
Krautschicht des Großseggen-Erlen-Bruchwaldes, so dass sogar Wasserpflanzen auftre-
ten. Diese extreme Ausprägung wurde als
Wasserfeder-Erlen-Bruchwald
(VP:
Hotto-
nio-Alnetum glutinosae
; KE 11.2) kartiert. Sie ist durch Arten wie
Hottonia palustris,
Alisma plantago-aquatica, Carex pseudocyperus, Calla palustris
und
Lemna minor
gekennzeichnet. Trophisch arme und reiche Flügel
(vgl. VA in SCHMIDT et al. 2001a) sind
unterscheidbar.
Alle Vegetationstypen der Bruchwälder weisen auf quelligen Standorten eine Arten-
gruppe mit
Caltha palustris, Cardamine amara, Angelica sylvestris
und
Filipendula
ulmaria
auf. Im Tief- und Hügelland war eine getrennte Kartierung dieser Sumpfdotter-
blumen-AF nicht möglich. Im Mittelgebirge ist das Quellwasserregime jedoch so domi-
nierend, dass fast alle untersuchten Bestände diese Artengruppe aufweisen. Zusätzlich tre-
ten
Crepis paludosa, Stellaria alsine
und
Myosotis nemorosa
auf.
Viola palustris
wird zur
hochsteten Art. Für das
Carici elongatae-Alnetum
charakteristische Arten wie
Carex elon-
gata, Iris pseudacorus, Solanum dulcamara, Peucedanum palustre
treten zurück.
Senecio
ovatus und Equisetum sylvaticum
verweisen mit ihrem hochkollin/montanen Verbrei-
tungsschwerpunkt auf die Höhenlage im Bergland. Dieser eigenständige Charakter hat
uns veranlasst, in der sub- bis hochmontanen (selten auch hochkollinen) Höhenstufe eine
Vegetationseinheit „
Montaner Sumpfdotterblumen-Erlenwald“
(VP:
Caltha palust-
ris
- und
Crepis paludosa-Alnus glutinosa-Gesellschaft
als
Alnion glutinosae
-Basalge-
sellschaft; KE 11.4) auszuweisen. Sie steht dem Schaumkraut-(Eschen-)Erlen-Quellwald
(siehe Kap. 5.2.6.1, S. 71) nahe, siedelt jedoch auf teils mächtigen Torfen und ist durch
das Fehlen von Arten (so dem
Alno-Umion
angehörenden, z. B.
Anemone nemorosa,
Festuca gigantea, Cirsium oleraceum, Chaerophyllum hirsutum, Chrysosplenium oppo-
sitifolium)
negativ sowie durch Hinzutreten von
Viola palustris, Carex nigra
und
Agro-
stis stolonifera
gekennzeichnet. Die natürliche Baumartenstruktur dieser Kartiereinheit
konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Höhere Anteile an Moor-Birke oder
Eberesche werden angenommen. Es können trophisch arme und reiche Ausprägungen
unterschieden werden (u. U. verschiedenen Grundeinheiten angehörend), wobei die rei-
cheren sich im heutigen Offenland konzentrieren. Die Höhengrenze im Erzgebirge bedarf
noch der Präzisierung, die höchstgelegenen bekannten Bestände befinden sich in ca.
850 m ü. NN (Tabelle 2/8, S. 99; vgl. K
RETZSCHMAR 2001).
Moor-Veilchen (Viola uliginosa)
Foto: W. Hempel

76
Fallen die Bruchwaldstandorte trocken, treten die meisten der o. g. Arten zurück und
Rubus
spec. sowie Farne (
Athyrium filix-femina, Dryopteris dilatata, Dryopteris carthu-
siana
) werden durch ihre Dominanz prägend. Es bildet sich ein
Staudenreicher Erlen-
wald
aus (KE 11.1.3). Eine reiche Ausprägung ist u. a. durch
Paris quadrifolia
und
Urtica
dioica,
eine arme durch
Carex brizoides
und
Molinia caerulea
gekennzeichnet. Weitere
Austrocknung und Torfschwund leiten eine Entwicklung zum Traubenkirschen-Erlen-
Eschenwald (KE 8.2, Kap. 5.2.6.1, S. 71) ein.
5.2.7.2
Birken-, Kiefern- und Fichten-Moorwälder
(Bodensaure Moorwälder; KE 12 / C1, 2)
Oligotrophe bis schwach mesotrophe Moore sind in Sachsen in den kühl-feuchten Berg-
lagen (vor allem im West- und Mittelerzgebirge) und stark grundwassergeprägten Regio-
nen armer pleistozäner Sedimente (insbesondere Oberlausitzer Tiefland) verbreitet. Die
Baum- und Strauchschicht der hier stockenden Wälder wird durch anspruchslose Arten
wie Birken (
Betula pendula, B. pubescens
ssp.
pubescens
et ssp.
carpatica
), Kiefern
(
Pinus sylvestris, P. mugo
agg.) oder Fichte (
Picea abies
) geprägt. Diesen Moorwäldern
gemeinsam sind azidophytische, oligotraphente, nässeertragende und konkurrenzschwa-
che Arten wie
Eriophorum vaginatum, Vaccinium oxycoccos, V. uliginosum
und Torf-
moose (Tabelle 2/9, S. 101). Zeitweilige Trockenheit wird von Zwergsträuchern angezeigt
(
Calluna vulgaris, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea
). Die Moorwälder des Tief- und
Berglandes unterscheiden sich im Artengefüge. In den planaren Moorwäldern haben
Sphagnum papillosum, Erica tetralix
und
Ledum palustre
ihre Verbreitungsschwer-
punkte. In der montanen Stufe kommen dagegen Moor-Kiefer (
Pinus rotundata), Bazza-
nia trilobata, Sphagnum russowii, S. girgensohnii
und
S. quinquefarium
vor. Die Kartie-
rung diverser Höhen- und Ausbildungsformen erwies sich, obwohl sie ökologisch
aussagefähig sind und deshalb erwähnt werden, selten als möglich.
Vorkommen der Vegetationseinheit
„Moorbirken-Moorgehölz und -Moorwald“
(VP:
Vaccinio uliginosi-Betuletum pubescentis
; KE 12.1) sind in Sachsen relativ selten,
erstrecken sich dafür aber von der planaren bis in die hochmontane Stufe. Die Lage inner-
halb des natürlichen Areals der o. g. Nadelbaumarten führt dazu, dass Birken nur Pio-
nierwaldstadien bilden oder lediglich unter besonderen, z. T. extremen standörtlichen
Bedingungen einen Schlusswald aufbauen, sonst aber Kiefer oder Fichte vorherrschen
bzw. beigemischt sind. Birkendominierte Moorwälder sind heute im Randbereich von
offenen, baumfeindlichen Zwischenmooren oder im Übergangsbereich zu diesen zu fin-
den. Starke Schwankungen des Grundwasserstandes, verbunden mit einer längerfristigen
Überstauung des Bodens, führen – wie im Dubringer Moor nachweisbar – zu einem epi-
sodischen Absterben der Baumschicht. Nur die Moor-Birke ist dann derart regenerati-
onsfähig, dass sie sich langfristig ansiedelt. Rasches Torfwachstum (z. B. in sich regene-
rierenden Torfstichen) scheint die Etablierung anderer Baumarten zu behindern (vgl.
Moosheide am Seidelsberg). Da selbst für die Moor-Birke die ökologischen Bedingungen
extrem sind, bleiben die Birkengehölze überwiegend sehr locker und gehen fließend in
offene Zwischenmoore über. Oft wird die hohe Bodennässe von einem starken Zustrom
mineralhaltigen Grundwassers hervorgerufen, so dass es sich in der Mehrzahl um
schwach mesotraphente bis mesotraphente Ausprägungen der Vegetationseinheit handelt.
Neben verschiedenen Torfmoos-Arten wie
Sphagnum fallax
und
S. fimbriatum
sind
die Mineralbodenwasserzeiger
Eriophorum angustifolium, Carex nigra, C. rostrata,
C. canescens, Agrostis canina
und
Polytrichum commune
typisch. Durch ausgesprochene
Nässe ist die im Dubringer Moor anzutreffende Schnabelseggen-AF gekennzeichnet.
Bodensaures, offenes
Zwischenmoor auf ehemaligem
Torfstich mit Schmalblattwoll-
gras-Moorbirken-Moorgehölz
im NSG Hermannsdorfer Wiesen
(KE 0.2.1 und 12.1)
Foto: D. Wendel

77
Etwas weniger nass ist die von Torfmoosen dominierte Schmalblattwollgras-AF. Eine
Wiesenseggen-AF (vgl. VA in S
CHMIDT et al. 2001a), die ihren heutigen Verbreitungs-
schwerpunkt im Bergland hat, besiedelt trophisch bessere Standorte. Die Artenstruktur
der auf entwässerten und degradierten Armmooren (Teile von Fürstenauer Heide, Deut-
scheinsiedler Hochmoor) gelegentlich anzutreffenden Preiselbeer-AF
unterscheidet sich
deutlich von vorgenannten Ausbildungen. Sie kommt dem Fichten-Moorwald nahe und
lässt einen Pionierwaldcharakter vermuten.
Im nährstoffarmen Oberlausitzer Tiefland befindet sich der Verbreitungsschwerpunkt des
„Waldkiefern-Moorgehölzes und -Moorwaldes“
(VP:
Vaccinio uliginosi-Pinetum syl-
vestris
; KE 12.2, Tabelle 2/9, S. 101
)
in Sachsen. Vorkommen werden bis in das untere
Bergland angenommen, sind jedoch aktuell nicht nachgewiesen. In der Baumschicht
dominiert die Wald-Kiefer, aber auch Moor-Birke ist häufig. Oben genannte Arten der
Moos- und Krautschicht der Moorwälder sowie
Aulacomnium palustre
zeigen Nässe und
Nährstoffarmut an.
Sphagnum papillosum, Erica tetralix
und
Ledum palustre
sind typi-
sche Elemente der Tieflandsmoore, die dem Bergland weitgehend fehlen. Auch Mineral-
bodenwasserzeiger wie
Eriophorum angustifolium
sind hier häufiger vertreten. Reichere
Ausprägungen mit
Lysimachia vulgaris
und
Viola palustris
leiten bereits zu Erlen-Moor-
birken-Bruchwäldern über. Die Kombination mit anspruchslosen Arten wie
Polytrichum
strictum
dürfte eine Besonderheit darstellen (Dubringer Moor). Von der Typischen AF
hebt sich durch die Zunahme von Beersträuchern und
Molinia caerulea
die Heidelbeer-
AF
ab. Bei deren Kontakt zu Wäldern mit natürlichen Vorkommen der Fichte im Tiefland
kann die Fichte in der Baumschicht auftreten. Bei weiterer Austrocknung führt die Ent-
wicklung zum Tieflands-Kiefern-Fichtenwald, Sumpfporst-AF (siehe Kap. 5.2.4.1, S. 65).
Charakteristisch für die sehr nassen, montanen Armmoore ist das Vorkommen des
Moor-
kiefern-Moorgehölzes
(VP:
Vaccinio uliginosae-Pinetum rotundatae
; KE 12.3.1, Tabelle
2/9, S. 101; vgl. auch HEMPEL 1974 u. 1977). Auch hier sind in Moos- und Krautschicht
die oben für Moorwälder genannten Arten typisch. Reliefbedingt kommt die Gesellschaft
in Sachsen nur im Erzgebirge (und dem angrenzenden Vogtland) vor. Wie die weniger
beeinflussten Moore auf der tschechischen Seite des Erzgebirges zeigen, scheint das 1 bis
4 m hohe, z. T. dichte und kaum passierbare „Krummholz“ aus Moor-Kiefer (
Pinus rotun-
data
) unter den gegenwärtigen Klimabedingungen die Schlussgesellschaft der Erzge-
birgsmoore zu sein. Nur in den sehr nassen Kernbereichen (Kranichseen, Friedrichsheide,
Mothäuser Heide) existieren offenere Zonen mit Arten der Hochmoorbultgesellschaften
(vgl. VA in S
CHMIDT et al. 2001a). Moorregeneration nach Entwässerung kann jedoch auch
zu großflächigen Vernässungen und Auflichtungen führen, wobei die Baumschicht träger
reagiert als die Bodenvegetation (Mothäuser Heide, siehe EDOM & WENDEL 1998). In den
nassen Bereichen sind strauchige Wuchsformen der Moor-Kiefer (Moor-Latsche) und
lichtbedürftige Arten wie
Sphagnum magellanicum, Andromeda polifolia
und
Empetrum
nigrum
typisch. Flächenmäßig bedeutender ist die Ausprägung weniger nasser Standorte,
der
(Fichten-)Spirken-Moorwald
(KE 12.3.2, Tabelle 2/9), in dem sich Fichte und baum-
förmige, oft einstämmige Moor-Kiefer – Moor-Spirke – in verschiedenen Anteilen lang-
fristig mischen. Zwergsträucher nehmen zu,
Molinia caerulea
wird hochstet, wenn auch
von geringer Artmächtigkeit. Eine Seggen-Ausbildungsform, gekennzeichnet durch
Carex nigra
und
C. canescens,
tritt natürlicherweise in Flachrüllen, Laggs und bei Rege-
neration auf (Mothäuser Heide, s. o.), also unter schwach minerotrophen Bedingungen.
Die intensiven Entwässerungsmaßnahmen haben im 19. Jh. auch mächtigere Torflager
erfasst und Standorte geschaffen bzw. stark gefördert, die vom
Fichten-Moorwald
(VP:
Vaccinio uliginosi-Piceetum
; KE 12.4, Tabelle 2/9; vgl. auch HEMPEL 1974 u. 1977)
Mesotropher Fichten-Moorwald
mit Sphagnum spec., Polytrichum
commune und Carex nigra nahe
Scheibenberg (KE 12.4)
Foto: D. Wendel

78
besiedelt werden. Die Bodenvegetation der lichten, schwachwüchsigen, hinsichtlich der
Raumstruktur eher vielfältigen Fichtenbestände wird zwar von Torfmoosen mitbestimmt,
jedoch überwiegen Beersträucher (
Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea
). Von ausgespro-
chen lichtbedürftigen Arten können noch
Vaccinium oxycoccos
und
Eriophorum vagina-
tum
auftreten, gelegentlich auch Moor-Kiefer (in aktuellen Beständen als Zeuge der Vege-
tation vor der Entwässerung, in potentieller Vegetation in Lücken oder nassen Phasen).
Arten des Wollreitgras-Fichtenwaldes (siehe Kap. 5.2.4.1, S. 64) fehlen dagegen. Bei star-
ker Austrocknung bilden sich Fazies mit
Deschampsia flexuosa, Vaccinium myrtillus
oder
Molinia caerulea
. Es besteht eine floristische Ähnlichkeit zum
Bazzanio-Piceetum
(vgl.
G
OLDE 1999). Die syntaxonomische Zuordnung dieser zwischen dem
Vaccinio uliginosi-
Pinetum rotundatae
und dem
Calamagrostio villosae-Piceetum
angesiedelten Schluss-
waldgesellschaft ist noch nicht abschließend geklärt.
Die mittel- und osterzgebirgischen Kammlagenmoore sind durch SO
2
-Immissionen stark
beeinflusst, was sich u. a. in einem Rückgang aller, auch torfbildender Moosarten nieder-
schlägt und wahrscheinlich auch Einfluss auf die Torfzersetzung hat (vgl. G
OLDE 1999,
EDOM & WENDEL
1998). Die Auswirkungen direkter und indirekter Art sind in ihrer Trag-
weite auf Moorstandorte und -vegetation noch unzureichend bekannt (z. B. hinsichtlich
irreversiblen Ausmaßes mit Folgen für die PNV). Offensichtlich ist u. a., dass die klima-
tische Exposition nach dem Absterben der umgebenden Waldbestände die Austrocknung
fördert.
5.2.8 Edellaubbaum-Schlucht-, Schatthang- und
Hangschuttwälder oder Eschen-Ahorn- und
Ahorn-Linden-Wälder (KE 13 / O1, E5)
Von der kollinen bis montanen Höhenstufe nehmen zumeist kleinflächige edellaubbaum-
reiche Mischwälder nährstoffreichere Standorte ein, die von der Buche nur begrenzt
besiedelt werden können. Je nach Standort sind prägende und zugleich baumartenlimitie-
rende Faktoren: bewegte, oft schutt- und geröllreiche Böden, Feinerdearmut und Trocken-
heit oder Bodenfeuchte, verbunden mit hohem Nährstoffangebot (und teils tiefgründigen
Böden). Arten-, Alters- und Raumstruktur sind oft sehr vielfältig. An stark nachrutschen-
den Schutthängen ist die Baumschicht licht, offene Schuttflächen können eingeschlossen
sein (z. B. NSG Weißeritztalhänge). Die Abtrennung von edellaubbaumreichen Zwi-
schenwaldstadien der Buchenwälder ist schwierig und oft nur im Gelände möglich. Die
o. g. ökologischen Faktoren können in verschiedener Weise kombiniert auftreten, was
sich in einer Vielfalt floristisch abweichender Ausbildungen (in Sachsen über 20 nach-
gewiesen) widerspiegelt. Allerdings existieren mannigfaltige Übergänge zwischen den
einzelnen Ausprägungen und jedes Vorkommen weist gebietsspezifische Eigenheiten
auf. Es werden zehn relativ häufige Vegetationseinheiten kurz dargestellt, von denen vier
als Grundeinheiten kartiert wurden. Insgesamt sind edellaubbaumreiche Wälder in Sach-
sen selten. Wird ihr Flächenanteil auf Basis von PNV-Karten der TK 50 ermittelt, beträgt
er etwa 0,2 %. Vor allem kleinflächige Schlucht- und Gründchenwälder, die nur selten
kartierbar oder Bestandteile komplexer Kartiereinheiten sind, werden dabei nicht erfasst
(z. B. im Bereich der Gebirgsauen; siehe Kap. 5.2.6).
Der
Eschen-Ahorn-Schlucht- und Schatthangwald
(VP:
Fraxino-Aceretum
; KE 13.1,
Tabelle 2/10, S. 103) nimmt meist schattige, kühl-feuchte, oft schuttreiche Hangstandorte
Eschen-Ahorn-Schlucht- und
Schatthangwald im Komplex
mit Flechtengesellschaften
offener Blockhalden
(KE 13.1/14.2/15.1)
im NSG Geisingberg
Foto: D. Wendel

79
ein. Die vertikale Raumstruktur ist sehr ausgeprägt. Die Baumschicht wird von anspruchs-
vollen Baumarten wie Berg-Ahorn, Berg-Ulme, Sommer-Linde und Esche, z. T. auch
Winter-Linde und Hainbuche, gebildet. Der Grundbestand anspruchsvoller Arten in der
Krautschicht (u. a.
Impatiens noli-tangere, Urtica dioica, Mercurialis perennis
, div.
Farne: Tabelle 2/10, S. 103) ähnelt dem Springkraut-Buchenwald, jedoch fehlen die
Nässezeiger, da es sich meist nicht um quellige Standorte wie Braunerde-Gleye handelt.
Auf feinerde- und humusreichen, gut basenversorgten Böden wird die etwas buchen-
reichere Typische AF durch eine Lerchensporn-AF abgelöst. Lehmig-tonige, skelettarme
Böden sind Standorte der Bärlauch-AF.
Bachnah, tiefgründig und luftfrisch sind die
Standorte der Geißbart-AF, die bereits zum Ahorn-Eschen-Hangfuß- und Gründchenwald
bzw. Hainmieren-Schwarzerlen-Bachwald überleitet. Betont kühl-feuchte, absonnige
Hänge sind typisch für die Silberblatt-AF.
Tiefgründige, reiche und meist bodenfeuchte Kolluvien sowie höhergelegene Auenter-
rassen besiedelt der
Ahorn-Eschen-Hangfuß- und Gründchenwald
(VP:
Adoxo
moschatellinae-Aceretum pseudoplatani
; KE 13.2, Tabelle 2/10, S. 103). Unter den
Baumarten herrschen Esche und Ahorn vor. Buche ist sehr selten, Erle und Hainbuche
dagegen häufiger. Viele der o. g. anspruchsvollen Arten des
Fraxino-Aceretum pseudo-
platani
treten zurück und werden durch eine Artengruppe (
Aegopodium podagraria, Pul-
monaria obscura, P. officinalis, Arum maculatum, Carex sylvatica
) ersetzt, zu der diverse
Nitrophyten gehören. Neben dieser Typischen AF kann bei Sickernässe eine Rohrglanz-
gras-AF
unterschieden werden, die durch Nässezeiger wie
Phalaris arundinacea, Lysi-
machia vulgaris
und
Bistorta officinalis
gekennzeichnet ist. Damit klingen Übergänge zu
Bach- und Quellwäldern an.
Südexponierte Hänge, die wärmegetönt, oft trocken und schuttreich sind, nimmt der
Ahorn-Sommerlinden-Hangschuttwald
(VP:
Aceri platanoidis-Tilietum platyphylli
;
KE 13.3, Tabelle 2/10, S. 103) ein. Die lichte Baumschicht besteht aus Winter-Linde,
Berg- und Spitz-Ahorn sowie Hainbuche. Arten luftfeuchter Standorte fehlen weitgehend,
dagegen treten Arten warm-trockener Bereiche wie
Euphorbia cyparissias, Sedum maxi-
mum, Digitalis grandiflora
(letztere in VA selten) häufiger auf. Von dieser Typischen AF
ist eine verarmte Ausbildung zu unterscheiden (VA siehe SCHMIDT et al. 2001a). Sie steht
dem (nicht kartierten) Drahtschmielen-Sommerlindenwald nahe. In der reichen AF der
Lausitzer Basaltberge kommen
Melica nutans, M. uniflora, Campanula trachelium,
Lathyrus vernus
und
Bromus benekenii
hinzu.
Pulmonaria officinalis, Corydalis cava,
C. intermedia
und
Arum maculatum
zeigen Bodenfeuchte an und lassen die Verwandt-
schaft zur Lerchensporn-Ausbildung des Eschen-Ahorn-Schlucht- und Schatthangwaldes
erkennen.
Der
Hainbuchen-Ulmen-Hangwald
(KE 13.4; VP:
Carpino-Ulmetum minoris
Pass. 53;
Tabelle 2/10, S. 103) besiedelt mäßig bis kräftig nährstoffversorgte, tiefgründige, schluf-
fige bis lehmig-mergelige Substrate. Es handelt sich oft um Hangkolluvien und daher
unreife Bodenbildungen, die aber der Braunerde nahekommen. Die Gesellschaft besitzt
nach dem heutigen Kenntnisstand nur kleinflächige Vorkommen in Sachsen, z. B. an der
Alten Elbe Kathewitz. Unter den Baumarten treten neben Stiel-Eiche und Hainbuche die
Ulmen-Arten deutlich hervor. Kennzeichnend ist weiterhin das gehäufte Vorkommen
nährstoffliebender Arten, teilweise ausgesprochener Nitrophyten wie
Sambucus nigra
in
der Strauchschicht und
Aegopodium podagraria, Alliaria petiolata, Myosotis sparsiflora,
Geum urbanum, Urtica dioica, Chaerophyllum temulum, Galium aparine
oder
Lamium
album
in der Krautschicht.
Ahorn-Eschen-Hangfuß- und
Gründchenwald (KE 13.2) im
NSG Weißeritztalhänge mit
Aegopodium podagraria, Allium
ursinum und Petasites albus
(beide blühend), letztere an Licht-
flecken siedelnd
Foto: D. Wendel

80
5.2.9 Fichten- und Ebereschen-Blockwälder
(KE 14 / S3, 4)
Zu den Singularitäten in Sachsen zählen die nur kleinflächig vorkommenden, nährstoff-
und feinerdearmen, oft nicht konsolidierten Schutt- und Blockhalden des Schwarz-
wassertales und einiger Basaltberge. Die aus anspruchslosen Baumarten wie Birken
(
Betula pubescens
ssp.
pubescens
et ssp.
carpatica, B. pendula
) und Fichte gebildete
Baumschicht ist schwachwüchsig, mehrschichtig, locker und zeigt mit ihrer Struktur
einen edaphisch bedingten Waldgrenzstandort an. Oft sind größere baumfreie, teilweise
auch insgesamt vegetationsarme, Offenbereiche eingeschlossen.
Auf sauren Grundgesteinen (vor allem Riesengneis) siedelt der
Karpatenbirken-Fich-
ten-Blockwald
(VP:
Betulo carpaticae-Piceetum
; KE 14.1, Tabelle 2/5, S. 91). Die
Krautschicht wird im Wesentlichen von
Vaccinium vitis-idaea
und
V. myrtillus
, bei größe-
rer Trockenheit von
Deschampsia flexuosa
gebildet. Farne sind selten. An eingemuldeten
Nordhängen (bis 45° geneigt) bilden sich über groben, hohlraumreichen Blockhalden lose
aufliegende, stärkere Humusdecken, die oft torfartige Struktur haben und z. T. zu Kon-
denswassermooren zu rechnen sind. Dauerhafte Beschattung, kühl-luftfeuchte Lage und
bis ins späte Frühjahr in den Halden eingeschlossenes Eis kennzeichnen ein Sonderklima.
Ständiger Feuchteüberschuss bedingt in dieser Torfmoos-AF eine eigentümliche Arten-
struktur, welche durch die Dominanz von Torfmoosen (
Sphagnum quinquefarium, S. gir-
gensohnii, S. fallax)
und
Polytrichum strictum
an die nahegelegenen, bewaldeten Regen-
moore erinnert (in denen
Polytrichum strictum
heute immisionsbedingt kaum noch
vorkommt!). Teilweise hohe Deckungsgrade von
Bazzania trilobata
sind in Anbetracht
des subkontinentalen Klimaeinschlages ungewöhnlich und durch das gleichbleibend
kühl-feuchte Mikroklima zu erklären. Auch das Vorkommen von
Polytrichum alpinum
ist
eine Besonderheit. Tendenzen zum
Bazzanio-Piceetum
sind erkennbar.
In deutlichem Kontrast dazu stehen die trockeneren und humusarmen Südhanglagen mit
den hier siedelnden Preiselbeer- bzw. Heidelbeer-AF. Moose, insbesondere Torfmoose,
treten zurück, werden aber nicht durch die sonst die Bodenvegetation prägende Art
Vac-
cinium vitis-idaea
ersetzt, so dass der blanke Schutt ansteht. Auf den Blockhalden wech-
seln kleinflächig Exposition und Substratstruktur, so dass eine getrennte Kartierung bei-
der Ausbildungen nicht möglich ist.
Gleichfalls schwachwüchsige Bestände an Waldgrenzstandorten bildet der
Karpaten-
birken-Ebereschen-Blockwald
(VP:
Betulo carpaticae-Sorbetum aucupariae
; KE 14.2)
auf basischen Gesteinen (Basalt, Phonolith). Die Bodenbildung ist auch hier kaum voran-
geschritten, so dass trotz des gut nährstoffversorgten Ausgangssubstrates wenig Nähr-
stoffe pflanzenverfügbar sind. Es sind jedoch mehr als in vorheriger Kartiereinheit. Die
Baumschicht besteht aus Karpaten- und Hänge-Birke sowie Eberesche, vereinzelt auch
Fichte und Buche. In der Strauchschicht kommen spärlich
Lonicera xylosteum, Sambucus
racemosa
und
Corylus avellana
(submontan) vor. Die Krautschicht wird von anspruchs-
losen Arten (
Vaccinium myrtillus, Deschampsia flexuosa
) gebildet, dazu treten bei gün-
stigerer Nährstoffsituation
Oxalis acetosella
,
Epilobium angustifolium, E. montanum
,
Dryopteris filix-mas
,
D. dilatata
,
D. carthusiana, Calamagrostis arundinacea
und
Gera-
nium robertianum
. Für die Moosschicht sind auf Humus und Gestein
Polytrichum for-
mosum, Dicranum scoparium, Pleurozium schreberi, Lepidozia reptans, Ptilium crista-
castrensis, Barbilophozia barbata, Rhytidiadelphus loreus, Plagiothecium laetum
typisch, in schattigen Bereichen kommen
Sphagnum nemoreum, S. fallax, S. girgensoh-
nii, Cladonia squamosa, C. arbuscula, C. furcata, C. rangiferina, C. coniocraea
hinzu.
Im Übergang vom Schluchtwald
zu offenen Blockhalden bilden sich
Bestände des Karpatenbirken-
Ebereschen-Blockwaldes aus
(KE 14.2, Löbauer Berg).
Foto: M. Denner

81
Tabelle 2/1: Planare bis submontane bodensaure und mesophile Buchenwälder
Lfd.-Nr. Kartiereinheiten (in Klammer mit KE-Nr.)
Untereinheiten
Untereinheiten
1
Schattenblümchen-Buchenwald (2.4)
2.1 Planarer Eichen-Buchenwald (2.1.3)
3.1 Typischer Waldmeister-Buchenwald (1.1.1)
2
Hainsimsen-Eichen-Buchenwald (2.1)
2.2 Heidelbeer-Eichen-Buchenwald (2.1.5)
3.2 Hainsimsen-Waldmeister-Buchenwald (1.1.5)
3
Waldmeister-Buchenwald (1.1)
2.3 Submontaner Eichen-Buchenwald (2.1.1)
3.3 Perlgras-Waldmeister-Buchenwald (1.1.2)
4
Springkraut-Buchenwald (1.2)
2.4 (Hoch)kolliner Eichen-Buchenwald (2.1.2) 3.4 Zittergrasseggen-Waldmeister-Buchenwald (1.1.6)
5
Waldgersten-Buchenwald (1.3)
2.5 Vogtländischer Eichen-Buchenwald (2.1.4)
2.6 Zittergrasseggen-Eichen-Buchenwald (2.1.6)
2.7 Waldreitgras-Eichen-Buchenwald (2.1.7)
2.8 Farn-Eichen-Buchenwald (2.1.9)
2.9 Flattergras-Eichen-Buchenwald (2.1.8)
Laufende.-Nr. -> 1 2 3 4 5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 3.1 3.2 3.3 3.4
Zahl der Vegetationsaufnahmen ->
9
116
37
14
10
14
22
12
20
1
13
17
13
4
13
11
4
9
Baumschicht
Fagus sylvatica
V V V V V V V V V
1
V V V
4
V V
4
V