Fachkommission Städtebau
der Bauministerkonferenz
ARBEITSHILFE
zu den rechtlichen, planerischen und finanziellen Aspekten
der Konversion militärischer Liegenschaften
(aktualisierte Fassung / beschlossen am 19./20.03.2014)
2
Neue Herausforderungen in der dritten Phase der Konversion
Im Zuge des sich seit Beginn der 90er Jahre schrittweise vollziehenden Truppenab-
baus in Europa, im Rahmen der Bundeswehrstrukturreformen 2001/2004 und nun-
mehr aufgrund der Stationierungsentscheidung vom Oktober 2011 im Rahmen der
Neuausrichtung der Bundeswehr sowie des weiteren Abzugs der alliierten Streitkräfte
sind bundesweit zahlreiche militärische Liegenschaften, Anlagen und Gebäude in zum
Teil erheblichem Umfang freigegeben worden oder stehen zur Rückgabe an.
Die Aufgabe größerer militärischer Standorte stellt ein einschneidendes Ereignis für
die betroffenen Gemeinden dar. Die strukturpolitischen Auswirkungen sind dabei oft
gravierend. Aufträge für örtliche Betriebe, Kaufkraft sowie Arbeitsplätze für Zivilbe-
schäftigte brechen weg, während große, teilweise kontaminierte Flächen mit aufste-
henden, für eine zivile Nutzung regelmäßig ungeeigneten Bauwerken frei werden und
eine neue Nutzungsperspektive benötigen.
Die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Konversion haben sich gegenüber vo-
rangegangener „Konversionsrunden“ grundlegend verändert: Die Umwandlung der
Konversionsflächen in Gewerbeflächen reicht oft allein nicht mehr aus, um eine wirt-
schaftliche Entwicklung in Gang zu bringen. Der demografische Wandel hat auch die
Nachfrage nach frei werdenden Wohnungen in schwachen Teilmärkten deutlich redu-
ziert. Ferner stehen weniger öffentliche Mittel für die Förderung von Konversionsmaß-
nahmen zur Verfügung. In Wachstumsregionen dagegen bieten gerade Konversions-
standorte in integrieren Lagen Potenziale z. B. für neuen bezahlbaren Wohnraum.
Der Truppenabzug bietet somit vielerorts auch Chancen, bedeutsame integrierte Flä-
chen im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung neu zu gestalten. Er
stellt die planungsberechtigten Gemeinden vor die Notwendigkeit, die aufgegebenen
Militärflächen planerisch erstmalig "zivil" zu bewerten, einzuordnen und sie unter Um-
ständen im Interesse eines strukturellen Ausgleichs verlorener Wirtschaftskraft mög-
lichst schnell einer wirtschaftlich relevanten zivilen Folgenutzung zuzuführen. Dabei
stellt sich sowohl die Frage des Bestandsschutzes ehemaliger militärisch genutzter
Anlagen und der planungsrechtlichen Bewertung der Konversionsflächen als auch
nach dem jeweils geeigneten städtebaulichen Instrumentarium zur Vorbereitung ziviler
Folgenutzungen sowie ihrer Finanzierbarkeit bzw. Nutzbarkeit. Bei dem kurzfristig an-
fallenden Flächenangebot spielen auch gezielter Rückbau und Renaturierungen sowie
Zwischennutzungen eine wichtige Rolle. Diese Fragen gewinnen an Brisanz, weil
vielerorts zahlreiche andere – innenstadtnäher gelegene – Brachen parallel auf den
Flächenmarkt drängen und gleichzeitig eine Flächennachfrage schwach oder gar nicht
vorhanden ist.
Die Fachkommission "Städtebau" der Bauministerkonferenz hatte bereits 1994 unter
Mitwirkung der Kommunalen Spitzenverbände für die betroffenen Gemeinden sowie
für interessierte Nutzer eine Arbeitshilfe für die Nachnutzung militärischer Liegen-
schaften herausgegeben und diese 2002 aktualisiert. Vor dem Hintergrund der aktuel-
len Stationierungsentscheidung vom Oktober 2011 im Rahmen der Neuausrichtung
der Bundeswehr und dem weiteren Abzug der alliierten Streitkräfte resultierenden
Problemstellungen erfolgt nunmehr unter Berücksichtigung veränderter demografi-
scher und wirtschaftsstruktureller Rahmenbedingungen eine erneute Aktualisierung.
Auch hieran haben die Kommunalen Spitzenverbände mitgewirkt.
3
Inhalt
1.
Konversion militärischer Liegenschaften in Kooperation
1.1.
Akteure im Konversionsprozess
1.2.
Prozessorganisation
2.
Von der militärischen zur zivilen Nutzung – Schritte im Konversionsprozess
2.1.
Struktur des Konversionsprozesses
2.2.
Das Rückgabeverfahren
3.
Städtebauliche Planung, Instrumente und Steuerungsmöglichkeiten
3.1.
Planungsrechtliche Einordnung militärischer Areale
3.2.
Landes- und regionalplanerische Vorgaben
3.3.
Bauleitplanverfahren zur Realisierung der zivilen Nachfolgenutzung
3.3.1 Flächennutzungsplan
3.3.2 Bebauungsplan
3.3.3 Sicherung der Bauleitplanung
3.3.4 Militärische Flugplätze
3.3.5 Bebauungspläne der Innenentwicklung
3.3.6 Naturschutz, Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz
3.4.
Städtebauliche Verträge
3.5.
Instrumente des Besonderen Städtebaurechts
3.5.1. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
3.5.2. Städtebauliche Entwicklungsmaßnamen
3.5.3. Stadtumbaumaßnahmen
4.
Szenarien zur Entwicklung von Konversionsliegenschaften
4.1.
Grundsätzliche Entwicklungs- und Vermarktungsmodelle
4.2.
Grunderwerb durch die Gemeinde
4.2.1. Kommunaler Grunderwerb im Wege des Besonderen Städtebaurechts
4.2.2. Erstzugriffsoption für Gemeinden
4.3.
Wertermittlung und Kaufpreisfindung
4.4.
Hinweise zur Kaufvertragsgestaltung
5.
Baurechtliche Fragen / Genehmigungspflichten
5.1.
Bestandsschutz
5.2.
Rückbauverpflichtung
5.3.
Baugenehmigungspflichten
5.4.
Zwischennutzung
6.
Altlasten und Kampfmittel
6.1.
Altlasten
6.2.
Kampfmittel
6.3.
Gebäudeschadstoffe und abfallrechtliche Belange
7.
Finanzierung und Förderung
7.1.
Kosten der Konversion
7.2.
Finanzierung
7.3.
Förderung
8.
Potenziale für Naturschutz und Energiewende
8.1.
Nachnutzung als Natur, Landschaft, Erholung und Tourismus
8.2.
Nachnutzung für erneuerbare Energien
04
06
09
20
30
36
42
46
4
1.
Konversion militärischer Liegenschaften in Kooperation
Städtebauliche Großprojekte wie die Konversion militärischer Liegenschaften
erfordern über einen in der Regel langen Entwicklungszeitraum das zielgerich-
tete Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteuren. Ein sorgfältig strukturierter
Konversionsprozess mit klaren Zuständigkeiten und wechselseitiger Verläss-
lichkeit sowie einer hohen Transparenz hinsichtlich der Ziele, der Arbeitsschritte
und der Finanzierung sind von enormer Wichtigkeit für das Gelingen der Kon-
version.
Militärische Liegenschaften sind im Wesentlichen:
originär zu militärischen Zwecken genutzte Liegenschaften, wie
Kasernen, Depots, Truppenübungsplätze und Flugplätze,
Immobilien, die zu Verwaltungszwecken genutzt wurden, wie
beispielsweise Kreiswehrersatzämter,
Infrastruktureinrichtungen der Streitkräfte wie Schulen, Kindergärten,
Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen,
Unterkunftsgebäude, Wohngebäude und Wohnsiedlungen der Bundeswehr
und der Gaststreitkräfte, auch außerhalb des Kasernenbereichs.
1.1.
Akteure im Konversionsprozess
Standortgemeinde
Die Standortgemeinde nimmt eine Schlüsselstellung im Konversionsprozess
ein. Ihr obliegt im Wesentlich die Entscheidung, ob eine und wenn ja welche
Nachnutzung für die Liegenschaft zu Frage kommt. Sie stellt als Trägerin der
Planungshoheit die Weichen für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Hierfür
steht ihr eine Vielzahl von Instrumenten, insbesondere auch des Allgemeinen
und Besonderen Städtebaurechts zur Verfügung. Bauleitpläne sind dabei an
die jeweiligen Ziele der Raumordnung anzupassen. Die kommunale Konversi-
onsaufgabe steht vielfach im interkommunalen oder regionalen Kontext und er-
fordert daher die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden.
Die Gemeinde sollte bei der Bewältigung der Konversionsaufgabe und der
Qualifizierung der einzelnen Arbeitsschritte zu ihrer Unterstützung ggf. auch
Stadtplanungs- und andere Fachbüros heranziehen. Zudem ist die Einbindung
der Öffentlichkeit ein wichtiger Bestandteil des Konversionsprozesses. Die Bür-
gerinnen und Bürger sollten im Rahmen informeller und formeller Beteiligungen
von Beginn an in den Konversionsprozess eingebunden werden.
Bundesministerium der Verteidigung
Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) wirkt in seiner Funktion als
militärischer Fachplanungsträger am Konversionsprozess mit. Es kündigt im
Zuge der Bekanntgabe von Stationierungsplanungen die Rückgabe militäri-
scher Liegenschaften an (aktuell: Bekanntgabe der Stationierungsentscheidung
des Bundesminister der Verteidigung vom 26. Oktober 2011, Bekanntgabe der
Realisierungsplanung am 12. Juni 2012). Bei freiwerdenden Flächen der Gast-
streitkräfte prüft das BMVg auch eine mögliche militärische Anschlussnutzung
durch die Bundeswehr. In ihrer Funktion als Mieterin der Liegenschaften hat die
Bundeswehr zudem jeweils rechtzeitig vor der geplanten Rückgabe einer militä-
rischen Liegenschaft gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das
Mietverhältnis zu kündigen.
5
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist seit dem 01. Januar 2013
Eigentümerin sämtlicher zuvor im Ressortvermögen des BMVg befindlicher in-
ländischer Liegenschaften, also sowohl der von der Bundeswehr und den
Gaststreitkräften militärisch genutzten als auch der zur Rückgabe vorgesehe-
nen und der tatsächlich zurückgegebenen ehemals militärisch genutzten Lie-
genschaften. Der BImA wurden durch das Gesetz über die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben (BImAG) vom 09. Dezember 2004 liegenschaftsbezogene
und weitere Aufgaben der vormaligen Bundesvermögensverwaltung übertra-
gen. Die BImA ist eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen
Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen mit Sitz in
Bonn; sie hat neun nachgeordnet regionalen Hauptstellen. Die BImA hat nach §
1 Abs. 1 BImAG den gesetzlichen Auftrag, die Liegenschaften des Bundes wirt-
schaftlich zu verwalten und nicht betriebsnotwendige Grundstücke zu veräu-
ßern. Informationen zu den (internen) Verkaufsgrundsätzen werden im Rahmen
von Merkblättern und auf der Homepage der BImA im Internet
veröffentlicht.
1.2.
Prozessorganisation
Angesichts der komplexen städtebaulichen Aufgabenstellung und vielfach
schwieriger Rahmenbedingungen stellen sich besondere Anforderungen an die
Organisation des Konversionsprozesses. Konversion ist kein Selbstläufer. Nach
wie vor kann Konversion aber auch große Chancen für die kommunale und re-
gionale Entwicklung eröffnen.
Ein Grundproblem vieler Konversionsprojekte sind Interessenunterschiede zwi-
schen der Standortgemeinde und der BImA. Während die Gemeinden eine in
ihre Gesamtentwicklung eingepasste nachhaltige Entwicklung der Konversions-
flächen anstreben, orientiert sich die BImA als Eigentümerin gemäß § 1 BImAG
bisher am Ziel einer möglichst gewinnbringenden Vermarktung der Flächen.
Die BImA verfolgt daher häufig die Strategie „schwarze Zahlen oder liegen las-
sen“. Die Gemeinde ist zwar aufgrund ihrer Planungshoheit in einer starken
Position. Allerdings kann das Planungsrecht in der Regel nur unerwünschte
Entwicklungen verhindern, nicht aber wünschenswerte Entwicklungen gegen
den Willen bzw. ohne Mitwirkung der Eigentümerin in Gang setzen (vgl. Nr. 3.5
Instrumente des Besonderen Städtebaurechts).
Um eine zielgerichtete und kooperative Zusammenarbeit zu erreichen, kann der
Abschluss von Konversionsvereinbarungen hilfreich sein. In Einzelfällen wur-
den bereits derartige Vereinbarungen zwischen Gemeinden und BImA (bun-
desweit verschiedene Beispiele) vorbereitet und auch schon abgeschlossen. In
den Vereinbarungen werden – unbeschadet der rechtlichen Zuständigkeit der
Gemeinden im Rahmen ihrer Planungshoheit – kooperative Verfahrensgrund-
sätze festgelegt:
Die Akteure vereinbaren eine gegenseitige frühzeitige Information und
einen transparenten Austausch über Ziele, Strategien und Maßnahmen.
Als Ergebnis von gemeinsamer Information und Beratung streben die
Beteiligten standortbezogene und umsetzungsbezogene Umnutzungsstra-
tegien für die einzelnen Konversionsflächen an.
Im Rahmen der Transparenz verpflichten sich insbesondere die Gemeinden,
die BImA bei Nachnutzungsüberlegungen frühzeitig einzubeziehen, während
die BImA umgekehrt ein einvernehmliches Vorgehen bei Entscheidungen über
Verpachtungen und Zwischennutzungen von Konversionsliegenschaften und
6
bei der inhaltlichen und zeitlichen Ausgestaltung von Ausschreibungen zusi-
chert.
Mit Blick auf planerische Nachnutzungsüberlegungen sollten die Gemeinden
dabei mögliche Verkehrswertsteigerungen im Auge behalten und ggf. parallel
entsprechende Schritte z.B. im Rahmen des Besonderen Städtebaurechts ein-
leiten.
2.
Von der militärischen zur zivilen Nutzung – Schritte im
Konversionsprozess
Städtebauliche Konversionsprozesse beginnen bereits weit vor der tatsächli-
chen Aufgabe der militärischen Nutzung mit der Ankündigung von Standort-
schließungen bzw. flächenrelevanten Standortreduzierungen. Die Standortge-
meinde sollte sich sehr frühzeitig mit der anstehenden Aufgabe auseinander-
setzt. Bereits in der Anfangsphase sind hierfür ausreichende personelle Res-
sourcen notwendig, da hier die entscheidenden Weichen gestellt werden.
2.1.
Struktur des Konversionsprozesses
Die Umstrukturierung großer militärischer Liegenschaften erfordert eine meist
mehrjährige Vorbereitungszeit. Diese reicht von der Erörterung erster Perspek-
tiven, einer vertieften Grundlagenermittlung, der Formulierung städtebaulicher
Ziele unter Berücksichtigung von Zielen der Landes- und Regionalplanung bis
hin zum Einsatz städtebaulicher Instrumente, der Qualifizierung im Rahmen
von Wettbewerben und der Klärung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit verschie-
dener planerischer Szenarien.
Die Umsetzungsphase beginnt dann in der Regel mit der Freimachung des Ge-
ländes, dem Abbruch entbehrlicher Gebäude und der Erschließung, sofern eine
bauliche Nachnutzung in Frage kommt.
2.2.
Das Rückgabeverfahren
Bisher wurde im Rahmen der Konversion der Prozess der Aufhebung der mili-
tärischen Zweckbestimmung von Bund, Ländern und Gemeinden einvernehm-
lich als Freigabeverfahren bezeichnet. Da für den Bund in diesem Prozess seit
der Eigentumsübertragung auf die BImA die „Rückgabe“ der jeweiligen Mietsa-
che durch das BMVg an die BImA im Vordergrund steht, hat er entschieden, für
sich künftig den Begriff „Rückgabe“ anstelle des zuvor durchgängig genutzten
Begriffes „Freigabe“ zu verwenden. Zwar kommt damit die für die Gemeinden
und den Konversionsprozess zentrale Bedeutung der Aufhebung der militäri-
schen Zweckbestimmung der jeweiligen Liegenschaft nicht mehr ausreichend
zu Geltung. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird im Rahmen dieser Ar-
beitshilfe aber nun ebenfalls der Begriff „Rückgabe“ verwendet.
Die Aufhebung der militärischen Zweckbestimmung ist ein besonders wichtiger
Verfahrensschritt im Konversionsprozess, da hiermit gleichzeitig die Privilegie-
rung nach § 37 BauGB entfällt. Das Rückgabeverfahren hat in der aktuellen
Konversionswelle mit der Stationierungsentscheidung vom Oktober 2011 im
Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr durch den Bundesminister der
Verteidigung bzw. mit der Ankündigung des Abzugs durch die Gaststreitkräfte
begonnen. Es läuft in mehreren Einzelschritten ab und endet mit der tatsächli-
chen Aufgabe der militärischen Nutzung und der Rückgabe der jeweiligen Flä-
chen an die BImA. Gesetzliche Vorgaben zum Ablauf des Rückgabeverfahrens
7
bestehen aktuell nicht.
Dem Ablauf des Rückgabeverfahrens und insbesondere dem Zeitpunkt, ab
dem die Gemeinde die städtebauliche Entwicklung des Gebiets wirksam durch
Bauleitpläne steuern kann, kommt eine besondere Bedeutung zu. Durch ein
transparentes Rückgabeverfahren wird daher ein kooperativer Konversionspro-
zess unterstützt, der es den Gemeinden ermöglicht, frühzeitig die notwendigen
vorbereitenden Schritte für eine zivile Nachnutzung einzuleiten.
Struktur des Rückgabeverfahrens
Verfahrens-
schritte
Folgen für die Kommune
Aufgaben und Mitteilungspflichten
für Bund/BImA
BImA ist Eigentümerin der Dienstliegenschaften;
Bewirtschaftung erfolgt im Einheitlichen Liegenschaftsmanagement (ELM)
Mitteilung über Beendigung der militärischen
Nutzung (idR ein Monat vor Rückgabe)
Mitteilung über akutellen Stand der
Anschlussprüfung des Bundes
Ggf. Mitteilung über Möglichkeit des Erstzugriffs
der Kommune
Phase 2
Konkrete
Ankündigung
der Rückgabe
einer
Liegenschaft
Phase 1
Grundsätzliche
Ankündigung
zur Aufgabe
einer
Liegenschaft
Phase 3
Tatsächliche
Rückgabe der
Liegenschaft
möglicher Beginn für:
informelle Planungen
Bauleitplanverfahren (Aufstellungsbeschluss)
Verfahren des besonderen Städtebaurechts
(vorbereitende Untersuchungen)
Ggf. Einsatz von Sicherungsmitteln der
Bauleitplanung nach BauGB (Zurückstellung,
Veränderungsperre, Vorkaufsrechtssatzung)
Stationierungskonzept vom 26.11.2011
Realisierungsplanung vom 12.06.2012
(letzter Stand: 17.04.2013)
Kündigungsschreiben BMVg an BImA
Besitzübergabe an BImA
Unterrichtung Kommune und StK
(faktische Räumung kann noch länger
andauern)
Wegfall der besonderen Zweckbestimmung
"Militär"
(Öffnung für zivile Nachnutzung, Entfall
Bestandsschutz, Wegfall
Zustimmungserfordernis für Satzungsbeschluss
Entwicklungsmaßnahme sowie für
Durchführung von Sanierungsmaßnahmen,
Beschlüsse über Bauleitpläne jedenfalls ab
diesem Zeitpunkt rechtlich zulässig)
Anschlussprüfung
Bundesbedarf
(Beispiel:
Bundeszollverwaltung,
Bundespolizei)
fortlaufende Prüfung:
anderweitiger
Bundesbedarfe im Sinne
von § 37 BauGB
sonstiger Bedarfe des
Bundes
möglicher Rück-
übertragungsansprüche
Graphik © Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr
Phase 1: Grundsätzliche Ankündigung zur Aufgabe einer Liegenschaft
Im Rahmen ihrer Planungshoheit und zur Steuerung einer nachhaltigen städte-
baulichen Entwicklung können die Gemeinden bereits ab dem Zeitpunkt der
Bekanntgabe der Stationierungsentscheidung der Bundeswehr bzw. der Gast-
streitkräfte mit informellen und formellen städtebaulichen Planungen beginnen
und Beschlüsse zur Einleitung von Bauleitplanverfahren sowie von städtebauli-
chen Gesamtmaßnahmen nach dem Besonderen Städtebaurecht fassen. Maß-
8
nahmen zur Sicherung der Bauleitplanung (Zurückstellung, Veränderungssper-
re) und Vorkaufsrechtssatzungen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) können auch vor
Aufhebung der militärischen Zweckbestimmung erlassen werden. Mit der
Rückgabeankündigung für die einzelnen Standorte – für die Bundeswehrstruk-
turreform 2011 erfolgte diese durch den Bundesverteidigungsminister am
12.Juni 2012 – stehen sowohl der BImA als auch den Ländern und Gemeinden
überschlägige Informationen zu den geplanten Zeitpunkten der Schließung
bzw. Dienstpostenreduzierungen von Standorten zur Verfügung. Die bekannt
gegebene Zeitplanung wird seither durch das BMVg insbesondere für Teilflä-
chen der Konversionsliegenschaften laufend konkretisiert. Um eine sachge-
rechte Steuerung der vorbereitenden Planungen und Aktivitäten zu ermögli-
chen, erhalten Land und Gemeinde liegenschaftsbezogen zeitgleich mit der
BImA aktuelle Informationen.
Phase 2: Konkrete Ankündigung der Rückgabe einer Liegenschaft
Die konkrete Ankündigung der Rückgabe einer militärischen Liegenschaft er-
folgt mit Jahres- und Monatsangabe durch das Kündigungsschreiben des ELM-
Mietvertrages der Bundeswehrdienstleistungszentren an die BImA. Das Kündi-
gungsschreiben, das von der BImA an die Gemeinden weitergeleitet wird, ent-
hält auch einen Mitteilung des BMVg zur Beendigung der militärischen Nut-
zung. Im Begleitschreiben wird die BImA jedoch darauf hinweisen, dass sich
die tatsächliche Rückgabe der Liegenschaft zeitlich verschieben kann. Darüber
hinaus wird die BImA den aktuellen Stand der Prüfung möglicher Bundesbedar-
fe für eine Anschlussnutzung mitteilen. Beide Schreiben werden in der Regel
spätestens einen Monat vor Rückgabe der Liegenschaft an die betreffende
Gemeinde versandt. Die BImA prüft das Vorliegen etwaiger Bundesbedarfe
fortlaufend während des ganzen Rückgabeverfahrens. Es kann sich also auch
kurz vor bzw. auch nach Rückgabe der Flächen an die BImA herausstellen,
dass diese nicht verwertet werden können, weil sie für weitere Bundesbedarfe
benötigt werden. Für diese Nutzungen wäre dann ggf. die Schaffung von Pla-
nungsrecht durch die Gemeinde oder ein neues Verfahren nach § 37 BauGB
erforderlich. Während des Rückgabeverfahrens wird auch geprüft, ob Rück-
übertragungsansprüche vorheriger Eigentümer bestehen; in Frage kommen
vertragliche Rückübertragungsansprüche oder gesetzliche Rückgabeansprüche
nach § 57 des Landbeschaffungsgesetzes. Im Fall der Rückgabe von Liegen-
schaften der Gaststreitkräfte prüft das BMVg weitere NATO- und Bundeswehr-
bedarfe und teilt das Ergebnis der Prüfung der BImA mit. Eine Abfrage beim
jeweiligen Land zur Klärung der Landesbedarfe erfolgt nicht. Etwaige Landes-
bedarfe werden im Zuge der Erstzugriffsoption, die auch für die Länder Anwen-
dung finden wird, ermittelt.
Phase 3: Tatsächliche Rückgabe der Liegenschaft
In der dritten Phase erfolgt die tatsächliche Rückgabe der militärischen Liegen-
schaft. Hierüber werden die Verwaltungsleitung der Gemeinde und die Staats-
bzw. Senatskanzlei des zuständigen Landes durch die BImA unverzüglich un-
terrichtet. Die Gemeinden können jedenfalls ab diesem Zeitpunkt die für eine
zivile Nachfolgenutzung die notwendigen Satzungsbeschlüsse für Bebauungs-
pläne sowie städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen fassen
sowie ihren Flächennutzungsplan ändern (siehe dazu Ziffer 3.3). Ggf. noch an-
dauernde Räumungsarbeiten der Streitkräfte sind insoweit ohne Relevanz für
die Planungshoheit der Gemeinde. Das Verfahren gilt auch bei Teilrückgaben
von Liegenschaften.
9
3.
Städtebauliche Planung, Instrumente und Steuerungsmöglichkeiten
Die Umnutzung und Umstrukturierung freiwerdender Militärareale für eine zivile
Nachnutzung berührt die städtebauliche Entwicklung der betroffenen Gemeinde
meist grundlegend und erfordert die Einbindung dieser Areale in eine kommu-
nale, ggf. auch interkommunale städtebauliche Gesamtkonzeption. Es ist Auf-
gabe der Gemeinde, sich im Rahmen ihrer Planungshoheit frühzeitig und damit
weit vor der tatsächlichen Rückgabe der Liegenschaft damit auseinanderzuset-
zen, welche Entwicklungsziele sie verfolgt und welches planungsrechtliche In-
strumentarium geeignet ist, diese im anstehenden Konversionsprozess zu si-
chern und umzusetzen.
Die frühzeitige Entwicklung informeller Ideen und Konzepte in Kombination mit
den Instrumenten des Allgemeinen und Besonderen Städtebaurechts bietet ge-
eignete Möglichkeiten für die spezifischen kommunalen Steuerungsbedarfe des
jeweiligen Einzelfalls. Angesichts der Komplexität von Konversionsaufgaben
hat es sich in vielen erfolgreich durchgeführten städtebaulichen Konversions-
projekten bewährt, die Instrumente des Allgemeinen und des Besonderen Städ-
tebaurechts kombiniert anzuwenden. Gewünschte Nutzungsoptionen und ein
den kommunalen Zielen entsprechender Entwicklungsprozess sind in der Regel
nur zu erreichen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig geschaf-
fen werden.
Mit dem Einsatz der Planungs-, Verfahrens- und Rechtsinstrumente des Allge-
meinen und Besonderen Städtebaurechts sind neben den grundsätzlichen Pla-
nungs- und Genehmigungserfordernissen insbesondere folgende Aspekte be-
einflussbar:
Einwirkungen auf Veränderungen (Veränderungssperre, Zurückstellung von
Baugesuchen)
Zulässigkeit von Um- und Zwischennutzungen vorhandener baulicher
Anlagen
Erfordernis und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
(§ 1a Abs. 3 BauGB, §§ 14 - 17 BNatSchG)
Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung (§ 33 BauGB)
Im Bereich des Besonderen Städtebaurechts sind dabei insbesondere auch zu
nennen:
Genehmigungspflicht gem. § 144 BauGB
Sicherung des Allgemeinwohls durch Ausübung des Vorkaufsrechts
(§ 24, § 25 BauGB)
Kaufpreisbeschränkungen (§ 153 BauGB)
Steuervergünstigungen(§§ 7h, 10f, 11a EStG).
Die Wahl geeigneter Planungs-, Verfahrens- und Rechtsinstrumente ermöglicht
es, kommunale Planungsziele im laufenden Konversionsprozess stetig weiter
zu konkretisieren, die hierzu notwendigen fachlichen Grundlagen sorgfältig zu
erarbeiten, den Grundstückseigentümer und die weiteren beteiligten Akteure
qualifiziert einzubinden und in der Umsetzung eine geordnete städtebauliche
Entwicklung zu erreichen.
10
3.1.
Planungsrechtliche Einordnung militärischer Areale
Rechtzeitig im Vorfeld der Aufgabe der militärischen Nutzung ist der baupla-
nungsrechtliche Status jeder zur Rückgabe vorgesehenen Liegenschaft zu klä-
ren. Dieser Status ist im Konversionsprozess in mehrfacher Hinsicht von Be-
deutung. Zum einen ist er maßgeblich, wenn es um die Zulässigkeit ziviler
Nachnutzungen und die Prüfung der Notwendigkeit einer vorherigen Bauleit-
planung geht. Zum anderen ist die planungsrechtliche Qualität ein maßgebli-
cher Faktor bei der Wertermittlung einer Liegenschaft. Gerade im Rahmen ein-
geleiteter städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen ist es
Aufgabe der Gemeinde, sich zur Ermittlung des entwicklungsunbeeinflussten
Grundstückswertes frühzeitig Klarheit zur planungsrechtlichen Einordnung zu
verschaffen. Darüber hinaus hängt von der planungsrechtlichen Beurteilung
auch die Notwendigkeit von Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur
und Landschaft ab.
Dabei ist zu prüfen, ob die Flächen insgesamt oder in Teilen zum bauplanungs-
rechtlichen Innenbereich (§ 34 BauGB) oder zum Außenbereich (§ 35 BauGB)
gehören. Bebauungspläne wird es für diese Flächen regelmäßig nicht geben.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 34
Abs. 1 BauGB ist ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne dieser Vor-
schrift jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl
der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer or-
ganischen Siedlungsstruktur ist. Die vorhandene Bebauung hat dann gewis-
sermaßen die Funktion eines "Ersatzbebauungsplans", indem sie die baupla-
nungsrechtliche Bebaubarkeit der zu beurteilenden Grundstücke nach Art und
Maß der baulichen Nutzung prägt.
Bei der Zuordnung einer Liegenschaft zum Regelungsbereich des § 34 bzw.
§ 35 BauGB wird es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an-
kommen. Unter diesem Vorbehalt notwendiger Einzelfallbeurteilung ergeben
sich die nachfolgenden Fallgruppen:
Außenbereich, § 35 BauGB:
Soweit die militärisch genutzte Fläche abgesetzt von zusammenhängend be-
bauten Ortsteilen liegt und nicht das nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderliche Be-
bauungsgewicht besitzt (z.B. nur vereinzelte Gebäude, oberirdische Munitions-
lager, Depots, Bunkeranlagen, u.U. Flugplätze, Übungsplätze, Raketenstatio-
nen) ist von einer Außenbereichslage auszugehen.
Ebenfalls dem Außenbereich zuzurechnen sind abgrenzbare Flächen einer mili-
tärischen Gesamtanlage auch innerhalb zusammenhängend bebauter Ortsteile,
die keine oder nur planungsrechtlich unbedeutende Bebauung aufweisen, die
aber bereits so groß sind, dass sie nach allgemeinen Grundsätzen als Außen-
bereich zu qualifizieren sind.
Innenbereich, § 34 BauGB:
Soweit die militärisch genutzte Fläche innerhalb bebauter Ortsteile (§ 34 Abs.1
BauGB) liegt, und – vor allem bei geringer Größe – insgesamt noch von der
umliegenden Bebauung geprägt wird, ist sie dem Innenbereich zuzurechnen.
Einordnung größerer Anlagen:
Bei dieser – in der Praxis wichtigsten – Fallgruppe handelt es sich um Anlagen,
11
die insbesondere vom Gewicht der vorhandenen Bebauung her selbst die Vo-
raussetzungen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils erfüllen. Insoweit
besteht grundsätzlich das Erfordernis, bei der planungsrechtlichen Beurteilung
– möglicherweise auch innerhalb der einzelnen Quartiere einer ehemaligen Ka-
serne bzw. militärischen Liegenschaften – zwischen den verschiedenen Berei-
chen der Anlage zu differenzieren.
Außenbereich, § 35 BauGB:
Es wird Kasernenanlagen bzw. Teile von Kasernenanlagen geben, die
durch die militärische Nutzung eine besondere, den zivilen Nutzungsarten
nicht vergleichbare Prägung erhalten haben. Hier ist mit der tatsächlichen
und endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung eine maßstabsbildende
Kraft für eine zivile Anschlussnutzung grundsätzlich verlorengegangen. Die
verbliebene Bebauung wird insoweit funktionslos. Diese Flächen bzw. Teil-
flächen sind mit Aufgabe der militärischen Nutzung nach § 35 BauGB zu
beurteilen, soweit nicht eine Prägung durch eine angrenzende zivile
Bebauung gegeben ist.
Innenbereich, § 34 BauGB:
Nach § 34 BauGB ist ein Grundstück zu beurteilen, wenn es Teil eines im
Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. So hat das Bundesverwaltungs-
gericht (Urt. v. 17.05.2002 - 4 C 6.01) für ein Grundstück am Rande eines
ca. 60 ha großen innerstädtischen ehemaligen Kasernengeländes ent-
schieden, dass der mit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung
verbundene Wegfall des Bestandsschutzes nicht zwangsläufig dazu führe,
dass bebaute Flächen für ihre planungsrechtliche Beurteilung wie unbebau-
te Grundstücke zu behandeln sind.
Für die Anwendung des § 34 BauGB kommt es auf die tatsächlich vorhan-
dene Bebauung an, unabhängig von der Frage, ob sie Bestandsschutz ge-
nießt oder nicht (BVerwG, Beschl. v. 24. 05 1988 - BVerwG 4 CB 12.88).
Maßgeblich ist, ob das Grundstück zu einer tatsächlich aufeinander folgen
den Bebauung gehört, die trotz möglicher Baulücken den Eindruck der Ge-
schlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt. Bauliche Anlagen mit be-
endeter Nutzung können auch zum Bebauungszusammenhang zählen;
zumindest dann, wenn diese nicht dem Verfall preisgegeben sind (BVerwG,
Urt. v. 17. 5. 2002 - 4 C 6.01). Am Bestehen eines Bebauungszusammen-
hanges ändert auch der Leerstand einiger Gebäude nichts (OVG Magde-
burg, Urt. v. 21. 2. 2008 - 2 K 258/06). Auch unbebaute Flächen, die zwi-
schen bebauten Grundstücken liegen, können am Bebauungszusammen-
hang teilhaben, sofern durch sie der Eindruck der Geschlossenheit nicht
verloren geht.
Nach Auffassung des BVerwG (Urt. v. 17.05.2002 - 4 C 6.01) kommt damit
jedenfalls für solche Teile eines ehemaligen Militärgeländes, die einer zivi-
len Nutzung vergleichbaren Zwecken dienen (z.B. Wohnsiedlung, die bis-
her von Soldaten und ihren Familien bewohnt wird – sog. Housing Area,
Kindergarten, Verwaltung, ggf. auch eine gewerbeähnliche Nutzung, soweit
sich dies nicht als „Fremdkörper“ im Sinne der Rechtsprechung zu § 34
BauGB darstellt) eine Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB in Betracht. Die
sonstigen Voraussetzungen des § 34 Abs.1 BauGB (Bebauung von gewis-
sem Gewicht, die Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist) müs-
sen für die Fläche bzw. Teilfläche natürlich ebenfalls erfüllt sein.
12
Fazit
Bei der Zuordnung einer Liegenschaft zum Regelungsbereich des § 34
bzw. § 35 BauGB wird es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfal-
les ankommen. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass die bauplanungs-
rechtliche Zulässigkeit von neuen Nutzungen auf der Basis von § 34 und
§ 35 BauGB bei Konversionsprozessen sehr beschränkt ist und eine Aus-
nahme darstellt. In aller Regel wird ein Bauleitplanverfahren erforderlich
sein, um eine Nachfolgenutzung zu realisieren. Die Aufstellung eines Be-
bauungsplanes kann auch dann geboten sein, wenn eine nach § 34 oder
§ 35 BauGB zulässige Nutzung städtebaulich nicht erwünscht ist.
3.2.
Landes- und regionalplanerische Vorgaben
Die Landes- und Regionalplanung ist in den Ländern sehr unterschiedlich or-
ganisiert. Deshalb sind im Rahmen dieser Arbeitshilfe hierzu nur generalisie-
rende Aussagen möglich.
Die möglichst frühzeitige Beachtung raumordnerischer Ziele und Berücksichti-
gung raumordnerischer Grundsätze empfiehlt sich schon deshalb, weil damit
Konflikte und ein Scheitern von Entwicklungsvorstellungen in einem späteren
Planungsstadium vermieden werden. In Bezug auf die Ausweisung von Gewer-
be-/Industrieflächen, Sonderbauflächen bzw. Wohnbauflächen sind zumindest
in einigen Bundesländern nicht nur Anforderungen bezüglich des Standortes,
sondern auch bezüglich des Siedlungsflächenbedarfs nachzuweisen. Aus der
Tatsache der Konversion können in diesem Zusammenhang keine Zusatzbe-
darfe begründet werden.
Landes- und regionalplanerische Ziele und Grundsätze sind auch bei der An-
siedlung von Windparks, Flächen für Fotovoltaik o. ä. und bei einer Freiraum-
entwicklung im Rahmen naturschutzrechtlicher Kompensationskonzepte zu be-
achten bzw. zu berücksichtigen.
3.3.
Bauleitplanverfahren und informelle Planungen zur Realisierung der zivi-
len Nachfolgenutzung
Den Gemeinden wird empfohlen, die Überplanung eines freiwerdenden Militär-
areals im Wege einer qualifizierten Rahmenplanung, der gemeindlichen Bau-
leitplanung oder städtebaulichen Entwicklungs- oder Sanierungsmaßnahmen
sehr frühzeitig einzuleiten. Dies ist bereits möglich, wenn die Aufgabe der mili-
tärischen Nutzung erst noch bevorsteht. Es kann dabei wegen der Größe ein-
zelner Liegenschaften auch Sinn machen, Teilentwicklungen mit verschiedenen
Zeithorizonten in Angriff zu nehmen. Bei bauleitplanerischen Maßnahmen au-
ßerhalb von städtebaulichen Entwicklungs- oder Sanierungsmaßnahmen ist al-
lerdings zu bedenken, dass damit Verkehrswertsteigerungen verbunden sein
können.
Bauleitpläne, die sich mit der militärischen Zweckbestimmung der Flächen nicht
vereinbaren lassen, sind während der Dauer der militärischen Nutzung regel-
mäßig nicht vollziehbar und damit nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht erforderlich.
Diese Beschränkung entfällt, sobald die Aufgabe der militärischen Nutzung ab-
sehbar ist. Ab diesem Zeitpunkt sind z.B. der Aufstellungsbeschluss für einen
Bauleitplan, die Bürgerbeteiligung, die Beteiligung der Behörden und sonstigen
Träger öffentlicher Belange sowie die Durchführung einer interkommunalen Ab-
13
stimmung möglich.
Im Übrigen gelten für den Flächennutzungsplan (nachfolgend 3.3.1) und den
Bebauungsplan (3.3.2) folgende Prämissen:
3.3.1. Flächennutzungsplan
Die Befugnis zur Flächennutzungsplanung kann dem entsprechend in der Re-
gel mit dem Zeitpunkt der Absichtserklärung des Bundes, die militärische Nut-
zung der Fläche innerhalb eines bestimmten Zeitraums aufgeben zu wollen an-
gesetzt werden.
Eine wichtige Bedeutung entfaltet eine frühzeitige Flächennutzungsplanung vor
allem bei militärischen Flächen im Außenbereich: In Bezug auf sonstige Vorha-
ben im Sinn von § 35 Abs. 2 BauGB wird durch die entsprechende Darstellung
der Fläche ein öffentlicher Belang kreiert, der die Zulässigkeit sonstiger Vorha-
ben (in aller Regel sind davon die Zwischennutzungen betroffen) hindert, die
nicht mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde in Einklang stehen.
Stellt der FNP bereits die beabsichtigte Nutzung der Fläche nach Aufgabe der
militärischen Nutzung dar, setzt er sich mit einer konkreten Standortzuweisung
auch gegenüber privilegierten Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB) durch, sofern
sich die Nutzungen widersprechen.
3.3.2. Bebauungsplan
Bei weiterer Konkretisierung der planerischen Vorstellungen stellt sich für die
Gemeinden zugleich die Frage, mit welchem städtebaulichen Instrumentarium
die jeweilige Zielvorstellung umgesetzt und letztlich auch finanziert werden
kann. Üblicherweise wird man zuerst die Instrumente ausschöpfen, die das all-
gemeine Städtebaurecht anbietet, so z.B. Bebauungspläne in allen Varianten,
gegebenenfalls ergänzt durch städtebauliche Verträge, aber auch durch Verän-
derungssperren und Zurückstellunganträge.
Hinsichtlich der Möglichkeit zur Bauleitplanung im Wege des Bebauungsplans
gilt generell, dass das Verfahren auch vor endgültiger Aufgabe der militärischen
Nutzung begonnen werden kann. Möglich sind z.B.- s. oben - der Aufstel-
lungsbeschluss, die Bürgerbeteiligung, die Beteiligung der Behörden und sons-
tigen Träger öffentlicher Belange sowie die Durchführung einer interkommuna-
len Abstimmung. Ebenso ist es möglich, bereits zu diesem Zeitpunkt Maßnah-
men zur Sicherung der Bauleitplanung (Zurückstellung, Veränderungssperre)
zu ergreifen.
§ 9 Abs. 2 BauGB ermöglicht in besonderen Fällen, dass ein Bebauungsplan
festsetzt, dass die in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und
Anlagen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände unzulässig sind. Der hier zu
beurteilende Fall einer militärischen Konversionsfläche wird regelmäßig ausrei-
chen, einen „besonderen Fall“ im Sinn von § 9 Abs. 2 BauGB begründen zu
können. Dieser bedingte Bebauungsplan kann auch bereits vor Aufgabe der mi-
litärischen Nutzung bekannt gemacht werden. Damit kann auch das Entstehen
von Planungsschadensansprüchen in der Regel verhindert werden, die sich bei
einer Einschränkung ansonsten nach §§ 34, 35 BauGB bestehender Baurechte
durch die Bauleitplanung der Gemeinde ergeben könnten.
Die praktische Schwierigkeit bei einer solchen Planung wird darin liegen, dass
die bauleitplanende Gemeinde die für die auf den überplanten Grundstücken
14
erforderlichen Ermittlungen von Tatsachengrundlagen oft nur in eingeschränk-
tem Umfang wird anstellen können. Eine Lösungsmöglichkeit kann sich über §
209 BauGB ergeben. Auch soweit sich der Bund auf militärisch bedingte Ein-
schränkungen beruft, ist er als Grundstückseigentümer gewissen Mitwirkungs-
pflichten ausgesetzt.
3.3.3. Sicherung der Bauleitplanung
Wenn sich für Teilbereiche und Randlagen eines Militärareals nach Freigabe
Baurechte nach §§ 34 und 35 BauGB ergeben können, besteht für die Ge-
meinde wie dargestellt die Möglichkeit, die Nutzung dieser Flächen durch einen
Aufstellungsbeschluss als formelle Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens
zu steuern: Damit sichert sich die Gemeinde die Möglichkeit, konkrete Vorha-
ben, die baurechtlich zulässig wären, gemäß § 15 BauGB für 12 Monate zu-
rückstellen zu lassen. Eine Veränderungssperre als Satzung, die den Gemein-
den für die Erarbeitung eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes einen Zeit-
raum von bis zu 4 Jahren (einschließlich der Zeiten der Zurückstellung) zuge-
steht, sollte erst im Nachgang dazu erlassen werden, da diese Frist bereits mit
der Bekanntmachung der Satzung in Gang gesetzt wird, unabhängig davon, ob
den Planungsvorstellungen der Gemeinde entgegenstehende Vorhaben bean-
tragt werden oder nicht
Die möglichst frühzeitige Aufnahme vorbereitender Planungen ist daher auch
rechtlich von erheblicher Bedeutung, da das Instrument der Zurückstellung
bzw. der Veränderungssperre nur bei einer hinreichenden Definition eindeutiger
städtebaulicher Planungsziele anwendbar ist. Mindestvoraussetzung ist inso-
weit das Bestehen von Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung. In je-
dem Fall erforderlich ist ein förmlicher Beschluss der Gemeinde, einen Bebau-
ungsplan aufzustellen.
Ist eine bauleitplanerische Neuordnung der Konversionsflächen ge plant und
steht die Entstehung von Baurechten nach §§ 34, 35 BauGB nach Rückgabe
im Raum, sollte regelmäßig entweder der oben dargestellte Weg über den „be-
dingten Bebauungsplan“ gemäß § 9 Abs. 2 BauGB - mit dem Bedingungseintritt
auf den Flächen gelten unmittelbar die Festsetzungen des Bebauungsplanes -
oder dieser Weg über einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan
und den Erlass einer Veränderungssperre erwogen werden.
Daneben kann auch eine Anwendung der Instrumente des Besonderen Städte-
baurechts zielführend sein. Bei frühzeitigen planerischen Maßnahmen außer-
halb des Besonderen Städtebaurechts ist im Übrigen zu beachten, dass damit
Verkehrswertsteigerungen verbunden sein können (siehe 3.5).
3.3.4. Militärische Flugplätze
Für die Nachnutzung ehemals militärisch genutzter Flugplätze gelten Beson-
derheiten. Hier sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
Hat die Bundeswehr den Militärflugplatz zurückgegeben und den Bauschutzbe-
reich aufgehoben und wurde kein Antrag auf zivile Anschlussnutzung als Flug-
platz nach § 8 Abs. 5 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) bei der zuständigen
Landesluftfahrtbehörde gestellt, greift die Planungshoheit der Gemeinde unein-
geschränkt. Die Bundeswehr gibt die militärfliegerische Entwidmung zusammen
mit der Aufhebung von angeordneten Schutzbereichen bekannt.
15
Liegt hingegen zum Zeitpunkt der Rückgabe bereits ein Antrag eines potentiel-
len Nutzers auf zivile Anschlussnutzung als Flugplatz gemäß § 8 Abs. 5 i.V.m.
§ 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG vor, besteht ein Vorrang des Luftrechts gegenüber der
kommunalen Planungshoheit (BVerwG, Urteil vom 13.12.2007, 4 C 9.06, Be-
schluss vom 13.12.2006, 4 B 73.06). Diese Fallgruppe dürfte in der Praxis aber
kaum vorkommen, da grundsätzlich kein weiterer Bedarf an Flugplätzen in
Deutschland gesehen wird. Dies hat das Flughafenkonzept 2009 der Bundes-
regierung festgehalten.
3.3.5. Bebauungspläne der Innenentwicklung (§13a BauGB)
Für die Wiedernutzbarmachung von freiwerdenden Militärarealen kann – wegen
der Flächengröße und dem Erfordernis der Innenentwicklung wohl eher in Aus-
nahmefällen – auch das Instrument des Bebauungsplanes der Innenentwick-
lung nach § 13a BauGB in Betracht kommen. Bebauungspläne der Innenent-
wicklung erfassen solche Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung, Fort-
entwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. Sie
haben das Ziel, innerhalb des Siedlungsbereiches brachgefallene Flächen wie-
der bzw. anders nutzen zu können. Hierzu können insbesondere auch Teile
ehemals militärisch genutzter Areale zählen.
3.3.6. Naturschutz, Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz
Für die Bauleitplanung der Gemeinde empfiehlt es sich - ebenso wie bei der
Altlastensituation - auch im Bereich des Naturschutzrechts, frühzeitig gemein-
sam mit den Fachbehörden die Rahmenbedingungen auf den zu überplanen-
den Flächen zu klären. Auf die detaillierte Publikation des Deutschen Instituts
für Urbanistik (Difu) „Natur und Landschaft bei der Konversion militärischer Lie-
genschaften“ mit zahlreichen Fallbeispielen und Empfehlungen wird hingewie-
sen.
3.4.
Städtebauliche Verträge
Die Konversion militärischer Liegenschaften bietet ein breites Anwendungsfeld
für städtebauliche Verträge. Sie sind insbesondere ein geeignetes Instrument,
die gewählte Planungs- und Entwicklungsstrategie der Gemeinde zu flankieren
und abzusichern. Städtebauliche Verträge bieten sich auch in Kombination mit
städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie insbesonde-
re bei der Ausübung der kommunalen Erstzugriffsoption an.
Der städtebauliche Vertrag ist ein praxisorientiertes und gebräuchliches Instru-
ment, um gemeindliches Verwaltungshandeln und private Interessen im gegen-
seitigen Einvernehmen zu regeln. Gerade bei der Umnutzung militärisch ge-
nutzter Flächen sind sehr komplexe Gestaltungsaufgaben zu lösen. Mit dem
städtebaulichen Vertrag werden diese legitimiert und die Akzeptanz in der ge-
meindlichen Praxis erhöht. Bei städtebaulichen Verträgen handelt es sich im
Hinblick auf ihre Zielsetzung in der Regel um öffentlich-rechtliche Verträge,
auch wenn es um Grundstücksverträge geht. Das Gesetz bezieht sich nur auf
städtebauliche Verträge, deren Vertragspartner die Gemeinde ist. Vertrags-
partner der Gemeinde können natürliche oder juristische Personen des Privat-
rechts und auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sein.
§ 11 BauGB ermächtigt die Gemeinde dazu, städtebauliche Verträge zu schlie-
ßen. In § 11 Abs. 1 Satz 2 werden zentrale Anwendungsbereiche städtebauli-
cher Verträge beispielhaft zusammengefasst. Der Anwendungsbereich der
16
städtebaulichen Verträge wird dadurch nicht eingeschränkt. Ein städtebaulicher
Vertrag bedarf grundsätzlich der Schriftform. Sofern darin auch die Verpflich-
tung zum Grunderwerb oder zur Grundstücksveräußerung enthalten ist, ist eine
notarielle Beurkundung notwendig.
§ 11 Abs. 1 Satz 2 zählt folgende Vertragsgegenstände besonders auf:
Maßnahmen, die nach dem BauGB grundsätzlich von den Gemeinden
wahrzunehmen sind, wie die Vorbereitung oder Durchführung städtebauli-
cher Planungen;
Handlungsverpflichtungen, die ein Dritter im Zusammenhang mit der ge-
meindlichen Bauleitplanung gegenüber der Gemeinde eingeht, insbesonde-
re die Grundstücksnutzung und die Deckung des Wohnungsbedarfs;
Kosten- und Folgekostenregelungen (Kostenvereinbarungen), soweit sie
ursächlich mit der städtebaulichen Maßnahme verbunden sind, einschließ-
lich der Bereitstellung von Grundstücken;
Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen
Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder
Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden.
Es empfiehlt sich, im städtebaulichen Vertrag in jedem Fall die Vertragsziele,
die Leistungen der Vertragspartner (BImA, Investor, Bauherrn etc.), die Leis-
tungen der Gemeinde und Regelungen im Falle der Nichteinhaltung vertragli-
cher Vereinbarung aufzunehmen.
3.5.
Instrumente des Besonderen Städtebaurechts
Zur Lösung schwieriger städtebaulicher Aufgaben mit hohem Steuerungsbedarf
stehen mit der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme (§§ 136 ff BauGB) und
der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (§§ 165 ff BauGB) zwei Instru-
mente des Besonderen Städtebaurechts zur Verfügung, die es der Gemeinde
ermöglichen, im Rahmen eines sachlich, räumlich und zeitlich begrenzten Son-
derrechts komplexe städtebauliche Aufgaben einheitlich vorzubereiten und zü-
gig entsprechend den kommunalen Zielen umzusetzen (städtebauliche Ge-
samtmaßnahme). Zum Einsatz der beiden Instrumente bei Konversionsaufga-
ben liegen zahlreiche Praxiserfahrungen vor.
Bereits weit vor Rückgabe einer militärischen Liegenschaft und vor planeri-
schen Aktivitäten stellt sich für die Gemeinde die Frage, ob eine städtebauliche
Gesamtmaßnahme ein geeignetes Instrument zur Vorbereitung, Finanzierung
und Umsetzung ihrer militärischen Konversionsaufgabe darstellt. Wird dies be-
jaht, sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein entsprechender Beschluss über
die Einleitung vorbereitender Untersuchungen nach § 141 Abs. 3 BauGB ge-
fasst werden, auch um Steigerungen beim Grundstückswert auszuschließen
(siehe § 153 Abs. 1 BauGB).
Vorbereitende Untersuchungen (§ 141 BauGB) haben die Aufgabe, für das
Konversionsareal die städtebaulichen Ziele und Maßnahmen zu definieren so-
wie Beurteilungsgrundlagen zur Notwendigkeit und Durchführbarkeit der städ-
tebaulichen Gesamtmaßnahme zu gewinnen. Gerade für komplexe Umstruktu-
rierungsprojekte wie die Konversion freiwerdender Militärareale bieten vorberei-
tende Untersuchungen die Möglichkeit, alle notwendigen fachlichen und rechtli-
chen Grundlagen (z.B. regionale Einordnung, Baubestand, naturräumliche Be-
17
züge, Verkehrsanbindung, Prüfung des notwendigen Rechtsinstrumentariums)
fundiert zu erarbeiten. Mit der Pflicht zur Aufstellung einer Kosten- und Finan-
zierungsübersicht verbunden ist, dass die Gemeinde zuverlässige Kenntnis
über die Wirtschaftlichkeit bzw. Unrentierlichkeit der städtebaulichen Gesamt-
maßnahme erhält. Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojektes
ist zu empfehlen, verschiedene Planungsszenarien zu entwickeln und zu be-
werten.
Der Beschluss über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen nach §
141 Abs. 3 BauGB wird von der Gemeinde in eigener Verantwortung getroffen.
Einer Anzeige oder Genehmigung oder eine sonstige Beteiligung der präven-
tiven Rechtsaufsicht bedarf es nicht. Der Beschluss nach § 141 Abs. 3 BauGB
ist bei militärischen Konversionsgrundstücken rechtlich zulässig, wenn die
Standortgemeinde durch die Rückgabeankündigung des BMVg davon ausge-
hen kann, dass in absehbarer Zeit die zu untersuchende Liegenschaft von der
militärischen Zweckbindung befreit wird. Durch den Beschluss, der ortsüblich
bekanntzumachen ist, werden nicht nur die Mitwirkungs- und Auskunftspflichten
der §§ 137 - 139 BauGB ausgelöst, sondern auch die Kaufpreisbegrenzung des
§ 153 BauGB auf den sanierungs- und entwicklungsunbeeinflussten Verkehrs-
wert. Er sollte auch unter diesem Gesichtspunkt frühestmöglich, jedenfalls aber
vor dem Eingang der Rückgabeerklärung des BMVg zur endgültigen Aufgabe
der militärischen Nutzung gefasst werden.
Die städtebauliche Sanierungsmaßnahme (bei Brachflächen i.d.R. im umfas-
senden Verfahren) und die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ermögli-
chen entsprechend der nachfolgenden Übersicht ein Flächenmanagement in
kommunaler Verantwortung mit entsprechenden Steuerungsmöglichkeiten und
einem laufenden Kostencontrolling (Maßnahmen-, Kosten- und Finanzierungs-
übersicht). Zudem ist der Einsatz von Mitteln der Städtebauförderung von Bund
und Land an die Anwendung des Besonderen Städtebaurechts gebunden.
18
Rechtsgrundlage
Inhaltliche Zielsetzung
Entwicklung von örtlicher
oder regionaler Bedeutung
Vorliegen erheblicher
städtebaulicher
Funktionsverluste
Öffentliches Interesse
(insb. erhöhter Bedarf an
Wohn- und Arbeitsstätten
und Wiedernutzung
brachliegender Flächen)
Öffentliches Interesse
Einheitliche Vorbereitung
und zügige Durchführung
Einheitliche Vorbereitung
und zügige Durchführung
Abwägung: öffentliches
und privates Interesse
Ziele nicht auf
vertraglicher Basis
erreichbar
Formale Voraussetzungen
Beschluss zur Einleitung von
Vorbereitenden Untersuchungen
Stichtag für Anfangswert der
Grundstücke
Förmliche Festlegung als
Satzung
Gebietsfestlegung durch
(einfachen) Beschluss
Preislimitierung beim
Grunderwerb
Finanzierung auch aus
Wertsteigerungen
Ausgleichsbeträge
Erschließungs- / KAG-Beiträge
Genehmigungsvorbehalte
Gemeindliches Vorkaufsrecht
Grunderwerbspflicht
(ggf. Enteignung)
Steuerliche Erleichterungen
Eintrag ins Grundbuch
ja
ja
ja
nein
ja
möglich
ja
nein
nein
nein
ja
ja
nein
Ja
ja
ja
nein
ja
nein
ja
nach Erfordernis
ja
nein
nein
ja
nein
ja
möglich
nein
nein
Herstellung nachhaltiger
städtebaulicher Strukturen
Vorbereitende Untersuchung
nach § 165 (4) BauGB
städtebauliches
Entwicklungskonzept
ja
Öffentliches Interesse
Einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung
ja
Abwägung: öffentliches und privates Interesse .
Abwägung: öffentliches
und privates Interesse
Stadtumbaumaßnahme
§§ 165 – 171 BauGB
§§ 171a – 171d BauGB
§§ 136 – 151 BauGB
(Ausschlussmöglichkeit des
§ 144 ganz oder tw.),
§§ 157 – 164 b BauGB
vereinfachtes Verfahren
ja
nein
Wesentliche materielle
Voraussetzungen
Entwicklungsmaßnahme
erstmalige Entwicklung
oder Neuordnung
ja
nein
nein
ja
ja
ja
ja
ja
Ja
ja
Neuordnung durch
ja
nein
Behebung städtebaulicher Missstände
Vorbereitende Untersuchung nach § 141 BauGB
Sanierungsmaßnahme
§§ 136 – 164 b BauGB
umfassendes Verfahren
Vorliegen von städtebaulichen Missständen.
nein
ja
nein
ja
nein
ja
Vergleichende Gegenüberstellung der für die Konversion wesentlichen Instrumente des
Besonderen Städtebaurechts
Quelle: Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr,
Innenministerium des Landes Schleswig- Holstein und FORUM
3.5.1. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet
zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umge-
staltet wird. Städtebauliche Missstände liegen vor, wenn
1. das Gebiet nach seiner vorhanden Bebauung oder nach seiner sonstigen
Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder
arbeitenden Menschen auch unter Berücksichtigung der Belange des Kli-
maschutzes und der Klimaanpassung nicht entspricht oder
2. das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die
ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen.
Das BauGB kennt zwei unterschiedliche Verfahrensarten für die Durchführung
städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen. Sie unterscheiden sich vor allem in
der Intensität, mit der die Gemeinde auf die Entwicklung der Bodenpreise, auf
den Bodenverkehr und auf tatsächliche Veränderungen im Sanierungsgebiet
Einfluss nimmt. Das Gesetz ermöglicht damit „maßgeschneiderte" Verfahrens-
lösungen für die in der Praxis vielgestaltigen städtebaulichen Situationen. Diese
beiden Verfahrensarten sind das umfassende Sanierungsverfahren sowie das
19
vereinfachte Sanierungsverfahren. Wichtig ist, dass die Auswahl zwischen die-
sen beiden Verfahren nicht im Ermessen der Gemeinde steht. Das BauGB geht
vielmehr davon aus, dass auf den Einzelfall nur das eine oder andere Verfah-
ren passt, für das sich die Gemeinde dann entscheiden muss (§ 142 Abs. 4
BauGB). Die Entscheidung muss daher im Einzelfall getroffen und – insbeson-
dere als Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen (§ 141 BauGB) – auch
begründet werden.
Die §§ 153 - 156a BauGB zur Bemessung von Ausgleichs- und Entschädi-
gungsleistungen, Kaufpreise und Umlegung sind nur anzuwenden, wenn die
Gemeinde das umfassende Sanierungsverfahren anwendet. Eine Zulassung
des vereinfachten Sanierungsverfahrens nach § 142 Abs. 4 BauGB schließt die
Anwendung dieser Regelungen des Sanierungsrechts aus. Im vereinfachten
Verfahren ist jedoch die Erhebung von Erschließungsbeiträgen möglich.
3.5.2. Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen
Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen nach § 165 BauGB sind Maßnah-
men, durch die Ortsteile und andere Teile des Gemeindegebiets entsprechend
ihrer besonderen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung
der Gemeinde oder entsprechend der angestrebten Entwicklung des Landes-
gebiets oder der Region erstmalig entwickelt oder im Rahmen einer städtebau-
lichen Neuordnung einer neuen Entwicklung zugeführt werden. Die 1990 wie-
der in das Baugesetzbuch (BauGB-Maßnahmengesetz) aufgenommene städ-
tebauliche Entwicklungsmaßnahme kann zum Zwecke einer dem Gemeinwohl
dienenden Entwicklung von Ortsteilen, denen eine besondere Bedeutung für
die gemeindliche Entwicklung zukommt, eingesetzt werden. Das Instrument
bietet dem verantwortlichen Träger der Entwicklungsmaßnahme (Gemeinde
oder Entwicklungsträger) weitreichende Steuerungsmöglichkeiten. Zu beachten
ist, dass § 165 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB eine städtebauliche Entwicklungs-
maßnahme nur zulässt, wenn die zügige Durchführung der Maßnahme inner-
halb eines absehbaren Zeitraums gewährleistet ist (Zügigkeitsgebot).
Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen ist zu prüfen, ob eine Entwick-
lungssatzung erforderlich ist, oder ob die städtebaulichen Ziele durch die sons-
tigen Instrumente des Baugesetzbuches (Bauleitplanung, städtebauliche Ver-
träge, städtebauliche Sanierungsmaßnahme) umgesetzt werden können.
Neben den rechtlichen Fragen haben sich die Gemeinden auch mit Fragen der
Wirtschaftlichkeit städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen auseinanderzuset-
zen. Diese Fragen stellen sich verschärft in Regionen mit stagnierenden oder
rückläufigen Grundstückspreisen. Zu berücksichtigen ist auch, dass konkurrie-
rende Planungen und Baulandentwicklungen in der Standortgemeinde und in
den Nachbargemeinden nicht ohne Auswirkungen auf die Realisierbarkeit und
Finanzierbarkeit der Entwicklungsziele bleiben. Es wird empfohlen, entspre-
chende siedlungsstrukturelle Untersuchungen sowie Betrachtungen konkurrie-
render Flächenpotentiale in die Vorbereitung städtebaulicher Entwicklungs-
maßnahmen einzubeziehen.
Ein wichtiges Steuerungsinstrument ist der Zwischenerwerb durch die Gemein-
de (oder einen Entwicklungsträger) und die anschließende Reprivatisierung der
Baugrundstücke. Grundsätzlich soll die Gemeinde gemäß § 166 Abs. 3 BauGB
die Grundstücke in dem von ihr durch Satzung abzugrenzenden Entwicklungs-
bereich erwerben. Nicht alle Konversionsgrundstücke müssen jedoch erworben
20
werden, sofern mit vertraglichen Regelungen (städtebauliche Verträge, Abwen-
dungsvereinbarungen) die Umsetzung der städtebaulichen Ziele auch ohne den
kommunalen Zwischenerwerb gesichert werden kann.
Ein wesentlicher Grundsatz der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme ist
der Einsatz des entwicklungsbedingten Wertzuwachses der Grundstücke zur
Finanzierung der städtebaulichen Neuordnung einschließlich der kommunalen
Infrastrukturmaßnahmen. Es ist daher erforderlich, dass die Gemeinde sehr
frühzeitig den entwicklungsunbeeinflussten Grundstückswert ermittelt und auf
dieser Grundlage eine städtebauliche Kalkulation aufbaut. Die Vorstellung, die
Gemeinden könnten mit dem Instrument der städtebaulichen Entwicklungs-
maßnahme Überschüsse erzielen, ist rechtlich ausgeschlossen (§ 171 i.V. m.
§ 156a BauGB).
3.5.3. Stadtumbaumaßnahmen
Das Rechtsinstrument der Stadtumbaumaßnahme ist eine von mehreren Mög-
lichkeiten bei der Konversion militärischer Liegenschaft. Es wird jedoch hier
nicht im Vordergrund stehen. Im Gegensatz zum Sanierungsrecht sind hierbei
die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, die im Zuge der
Konversionsmaßnahme entstehenden Bodenwertsteigerungen zur Finanzie-
rung der städtebaulichen Gesamtmaßnahme zu nutzen, von dem erreichten
Konsens mit dem Immobilieneigentümer abhängig. Im Vordergrund der städte-
baulichen Praxis der Stadtumbaumaßnahme stehen vertragliche Lösungen.
Das Instrument kann daher dennoch in bestimmten Fallkonstellationen geeig-
net sein Konversionsaufgaben zu lösen.
Stadtumbaumaßnahmen sind Maßnahmen, durch die in von erheblichen städ-
tebaulichen Funktionsverlusten betroffenen Gebieten Anpassungen zur Herstel-
lung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen vorgenommen werden. Erhebliche
städtebauliche Funktionsverluste liegen insbesondere vor, wenn ein dauerhaf-
tes Überangebot an baulichen Anlagen für bestimmte Nutzungen, namentlich
für Wohnzwecke, besteht oder zu erwarten ist, oder wenn die allgemeinen An-
forderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung nicht erfüllt werden
(§ 171a Abs. 2 BauGB). Stadtumbaumaßnahmen können anstelle von oder er-
gänzend zu sonstigen Maßnahmen nach dem BauGB durchgeführt werden. Es
handelt sich um eigenständige städtebauliche Verfahren zur räumlichen Festle-
gung von Stadtumbaugebieten. Grundlage dafür ist ein von der Gemeinde auf-
zustellendes städtebauliches Entwicklungskonzept, in dem die Ziele und Maß-
nahmen im Stadtumbaugebiet schriftlich darzustellen sind. Die öffentlichen und
privaten Belange sind gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§
171b BauGB). Soweit erforderlich kann gemäß § 171 c BauGB mit den beteilig-
ten Eigentümern im Sinne von § 11 BauGB ein Stadtumbauvertrag geschlos-
sen werden. Die §§ 153 - 156a BauGB zur Bemessung von Ausgleichs- und
Entschädigungsleistungen, Kaufpreise und Umlegung gelten nicht für Stadtum-
baumaßnahmen.
4.
Szenarien zur Entwicklung von Konversionsliegenschaften
Unterschiedliche strukturelle und liegenschaftsbezogene Rahmenbedingungen
erfordern für jedes Konversionsprojekt eine vertiefte Auseinandersetzung mit
den möglichen kommunalen Handlungsoptionen. Die Gemeinde sollte im Zuge
der Grundlagenermittlung frühzeitig und mit fachkundiger Unterstützung ver-
schiedene Szenarien prüfen, um dann die für sie geeignete individuelle Ent-
21
wicklungsstrategie auszuwählen. Dabei sollten die durch die Bauleitplanung
hervorgerufenen Auswirkungen auf den Bodenwert und die Kosten der Konver-
sion berücksichtigt werden.
4.1.
Grundsätzliche Entwicklungs- und Vermarktungsmodelle
In der Praxis gibt es folgende grundlegende Entwicklungsmodelle, die sich im
Wesentlichen durch den Eigentümerstatus unterscheiden:
Gemeinde und BImA treffen im Vorfeld der Flächenvermarktung im Rah-
men städtebaulicher Verträge konkrete Vereinbarungen zum Entwicklungs-
prozess und zur Verteilung der Entwicklungslasten (z.B. Kosten für Ent-
wicklung und Grundstücksaufbereitung, Erschließung und die notwendige
soziale und technische Infrastruktur); die Grundstücksvermarktung erfolgt
im Bieterverfahren durch die BImA nach Vorliegen des Baurechts.
Die BImA strebt im Rahmen des Bieterverfahrens den Verkauf an einen
privaten Investor an, der über den Abschluss eines städtebaulichen Ver-
trags mit der Gemeinde die Entwicklungsverpflichtung übernimmt; dies
bedingt zeitgleiche Vertragsabschlüsse des Kaufvertrags (Bund-Investor)
und des städtebaulichen Vertrags (Gemeinde – Investor).
Die Gemeinde erwirbt die Liegenschaft im kommunalen Zwischenerwerb
ggf. in Kombination mit einem städtebaulichen Vertrag.
4.2.
Grunderwerb durch die Gemeinde
Im Rahmen der Erarbeitung ihrer individuellen Konversionsstrategie stellt sich
für die Standortgemeinde regelmäßig die Frage, ob der kommunale Erwerb
freiwerdender militärischer Liegenschaften für sie grundsätzlich in Frage
kommt. Möglich sind dabei, neben einem Erwerb durch die Gemeinde selbst,
auch Erwerbsmodelle durch Unternehmen und Entwicklungsgesellschaften, an
denen die Gemeinde, ggf. unter Einbeziehung weiterer Partner, beteiligt ist.
Bundesweit liegen zahlreiche Praxisbeispiele vor, in denen es mit dem Instru-
ment des kommunalen Zwischenerwerbs gelungen ist, beispielhafte neue
Stadtteile, Wohn- und Gewerbegebiete auf ehemaligen militärischen Flächen
zu realisieren. Vielfach erfolgte der kommunale Erwerb in diesen Fällen zum
sog. entwicklungsunbeeinflussten Wert. Entsprechende Optionen, die der Bund
in den 1990er-Jahren durch entsprechende Haushaltsvermerke im Bundes-
haushalt eröffnet hatte, werden aktuell von Ländern und Gemeinden wieder ge-
fordert. Hauptmotiv für den kommunalen Grunderwerb war es, eine koordinier-
te, zielgerichtete Ansiedlungspolitik aus „einer Hand“ entsprechend den städte-
baulichen Zielvorstellungen der Gemeinde eigenständig zu steuern und umzu-
setzen. Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Risiken kommt es maßgeb-
lich darauf an, ob die durch die Überplanung bewirkten Bodenwertsteigerungen
für die Deckung der Entwicklungskosten ausreichend sind.
Die Gemeinde muss vor einem geplanten Grunderwerb eingehend prüfen, ob
der Erwerb, die damit verbundenen Pflichten als Eigentümerin und die Entwick-
lung der Liegenschaft im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der
Gemeinde liegen und mit welchen Risiken Erwerb und Entwicklung verknüpft
sind. Die Erstzugriffsoption steht dabei ggf. neben den Erwerbsmöglichkeiten,
die sich aus dem Besonderen Städtebaurecht ergeben. Die Erforderlichkeit des
Grunderwerbs insgesamt sowie die Wahl des Verfahrens sind von der Gemein-
de in eigener Verantwortung abzuwägen.
Die BImA orientiert sich bei der Verwertung militärischer Liegenschaften nach
geltender Rechtslage (§ 63 Bundeshaushaltsordnung) allein an kaufmänni-
22
schen Grundsätzen. Sie veräußert nicht betriebsnotwendiges Vermögen in der
Regel im Wege eines Ausschreibungs- und Bieterverfahrens.
Die Option eines kommunalen Grunderwerbs eröffnet sich nach derzeitiger
Rechtslage somit nur in drei Fallkonstellationen:
dem Grunderwerb im Wege des Besonderen Städtebaurechts (Grunder-
werbsmöglichkeit zum sog. entwicklungsunbeeinflussten Wert),
dem Grunderwerb im Wege der Erstzugriffsoption (Grunderwerbsmöglich-
keit zum Verkehrswert nach Neuordnung),
dem Grunderwerb im Bieterverfahren.
4.2.1. Kommunaler Grunderwerb im Wege des Besonderen Städtebaurechts
Ausübung des Vorkaufsrechts
Den Gemeinden steht in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten (§ 142
BauGB) und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 165 BauGB) nach § 24
Abs.1 Nr. 3 BauGB ein Allgemeines Vorkaufsrecht zu. Zu berücksichtigen ist,
dass das Vorkaufsrecht erst dann ausgeübt werden kann, wenn ein wirksamer
Kaufvertrag vorliegt und alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigun-
gen vorliegen. Wesentlich ist dabei v.a. die erforderliche Genehmigung des
Kaufvertrages (§§ 144, 145 bzw. § 169 Abs.1 Nr.3). Denn diese kann regelmä-
ßig nicht erteilt werden, wenn der Kaufpreis den nach § 153 Abs. 1 BauGB zu
ermittelnden Verkehrswert (entwicklungsunbeeinflusster Grundstückswert)
übersteigt. Bereits vor förmlicher Festlegung einer städtebaulichen Gesamt-
maßnahme kann die Gemeinde in einem Gebiet, in dem sie vorbereitende Un-
tersuchungen (§ 141 BauGB) eingeleitet hat, das Besondere Vorkaufsrecht (§
25 BauGB) im Wege einer Vorkaufsrechtssatzung ausüben.
Erwerbsmöglichkeiten im Zuge der Vorbereitung und Umsetzung einer
städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme
Das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme ermöglicht es der
Gemeinde (oder dem beauftragten Entwicklungsträger) im Wege eines kom-
munalen Zwischenerwerbs eine koordinierte, zielgerichtete Ansiedlungspolitik
aus „einer Hand“ entsprechend ihren städtebaulichen Zielvorstellungen und mit
der gebotenen Zügigkeit umzusetzen. Da die Gemeinde die meisten Grundstü-
cke (Ausnahme z.B. kommunale Infrastruktur) wieder veräußern muss, handelt
es sich nur um einen befristeten Zwischenerwerb.
Der freihändige Grunderwerb hat bei der Wahrnehmung der gemeindlichen
Grunderwerbspflicht Vorrang vor dem Vorkaufsrecht oder der Enteignung. Ein
einvernehmlicher kommunaler Zwischenerwerb ist daher vorrangig anzustre-
ben. Der Grunderwerb erfolgt zu einem Preis, der dem Verkehrswert vor Aus-
sicht auf eine städtebauliche Entwicklung entspricht (entwicklungsunbeeinfluss-
ter Bodenwert). Die Gemeinde soll von einem Grunderwerb u.a. auch absehen,
wenn beispielsweise ein Investor ein Grundstück direkt vom Eigentümer (zum
entwicklungsunbeeinflussten Wert) erwirbt und im Wege einer Vereinbarung die
Umsetzung der Entwicklungsziele gesichert ist. Der entwicklungsbedingte
Wertzuwachs ist hier vom Investor als Ausgleichsbetrag an die Gemeinde zu
entrichten und fließt in die Finanzierung der städtebaulichen Gesamtmaßnah-
me mit ein.
4.2.2.
Erstzugriffsoption für Gemeinden
Aus Anlass der Neuausrichtung der Bundeswehr und der Stationierungsent-
scheidung vom Oktober 2011 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen
23
Bundestages am 21.03.2012 beschlossen, den von der Konversion betroffenen
Gebietskörperschaften sowie den privatrechtlichen Gesellschaf-
ten/Unternehmen, Stiftungen oder Anstalten, an denen die Gebietskörperschaft
mehrheitlich beteiligt ist, eine Erwerbserleichterung für Konversionsgrundstücke
in Form einer eingeschränkten Erstzugriffsoption einzuräumen. Damit wird der
Erwerb von ehemals durch die Bundeswehr oder die Gaststreitkräfte genutzten
Liegenschaften oder Teilflächen davon zum gutachterlich ermittelten Verkehrs-
wert ermöglicht, ohne dass die BImA das sonst hierfür übliche Bieterverfahren
durchführt. Kaufangebote Dritter und damit eine Wettbewerbskomponente, die
ein Bieterverfahren für die Konversionsgrundstücke stets beinhalten würde,
bleiben deshalb unberücksichtigt. Die Erstzugriffsoption besteht auch bei Kon-
versionsgrundstücken, die aufgrund früherer Reformentscheidungen der Streit-
kräfte für eine zivile Nachfolgenutzung vorgesehen sind; bereits eingeleitete
Bieterverfahren werden jedoch fortgeführt.
Die Interpretation des Beschlusses zur Erstzugriffsoption, seine Ausformung in
den internen Verkaufsgrundsätzen der BImA sowie seine Umsetzung in die
Praxis warfen zahlreiche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. In Ver-
handlungen zwischen Bund und Ländern konnte eine Klärung einiger wesentli-
cher Punkte erreicht werden. Die Gemeinde sollte sehr sorgfältig prüfen, ob die
Nutzung der Erstzugriffsoption für die gemeindliche Entwicklung auch unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist.
Für die Ausübung der Erstzugriffsoption gelten danach folgende Maßgaben:
Konversionsgrundstücke – für welche Liegenschaften gilt die Erstzu-
griffsoption?
Der Begriff der von der Erstzugriffsoption erfassten Konversionsgrundstücke ist
weit auszulegen. Erfasst sind:
originär zu militärischen Zwecken genutzte Liegenschaften, wie Kasernen,
Depots, Truppenübungsplätze und Flugplätze,
Immobilien, die zu Verwaltungszwecken genutzt wurden, wie beispielswei-
se Kreiswehrersatzämter,
Infrastruktureinrichtungen der Streitkräfte wie Schulen, Kindergärten, Ein-
kaufszentren und Freizeiteinrichtungen,
Unterkunftsgebäude, Wohngebäude und Wohnsiedlungen der Bundeswehr
und der Gaststreitkräfte, auch außerhalb des Kasernenbereichs.
Zweckerklärung der Gemeinde – Grunderwerb zur Erfüllung kommunaler
Aufgaben
Die Erstzugriffsoption besteht nur, wenn der Grunderwerb unmittelbar der Erfül-
lung einer öffentlichen Aufgabe dient, zu der die Gebietskörperschaft gesetzlich
verpflichtet ist oder die sie auf der Grundlage der jeweiligen Kommunalverfas-
sung bzw. Gemeindeordnung des Landes wahrnimmt. Der Aufgabenbereich ei-
ner Gemeinde umfasst sowohl Angelegenheiten des eigenen wie auch des
übertragenen Wirkungskreises. Auf der Grundlage der kommunalrechtlichen
Allzuständigkeit im eigenen Wirkungskreis ist das Aufgabenspektrum einer
Gemeinde sehr weit gefächert. Gemeindliche Aufgaben in diesem Sinne sind
z.B. regelmäßig die Schaffung von Gemeinbedarfseinrichtungen und Einrich-
tungen der Daseinsvorsorge, Wohnungsfürsorge oder Maßnahmen zur struktu-
rellen Entwicklung. Die konkrete Bewertung muss sich an den Gegebenheiten
des Einzelfalles orientieren. Die BImA hat zugesichert, hier einen sehr weiten
Maßstab anzulegen.
24
Die Gemeinde kann künftige zivile Nachfolgenutzungen der Konversionsgrund-
stücke – unabhängig vom Grundstückseigentum – im Rahmen ihrer Planungs-
hoheit steuern. Als Grundlage für die Zweckerklärung sollten daher mindestens
informelle städtebauliche Planungen der Gemeinde, in der diese die Grundzüge
der städtebaulichen Konzeption darlegt, sowie entsprechende kommunale
Grundsatzbeschlüsse vorliegen. Die BImA stellt der Gemeinde für diese vorbe-
reitenden Schritte alle vorhandenen Pläne und Unterlagen zur Verfügung und
ermöglicht den Zugang zur Liegenschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Der
Planungsstand der Gemeinde für die Zweckerklärung muss noch nicht die Qua-
lität eines ausgearbeiteten Nachnutzungskonzepts haben, wie es später Grund-
lage für die Verkehrswertermittlung ist.
Die Gemeinde muss dann eine verbindliche Erklärung gegenüber der BImA
zum Zweck der beabsichtigten Nachfolgenutzung abgeben. Soll der Grunder-
werb durch eine privatrechtliche Gesellschaft/Unternehmen, eine Stiftung oder
Anstalt erfolgen, an der die Gemeinde mehrheitlich beteiligt ist, so muss die
Zweckerklärung zusätzlich auch durch die Gemeinde abgegeben werden. Die
Zweckerklärung verpflichtet die Gemeinde nicht zu einem späteren Grunder-
werb.
Grundstückswertermittlung – welcher Grundstückswert gilt für die Aus-
übung der Erstzugriffsoption?
Der kommunale Grunderwerb im Wege der Erstzugriffsoption erfolgt zum gut-
achterlich ermittelten Verkehrswert (voller Wert nach § 63 der Bundeshaus-
haltsordnung). Sobald die künftig bauplanungsrechtlich zulässige zivile Nutzung
des Konversionsgrundstücks hinreichend verbindlich feststeht (z.B. durch ein
hinreichend konkretes, vom Stadt- bzw. Gemeinderat beschlossenes kommu-
nales Nachnutzungskonzept), kann eine Verkehrswertermittlung nach Maßgabe
der Immobilienwertverordnung durch einen unabhängigen Sachverständigen
erfolgen. Das Gutachten muss der „Mitteilung der Kommission betreffend Ele-
mente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch
die öffentliche Hand“ (Amtsblatt Nr. C 209, vom 10. Juli 1997 S. 0003 – 0005)
entsprechen. Die Wertermittlung wird in aller Regel durch die BImA veranlasst.
Für die Wertfindung wird folgendes empfohlen:
Die Grundlagen der Wertfindung sollten in einem kooperativen Ansatz zwi-
schen Gemeinde und BImA abgestimmt werden. Hierzu ist eine schriftliche
Vereinbarung zu empfehlen. Ziel sollte es sein, sich über die Aufgabenstellung
sowie über die Auswahl des unabhängigen Sachverständigen zu verständigen,
um so die Akzeptanz des Gutachtens zu erhöhen und eine qualifizierte Grund-
lage für die Verkaufsverhandlungen zu schaffen. Der örtliche Gutachteraus-
schuss ist in geeigneter Weise in das Verfahren einzubeziehen. Für die Wer-
termittlung müssen alle maßgeblichen Parameter hinreichend konkret ermittelt
und in die Berechnung einbezogen werden, wie beispielsweise die Aufberei-
tungskosten (z.B. Altlasten- und Kampfmittelbeseitigung, Freilegungskosten),
Erschließungskosten sowie Kosten für naturschutzrechtliche Kompensations-
maßnahmen.
Besserungsschein – Teilhabe der BImA an Grundstückswertsteigerungen
Änderungen des Nachnutzungskonzepts, die die Gemeinde als Trägerin der
Planungshoheit vornehmen kann, können sich unmittelbar auf den Verkehrs-
25
wert des Grundstücks auswirken. Die BImA verlangt daher in aller Regel die
Aufnahme einer Nachzahlungsklausel in den notariellen Kaufvertrag, mit der sie
zu mindestens 50 % an Grundstückswertsteigerungen beteiligt wird, die in ei-
nem Zeitraum von bis zu 20 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages auf
rechtlichen Veränderungen des Baurechts beruhen. Wenn für die Grund-
stückswertermittlung eine detailliert ausgearbeitete Nachnutzungskonzeption
vorliegt, wird sich in der Regel ein kürzerer Zeitraum und die Teilhabe an Wert-
steigerungen zu einem geringeren Anteil vereinbaren lassen, als wenn die
Nachnutzungskonzeption noch eher offen formuliert ist. Im Gegenzug kann für
nicht abschließend zu bewertende Risiken, z.B. aus Altlasten und Kampfmittel-
funden, eine Reduzierungsvereinbarung bis maximal zur Kaufpreishöhe verein-
bart werden.
Wie bei der Wertfindung ist auch hier abhängig vom Einzelfall zu klären (und
sinnvollerweise ausdrücklich in einer Vereinbarung festzulegen), wann eine
entsprechende Überprüfung auf Grundstückswertsteigerungen stattfinden soll,
wer das dann ggf. notwendige Wertgutachten in Auftrag gibt und wie die Nach-
zahlung ggf. konkret abläuft.
Fristen – welche zeitlichen Vorgaben sind maßgeblich?
Der Bund strebt für die Ausübung der Erstzugriffsoption ein zügiges Verfahren
mit konkreten zeitlichen Vorgaben an. Dabei stehen folgende Fristen im Raum:
Die BImA fordert von der Gemeinde die Abgabe der Zweckerklärung innerhalb
eines Zeitraumes von in der Regel sechs Monaten. Diese Frist beginnt, sobald
die Gemeinde von der BImA die schriftliche Mitteilung erhält, dass sie die Erst-
zugriffsoption ausüben kann und ihr eine Besichtigung der Liegenschaft sowie
die Einsichtnahme der verfügbaren Pläne und Unterlagen angeboten wird. Da
eine Entscheidung der Gemeinde über die Abgabe der Zweckerklärung eine
zumindest im Grundriss feststehende städtebauliche Nachnutzungskonzeption
voraussetzt, gehen die Länder davon aus, dass die Frist so lange nicht ablau-
fen kann, bis eine solche Nachnutzungskonzeption und entsprechende kom-
munale Grundsatzbeschlüsse vorliegen. Soll die Fläche erworben werden, wird
die Gemeinde die geforderte Zweckerklärung dann so bald als möglich abge-
ben.
Die Erstzugriffsoption soll aus Sicht des Bundes verfallen, wenn die Verkaufs-
verhandlungen nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Wertermitt-
lungsergebnisses zur notariellen Beurkundung eines (mindestens für die Ge-
meinde bindenden) Grundstückskaufvertrages geführt haben. Das gesamte
Verfahren ab Ausübung der Erstzugriffsoption (durch Abgabe der Zweckerklä-
rung) der Gemeinde bis zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags soll ei-
nen Zeitraum von regelmäßig zwei Jahren nicht überschreiten.
Die BImA versteht diese Fristen als Regelfristen, die zur Verfahrensbeschleuni-
gung dienen sollen und in Abhängigkeit von Größe und Komplexität der Kon-
versionsmaßnahme auch verlängert werden können. Es handelt sich nicht um
Ausschlussfristen. Schließen die BImA und die Gemeinde zum Ablauf des Ver-
fahrens für die Ausübung der Erstzugriffsoption eine kooperative Vereinbarung,
so empfiehlt es sich, darin auch Aussagen zum zeitlichen Ablauf zu treffen.
4.3.
Wertermittlung und Kaufpreisfindung
Bundeseigene Grundstücke dürfen grundsätzlich nur zum vollen Wert verkauft
26
werden (§ 63 Abs. 3 BHO). Der Verkehrswert wird entweder gutachterlich nach
den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und
den dazu ergangenen Richtlinien oder durch Ausschreibung und Einholung von
Kaufpreisangeboten auf dem offenen Immobilienmarkt per Insertion ermittelt.
Das sog. offene Bieterverfahren stellt jedoch keine Wertermittlung im eigentli-
chen Sinne dar.
Die Gemeinden sind aufgrund ihrer und der Haushaltsbestimmungen der Län-
der gehalten, beim Erwerb von Grundstücken grundsätzlich höchstens den
Verkehrswert zu Grunde zu legen, der regelmäßig nach den Grundsätzen der
ImmoWertV ermittelt wird.
Haushaltsvermerke innerhalb des Bundeshaushaltes bzw. Richtlinien, die mit
Blick auf die aus der Bundeswehrstrukturreform 2011 sowie den Abzug der
Gaststreitkräfte resultierenden strukturpolitischen Herausforderungen für die
Gemeinden die Abgabe der ehemals für militärische Zwecke genutzten Grund-
stücke für bestimmte Zwecke verbilligt ermöglichen würden, bestehen – anders
als in der Vergangenheit – nicht.
Grundsätzlich sind die in der ImmoWertV vorgesehenen Wertermittlungsverfah-
ren anzuwenden (Vergleichswertverfahren / Ertragswertverfahren / Sachwert-
verfahren).
Für die Bewertung ehemals militärisch genutzter Grundstücke sind die nach der
ImmoWertV vorgesehenen Verfahren überwiegend nicht unmittelbar anwend-
bar, weil die Grundstücke so, wie sie im Moment beschaffen sind, zumeist nicht
marktgängig sind. In diesen Fällen wird vielfach ergänzend das Residualwert-
verfahren zur Anwendung kommen. Bei diesem Verfahren wird, ausgehend von
der künftigen Bebau- und Nutzbarkeit des Grundstücks ein Grundstückswert
ermittelt, von dem die Gesamtkosten der Entwicklung abgezogen werden. Zu-
sätzlich sind Wartezeiten bis zum Eintritt der erwarteten Entwicklung und das
Risiko, dass diese Entwicklung trotz aller Bemühungen doch nicht eintritt, zu
berücksichtigen. Im Kern stellt dieser Wert jedoch den maximalen Grund-
stückspreis dar, den ein Investor unter Wahrung der Wirtschaftlichkeit des Ent-
wicklungsvorhabens zahlen könnte. Sofern ein Verkauf vor Planungsreife er-
folgt, werden von der BImA regelmäßig langfristige Nachzahlungsverpflichtun-
gen für den Fall in den Kaufvertrag aufgenommen, dass sich durch die Bauleit-
planung der Gemeinde im Nachhinein eine „wertvollere“ Bebau- und Nutzbar-
keit ergibt. Eine Teilerstattung im umgekehrten Fall sieht die Veräußerungspra-
xis der BImA jedoch bisher nicht vor.
Für die Ermittlung des Verkehrswertes sind die bauplanungsrechtliche Beurtei-
lung sowie die sonstigen Grundstücksmerkmale am Stichtag des Erwerbs
maßgeblich. Die künftige Nutzung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie mit hin-
reichender Sicherheit auf Grund konkreter Tatschen zu erwarten ist (§ 2 Satz 2
ImmoWertV) und soweit dies dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entspricht.
Ein etwaiger Bestandsschutz für bestehende bauliche Anlagen ist in die Wer-
termittlung einzubeziehen. Bei der Ermittlung des Wertanteils baulicher Anla-
gen ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang die vorhandenen baulichen An-
lagen nach den Planungsvorstellungen der Gemeinde eine wirtschaftliche Wei-
terverwendung finden können. Erforderliche Anpassungs-, Umgestaltungs- und
Abbruchmaßnahmen einschließlich der Kosten, die durch Gebäudeschadstoffe
27
und abfallrechtliche Vorschriften entstehen können, sind wertmindernd zu be-
rücksichtigen.
Ebenfalls wertmindernd sind vorhandene Altlasten, auf der Liegenschaft ver-
bliebene Kampfmittel und sonstige Entwicklungsrisiken und -restriktionen zu
bewerten. Sofern für die Liegenschaft ein nicht bewertbarer Altlastenverdacht
besteht, ist eine belastbare Wertermittlung nicht möglich. Die Gemeinden müs-
sen dann darauf achten, sich insoweit vertraglich abzusichern (siehe unten).
Wenn ein Sanierungsbedarf konkret beschrieben werden kann und die Sanie-
rungsmaßnahmen noch nicht ausgeführt sind, die voraussichtliche Kostenhöhe
hierfür jedoch mittels Gutachten eines entsprechend qualifizierten Sachver-
ständigen ermittelt wurden, ist eine entsprechende Wertminderung im Vergleich
zur sanierten Fläche vorzunehmen.
Bei „bleibenden" Gemeinbedarfsflächen besteht die Besonderheit, dass kein
vergleichbarer „freier" Grundstücksmarkt besteht. Entsprechend 5.1.1.1 der
Wertermittlungsrichtrichtlinien 2006 (BAnz. Nr. 108a) bemisst sich der Wert
nach dem Entwicklungszustand, zu dem das Grundstück unter Berücksichti-
gung des Vorwirkungsgrundsatzes für den künftigen Gemeindebedarfszweck
gegebenenfalls im Wege einer Enteignung zu erwerben wäre, wenn das
Grundstück vorher nicht für militärische Zwecke genutzt worden wäre. Der
maßgebliche Entwicklungszustand bestimmt sich nach der Qualität, die sich im
Falle des ersatzlosen Wegfalls der bisher militärischen Zweckbindung aufgrund
der allgemeinen Situationsgebundenheit (Lage, Erschließungszustand, verkehr-
liche Anbindung, wirtschaftliche und städtebauliche Verwertbarkeit baulicher
Anlagen) für das Grundstück im unbeplanten Zustand ergeben würde.
Sofern die unter 4.2.2 beschriebene Erstzugriffsoption Basis für den Grunder-
werb ist, findet keine Kaufpreisfindung im Rahmen einer Ausschreibung statt. In
diesem Fall ist der Verkehrswert nach den Grundsätzen der ImmoWertV bzw.
nach dem Residualwertverfahren gutachterlich zu ermitteln. Laut Beschuss des
Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 21. März2012 hat die
Ermittlung des Verkehrswertes durch einen unabhängigen Sachverständigen
zu erfolgen. Aus Sicht der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände be-
deutet dies, dass die Verkehrswertermittlung nicht durch Mitarbeiter der Grund-
stückseigentümerin BImA erfolgen darf.
Auch in den anderen Fällen, bei denen nur ein Kaufbewerber in Betracht
kommt, erfolgt die Ermittlung des Verkehrswertes nach den Grundsätzen der
ImmoWertV. Dies ist z. B. bei einem vorrangigen Erwerbsinteresse eines Lan-
des relevant.
Ansonsten schreibt die BImA die Grundstücke regelmäßig öffentlich aus, sofern
auf der Grundlage der Planungsabsichten der Gemeinde Konsens mit dem
Bund über die zukünftige Nutzung und damit auch über die wesentlichen wert-
bestimmenden Faktoren besteht. Die Ausschreibung sollte in enger Abstim-
mung mit der Gemeinde erfolgen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die
in der Ausschreibung beschriebenen Entwicklungs- und Nutzungsmöglichkeiten
der Liegenschaft den Vorstellungen der Gemeinde als Trägerin der Planungs-
hoheit entspricht. In diesem Zusammenhang ist eine Vereinbarung zwischen
der BImA und der Gemeinden zu empfehlen, die die BImA verpflichtet, die Ge-
meinde rechtzeitig vorab über geplante Verkaufsaktivitäten zu informieren.
28
Die Veröffentlichung der Ausschreibung erfolgt in regionalen und/oder überre-
gionalen Zeitungen sowie im Internet
Zudem wer-
den die Immobilien auf Messen präsentiert. Da diese Marktanbietung kein for-
melles Ausschreibungsverfahren darstellt und regelmäßig nicht unter die
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) oder die Vergabe- und
Vertragsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – (VOL) fällt,
besteht für die BImA auch keine Verpflichtung, die Immobilie nach erfolgter In-
sertion zu veräußern. Die BImA behält sich daher in diesen Verfahren die Ent-
scheidung darüber vor, ob, wann, an wen und zu welchen Bedingungen veräu-
ßert wird.
Sofern das Grundstück, für das der Verkehrswert zu ermitteln ist, innerhalb ei-
nes förmlich festgelegten Sanierungsgebietes im Sinne von § 142 Abs. 1
BauGB oder eines städtebaulichen Entwicklungsbereiches im Sinne von § 165
Abs. 3 BauGB liegt, ist der sanierungs- oder entwicklungsunbeeinflusste Ver-
kehrswert maßgeblich. Dieser bestimmt sich nach dem Zustand des Grund-
stücks unter Ausschluss von Bodenwerterhöhungen, die lediglich durch die
Aussicht auf die Sanierung oder Entwicklung, ihre Vorbereitung und Durchfüh-
rung eingetreten sind (§§ 153, 169 Abs. 1 Nr. 6 BauGB). Als Zeitpunkt für den
maßgeblichen Zustand sind spätestens die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Be-
kanntmachung der Einleitung vorbereitender Untersuchungen nach § 141
BauGB oder nach § 165 Abs. 4 BauGB heranzuziehen. Werterhöhungen, die
aufgrund sogenannter externer Effekte bis zum Wertermittlungsstichtag einge-
treten sind, müssen berücksichtigt werden.
4.4.
Hinweise zur Kaufvertragsgestaltung
Aus dem wirtschaftlichen Interesse des Bundes heraus gehört es zur Vermark-
tungspraxis der BImA, über die Gestaltung der Kaufverträge Risiken der Lie-
genschaftsentwicklung für den Bund sowohl in finanzieller als auch in zeitlicher
Hinsicht zu begrenzen. Aus Sicht der Länder und der Kommunalen Spitzenver-
bände ist hierbei erkennbar, dass es mitunter zu einer einseitigen Risikovertei-
lung zu Lasten der Erwerber kommt. Um diese zu verhindern, empfiehlt es sich,
folgende Aspekte zu beachten.
Die Kosten der Liegenschaftsentwicklung werden von der BImA grundsätzlich
bei der Ermittlung des Verkehrswertes im sog. Residualwertverfahren und da-
mit bei der Bildung des Kaufpreises berücksichtigt. Die Art und Weise der Er-
mittlung des sog. vollen Verkehrswertes mittels des Residualwertverfahrens ist
jedoch mit vielfachen Unsicherheiten behaftet. Die tatsächlichen Kosten liegen
häufig über den Kostenprognosen, die Grundlage für die Wertermittlung und
damit für den Kaufpreis der Liegenschaft waren. Es solle daher geprüft werden,
ob im Kaufvertrag eine Teilerstattung des Kaufpreises für den Fallvereinbart
werden kann, dass die Ausgaben der Liegenschaftsentwicklung trotz wirtschaft-
lichen Handelns seitens der Gemeinde deutlich über den Kostenprognosen lie-
gen.
Die BImA schließt regelmäßig in den Kaufverträgen eine Mängelhaftung für den
Kaufgegenstand aus. Dieser Haftungsausschluss bezieht sich auch auf die
Nutzungsmöglichkeiten des Kaufgegenstandes. Da jedoch insbesondere die
künftige Nutzung maßgeblich für die Bildung des Kaufpreises nach dem Resi-
dualwertverfahren ist, sind die diesbezüglichen Risiken zu prüfen. Ggf. sollte im
Kaufvertrag vereinbart werden, dass eine Neuermittlung des Verkehrswertes
und damit einhergehend eine Neufestsetzung des Kaufpreises erfolgt, sofern
29
sich innerhalb einer bestimmten Frist herausstellen sollte, dass auf dem Kauf-
gegenstand oder auf Teilen hiervon die Nutzung, die Grundlage für die Ermitt-
lung des Verkehrswertes war, nicht realisiert werden kann. Für den umgekehr-
ten Fall, dass auf der Fläche eine bezüglich des anzusetzenden Bodenwertes
höherwertige Nutzung als die ursprünglich geplante Nutzung bauplanungs-
rechtlich zugelassen wird, vereinbart die BImA regelmäßig eine sogenannte
Nachbesserungsklausel zu ihren Gunsten, nach der der planungsbedingte
Mehrwert der höherwertigen Nutzung teilweise an die BImA abzuführen ist.
Die Kosten einer notwendigen Altlastensanierung sind durch Gutachten mög-
lichst genau zu identifizieren und in die Kaufpreisermittlung einzubeziehen. Für
verbleibende Unwägbarkeiten sind in den Kaufverträgen Regelungen aufzu-
nehmen, die sicherstellen, dass die Gemeinde gegen übermäßige Kostenrisi-
ken geschützt wird. Die BImA ist in der Regel bereit, eine Haftung für das Frei-
sein des Kaufgegenstandes von schädlichen Bodenveränderungen i.S.v. § 2
Abs. 3 BBodSchG und/oder Altlasten i.S.v. § 2 Abs. 5 BBodSchG zu überneh-
men. Die Haftungsübernahme wird in den meisten Fällen beschränkt auf solche
Altlasten, die innerhalb von 2 oder 3 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages
aufgedeckt werden. Bei größeren Liegenschaften ist ggf. auch eine längere
Frist verhandelbar. Insgesamt ist darauf zu achten, dass die vereinbarte Frist
für den konkreten Fall ausreichend bemessen ist. Die Kostentragung erfolgt in
der Regel zu 100 % bei Altlasten, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
bereits bekannt waren, und zu 90 % in den Fällen, in denen die Altlasten bei
Vertragsabschluss noch nicht entdeckt waren. Es werden jedoch vereinzelt von
der BImA Kaufvertragsentwürfe vorgelegt, die eine Kostentragung der BImA für
die Erkundung und Sanierung von Altlasten umfassend ausschließen. Der Ab-
schluss eines solchen Vertrages kann nur dann empfohlen werden, wenn mit
hinreichender Sicherheit von einer Altlastenfreiheit oder aber der angemesse-
nen Berücksichtigung der Kosten der Altlastenbeseitigung bei der Verkehrswer-
termittlung ausgegangen werden kann.
Auch aus Gebäudeschadstoffen kann sich ein Kostenrisiko für die Gemeinde
ergeben. Sofern dieser Kostenaspekt noch nicht bei der Kaufpreisbemessung
angemessen berücksichtigt wurde, jedoch das Vorhandensein von Gebäude-
schadstoffen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollte eine evtl. Kos-
tenbeteiligung der BImA vertraglich vereinbart werden.
Die BImA versucht regelmäßig Passagen in die Kaufverträge aufzunehmen, die
eine bundesseitige Haftung für Schäden durch auf dem Kaufobjekt vorhande-
nes Kriegsgerät oder bisher nicht entfernte Kampfmittel ausschließen. Auch
wenn das Thema Kampfmittel bei der Konversion ehemals militärisch genutzter
Liegenschaften nicht durchgängig konfliktbehaftet ist, haben Kampfmittelfunde
in der Vergangenheit in Einzelfällen zu erheblichen Problemen und Kostenstei-
gerungen bei der Liegenschaftsentwicklung geführt, da nach Räumung der Lie-
genschaften regelmäßig von einer Kampfmittelfreiheit ausgegangen wurde und
Kostenrisiken einer ggf. noch erforderlichen restlichen Kampfmittelbeseitigung
nicht wertmindernd bei der Verkehrswertermittlung berücksichtigt wurden. Für
den Umgang mit dem Kostenrisiko Kampfmittel ist daher zu empfehlen, auf ei-
ne bundesseitige Kostenbeteiligung zu bestehen.
Insgesamt beschränkt der Bund seine Kostenbeteiligung aufgrund von Haf-
tungsübernahmen regelmäßig kumulativ auf die Höhe des Kaufpreises oder auf
lediglich 90 % hiervon. Auch wenn Länder und Gemeinden sich diese pauscha-
30
le Sichtweise nicht zu Eigen machen, kann von der Durchsetzbarkeit einer über
den Kaufpreis hinausgehenden Kostenbeteiligung des Bundes nicht ausgegan-
gen werden. Es ist aber darauf zu achten, dass die Kosten für die Altlasten, de-
ren Beseitigungspflicht auch unabhängig von der Aufgabe der militärischen
Nutzung und der anschließenden zivilen Nachnutzung besteht, nicht der Kos-
tenbetrachtung der Konversion zugeordnet werden und daher auch nicht zu
Lasten der Gemeinde oder eines anderen Erwerbers auf die Kaufpreiserstat-
tung anzurechnen sind. Diese Kosten sind durch den Bund gesondert und
pflichtig zu tragen. Sofern dies nicht eindeutig regelbar ist, sollte darauf bestan-
den werden, dass der Bund seiner Sanierungspflicht vor Abschluss des Kauf-
vertrages nachkommt.
Mitunter wird von den Gemeinden oder anderen Erwerbern die Ratenzahlung
des Kaufpreises gewünscht. Grundsätzlich sind nach Auskunft der BImA ge-
stufte Zahlungsmodelle, die sich am Stand der Bauleitplanung und am erreich-
ten Grad der Erschließung orientieren, möglich. Hierbei ist jedoch zu bedenken,
dass die Finanzierungskosten auch bezogen auf die Kaufpreiszahlung im
Rahmen des Wertermittlungsverfahrens nach dem Residualwertverfahren be-
rücksichtigt werden und die Vereinbarung einer Ratenzahlung oder einer Kauf-
preisstundung den Verkehrswert entsprechend erhöhen würden. Die Vereinba-
rung eines solchen gestuften Zahlungsmodells ist daher nur für die Kaufverträ-
ge sinnvoll, die als Ergebnis eines Bieterverfahrens zustande kommen.
Für den Abschluss von Kaufverträgen bei Konversionsmaßnahmen, die im
Rahmen des Sanierungs- oder Entwicklungsrechts (§§ 136 BauGB ff) umge-
setzt werden, ist die Vereinbarung von Nachbesserungsklauseln bezüglich der
Höhe des Kaufpreises unzulässig. In diesen Fällen sind sanierungs- oder ent-
wicklungsbedingte Wertsteigerungen zur Finanzierung der Kosten der Sanie-
rung oder der Entwicklung einzusetzen. Sofern diese Maßnahmen mit einem
Überschuss abschließen, ist dieser in Anwendung von § 156 a BauGB an die
Eigentümer der im Sanierungsgebiet oder Entwicklungsbereich gelegenen
Grundstücke zu verteilen. Damit besteht eine mit der Vereinbarung einer Nach-
besserungsklausel vergleichbare Regelung.
5.
Baurechtliche Fragen / Genehmigungspflichten
Die Aufgabe der militärischen Nutzung einer Liegenschaft löst eine Reihe bau-
rechtlicher Fragen aus.
5.1.
Bestandsschutz
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verliert eine für mili-
tärische Zwecke errichtete bauliche Anlage mit der endgültigen Aufgabe der mi-
litärischen Nutzung ihren Bestandsschutz (Urteil vom 17.05.2002, 4 C 6.01).
Das gilt auch, wenn die Anlage aufgrund einer Zustimmung gemäß § 37
BauGB oder eines die Zustimmung ersetzenden Verfahrens nach § 1 Abs. 2
des Landbeschaffungsgesetzes errichtet worden ist. Der Wegfall des Be-
standsschutzes ist nicht an ein förmliches Verfahren der Nutzungsaufgabe ge-
bunden (BVerwG, Beschluss vom 21.11.2000, 4 B 36.00).
Auch die Aufnahme von zivilen Wohnnutzungen in Wohnanlagen, die bisher
von Militärangehörigen der Gaststreitkräfte und deren Familien genutzt wurden
(Housing Areas), unterfällt nicht dem Bestandsschutz.
31
5.2.
Rückbauverpflichtung
Angesichts dieses fehlenden Bestandsschutzes ist vor allem für die planende
Gemeinde von Interesse, ob und unter welchen Bedingungen im Einzelfall eine
Verpflichtung des Bundes zum Rückbau baulicher Anlagen besteht bzw. durch
die zuständige Bauaufsichtsbehörde durchgesetzt werden kann.
Aus Bundesrecht ergibt sich nicht, dass die Rechtmäßigkeit einer bauordnungs-
rechtlichen Beseitigungsanordnung bei ehemals militärisch genutzten Anlagen
– auch im Hinblick auf die Ermessensausübung – nach anderen Regeln und
Grundsätzen zu beurteilen ist als bei sonstigen baulichen Anlagen, deren Nut-
zung endgültig aufgegeben worden ist. Der ursprünglich öffentliche Nutzungs-
zweck wirkt nicht über die Beendigung der Nutzung fort (BVerwG, Beschluss
vom 21.11.2000, 4 B 36.00).
Grundsätzlich ist daher – ggf. auch auf Anregung der Gemeinde – zu prüfen, ob
eine bauordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung in Betracht kommt. Zu-
ständig für die Anordnung ist die Bauaufsichtsbehörde. Dabei handelt es sich
um eine Entscheidung, die – soweit ihre Voraussetzungen nach den landes-
bauordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen gegeben sind – nach
pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände
des Einzelfalls zu treffen ist. Allein die Tatsache, dass bauliche Anlagen in der
Vergangenheit zum Zweck der Landesverteidigung errichtet worden sind, führt
jedenfalls nicht automatisch zur Unverhältnismäßigkeit einer Beseitigungsan-
ordnung. Ebenfalls lässt sich den gesetzlichen Vorschriften kein besonderes öf-
fentliches Interesse am Bestand nicht mehr zum Zwecke der Verteidigung ge-
nutzter Anlagen entnehmen (BVerwG, 21.11.2000, s.o.).
Soweit eine Anlage einer neuen planungsrechtlichen Nutzung zugeführt werden
soll, insbesondere, wenn sich auf Grund einer (beabsichtigten) Bauleitplanung
eine neue städtebauliche Entwicklung abzeichnet, wird eine (komplette) Besei-
tigungsanordnung i.d.R. nicht in Betracht kommen. Ist eine geplante Nachfol-
genutzung im Ausnahmefall hingegen bereits ohne eine sie ermöglichende
Bauleitplanung zulässig, ist eine Beseitigungsanordnung ohnehin rechtlich aus-
geschlossen.
Im Zuge des demografischen Wandels wird es jedoch nicht für alle Konversi-
onsliegenschaften – insbesondere in städtebaulichen Randlagen und im Au-
ßenbereich im ländlichen Raum – eine Siedlungsentwicklung geben. Insbeson-
dere für Liegenschaften im Außenbereich wird es dann sinnvoll sein, sie aus
dem Nutzungskreislauf herauszunehmen und zu renaturieren. Häufig dürfte
auch eine Verwendung als naturschutzrechtliche Kompensationsfläche auch im
Rahmen bestehender Ökokonten-Regelungen in Betracht kommen.
Die oben angeführten, im Zuge der Ermessensentscheidung zu berücksichti-
genden Grundsätze können in diesen Fällen um das – fiskalisch nicht beziffer-
bare – öffentliche Interesse an der ökologischen und landwirtschaftlichen Auf-
wertung des Geländes und der Realisierung ggf. vorhandener Arten- und Bio-
toppotenziale ggf. erweitert werden. Hinzu kommt, dass die besondere Schutz-
funktion des Außenbereichs eine Beurteilung am Maßstab des § 35 BauGB er-
fordert, der bereits in Gesetzesform eine deutliche Gewichtung zugunsten eines
von baulichen Anlagen freizuhaltenden Außenbereichs festlegt.
Entsprechend der o.g. Entscheidung des BVerwG vom 21.11.2000 geht mit der
32
Aufgabe der militärischen Nutzung ein Verlust des Bestandsschutzes der bauli-
chen Anlage einher. Die ehemals militärische Anlage wird auch formell bau-
rechtswidrig. Jedenfalls bei einer Lage im Außenbereich ist die militärische An-
lage aber auch nach § 35 BauGB als unzulässig einzustufen und damit auch
materiell baurechtswidrig. Die Tatbestandsvoraussetzungen der landesbauord-
nungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen einer Beseitigungsanordnung lie-
gen damit vor.
Die Gemeinde hat in dieser Situation auch die Möglichkeit, die eigenen Renatu-
rierungsvorstellungen durch bauleitplanerische Festsetzungen zu manifestieren
und dadurch eine (bauordnungsrechtliche) Beseitigungsanordnung zusätzlich
zu untermauern.
Am Beispiel des „Dromersheimer Hörnchens“ bei Bingen am Rhein soll dies
verdeutlicht werden. Für das im Außenbereich gelegene, 5,6 Hektar große Are-
al fiel die militärische Nutzung 1998 weg. Während die Stadt eine Renaturie-
rung anstrebte, suchte die BImA nach zivilen Nachnutzern. Um unerwünschte
Entwicklungen zu vermeiden, beschloss die Stadt im Jahr 2000 die Aufstellung
eines Bebauungsplans und erließ eine Veränderungssperre. Der am
16.06.2005 in Kraft getretene Bebauungsplan setzte das Areal als „Fläche zum
Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“ fest.
Die vorhandenen militärischen Anlagen widersprachen demnach den Vorgaben
des Bebauungsplans. Als Konsequenz daraus erließ die Stadt in ihrer Funktion
als Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung nach Bauordnungsrecht.
Alle baulichen Anlagen inkl. Umzäunung seien zu beseitigen, die Flächen zu
entsiegeln.
Im anschließenden Gerichtsverfahren entschied das Verwaltungsgericht Mainz
zugunsten der Stadt (Az: 3 K 313/07-MZ) und wies die Klage der BImA ab. Ins-
besondere machte das VG unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des
BVerwG vom November 2000 deutlich, dass die Anlage keinen Bestandsschutz
genieße und die Stadt daher – trotz Vorliegen eines Bebauungsplans – nicht
zur Anwendung des städtebaulichen Rückbaugebots nach § 179 Abs. 1 Nr.1
BauGB verpflichtet ist sondern die Stadt in ihrer Funktion als Bauaufsichtsbe-
hörde gleichberechtigt das bauordnungsrechtliche Instrumentarium der Beseiti-
gungsanordnung (Folge: Eigentümer ist für den Rückbau verantwortlich, er
trägt die erforderlichen Kosten) ermessensfehlerfrei wählen durfte. Städtebauli-
che und ordnungsrechtliche Instrumentarien entstammen unterschiedlichen
Rechtsregimes und stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das VG hat dar-
über hinaus klargestellt, dass dem Belang des § 1 Abs. 6 Nr. 10 BauGB (Ver-
teidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militär-
liegenschaften) kein unbedingter Vorrang zukommt, sondern es sich um ein
gleichermaßen bei der Abwägung zu berücksichtigendes Element wie bei dem
Belang des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB (Umweltschutz, einschließlich des Natur-
schutzes und der Landschaftspflege) handelt.
§ 179 BauGB wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in
den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebau-
rechts vom 11.06.2013 (BGBl. I S.1548) dahingehend geändert, dass das
Rückbaugebot bei baulichen Anlagen, die Missstände und Mängel aufweisen,
nicht mehr an das Vorliegen eines Bebauungsplans geknüpft ist. Nach wie vor
hat der Eigentümer den Rückbau jedoch lediglich zu dulden, die Kosten trägt
die Gemeinde. Zusätzlich wurde in § 179 jedoch ein neuer Absatz 4 eingefügt,
33
der den Gemeinden allerdings einen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den
Eigentümer bis zu der Höhe einräumt, wie ihm durch die Beseitigung Vermö-
gensvorteile entstehen. Der Kostenerstattungsbetrag kann durch Verwaltungs-
akt geltend gemacht werden und ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück
5.3.
Baugenehmigungspflichten
Die zivile (Nach-)Nutzung bisher militärisch genutzter baulicher Anlagen ist in
aller Regel eine Nutzungsänderung, für die ein bauaufsichtliches Verfahren er-
forderlich ist. Soweit bauliche Änderungen hinzukommen, ist regelmäßig bereits
unter diesem Gesichtspunkt ein bauaufsichtliches Verfahren erforderlich. Maß-
geblich sind die Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung.
Die Aufnahme von zivilen Wohnnutzungen in Wohnanlagen der Gaststreitkräfte
(Housing Areas) stellt regelmäßig eine Nutzungsänderung dar. Wenn eine sol-
che Wohnanlage nunmehr der Allgemeinheit zur Wohnnutzung offen steht, än-
dert sich zwar an der tatsächlichen Nutzung „Wohnen“ nichts. Es ändert sich
aber die Zweckbestimmung der baulichen Anlage (siehe BVerwG, Urteil vom
03.12.1992, 4 C 24.90).
Die Landesbauordnungen stellen für die Frage der Verfahrenspflicht einer sol-
chen Nutzungsänderung regelmäßig darauf ab, ob für die neue Nutzung andere
öffentlich-rechtliche Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht
kommen (dies muss jeweils im Einzelfall und unter Berücksichtigung der örtli-
chen Gegebenheiten geprüft werden.
Andere öffentlich-rechtliche Vorgaben für die neue Nutzung können sich insbe-
sondere aus dem Bauplanungsrecht ergeben. Der Anwendungsbereich der §§
30 ff. BauGB ist dabei eröffnet, wenn es sich um ein Vorhaben nach § 29 Abs.
1 BauGB handelt. Eine solche Nutzungsänderung ist ein Vorhaben, sobald die
jeder Nutzung eigene Variationsbreite überschritten wird und der neuen Nut-
zung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt,
weil sie bodenrechtliche Belange im Sinne von § 1 BauGB berührt. Dies ist hier
der Fall, da die Wohnnutzung durch die Soldaten der Gaststreitkräfte und ihre
Angehörigen der Landesverteidigung diente (BVerwG, s.o.), während mit der
Aufnahme der Wohnnutzung durch die Allgemeinheit eine zivile Anschlussnut-
zung von Militärliegenschaften vorliegt und damit jeweils abweichende städte-
bauliche Belange im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 10 BauGB berührt sind. Die zivile
Anschlussnutzung hat regelmäßig auch mit Blick auf die oftmals bestehende
Einzäunung und militärische Bewachung von Wohnanlagen der Gaststreitkräfte
und die damit einhergehende Erschließungssituation eine andere städtebauli-
che Qualität.
Liegt die Wohnanlage der Gaststreitkräfte im bauplanungsrechtlichen Außenbe-
reich (so dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nur über die Anwendung
von § 37 BauGB erreicht werden könnte), kommen für das – nun neu als zivile
Wohnanlage zu betrachtende – Vorhaben nach § 35 BauGB andere baupla-
nungsrechtliche Anforderungen in Betracht als für das vorherige über § 37
BauGB privilegierte Vorhaben. In diesem speziellen Fall liegt eine Nutzungsän-
derung vor. Mit der Feststellung, dass eine zivile Wohnnutzung in Wohnanla-
gen der Gaststreitkräfte im Außenbereich baugenehmigungspflichtig ist, ist kei-
ne Aussage über die Genehmigungsfähigkeit dieser Nutzung getroffen. In an-
deren Fällen, in denen die Wohnanlage der Gaststreitkräfte im unbeplanten In-
nenbereich (§ 34 BauGB) liegt, wird hingegen unter dem Vorbehalt einer Prü-
34
fung im Einzelfall davon auszugehen sein, dass sich für die Aufnahme ziviler
Wohnnutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorgaben für die neue Nut-
zung aus dem Bauplanungsrecht ergeben. Unter diesem Blickwinkel liegt dann
keine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. In beiden Fällen ist
zudem stets zu prüfen, ob sich aus anderen Rechtsbereichen, insbesondere
auch des Bauordnungsrechts, andere Anforderungen ergeben und sich daher
(auch) aus diesem Grund eine Baugenehmigungspflicht ergeben kann.
Für Wohnanlagen der Bundeswehrsoldaten stellt sich die Problematik in dieser
Form nicht, da das BVerwG diese nicht als Anlagen der Landesverteidigung
nach § 37 Abs. 2 BauGB ansieht und damit bei der Aufnahme von ziviler
Wohnnutzung keine Änderung der Zweckbestimmung erfolgt. Insoweit fehlt es
also bereits an einer Nutzungsänderung.
Vorgaben des öffentlichen Rechts für die Nutzungsänderung
Eine ggf. nicht bestehende Baugenehmigungspflicht der Nutzungsänderung
nach obigen Maßstäben bedeutet nicht, dass das Vorhaben stets zulässig ist:
Nach den Maßgaben der Landesbauordnungen besteht stets die Verpflichtung
zur Einhaltung der Anforderungen, die durch die Landesbauordnung und ande-
re öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, auch bleiben
die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt (vgl. § 59 Abs. 2 MBO).
Vorhaben für Bundeszwecke
Insgesamt gilt, dass die sich aus § 37 BauGB für die Standortgemeinde erge-
benden Beschränkungen nur so lange gerechtfertigt sind, wie auch die öffentli-
che Zweckbestimmung im Sinne der Funktion als Anlage der Landesverteidi-
gung fortbestehen. Auch Nachfolgenutzungen für Bundeszwecke (z. B. Nut-
zung durch die Bundespolizei) müssen in den entsprechenden Zulassungsver-
fahren geprüft werden. Für in § 37 Abs. 1 und 2 BauGB genannte Folgenutzun-
gen ist ggf. ein erneutes Zustimmungsverfahren nach § 37 BauGB durchzufüh-
ren.
5.4.
Zwischennutzung
Die Konversion militärischer Flächen nimmt häufig lange Zeiträume in An-
spruch. Leer stehende Gebäude und brach liegende Flächen bieten daher oft
Anreize, dass Vorschläge zur Zwischennutzung an die Gemeinde oder den
Grundstückseigentümer herangetragen werden. Existenzgründer, Akteure aus
der Kreativwirtschaft oder Unternehmen aus dem Logistikbereich sind potentiel-
le Interessenten. Zwischennutzungen können dazu beitragen, die Liegenschaft
in das Bewusstsein der Bürger, aber auch potentieller Nutzer und Investoren zu
bringen. Zudem können Zwischennutzungen regelmäßig zur Reduzierung der
Stillstandskosten und zum Erhalt der vorhandenen Bausubstanz beitragen.
Allgemein ist bei Zwischennutzungen aber Zurückhaltung geboten. Sie sollten
nur ins Auge gefasst werden, wenn eine kurzfristige Entwicklung der Fläche
nicht möglich erscheint. Zwischennutzungen bergen grundsätzlich die Gefahr,
dass auch im Falle befristeter Mietverträge die Umsetzung der angestrebten
Dauernutzung verzögert wird. Die Erfahrung zeigt, dass Interventionen zu
Gunsten der Erhaltung der Zwischennutzung (Sicherung der Arbeitsplätze,
Existenz eines Vereins, Unterstützung von Existenzgründern etc.) und gerichtli-
che Auseinandersetzungen (Entschädigung für Einbauten der Mieter, Räu-
mungsklagen) nicht auszuschließen sind und mit erheblichen zeitlichen Verzö-
gerungen einhergehen können. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass insbe-
35
sondere unbefristete Zwischennutzungen größeren Umfangs unter Umständen
zu einer neuen, planungsrechtlich zu beachtenden Prägung der Flächen führen
können. Im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit und die Auswirkungen
auf den Verkehrswert sind bei der Zulassung von Zwischennutzungen auch
deshalb sorgfältiges Vorgehen und Prüfungen im Vorfeld zu empfehlen. Insge-
samt sollten Zwischennutzungen nur in Abstimmung mit allen Beteiligten – ins-
besondere unter Einbindung der Gemeinde – zugelassen werden
Bei Zwischennutzungen handelt es sich baurechtlich um allgemeine, regelmä-
ßig verfahrenspflichtige zivile Baumaßnahmen bzw. Nutzungen, die die baupla-
nungsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen uneingeschränkt erfüllen müs-
sen. Für etwaige erleichterte Genehmigungsvoraussetzungen enthält das
BauGB keine Rechtsgrundlage. Ist das Vorhaben genehmigungsfähig, besteht
ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung.
Auf der Basis von Erfahrungswerten bisheriger Konversionsgemeinden wird
Folgendes empfohlen:
Die Zwischennutzungen dürfen der beabsichtigten langfristigen Nutzung
nicht entgegenstehen, sie behindern oder unmöglich machen.
Die Zwischennutzungen dürfen kein solches Gewicht haben, dass sie die
planungsrechtliche Beurteilung des Gesamtareals beeinflussen.
Die Zwischennutzungen dürfen einer zeitnahen Vermarktung des Gesamt-
areals nicht entgegenstehen.
Die Gemeinden sollten ggf. darauf hinwirken, dass schriftliche Anträge auf
temporär befristete Nutzungen gestellt werden (max. 3 - 5 Jahre); befristete
Nutzungen können im Einzelfall – anders als entsprechende dauerhafte
Nutzungen – bauplanungsrechtlich zulässig sein (z. B. greift im Anwen-
dungsbereich des § 35 BauGB der entgegenstehende Belang der Pla-
nungsbedürftigkeit nicht ein, wenn nur ein Provisorium entstehen soll).
Entsprechende Genehmigungen können dann nur befristet erteilt werden.
Entsprechende zivilrechtliche Mietverträge sollten nur mit derselben Befris-
tung abgeschlossen werden.
Empfohlen wird eine Wertverzichtserklärung der Zwischennutzer, um spä-
tere Streitigkeiten über den Ersatz getätigter Investitionen zu vermeiden.
Ist ein kommunaler Grunderwerb ins Auge gefasst, sollten nur Zwischen-
nutzungen zugelassen werden, die sich nicht werterhöhend auswirken bzw.
es sollte eine Vereinbarung mit der BImA geschlossen werden, nach der
die Zwischennutzung keinen Einfluss auf die Verkehrswertermittlung hat.
Die Aufgabe und Beseitigung der Zwischennutzung nach deren Ende muss
zugesichert und abgesichert werden (ggf. durch Sicherheitsleistung).
Haftungs- und Verkehrssicherungspflichten müssen abschließend geklärt
sein.
Kann eine temporäre Zwischennutzung nicht im Regelungsbereich der §§ 34
oder 35 BauGB zugelassen werden, kann im Einzelfall die Aufstellung eines
Bebauungsplanes nach § 9 Abs. 2 BauGB in Betracht kommen. § 9 Abs. 2
BauGB ist darauf gerichtet, die sich aus den Festsetzungen ergebende Zuläs-
sigkeit von Vorhaben im Sinne einer Befristung oder auflösenden/aufschieben-
den Bedingung zu modifizieren. Die Folgenutzung soll von Anfang an festge-
setzt werden. Befristete Festsetzungen dieser Art schaffen somit „Baurecht auf
Zeit“. Ein solcher Bebauungsplan dürfte jedoch in aller Regel wegen seines ho-
hen Regelungserfordernisses im Verfahren zur Ermöglichung einer kurzfristigen
36
Nutzungsmöglichkeit bereits aus zeitlichen Gründen nicht zielführend sein.
6.
Altlasten und Kampfmittel
Die zur Konversion anstehenden ehemals militärisch genutzten Liegenschaften
sind häufig mit sog. Altlasten und Kampfmitteln belastet. In diesem Themen-
komplex sind Altlasten im Sinne des Bodenschutz-Rechts, Kampfmittel, Schad-
stoffe innerhalb der Gebäude sowie Belastungen des Bodenaushubs und des
Abbruchmaterials, die im Wesentlichen dem Abfallrecht unterliegen, von Be-
deutung. Um Irritationen zu vermeiden, wird der Begriff „Altlasten“ - insbeson-
dere im Hinblick auf die Verantwortlichkeiten und die Kostentragung - nur im
streng bodenschutzrechtlichen Sinn (= Altstandorte und Altablagerungen) ver-
wendet.
Da insbesondere die Kosten der Altlastensanierung die Wirtschaftlichkeit der
Liegenschaftsentwicklung stark beeinflussen können, empfiehlt es sich, so früh
wie möglich im Zusammenhang mit den Überlegungen zur Nachfolgenutzung
zu klären, ob und ggf. welche und wie viele Schadstoffe sich im Boden einer
Konversionsfläche befinden. Art und Umfang von Boden- und Grundwasser-
verunreinigungen, die Höhe der Kosten für die Altlastensanierung sowie das
Verhalten des Bundes als bisheriger Eigentümer und Nutzer sowie als nach
dem Bodenschutzrecht zur Erkundung und Sanierung Verpflichteter sind be-
deutsam für die Planungsentscheidungen der Gemeinde. Auch aus der Belas-
tung mit Kampfmitteln können sich im Einzelfall Restriktionen für die städtebau-
liche Entwicklung sowie finanzielle Risiken für die Erwerber der Flächen erge-
ben. Zudem empfiehlt es sich, die Gebäudesubstanz sowie sonstige bauliche
Anlagen, insbesondere die Bestandsgebäude, die für eine Nachnutzung ins
Auge gefasst werden, hinsichtlich ggf. vorhandener Schadstoffe zu untersu-
chen. Nur so kann abgewogen werden, welche zusätzlichen Kosten aus einer
Schadstoffbelastung resultieren und ob ein Gebäudeerhalt wirtschaftlich ver-
tretbar ist.
Insgesamt können die hier aufgeführten Boden- und Gebäudebelastungen er-
heblichen Einfluss auf die städtebauliche Planung und auch die Höhe des Ver-
kehrswertes der jeweiligen Liegenschaft haben. Um die finanziellen Risiken zu
reduzieren, sind vor einem Grunderwerb alle altlasten- und kampfmittelrelevan-
ten Fragen unter Einbeziehung der zuständigen Fachbehörden zufriedenstellend
zu klären. Sollte dies nicht möglich sein, sollten die Gemeinden und Private von
einem Flächenerwerb Abstand nehmen.
6.1.
Altlasten
Die Konversion von ehemaligen militärischen Liegenschaften stellt sowohl die
Gemeinden bei der Bauleitplanung als auch die zuständigen Bodenschutzbe-
hörden bei der Abarbeitung von Kontaminationsfragen vor erhebliche Heraus-
forderungen. Dabei sind vor allem die Bestimmungen des Bundes-
Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutz- und Altlas-
tenverordnung (BBodSchV) sowie des Baugesetzbuchs (BauGB) zu beachten.
Die Fachkommission „Städtebau“ der Bauministerkonferenz hat am 26. Sep-
tember 2001 den „Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Boden-
belastungen, insbesondere Altlasten, bei der Bauleitplanung und im Bauge-
nehmigungsverfahren“ beschlossen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Mus-
tererlass lediglich für die Verkäuferin der Liegenschaft (BImA) mehr oder weni-
37
ger bindenden Charakter haben kann. Die grundsätzliche Abarbeitung der Alt-
lasten richtet sich ausschließlich nach den bundes- und landesgesetzlichen
Regelungen. So obliegt z. B. die Festlegung von Sanierungsnotwendigkeit und
Sanierungszielen ausschließlich den zuständigen Bodenschutzbehörden der
Länder.
Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ist der Bund als Zustands- und/oder Handlungs-
verantwortlicher für die Erkundung und Sanierung von Altlasten auf Konversi-
onsliegenschaften vollumfänglich verantwortlich. Er ist hinsichtlich der Altlas-
tenproblematik ebenso zu behandeln wie alle anderen Grundstückseigentümer
und Verursacher. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung und Rückgabe der
Liegenschaft spielen hoheitliche Aufgaben des Bundes keine Rolle mehr.
Hinsichtlich der Frage, wer für die Beseitigung der Altlasten gesetzlich verpflich-
tet ist und wie in der Praxis konkret verfahren wird, ist zu unterscheiden, ob die
Beseitigungspflicht aufgrund einer bestehenden Gefährdung des Bodens und
des Grundwassers besteht oder ob die Beseitigungspflicht aufgrund der Höher-
stufung der Nutzungssensibilität im Rahmen der städtebaulichen Planung ent-
steht (nur für die Wirkungspfade Boden-Mensch und Boden-Nutzpflanze rele-
vant; der Wirkungspfad Boden-Gewässer ist nutzungsunabhängig).
Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine schädliche Bodenveränderung oder
Altlast vorliegt, soll die zuständige Behörde die geeigneten Maßnahmen zur
Ermittlung des Sachverhalts ergreifen (§ 9 Abs. 1 S. 1 BBodSchG).
Die untere Bodenschutzbehörde hat eine „orientierende Untersuchung“ i.S.d.
§ 2 Nr. 3 BBodSchV durchzuführen, um festzustellen, ob „auf Grund konkreter
Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung
oder Altlast" besteht. Ohne einen solchen hinreichenden Verdacht sind Unter-
suchungsanordnungen i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG gegen Dritte unzuläs-
sig. Die zuständige Behörde muss die orientierende Untersuchung auf eigene
Kosten durchführen bzw. durchführen lassen.
Allerdings können im Einzelfall schon zu Beginn der Befassung von Boden-
schutzbehörde und planender Gemeinde Erkenntnisse vorliegen, die einen
"hinreichenden Verdacht auf Grund konkreter Anhaltspunkte" begründen. Dies
kann der Fall sein, wenn bereits entsprechende Belastungen im Grundwasser
festgestellt wurden. In diesen Fällen ist die orientierende Untersuchung als ers-
ter Schritt entbehrlich. Vor einem "Überspringen" der orientierenden Untersu-
chung ist allerdings von der Bodenschutzbehörde zu klären, ob bezüglich aller
Verdachtsmomente der Tatbestand gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG erfüllt ist o-
der ob dies für bestimmte Aspekte nicht gilt; ggf. ist eine orientierende Untersu-
chung nur für einen Teil der Verdachtsmomente erforderlich.
Falls die orientierende Untersuchung durch den Bund durchgeführt wird – wie
dies seitens der BImA zugesagt ist – , muss diese vorgelegt und durch die un-
tere Bodenschutzbehörde auf Vollständigkeit geprüft werden. Gleiches gilt für
eine oftmals vorhandene historische Erkundung.
Besteht auf Grund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer
schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast, kann die zuständige Behör-
de anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen
die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen
38
haben (§ 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG). Hier hat der Adressat der Anordnung die
Kosten der Untersuchung i.S.d. § 9 Abs. 2 BBodSchG (Detailuntersuchung
nach § 2 Nr. 4 BBodSchV) zu tragen. Der Bund kann insb. als Verursacher
(Handlungsstörer), Eigentümer oder Voreigentümer (Zustandsstörer) zu den in
§ 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen gehören.
Während der Bund als Grundstückseigentümer für die Erkundung und Sanie-
rung seiner Altlasten nach dem BBodSchG vollumfänglich verantwortlich ist,
kann nach dem Verkauf der neue Grundstückseigentümer (Gemeinde, Inves-
tor) zur Erkundung und Sanierung herangezogen werden. Auch wenn ein
Rückgriff auf den Bund theoretisch auch nach dem Verkauf möglich ist (§ 4
Abs. 6 BBodSchG), so zeigt die Praxis, dass der Bund sich häufig durch eine
entsprechende Vertragsgestaltung (Freistellungsverpflichtung) von der Kosten-
tragungspflicht zu Lasten des Käufers befreit.
Es ist wahrscheinlich, dass sich auf ehemals militärisch genutzten Flächen
schädliche Bodenverunreinigungen nach § 2 Abs. 3 oder Verdachtsflächen
nach § 2 Abs. 4 BBodSchG befinden. Hinsichtlich der Wirkungspfade Boden-
Mensch und Boden-Nutzpflanze ist der Maßstab für die Bewertung von Beseiti-
gungsverpflichtungen zunächst die planungsrechtlich zulässige Nutzung des
Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis. Der Bund als
sanierungsverantwortlicher Verursacher (Handlungsstörer) sowie Grundstück-
seigentümer (Zustandsstörer) muss seinen diesbezüglichen gesetzlichen Ver-
pflichtungen nach dem Bundesbodenschutzgesetz - unabhängig von der an-
stehenden Liegenschaftskonversion - nachkommen. Ob sich der Bund ohne
gesetzliche Verpflichtung an einer Sanierung beteiligt, die ausschließlich auf-
grund einer künftigen Nutzung, die über die derzeit planungsrechtlich zulässige
Nutzung hinausgeht (z. B. Umwandlung eines Industriegebiets in Park- und
Freizeitflächen), obliegt den Vertragsverhandlungen.
Seit Anfang der 1990iger Jahre führt der Bund auf bundeseigenen Flächen ein
eigenes Altlastenprogramm durch. Dieses Programm ist in mehrere Phasen un-
terteilt:
Phase I:
Erfassung und Erstbewertung
Phase II:
Untersuchungen und Gefährdungsabschätzung, untergliedert in (II
a) Orientierende Untersuchung und (II b) Detailuntersuchung
Phase III:
Sanierung, untergliedert in (III a) Sanierungsplanung, (III b) Sanie-
rungsdurchführung und (III c) Nachsorge
Nach Möglichkeit richtet er sein Untersuchungs- und Erkundungsprogramm
rechtzeitig auf den konkreten Rückgabetermin gemäß der Stationierungspla-
nung der Bundeswehr bzw. der Gaststreitkräfte aus. Sein Ziel ist es, zum Zeit-
punkt der militärischen Nutzungsaufgabe mindestens eine Übersicht über sämt-
liche noch ausstehenden Gefahrenabwehrmaßnahmen zu haben.
Während der militärischen Nutzung von Liegenschaften durch die Gaststreit-
kräfte im Rahmen des NATO-Truppenstatuts sind diese selbständig für die
Wahrung der gesetzlichen Verpflichtungen nach BBodSchG und dem Polizei-
recht verantwortlich und führen die hierzu erforderliche Untersuchungs- bzw.
Gefahrabwehrmaßnahmen durch. Vor Nutzungsaufgabe der ausländischen
Streitkräfte hat der Bund keinen Anspruch auf Unterrichtung. Erst nach Rück-
gabe kann eine systematische Untersuchung erfolgen.
39
Der Bund fordert aus seinem wirtschaftlichen Verwertungsinteresse die kom-
munalen Planungsträger regelmäßig auf, eine die Verwertung der Flächen er-
möglichende Bauleitplanung einzuleiten. Dafür ist unerlässliche Voraussetzung,
dass sich die planende Gemeinde und die untere Bodenschutzbehörde hin-
sichtlich eines Altlastenverdachts Klarheit verschaffen, insbesondere soweit
dieser die Gewährleistung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse berührt (§
1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) oder Risiken für das Grundwasser bestehen. Damit wä-
re die Gefahrerforschung regelmäßig vom Bund (mit) veranlasst und läge in
seinem wirtschaftlichen Interesse. Dies lässt erwarten, dass die Gemeinden in
diesen Fällen eine (ggf. teilweise) vertragliche Übernahme der Kosten vorab
vereinbaren, sofern Untersuchungsmaßnahmen benötigt werden, die über das
nach § 9 Abs. 2 BBodSchG Gebotene hinausgehen. Beabsichtigte Nutzungs-
änderungen erfordern oftmals wegen ihrer erhöhten Sensibilität eine erneute
Gefahrenbewertung, die bei der Nachnutzungsplanung zu berücksichtigen ist.
Es ist von großer Bedeutung, dass eine belastbare Beurteilung der Boden-
schutzbehörde erfolgt, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vor-
liegt, wie diese ggf. beschaffen ist und welche Sanierungsmaßnahmen
und/oder Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen erforderlich sind. Auf der
Basis dieser fachlichen Prüfungen ist von der zuständigen Bodenschutzbehör-
de festzulegen, wer die nötigen Sanierungsmaßnahmen durchführt.
Die untere Bodenschutzbehörde und die Gemeinde als Trägerin der Bauleitpla-
nung sollten Wert darauf legen, dass der Bund vor der Veräußerung einer Kon-
versionsfläche seinen Pflichten zur Untersuchung und ggf. Sanierung nach dem
BBodSchG vollständig nachgekommen ist.
Grundsätzlich gibt die Bundeswehr eine Liegenschaft/Teilliegenschaft nach Be-
endigung der Nutzung bzw. nach (Teil-) Kündigung des mit der BImA abge-
schlossenen Mietvertrages in dem Zustand an die BImA zurück, in dem sie sich
zum Zeitpunkt der Rückgabe befindet. Besteht ein Sanierungsbedarf, werden
die Sanierungsarbeiten durch den Bund durchgeführt. Darauf ist durch die Bo-
denschutzbehörde und die Gemeinde zu achten. Sofern bestehende Altlasten -
insbesondere solche, deren Sanierung mit Blick auf die geplante Nachnutzung
erforderlich wird – nicht vor dem Verkauf durch den Bund saniert wurden, die
Kosten jedoch hinreichend bestimmt feststehen, sollten diese bei der Ermittlung
des Verkehrswerts des Grundstücks angemessen berücksichtigt werden. Sa-
nierungskosten für die Beseitigung von Altlasten, die aufgrund der Höherstu-
fung der Nutzungssensibilität im Rahmen der städtebaulichen Planung entste-
hen, beeinflussen ebenfalls den Verkehrswert und damit den Kaufpreis. Für
noch nicht bekannte Kontaminationen, Bodenbelastungen bzw. abfallrechtlich
notwendige Entsorgungen ist der Bund verpflichtet oder bereit, sich an den
Kosten der Beseitigung und Entsorgung – entsprechend dem Gedanken der
Sachmängelhaftung des BGB – zu beteiligen. Eine Beteiligung des Bundes
wird über den Kaufvertrag vereinbart, ist regelmäßig zeitlich auf 2 oder 3 Jahre
befristet und bezüglich der Höhe auf den Kaufpreis beschränkt. Insbesondere
bei größeren Liegenschaften mit großem Altlastenverdacht sollte mit dem Bund
eine längere Beteiligungsfrist ggf. mit einer gebietsbezogenen zeitlichen Zonie-
rung vereinbart werden.
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass zunehmend Liegenschaften
verkauft werden, von denen weder eine vollständige historische Erkundung
noch eine orientierende Untersuchung vorliegt. In einer für den Käufer sehr un-
40
günstigen Vertragsgestaltung wird der Bund von jedem Haftungsrisiko befreit
und die Kostentragungslast vollständig auf den neuen Eigentümer (Gemeinde,
Investor) übertragen. Auch wenn dies beim Kaufpreis ggf. zumindest teilweise
Berücksichtigung findet, so kann das enorme Investitionsrisiko bei fehlenden
Untersuchungsergebnissen nicht einmal ansatzweise ausgeschlossen werden.
Dazu kommt, dass die Altlastenfinanzierungsinstrumente der Länder bei dieser
Fallgestaltung i. d. R. nicht greifen, da hier eine bodenschutzrechtliche Kosten-
tragungspflicht des Bundes bewusst auf die öffentliche Hand der Länder über-
tragen werden würde.
Nach heutigem Stand ist die Altlastenfrage nur dann beherrschbar, wenn Art,
Umfang und Kosten sorgfältig und vor allem rechtzeitig ermittelt werden und
der Handlungsbedarf zur Gefahrenabwehr vom Verantwortlichen (i.d.R. dem
Bund) befriedigt wird. Werden Grundstücke vor einer vollständigen Sanierung
verkauft, obliegt es dem Käufer im Rahmen seiner Vertragsgestaltung (Kauf-
preis, Beteiligung des Verkäufers an Sanierungskosten) eine angemessene
vertragliche Regelung zu erzielen.
6.2.
Kampfmittel
Bei ehemals militärisch genutzten Flächen ist regelmäßig mit einer Belastung
durch Kampfmittel zu rechnen, insbesondere bei Übungs- und Schießplätzen
aber auch durch Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg etwa bei Flugplätzen.
Kampfmittel stellen keine Altlasten im Sinne des BBodSchG dar. Anderes gilt
für Sprengstoffreste, die fein verteilt mit dem Boden durchmischt und mit Me-
thoden der Kampfmittelräumung nicht zu erfassen sind.
Eine bundesweit einheitliche Regelung, die die Zuständigkeiten, die Finanzie-
rung, die Haftung oder die materiellen Anforderungen an eine Kampfmittelräu-
mung und -beseitigung beinhaltet, besteht nicht.
Die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestimmt sich auch bei
Kampfmitteln nach den allgemeinen Regeln des Sicherheits- und Polizeirechts
der Länder und dort ggf. bestehenden speziellen Regelungen. Dazu gehören
insbesondere auch Regelungen bzgl. Zuständigkeiten sowie Aufgaben und Or-
ganisation der Kampfmittelbeseitigungsdienste der Länder.
Die „Arbeitshilfen Kampfmittelräumung des Bundes“
enthalten eine
Übersicht über entsprechende Grundlagen und Verfahrensweisen in den jewei-
ligen Ländern. Daher sind die folgenden übergreifenden Ausführungen ent-
sprechend der Vorgaben des jeweiligen Landes anzupassen, etwa hinsichtlich
Definitionen, Verantwortlichkeiten und Kostentragung.
Die Definition von Kampfmitteln ist in den Ländern nicht einheitlich. Auch wenn
es im Kern um gewahrsamslos gewordene, zur Kriegsführung bestimmte Ge-
genstände mit bestimmten Stoffen wie insbes. Explosivstoffen, Kampfstoffen
etc. geht, ist die jeweilige länderspezifische Definition bei der jeweiligen
Kampfmittelproblematik zu Grunde zu legen.
Konkrete Gefahren durch Kampfmittel sind von den Verantwortlichen zu besei-
tigen, etwa durch die Beseitigung des Kampfmittels selbst oder indem proble-
matische Handlungen wie Bodeneingriffe (z. B. durch Baumaßnahmen) unter-
bunden werden. Um eine geordnete und wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung
41
ehemals militärisch genutzter Flächen zu erreichen, müssen vorhandene
Kampfmittel regelmäßig beseitigt werden. In Einzelfällen, bei denen die Kosten
der Kampfmittelberäumung und -beseitigung aus Sicht der BImA unangemes-
sen hoch sind, kann es aber auch dazu kommen, dass die Kampfmittel nicht
beseitigt werden (z.B. bei schwer belasteten Truppenübungsplätze). Je nach
dem Umfang der hiervon betroffenen Flächen kann es dann zu Einschränkun-
gen der Entwicklungsmöglichkeit bis hin zum Ausschluss einer zivilen An-
schlussnutzung der Liegenschaft kommen. Die Bundeswehr selbst führt nach
Einstellung des Übungsbetriebs auf Verdachtsflächen nur eine „oberflächige
Absuche" nach akuten Gefahrenstellen wie Munitionsblindgängern, Kampfmit-
teln und Munitionsresten auf Wegen und vegetationsmäßig frei zugänglichen
Flächen durch. Diese Absuche wird mit bloßem Auge, ohne Hinzuziehung von
technischem Gerät bzw. anderen Hilfsmitteln vorgenommen. Eine „Kampfmittel-
freiheit“ ist also bei Rückgabe nicht gewährleistet.
Die Verantwortung und damit auch die Kosten für die Beseitigung von Kampf-
mitteln trägt in der Regel der jeweilige Grundstückseigentümer als Zustandsstö-
rer, ggf. aber auch der Handlungsstörer wie etwa der Bauherr. Auch hier ist auf
spezifische Regelungen der jeweiligen Länder zur Kostentragung zu verweisen.
Regelmäßig nicht zur unmittelbaren Gefahrenabwehr gehört die vorsorgliche
Nachsuche nach lediglich vermuteten Kampfmitteln. Diese Nachsuche wird et-
wa dann erforderlich, wenn auf einer möglicherweise kampfmittelbelasteten
Fläche Tätigkeiten stattfinden sollen, die im Hinblick auf mögliche Kampfmittel
problematisch sein können, wie z.B. im Zusammenhang mit einer Baumaß-
nahme im Rahmen der Entwicklung der Konversionsfläche. Bestehen dabei
Anhaltspunkte für eine Kampfmittelbelastung des Baugrundes, kann die Bau-
aufsichtsbehörde die Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen oder Hinwei-
sen versehen und ggf. den Bau einstellen lassen bzw. die Nutzung untersagen
oder sonstige Anordnungen erlassen. Hier steht (je nach spezifischer Landes-
regelung) regelmäßig derjenige in der Pflicht, der eine solche (Bau)Maßnahme
durchführen will. Er muss vor deren Beginn entsprechende Erkundungen
durchführen und die Fläche falls erforderlich auf eigene Kosten von einer Fach-
firma räumen lassen.
Bei der Bauleitplanung haben die Gemeinden Anhaltspunkte für Belastungen
durch Kampfmittel in der Abwägung zu berücksichtigen. Für die Gemeinde be-
steht insoweit eine Ermittlungs- und Aufklärungspflicht.
In den Fällen, in denen auch noch zum Zeitpunkt des Verkaufs der Liegen-
schaft Anhaltspunkte für eine Kampfmittelbelastung bestehen, muss dem Käu-
fer klar sein, dass der neue Eigentümer für die Gefahren durch Kampfmittel auf
seinem Grundstück verantwortlich ist und er die Kosten der Beseitigung trägt.
Daher sollten in den Kaufvertrag Regelungen aufgenommen werden, die im Er-
gebnis den Käufer von der Kostentragung einer ggf. später erforderlich wer-
denden Kampfmittelbeseitigung freistellen.
6.3.
Gebäudeschadstoffe und abfallrechtliche Belange
Im Rahmen der Konversion ehemals militärisch genutzter Liegenschaften emp-
fiehlt es sich, auch die Gebäude, die grundsätzlich für einen Erhalt und die
Nachnutzung in Frage kommen, näher auf mögliche Kontaminationen zu unter-
suchen. Vorhandene Gebäudeschadstoffe können eine Gebäudenachnutzung
aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Schadstoffbeseitigung deutlich er-
42
schweren. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist in diesen Fällen
abzuwägen, ob die betroffenen Gebäude dennoch erhalten werden sollen.
Auch Schadstoffe in Gebäuden, die abgebrochen werden sollen, erhöhen re-
gelmäßig die Kosten der Liegenschaftskonversion. Zur Vermeidung finanzieller
Risiken sind die Gebäude und sonstige bauliche Anlagen unabhängig von Er-
halt oder Abbruch sorgfältig auf eine mögliche Schadstoffbelastung zu untersu-
chen und hinsichtlich der hierdurch voraussichtlichen entstehenden Kosten zu
bewerten. Kosten, die durch ggf. vorhandene Gebäudeschadstoffe entstehen,
sind bei der Verkehrswertermittlung zu berücksichtigen.
Auch die Frage der abfallrechtlichen Einstufung des aus dem Abbruch nicht
mehr verwendbarer baulicher Anlagen sowie dem Abbau der Bodenversiege-
lung entstehenden Bauschutts und des durch den im Zuge der hochbaulichen
Realisierung der Folgenutzung entstehenden Bodenaushub ist sorgfältig zu be-
trachten. Hieraus können ebenfalls erhebliche Kosten entstehen, die bei der
Gesamtbetrachtung der Entwicklungskosten eine Rolle spielen und die eben-
falls Einfluss auf den Verkehrswert des Grundstücks haben.
7.
Finanzierung und Förderung
Die Konversion einer ehemals militärisch genutzten Liegenschaft stellt die Ge-
meinde auch in finanzieller Hinsicht vor große Herausforderungen. Vor allen
Überlegungen zur Finanzierung und Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel
müssen daher für die Konversionsmaßnahme die Kostenstruktur und die sich
daraus in der Folge ergebenden Rahmenbedingungen für Investitionen be-
trachtet werden. Im Sinne einer stadtwirtschaftlichen Kalkulation sollen dabei
die städtebaulichen Einflussfaktoren, ggf. im Rahmen verschiedener Szenarien
aufgezeigt werden.
Eine Konversion wird umso leichter gelingen, je preiswerter sie zu haben ist
und je weniger Flächenalternativen auf der preiswerteren „Grünen Wiese“ zur
Verfügung stehen. Investoren werden die höheren Kosten eines innerstädti-
schen Konversionsgrundstücks dann eher akzeptieren, wenn ihnen die kom-
munale Planung keine billige Alternative eröffnet. Umgekehrt können regionale
Flächenüberangebote aufgrund der Konkurrenzsituation Private auch insge-
samt von Investitionen abhalten. Klare stadtentwicklungspolitische Zielsetzun-
gen sowie ein kommunales Flächenmanagement mit einer diesbezüglichen
Prioritätensetzung werden daher auch für die Finanzierbarkeit und damit für die
Umsetzbarkeit der Konversion wichtig sein. In diesem Zusammenhang ist es
gleichermaßen wichtig, zu interkommunalen Absprachen zu kommen, die ver-
hindern, dass eine billige Konkurrenz der Nachbargemeinde die Entwicklung
der teuren Militärbrache schließlich unmöglich macht.
7.1.
Kosten der Konversion
Mit der Konversion ist eine ganze Reihe von Kosten verbunden, die jedoch in
Teilen hinsichtlich ihrer Höhe beeinflussbar sind. Zudem ist hierbei zu betrach-
ten, wer die Kosten im Einzelnen trägt, wie also eine Lastenverteilung zwischen
privater und öffentlicher Seite gestaltet werden kann. Dies kann je nach Lage-
gunst der Liegenschaft und nutzungsspezifischer Ausrichtung der zivilen Nach-
nutzung sehr unterschiedlich ausfallen.
Die Kosten der Konversion entstehen durch die erforderliche planerische Vor-
bereitung und Gutachten sowie durch ggf. erforderliche externe Projektsteue-
43
rung und die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung, durch den Erwerb
bzw. Zwischenerwerb der Liegenschaft, die Beseitigung nicht weiterverwendba-
rer Gebäude und sonstiger baulicher Anlagen sowie die Entsiegelung von Flä-
chen, durch ggf. erforderliche Altlastensanierung, die Herstellung der Erschlie-
ßung, den Umbau und die Modernisierung erhaltenswerter Gebäude, durch ggf.
zu errichtender Gemeinbedarfseinrichtungen, durch Kosten der Finanzierung
bzw. Vorfinanzierung und schließlich durch die in der Regel durch Private zu
realisierende Bebauung der Grundstücke.
Der Grundstückspreis für den Erwerb der Brachfläche (Eingangswert), die Zins-
last bis zum Zeitpunkt der Vermarktung der baureifen Grundstücke oder der er-
richteten privat nutzbaren Gebäude sowie der Bodenwert für das baureife
Grundstück (Neuordnungswert) sind dabei maßgebliche Kostenfaktoren.
Naheliegend ist, dass Quantität und Qualität der geplanten städtebaulichen
Entwicklung, z.B. das Flächenverhältnis zwischen privat nutzbaren Baugrund-
stücken und öffentlichem Grund oder der Umfang und der Ausbaustandard der
kommunalen Infrastruktur, sehr kostenbestimmend sind. Dies gilt für Bauinves-
titionen ebenso wie für die Folgelasten. Hier sind sorgfältige Abwägungen er-
forderlich, um zu einer ausgewogenen und sinnvollen Kosten-Nutzen-Relation
zu kommen.
Um den Mehrwert, der durch die hoheitliche Planung der Gemeinde entsteht, in
jedem Fall tatsächlich zur Finanzierung der Kosten der städtebaulichen Ent-
wicklung einsetzen zu können, sollte am Beginn der Konversionsüberlegungen
der Beschluss der Gemeinde über die Einleitung von vorbereitenden Untersu-
chungen nach § 141 BauGB bzw. nach § 165 Abs. 4 BauGB gefasst und orts-
üblich bekannt gemacht werden. Dies kann bereits vor Rückgabe der Liegen-
schaft erfolgen. Damit kann die Gemeinde bremsend auf die Preisgestaltung
einwirken und absichern, dass öffentlich bekundete Planungsabsichten (z.B.
durch gut gemeinte Planungsstudien oder städtebauliche Ideenwettbewerbe)
den Eingangswert des Bodens vorweg nicht unnötig erhöhen.
Entscheidend für die Kosten der Konversion ist der Umgang mit dem vorhan-
denen Bestand der Gebäude und der technischen Infrastruktur sowie mit den
Altlasten in Boden und Gebäuden oder mit störenden baulichen Anlagen (z.B.
Bunkern, Panzerflächen, Fundamenten).
Kostenbeeinflussend werden immer auch die Zeitplanung der Gesamtmaß-
nahme und die abschnittsweise Verwirklichung sein, von der Planung über den
Zwischenerwerb bis zur Baudurchführung. Über möglichst wirklichkeitsnahe
Machbarkeitsstudien können die Investitionschancen ergründet und damit auch
spätere Kostenüberraschungen verringert werden.
7.2.
Finanzierung
Von Anfang an muss jegliche Planung mit den Strategien der Umsetzung (Zeit-
und Maßnahmenplanung, Projektsteuerung) und Finanzierung eng verknüpft
werden. Die im Besonderen Städtebaurecht des BauGB vorgeschriebene Kos-
ten- und Finanzierungsübersicht sollte daher (oft in Alternativen) auch unab-
hängig von der tatsächlichen Anwendung des Besonderen Städtebaurechts
fester Bestandteil der Konversionsplanung sein.
Die Strategien des Bodenverkehrs für eine Brachfläche werden die Finanzier-
44
barkeit der Konversion wesentlich bestimmen. Wird die Gemeinde, um weitest-
gehenden Einfluss auf die Konversion nehmen zu können, die Liegenschaft
ganz oder in Abschnitten zwischenerwerben, so wird sie die dafür notwendige
Zinslast ggf. über viele Jahre zusätzlich finanzieren müssen und auch das
Vermarktungsrisiko tragen.
Wichtig für die Finanzierbarkeit ist die Wertschöpfung durch die Aufwertung der
Brachfläche durch Planung und Erschließung. Die Gemeinde muss, um mit
dem Wertzuwachs ihre unrentierlichen Kosten finanzieren zu können, die dafür
geeignete Verwertungsstrategie wählen. Der Zuwachs hängt von den Ankauf-
preisen und den am Markt realisierbaren Neuordnungswerten ab. Die Gemein-
de sollte jedoch der Versuchung widerstehen, über eine eigentliche städtebau-
lich unverträgliche Nutzung einen hohen Wertzuwachs erzielen zu wollen.
Sofern eine städtebaulich ausgerichtete Nachfolgenutzung nicht in Betracht
kommt, wird es sich häufig anbieten, die Fläche gewissermaßen „der Natur zu-
rückzugeben“ und als Ausgleichsfläche für Eingriffe in Natur und Landschaft zu
verwenden. Deren Finanzierung trifft nach allgemeinen Grundsätzen letztlich
den Verursacher des den Ausgleich auslösenden Eingriffs in die Natur und
Landschaft, im Regelfall also den Träger der diesbezüglichen Baumaßnahme.
Für die Gemeinde wird die Finanzierbarkeit einer Konversion sehr davon ab-
hängen, in welchem Umfang Kosten von den späteren privaten Nutzern (Eigen-
tümern, Mietern) getragen werden und welche unrentierlichen Kosten von der
öffentlichen Hand zu übernehmen sind, damit die Konversion gelingt.
Es gibt durchaus eine Reihe von Fällen, in denen die Kosten der Konversion
aus den Verkaufserlösen der baureifen Grundstücke bzw. aus der sonstigen
wirtschaftlichen Verwertung der Liegenschaft finanziert werden können. In den
Fällen, in denen unter Anwendung des Residualwertverfahrens ein positiver
Verkehrswert ermittelt wird, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass keine
unrentierlichen Kosten entstehen. Im Residualwertverfahren werden auch die
Kosten der hoheitlichen Planung der Gemeinde berücksichtigt, die dann regel-
mäßig über städtebauliche Verträge von den Erwerbern der Liegenschaft bzw.
von der BImA der Gemeinde erstattet werden.
Die BImA beteiligt sich unter der Voraussetzung eines anzunehmenden positi-
ven wirtschaftlichen Ergebnisses bei der Veräußerung an städteplanerischen
Voruntersuchungen bis hin zur Bauleitplanung und auch an einzelnen Standor-
tentwicklungsmaßnahmen.
Komplexere städtebauliche Konversionsprojekte sind jedoch häufig unrentier-
lich.
7.3.
Förderung
Um unrentierliche Kosten – also Kosten, die nicht durch Erlöse auf der Liegen-
schaftsentwicklung heraus erwirtschaftet werden können – finanzieren zu kön-
nen, sind die Gemeinden vielfach auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
Ein bundesweites Konversionsprogramm besteht derzeit nicht. Jedoch kommen
einige Regelprogramme für die Förderung von Konversionsmaßnahmen oder
von Teilen hiervon in Betracht. Hier sind insbesondere zu nennen
die Städtebauförderung
45
die Wohnraumförderung
der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung – EFRE,
die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschafts-
struktur“ – GRW,
die Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – GVFG
bzw. nach dem Entflechtungsgesetz.
Zudem bestehen in einigen Ländern besonderen Förderangebote, z. B. für die
Finanzierung der planerischen Vorbereitung der Konversion oder eines Kon-
versionsmanagements.
Bund-Länder-Städtebauförderung
Die Bund-Länder-Programme der Städtebauförderung sind grundsätzlich ge-
eignete Instrumente zur Unterstützung der Gemeinden bei der Konversion
ehemals militärisch genutzter Liegenschaften. Allen Programmen liegt jedoch
eine bestimmte und verbindliche inhaltliche Ausrichtung zu Grunde. Für die
Konversionsproblematik einschlägig ist vor allem das Programm Stadtumbau.
Die Förderung erfolgt gebietsbezogen, Fördergegenstand ist die städtebauliche
Gesamtmaßnahme.
Die Förderung von Konversionsmaßnahmen ist hierbei regelmäßig nur unter
Anwendung des Sanierungsrechtes im umfassenden Verfahren (§§ 136 BauGB
ff) oder des Entwicklungsrechts (§ 165 BauGB ff) möglich. In Einzelfällen kann
auch die Anwendung des Stadtumbaurechts (§§ 171 a-d BauGB) oder die An-
wendung des Sanierungsrechts im vereinfachten Verfahren in Betracht kom-
men. Auch ist die Förderung nicht für alle zur Konversion anstehenden Liegen-
schaftstypen einsetzbar. In erster Linie werden Städtebauförderungsmittel für
Konversionsflächen gewährt, die in integrierten Ortslagen liegen und bei denen
eine städtebauliche Entwicklung mit Blick auf eine geordnete Regionalentwick-
lung sinnvoll ist. Zudem sind die Fördermöglichkeiten aufgrund der relativ ge-
ringen Programmvolumina begrenzt. Zur Klärung, ob für den von der Schlie-
ßung betroffenen Standort der Einsatz von Städtebauförderungsmitteln in Be-
tracht kommen könnte, empfiehlt es sich, mit den Städtebauförderungsrefera-
ten der zuständigen Länderministerien in Kontakt zu treten.
Sofern die Konversion einer ehemals militärisch genutzten Liegenschaft als
städtebauliche Gesamtmaßnahme im Rahmen der Städtebauförderung geför-
dert wird, sind grundsätzlich alle unrentierlichen Ausgaben der Gemeinde, die
für die Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung anfallen, zuwendungsfähig.
Die konkrete Ausgestaltung der Förderung obliegt den Länden. Aus diesem
Grund bestehen trotz gleicher Rechtsgrundlage keine einheitlichen Förderkon-
ditionen. Welche Kosten tatsächlich durch Finanzhilfen der Städtebauförderung
mitgetragen werden können, ist in den jeweiligen Städtebauförderungsrichtli-
nien der Länder geregelt.
EU-Strukturfonds und GRW
Derzeit besteht jedoch noch keine Klarheit darüber, wie die Europäische Struk-
turfondsförderung der Periode 2014 – 2020 konkret ausgestaltet wird und ob
mit diesem Finanzierungsinstrument auch künftig die Liegenschaftskonversion
unterstützt werden kann. Ebenso im Umbruch befindet sich die Gemeinschafts-
aufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“.
46
8.
Potenziale für Naturschutz und Energiewende
Aus verschiedenen Gründen eignen sich nicht alle zur Konversion anstehenden
ehemals militärisch genutzten Liegenschaften für eine städtebauliche Entwick-
lung.
8.1.
Nachnutzung für Natur, Landschaft, Erholung und Tourismus
Für siedlungsstrukturell eingebundene Konversionsflächen können sich auch
im Rahmen einer Freiflächennutzung städtebaulich neue Chancen bieten, die
zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung des Quartiers oder des Siedlungsge-
füges beitragen. Frischluftschneisen, Stadtteilparks, Spiel- und Aufenthaltsflä-
chen können im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategie zu ei-
ner grünen Vernetzung und deutlichen Aufwertung der Quartiere führen. Eine
Nutzung als Freifläche sollte unter derartigen Rahmenbedingungen daher früh-
zeitig mit in die Diskussion einbezogen werden.
Für im Außenbereich gelegene Flächen sollte bereits im Rahmen der ersten in-
formellen Planungen deutlich geprüft werden, ob unter Abgleich mit anderen
Potentialflächen im Siedlungszusammenhang eine Weiternutzung der vorhan-
denen baulichen Anlagen hier städtebaulich sinnvoll und wirtschaftlich darstell-
bar ist. Neben der baulichen und energetischen Nutzung können die in der Re-
gel relativ isoliert und abgesetzt gelegenen Konversionsliegenschaften im Au-
ßenbereich im Hinblick auf den häufig anzutreffenden ökologisch sensiblen Na-
turzustand auch als Natur- oder Naherholungsraum genutzt werden.
Eine vollständige Analyse der Nutzungsoptionen einer Konversionsfläche sollte
daher immer auch die Nutzung für Natur und Landschaft als gleichberechtigte
Möglichkeit mitenthalten. Im Außenbereich und strukturschwächeren Regionen
ist eine Nutzung für Natur, Landschaft und Erholung die deutlich sinnvollere Va-
riante als das langfristige Vorhalten nicht benötigter Bauflächen.
8.2.
Nachnutzung für erneuerbare Energien
Bei Konversionsflächen, die sich nicht für eine Nachnutzung als Wohn- oder
Gewerbefläche eignen, kann grundsätzlich eine Nachnutzung als Standort zur
Erzeugung oder Speicherung erneuerbarer Energien in Frage kommen. Insbe-
sondere für größere Flächen im Freiraum ist die Nachnutzung als Energiepark
oft die einzige wirtschaftliche Alternative.
Die Anforderungen an Konversionsstandorte im Außenbereich für die energeti-
schen Nachnutzungen sind sehr vielfältig. Generell sollte eine möglichst kurze
Anschlussmöglichkeit an das Mittelspannungsnetz gegeben sein. Zudem sind
weitere Rahmenbedingungen zu prüfen, für Windenergieanlagen z.B. die
Windhöffigkeit, für Flächen für Fotovoltaikanlagen z:B. die Sonneneinstrahlung.
Derartige Areale benötigen für einen wirtschaftlichen Betrieb Mindestgrößen.
Für leicht kontaminierte Konversionsflächen, die für eine landwirtschaftliche
Nutzung nicht geeignet sind, kann auch der Biomasseanbau eine Alternative
sein.
Aufgrund der vielfältigen Vornutzungen und naturräumlichen Eigenschaften
sind aber keine allgemeingültigen Aussagen über das Potenzial und die Wirt-
schaftlichkeit von Konversionsflächen als Standort regenerativer Energien mög-
lich. Vielmehr ist eine gründliche Abklärung im Einzelfall erforderlich. Zu prüfen
47
ist insbesondere auch, ab wann der nach Aufgabe der militärischen Nutzung
durch natürliche Sukzession entstandene Bewuchs Wald im Sinne der Lan-
deswaldgesetze darstellt.
Eignung von Standorten für erneuerbare Energien
Bei einer Ersteinschätzung der Standorte sind insbesondere nachfolgende Kri-
terien zu berücksichtigen:
die Lage im Raum und planungsrechtliche Festsetzungen,
das energetische Potenzial (Windhöffigkeit bei Windenergieanlagen,
Sonneneinstrahlung, Verschattung, Ausrichtung von geneigten Flächen bei
Fotovoltaikanlagen),
die ökologische Beschaffenheit der Liegenschaft (Artenvielfalt Flora und
Fauna, Biotope),
die Flächengröße und der Zuschnitt der Liegenschaft,
die verkehrliche Erschließung,
die technische Erschließung (Strom, ggf. Wasser und Abwasser),
die Nähe zu Einspeisepunkten etc.