16 AFZ-DerWald 21/2016
www.forstpraxis.de
Sachsen
10 Jahre Sachsenforst
Förster als Mittler zwischen
Natur, Mensch und Gesellschaft
Seit ihrer Neugründung nach den politischen Veränderungen 1989/1990 stellt sich die Forstverwaltung des Freistaates
Sachsen in steigendem Maße der Aufgabe, der zunehmenden Naturentfremdung in Teilen der Bevölkerung entgegen-
zuwirken sowie über die Bedeutung des Waldes und die Ziele der nachhaltigen Waldbewirtschaftung aufzuklären.
Jana Gutzer
N
ach 1989 brachten sächsische
Forstleute von Exkursionen und
Dienstreisen in die alten Bundeslän-
der vielfältige Anregungen in Bezug auf
waldpädagogische Aktivitäten mit. Be-
reits 1991 wurden drei Waldschulheime
eröffnet. 1999 fand erstmals die Aktion
„Waldjugendspiele in Sachsen“, eine Ko-
operation der Sächsischen Staatsminis-
terien für Umwelt und Landwirtschaft
sowie Kultus und der Schutzgemein-
schaft Deutscher Wald, Landesgruppe
Sachsen, statt. Bis 2013 entstanden in
verschiedenen Forstämtern bzw. spä-
ter Forstbezirken und im Nationalpark
Sächsische Schweiz sechs feste Einrich-
tungen für waldpädagogische Tagespro-
gramme. Mit der Bildung des Staatsbe-
triebes Sachsenforst zum 1. Januar 2006
wurde auch für den Aufgabenbereich Öf-
fentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik
eine Funktionalisierung vorgenommen,
seitdem steht in jedem Forstbezirk ein
Ansprechpartner (Sachbearbeiter) dafür
zur Verfügung.
Neben der in der Sächsischen Verfas-
sung verankerten Verpflichtung zum Um-
weltschutz und zur Umwelterziehung,
trifft das Waldgesetz für den Freistaat
Sachsen die maßgebliche Regelung zur
Waldpädagogik. Mit der zum 10. Mai
2007 in Kraft getretenen Fassung wurde
die Waldpädagogik erstmals als beson-
dere Aufgabe der oberen Forstbehörde
(Sachsenforst) benannt. Sowohl die „Ent-
wicklungskonzeption Sachsenforst 2020“
als auch die „Waldstrategie 2050 für den
Freistaat Sachsen“ fordern die bedarfs-
gerechte Entwicklung von Angeboten
der Wald- und Umweltpädagogik. Unter
Berücksichtigung der zur Verfügung ste-
henden Ressourcen und der steigenden
Ansprüche an Umfang und Qualität der
waldpädagogischen Angebote soll die
Aufgabe durch Sachsenforst in Zukunft
noch zielgerichteter erfüllt werden.
Aufgaben, Ziele, Angebote
Im Rahmen der Erfüllung der gesetzlichen
Aufgabe Waldpädagogik sind folgende
Aspekte von besonderer Bedeutung:
die Durchführung von Maßnahmen
der waldbezogenen Umweltbildung;
die Unterhaltung von waldpädagogi-
schen Einrichtungen;
die Verankerung des UNESCO-Pro-
grammes „Bildung für nachhaltige Ent-
wicklung“;
die Umsetzung der Fortbildung zum
„Zertifikat Waldpädagogik“.
Grundsätzliches Anliegen der waldbezoge-
nen Umweltbildung ist es, in der Bevölke-
rung ein positives Mensch-Wald-Verhält-
nis zu begründen und zu fördern. Darauf
aufbauend haben die waldpädagogischen
Aktivitäten bei Sachsenforst das Ziel, die
Menschen über die Bedeutung des Waldes,
seine ökologischen, sozialen und ökono-
mischen Funktionen aufzuklären und für
diese Themen zu sensibilisieren. Die Prin-
zipien der nachhaltigen und multifunktio-
nalen Waldbewirtschaftung werden ver-
mittelt, um ein entsprechendes Verständnis
und deren Akzeptanz zu fördern. Dazu
wurden vier Kernbotschaften formuliert:
Der Wald ist ein unverzichtbarer Le-
bensraum und nützt uns allen!
Nachhaltigkeit ist Denken und Han-
deln in Generationen!
Der Wald ist ein idealer Lern- und Er-
lebnisort!
Förster sind kompetente Partner in Sa-
chen Wald!
Sachsenforst betreibt drei Waldschul-
heime: Stannewisch (Oberlausitz), Wahls-
mühle (Osterzgebirge) und Conradswiese
(Westerzgebirge). Insgesamt werden hier
rund 6.000 Gäste pro Jahr betreut, jeweils
etwa zur Hälfte im Rahmen von Mehrta-
gesaufenthalten
und
Tagesprogram
men.
Die sechs waldpädagogischen Tagesein-
richtungen betreuen pro Jahr weitere etwa
12.000 Personen. Das Wildgehege Moritz-
burg mit jährlich über 150.000 Besuchern
und das Informationszentrum „Haus der
Tausend Teiche“ im Biosphärenreservat
Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft
bieten ebenfalls themenbezogene Pro-
gramme an. In den von ihm verwalteten
Großschutzgebieten unterbreitet Sachsen-
forst auch Angebote der wildnisbezoge-
nen Umweltbildung (z. B. Feriencamps),
die sich v. a. dem Schutzzweck der Ge-
biete widmen. Darüber hinaus leisten alle
Forstbezirke, die Schutzgebietsverwaltun-
gen und die Geschäftsleitung von Sach-
senforst individuelle waldpädagogische
Arbeit (z. B. Försterwanderungen, Wald-
projekt- und Walderlebnistage, Aktionen
im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen).
Alle Organisationseinheiten beteiligen
sich an den „Sächsischen Waldjugend-
spielen“. 2016 nahmen 6.000 Schüler an
66 Veranstaltungstagen teil. Neben dem
Programm für Grundschüler bietet Sach-
senforst gesonderte Waldjugendspieltage
für 6. Klassen an. Eine weitere Besonder-
heit sind die grenzüberschreitenden Wald-
jugendspiele für tschechische und sächsi-
sche Kinder.
Zertifikat Waldpädagogik
Seit etwa 15 Jahren ist sowohl ein stei-
gendes Angebot als auch eine hohe
Nachfrage nach waldpädagogischen
Aktivitäten zu verzeichnen. Zunehmend
etablieren sich auch private oder insti-
tutionelle Anbieter wald- und umwelt-
pädagogischer Aktivitäten. 2007 brachte
die Forstchefkonferenz deshalb eine Qua-

image
image
image
image
image
www.forstpraxis.de
AFZ-DerWald 21/2016 17
Sachsen
10 Jahre Sachsenforst
li zierung auf den Weg, mit dem Ziel der
Professionalisierung und Qualitätssiche-
rung in der Waldpädagogik auf der Basis
bundesweit anerkannter Mindeststan-
dards. Das daraus resultierende Fortbil-
dungsangebot richtet sich an Beschäftigte
der Forstverwaltungen, Freiberu iche
und andere Interessenten. Im September
2011 startete der erste Zerti katslehr-
gang in Sachsen. Die Quali zierung wird
federführend durch Sachsenforst als Zu-
lassungs- und Prüfungsstelle, in Koopera-
tion mit der Sächsischen Landesstiftung
Natur und Umwelt (LaNU) organisiert.
Mittlerweile haben 77 Teilnehmer ihre
Abschlussprüfung erfolgreich bestanden
(37 Mitarbeiter von Sachsenforst, 40 ex-
terne Personen).
Kooperationen
Am 25. August 2014 ist eine Vereinba-
rung zur Waldpädagogik im Freistaat
Sachsen durch das Sächsische Staats-
ministerium für Umwelt und Landwirt-
schaft sowie das Sächsische Staatsminis-
terium für Kultus unterzeichnet worden.
Zweck der Vereinbarung ist es, den
Verfassungsauftrag zur umfassenden
Bildung von Kindern und Jugendlichen
im Bereich der Waldpädagogik effekti-
ver umzusetzen. Mit der Schutzgemein-
schaft Deutscher Wald (SDW) arbeitet
Sachsenforst im Rahmen verschiedener
Projekte zusammen. In erster Linie sind
hier die jährlich statt ndenden Wald-
jugendspiele zu nennen. Aber auch im
Zuge der Errichtung einer weiteren Ta-
geseinrichtung, dem OberHolzHaus im
Raum Leip zig, wird die SDW ein wich-
tiger Partner sein.
Neben der Kooperation im Bereich
„Zerti kat Waldpädagogik“ arbeitet
Sachsenforst mit der Sächsischen Landes-
stiftung Natur und Umwelt auch bei der
Organisation von Veranstaltungen zu-
sammen. Dem 2015 mit großem Erfolg
gemeinsam durchgeführten 1. Sächsi-
schen Waldpädagogik-Forum soll sich
2017 eine Folgeveranstaltung anschlie-
ßen. Sachsenforst sieht die Unterstützung
des Austausches und der Vernetzung ent-
sprechender Anbieter sowie die Präsenta-
tion von Best-Practice-Beispielen als eine
wichtige Aufgabe an.
Herausforderungen
Kinder und Jugendliche, insbesondere
Grundschüler, sind mit einem Anteil
von etwa 70 % aktuell die am häu gs-
ten vertretene Zielgruppe in der Wald-
pädagogik. Künftig müssen wegen der
demogra schen Entwicklung ältere
Schüler sowie Erwachsene und Senioren
zunehmend stärker berücksichtigt wer-
den. Aber auch im Hinblick auf aktuelle
gesellschaftliche Fragestellungen – bei-
spielsweise die Themen Flüchtlinge und
Inklusion – stehen Umweltbildung und
Waldpädagogik vor neuen Herausforde-
rungen.
Abb. 1: Waldpädagogische Einrichtungen von Sachsenforst – Zentren der Umweltbildung
Quelle: Staatsbetrieb Sachsenforst
Jana Gutzer,
Jana.Gutzer@smul.sachsen.de,
ist Referentin für Umweltbildung
und Waldpädagogik in der
Geschäftsleitung von Sachsenforst.