Autoren: Jan Macháč, Marek Hekrle,
Alena Vacková et al.
J. E. Purkyně Universität in Ústí nad Labem
Was versteht man unter naturnahen Maßnahmen?
Mit diesem Begriff werden Maßnahmen bezeichnet, die in der
Landschaft, an Wasserläufen oder in Siedlungsgebieten durchgeführt
werden
und
dabei
die
grüne
und
blaue
nutzen.
Neben
dem
Hochwasserschutz gibt es oft auch weitere Vorteile für Ökosysteme. In
der Landschaft sowie in Siedlungsgebieten handelt es sich zum Beispiel
um Feuchtgebiete, Tümpel, trockene Polder, Rigolen, Gräben und
Feldraine. Als naturnahe Maßnahmen mit einem deutlichen Hoch-
wasserschutzeinfluss sind auch Maßnahmen an landwirt-schaftlichen
Nutzflächen zu bezeichnen, wie z.B. Änderungen der Fruchtfolgen sowie
der Anbau von Nutzpflanzen in Feldstreifen (Tab. 1).
Bezeichnung
Trockenwasserreservoir/Polder
Feuchtgebiet
Retentions- und Sedimentationsbecken
Typ
punktuell
punktuell
linienartig
Tab. 1 Übersicht der naturnahen Hochwasserschutzmaßnahmen
(Macháč et al. 2018)
Infiltration - Retentionsgraben
Sicherungsgraben
Umleitungsgraben
linienartig
linienartig
linienartig
Feldraine / Steinrücken
Änderung der Fruchtfolge
Alternierender Streifenanbau
linienartig
flächenartig
−
organisatorisch
flächenartig
−
organisatorisch
Mulchen
Konturpflügen
Minimalbodenbearbeitung
flächenartig
−
organisatorisch
flächenartig
−
organisatorisch
flächenartig
−
organisatorisch
Null-Bodenbearbeitung
Anlage von Grünland
Aufforstung - Laubbäume
flächenartig
−
organisatorisch
flächenartig
flächenartig
Aufforstung - Nadelbäume
flächenartig
Welche
naturnahen
Maßnahmen
schützen
vor
Hochwasserereignissen?
In Anbetracht des Schutzes von bewohnten Siedlungsgebieten ist
insbesondere die Funktion der Erhöhung der Wasserretention in der
Landschaft,
Zurückhalten
des
Vorrückens
und
Abfangen
der
Starkniederschläge sowie eventueller Hochwasserwellen wichtig. Für
Flussgebietsverwaltungen
ist
vor
allem
die
Fähigkeit
dieser
Maßnahmen bedeutsam, die Erosion und somit auch den Abtrag von
Sedimenten sowie ihre Ablagerung bzw. Eintragung in die Gewässer zu
verringern. Durch eine Reduzierung von Nitrat- und Phosphoreinträge
ins Fließgewässer wird in hohem Maße das Erreichen von besserer
Wasserqualität
beeinträchtigt.
Ein
bedeutender
Beitrag
für
die
Landwirtschaft sowie die Bodeneigentümer ist auch die Minderung der
Bodenerosion, womit eventueller Aufwand für den praktischen Ersatz
vom Verlust des Bodens sowie der Bodennährstoffe gespart wird.
Was versteht man unter Ökosystemleistungen?
Neben
der
Minderung
der
Hochwasserschäden
beeinflusst
die
Umsetzung der naturnahen Maßnahme auch die Gewährung der
Ökosystemleistungen. Es handelt sich um Leistungen, welche die
Ökosysteme erbringen und eine positive Auswirkung auf die Qualität
der Umwelt sowie das Leben der Menschen haben. Wie es dem Schema
unten zu entnehmen ist, werden sie in vier Grundkategorien eingeteilt
(Abb. 1).
Abb. 1 Gliederung der Ökosystemleistungen einschließlich
Beispiele (gemäß MEA 2005)
Welche konkreten Ökosystemleistungen erbringen die naturnahen
Maßnahmen?
Zu den regulierenden Leistungen der naturnahen Maßnahmen gehört
insbesondere der positive Einfluss auf die Fähigkeit der Landschaft
Wasser zu speichern (und damit die negativen Auswirkungen der
Trockenheit zu mindern), Verbesserung der Wasserqualität, Schutz vor
Bodenerosion, Regulation des Sedimentabtrages sowie der Luftqualität
oder Steigerung der Biodiversität. Zu den Versorgungsleistungen lässt
sich z. B. die Produktion der Biomasse zuordnen. Für einen wichtigen
kulturellen Beitrag des Ökosystems kann man den Anstieg des
ästhetischen Wertes sowie Erhöhung des Erholungswertes des Gebietes
halten, die mit der Umsetzung der naturnahen Maßnahmen sehr
zusammenhängen.
Die
unterstützenden
Leistungen
sind
die
notwendigen Grundlagen für die darauffolgenden Leistungen. Ein
Steinrücken
oder
Feldrain,
Konturpflügen,
bodenschützende
Feldbestellung und Flächenaufforstung gehören zu Maßnahmen, die laut
Macháč et al. (2018; Tab. 2) die Ökosystemleistungen in größtem Maße
erbringen. Das konkrete Maß der Erbringung der Ökosystemleistungen
ist jedoch von den jeweiligen Bedingungen des konkreten Gebietes
abhängig.
Tab. 2 In welchem Maß
werden die
Ökosystemleistungen
erbracht
überhaupt nicht / sehr
beschränkt
mittelmäßig
bedeutend
RL
VL
KL
SL
RL Regulierende Leistungen
VL Versorgungsleistungen
KL Kulturell bedeutsame
Leistungen
SL Sonstige Leistungen
Autoren: Jan Macháč, Marek Hekrle,
Alena Vacková et al.
J. E. Purkyně Universität in Ústí nad Labem
Wie soll man sich die Bewertung dieser Ökosystemleistungen
vorstellen?
Ein beträchtlicher Teil der angeführten Ökosystemleistungen kann auf
der Gebietsebene mit Hilfe von einigen ökonomischen Methoden
monetarisiert werden.
So kann der Beitrag geplanter Maßnahmen als
Kostenersparnis
angesehen
werden,
welche
beispielsweise
bei
Maßnahmen
zur
Bodenerosionsminderung
als
Ersatz
des
Bodenverlustes und der Bodennährstoffe und für den Aufwand zur
Beseitigung der Sedimente aus den Gewässern aufgebracht werden
müssten. Im Falle der vorausgesetzten Erhöhung der Wasserqualität
oder Senkung ihres Volumens in der Kanalisation, können wir uns den
Nutzen der jeweiligen Maßnahme als Kostenersparnis bei der Klärung
des
Abwassers
in den
Kläranlagen vorstellen.
Den
positiven
Hochwasserschutzeinfluss
kann
man
mit
Hilfe
der
Kosten
für
alternative (z.B. technische) Hochwasserschutzmaßnahmen mit dem
gleichen erwarteten Einfluss bzw. mit Hilfe von Ersparnissen der
erwarteten Hochwasserschäden am Eigentum beziffern.
Wie hoch steht der Aufwand und wie viel kosten die naturnahen
Maßnahmen?
Für die
ökonomische Beurteilung des gesamtgesellschaftlichen
Beitrages der Maßnahme ist es erforderlich diese Beiträge mit den
Gesamtkosten für die jeweilige Maßnahme zu vergleichen. Den
finanziellen Aufwand für die Maßnahme lässt sich aus den für die
jeweilige Maßnahme aufzuwendenden Investitions- und Betriebskosten
errechnen. Dazu gehört z.B. der oft diskutierte Aufwand der Landwirte
aufgrund des entgangenen Gewinnes. In den meisten Fällen leistet die
Umsetzung der naturnahen Maßnahmen der Gesellschaft einen Beitrag.
Die
gesamtgesellschaftlichen
Beiträge
übersteigen
dabei
die
Umsetzungskosten. Eine Übersicht von üblichen durchschnittlichen
Kosten
der
Umsetzung
und
Instandhaltung
von
naturnahen
Maßnahmen sowie der dadurch entgangenen Gewinne, werden im
Katalog der Hochwasserschutzmaßnahmen (unter den Bedingungen der
Tschechischen Republik)dargestellt, der im Rahmen des Projektes
STRIMA II entstanden ist.
Schlussfolgerung
Eine der Hauptvoraussetzungen zur Förderung der naturnahen
Hochwasserschutzmaßnahmen ist die Bewusstseinssteigerung über die
angeführten Beiträge sowie ihre ökonomische Argumentation. Die
angeführten Maßnahmen zeigen ein hohes Potential auch für das
sächsisch-tschechische Grenzgebiet.
Anhang 4 Anbau von Nutzpflanzen in Feldstreifen (Foto: Henry Be
on Unsplash)
Anhang 3 Feldraine (Foto: P. Raška)
Anhang 2 Tümpel (Foto: J. Macháč)
Anhang 1 Feuchtgebiet (Foto: P. Raška)
Literatur
Macháč J, Vacková A, Slavíková L (2018) Klassifizierung und Bewertung der naturnahen
Hochwasserschutzmaßnahmen an ausgewählten öffentlichen Umweltgütern. Output im Rahmen des
Meilensteines 1 des Projektes: Sächsisch?tschechisches Hochwasserrisikomanagement II (STRIMA II),
Reg. Nr.: 100282105. Ústí nad Labem.
Millenium Ecosystem Assessment ? MEA (2005) Ecosystems and Human Well?being: Synthesis. Island
Press, Washington DC.
