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Staatskanzlei
Freistaat
Sachsen

 
Grußwort
.............................................................................................................................................
2
Land und Leute
Reizvolles Sachsen:
Landschaften/Flüsse und Seen/Klima
...............................................................
5
Die Sachsen – ein eigenes Völkchen:
Räumliche Verteilung/Bevölkerungsstruktur/Religion
.................
7
Die Sorben – viel mehr als Folklore
...........................................................................................
11
Gestern und Heute
Sachsen macht Geschichte:
Von der Frühzeit bis zur Neuzeit
.........................................................
13
Tabellarischer Überblick
................................................................................................................
17
Verfassung und Gesetzgebung
Sachsen in guter Verfassung:
Sachsen als Freistaat/Verfassung/Wappen/Flagge/Hymne
.............
21
Sachsens starke Kräfte:
Landtag/Parteien/Verbände/Bürgerschaftliches Engagement
...................
23
Verwaltung und Politik
Sachsen mit schlanker Verwaltung:
Ministerpräsident, Ministerien/Landesverwaltung/
Haushalt/Kommunen/E-Government/Gesetzesvereinfachung
...............................................................
29
Sachsen in Europa und der Welt:
Föderalismus/Europa/Internationale Beziehungen
....................
34
Recht und Sicherheit
Die Judikative – Die dritte Kraft in Sachsen:
Justizaufbau/Justizbedienstete
...........................
37
Für ein sicheres Sachsen:
Polizei/Kriminalität/Justizvollzug
.............................................................
38
Sachsen sind gut geschützt:
Rettungswesen/Die Flut 2002/Hochwasserschutz
.............................
39
Wirtschaft und Arbeit
Sachsen mit aller Kraft voraus:
Wirtschaftsstruktur/Außenhandel/Messen/
Wirtschaftsförderung/Arbeitsmarkt/Einkommen und Preise
..................................................................
43
Leben durch Sachsens Natur:
Land- und Forstwirtschaft/Tierhaltung/Weinbau/Bergbau
..............
50
Infrastruktur und Kommunikation
Sachsen in Bewegung:
Verkehrswegenetze
....................................................................................
55
Sachsens Städte
................................................................................................................................
58
Sachsen mit Energie:
Energiewirtschaft/Energiebörse/Trinkwasser/Abwasser
.................................
58
Sachsen mit eigener Meinung:
Presse/Rundfunk/privater Rundfunk
.............................................
61
Sachsens Verbindungen in die Welt:
Telefon und neue Medien
...................................................
63
Bildung und Forschung
Sachsen bildet sich:
Bildung/Hochschulen und Berufsakademien/Büchereien, Archive
...................
65
Sachsen denkt weiter:
Erfindungen/Forschung und Entwicklung/Technologietransfer
.....................
70
Soziales und Sport
Wir Sachsen kümmern uns:
Weltoffenes Sachsen/Gesundheitswesen/Familien/
Behinderte/Hartz IV/Senioren
.................................................................................................................
75
Sportliches Sachsen
........................................................................................................................
78
Kunst und Kultur
Kultur erleben:
Burgen, Schlösser und Gärten/Architektur/Bildende Kunst/Musik und
darstellende Kunst/Volkskunst/Feste und Festivals/Kulturförderung
......................................................
81
Sachsen bewahrt Erinnerungen:
Museen/Gedenkstätten
..............................................................
88
Typisch Sächsisches:
Mundart/Sächsische Küche
..........................................................................
90
Natur und Freizeit
Natur und Umwelt in Sachsen:
Vegetation/Schutzgebiete/Umweltschutz
.....................................
93
Gäste sind in Sachsen willkommen:
Tourismus/Freizeit/Erholung
................................................
96

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2
Grußwort
Prof. Dr.
Georg Milbradt,
Ministerpräsident
des Freistaates
Sachsen
Der Freistaat Sachsen hat eine traditionsreiche, wechselvolle Vergangen-
heit, eine spannende Gegenwart und viel versprechende Zukunft. Die Grün-
dung der Mark Meißen im Jahre 929 gilt als Geburtsstunde Sachsens. Als
Folge des beginnenden Silberbergbaus im Erzgebirge blühte das Land im
12. Jahrhundert auf, Städte entstanden; schon 1409 wurde die Universität
Leipzig gegründet, 1497 erhielt Leipzig auch das Messeprivileg.
Zahlreiche Erfindungen stammen aus Sachsen, Künstler und Wissenschaft-
ler von Weltruf wirkten hier, unter anderem Johann Sebastian Bach,
Bernardo Belotto („Canaletto“), Caspar David Friedrich, Wilhelm Ost-
wald oder Gotthold Ephraim Lessing. Die Sachsen waren es auch, die die
friedliche Revolution im Herbst 1989 mit ihren Demonstrationen in
Leipzig, Plauen, Dresden und anderswo auslösten und damit den Weg zur
Wiedervereinigung Deutschlands bereiteten.
Die Kulturschätze im Land ziehen Menschen aus nah und fern an. Die
Pretiosen im Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss, die Gemäldegalerien
und die vielen historischen Kleinode auch außerhalb der Landes-
hauptstadt zeugen vom reichen kulturellen Erbe. Ein Symbol mit Strahl-
kraft weit über Sachsens Grenzen hinaus ist die wieder errichtete Dresd-
ner Frauenkirche. Nach fast 15 Jahren des Wiederaufbaus mit Spenden
aus aller Welt wurde sie – 271 Jahre nach der ersten Weihe – am 30.
Oktober 2005 geweiht. Etwa 250 000 Menschen nahmen hieran Anteil.
Die Menschen in Sachsen, unter ihnen Vogtländer, Erzgebirgler, Sorben
und Niederschlesier, sind sich ihrer Geschichte und ihrer Traditionen be-
wusst. Auch weiterhin geben sie die Impulse für die Gestaltung des Frei-

image
Grußwort
3
staates mit ihrer Bodenständigkeit, Weltoffenheit, Lebensfreude, ihrem
Unternehmergeist und dem wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Ta-
tendrang. Nicht umsonst gilt Sachsen auch als das Land der Ingenieure.
Und Dresden gehört zu den größten Forschungszentren Deutschlands und
wurde 2006 „Stadt der Wissenschaften“.
Die erfolgreiche Ansiedlung großer internationaler Firmen und
Forschungszentren seit 1990 ist zukunftsweisend. Heute spricht man
vom „Silicon Saxony“ und meint den in Europa führenden Mikroelekt-
ronik-Standort zwischen Dresden und Freiberg, man spricht vom „Auto-
land Sachsen“ mit VW-, BMW- und Porsche-Ansiedlungen oder von
biosaxony, der Biotechnologieinitiative der Sächsischen Staatsregierung.
Sachsen ist als dynamischstes Bundesland nach 2004 erneut der Gewin-
ner des Bundesländerrankings der Initiative Neue Soziale Marktwirt-
schaft (INSM) und der Wirtschaftswoche. Damit setzt sich die positive
wirtschaftliche Entwicklung mit unveränderter Dynamik fort.
Ich lade Sie ein, lernen Sie Sachsen kennen! Besuchen Sie den National-
park Sächsische Schweiz oder die beiden jüngsten Welterbestätten Dresd-
ner Elbtal und Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau. Vielleicht genießen Sie
ein Konzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden oder des Leipziger
Thomanerchores.
Nehmen Sie teil an einem der zahlreichen Volksfeste, an Veranstaltungen
der Szenekultur oder erleben Sie sorbische Traditionen, wenn festlich ge-
schmückte Reiter beim sorbischen Osterreiten die Botschaft der Auferste-
hung Christi verkünden. Das internationale Kneipenfestival „Honky Tonk“
und Europas größtes Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, das internationale
Dixielandfestival in Dresden, Europas größtes Splash-Festival in Chemnitz,
das internationale Trabantfahrertreffen in Zwickau und der „Tag der Sach-
sen“, das größte Volksfest des Landes, laden Sie herzlich ein.
So abwechslungsreich der Freistaat – so vielfältig die Möglichkeiten.
Lassen Sie sich überraschen! Sachsen bietet mehr, als sich in dieser Bro-
schüre darstellen lässt.
Georg Milbradt

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4
Land und Leute
LAND UND
LEUTE

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Land und Leute
5
Reizvolles Sachsen
Lage und Fläche
Sachsen, im Osten der Bundesrepublik Deutschland gelegen, erstreckt
sich von der Leipziger Tieflandsbucht und der Niederlausitz im Nor-
den über das mittelsächsische Hügelland und Lausitzer Bergland bis
hin zum Kamm des Erzgebirges und den Höhen des Vogtlandes im
Süden. Im Südosten wird Sachsen durch das Elbsandsteingebirge und
das Zittauer Gebirge begrenzt.
Gemeinsame Grenzen hat Sachsen mit den deutschen Bundesländern
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern sowie auf einer
Länge von 454 km mit der Tschechischen Republik und auf 123 km
mit der Republik Polen.
Die Fläche des Landes beträgt 18 415 km². Der Freistaat ist damit das
viertkleinste Flächenland Deutschlands. Die am höchsten gelegene
Stadt in Sachsen ist der Kurort Oberwiesenthal im Erzgebirge mit 920 m
über NN, der tiefste Punkt in Sachsen ist der Ortsteil Greudnitz der
Stadt Dommitzsch (Landkreis Torgau-Oschatz) mit 73 m über NN.
Die sächsische Landeshauptstadt ist Dresden.
Sachsens Tiefland
Dazu gehört vor allem das nordsächsische Flachland mit Höhen von
etwa 100 m über NN im Norden und einem Anstieg nach Süden auf
etwa 160 m über NN. Diese Landschaft wurde im Laufe der Zeit durch
den Braunkohletagebau teilweise erheblich verändert.
Die Leipziger Tieflandsbucht reicht wie eine Meeresbucht weit in das
mittelsächsische Hügelland hinein und bietet beste Bedingungen für die
Landwirtschaft. Der östliche Teil des Tieflandes wird vor allem durch
das Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet bestimmt. Nördlich davon hat
gleichfalls der Braunkohlenbergbau die Landschaft geprägt.
Sachsens Hügelland
Das sächsische Hügelland erreicht Höhen zwischen 120 bis etwa
280m. Es erstreckt sich vom Leipziger Land über das Mulde-Löß-
hügelland und das mittelsächsische Lößhügelland bis zum Westlausitzer
Hügel- und Bergland und reicht in der östlichen Oberlausitz bis an
die Grenze zur Republik Polen.
Die zum Teil mächtige Lößschicht bietet fruchtbare Böden für die
Landwirtschaft, wofür beispielsweise die „Lommatzscher Pflege“
weithin bekannt ist.
Restaurierte Görlitzer
Altstadt
Lommatzscher Pflege

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6
Land und Leute
Sachsens Mittelgebirge
Die sächsische Mittelgebirgsschwelle umfasst das Vogtland, das Erzge-
birge, das Elbsandsteingebirge, das Oberlausitzer Bergland und das
kleinste Mittelgebirge Deutschlands – das Zittauer Gebirge. Die höchs-
te Erhebung Sachsens ist der 1 215 m hohe Fichtelberg im Erzgebirge.
Während im Elbsandsteingebirge und im Zittauer Gebirge Sandstein
vorherrscht, werden die Hochflächen im Erzgebirge von markanten Ba-
saltkuppen überragt. Das Erzgebirge war wegen seiner Bodenschätze
ein bedeutendes Bergbaugebiet, vor allem Silbererz und Zinnerz wur-
den hier seit dem 12. Jahrhundert abgebaut.
Flüsse und Seen
Sachsen hat insgesamt 15 389 km Fließgewässer. Auf einer Länge von
180 km fließt die Elbe, der bedeutendste sächsische Fluss, durch den
Freistaat. Weitere größere Flüsse sind die Vereinigte Mulde mit ihren
beiden Quellflüssen Freiberger Mulde und Zwickauer Mulde, die Lau-
sitzer Neiße, die Spree und die Weiße Elster.
Die größeren Standgewässer Sachsens sind allesamt künstlich angelegt
worden. Sie entstanden entweder durch Anstau von Flüssen (Talsperren)
oder durch Flutung von Tagebaurestlöchern. Derzeit ist die Talsperre
Quitzdorf in Ostsachsen der von der Wasseroberfläche her größte säch-
sische See mit 7,5 km². Über den größten Stauraum verfügt mit
75 Mio. m³ die Talsperre Eibenstock, die mit einer 51,3 m hohen Stau-
mauer auch das höchste Absperrbauwerk besitzt. Der Bärwalder See in
der Lausitz, ein ehemaliger Braunkohletagebau, wird nach Abschluss
der Flutung 2007 mit ca. 13 km² der größte Sachsens sein. Der ebenfalls
in Ostsachsen gelegene Berzdorfer See wird mit 387 Mio. m³ das größte
Volumen umfassen.
Das Hochwasserrückhaltebecken Müglitztal, mit mehr als 5 Mio. m³ Fas-
sungsvermögen die derzeit zweitgrößte Wasserbaustelle Europas, wird im
Jahr 2006 fertig gestellt. Durch die Flutung der Tagebaurestlöcher erhal-
Winter im Erzgebirge
Fließlänge
der Flüsse in Sachsen
Stand 2003
Daten:
Statistisches Landesamt
Elbe
180 km
Zwickauer Mulde
167 km
Lausitzer Neiße
125 km
Freiberger Mulde
120 km
Weiße Elster
117 km
Spree
111 km
Vereinigte Mulde
83 km

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Land und Leute
7
ten die über Jahrzehnte geschundenen Bergbaufolgelandschaften neue
Perspektiven, besonders für die touristische Entwicklung der Regionen.
Klima
Sachsen liegt in der Übergangszone zwischen maritimem westeuropäi-
schen und kontinentalem osteuropäischen Klima. Das Klima ist wesentlich
von den jeweils örtlichen geografischen Lagen abhängig. Im Elbtal zwi-
schen Pirna und Meißen (langjährige Jahresmitteltemperatur 1971–2000
in Dresden-Klotzsche: 9,2°C) gedeiht Wein. Auch die Leipziger Tieflands-
bucht gilt als klimatisch begünstigt. Im Bergland hingegen, besonders zum
Kamm des Erzgebirges hin, überwiegt raue Witterung mit höheren Nie-
derschlagsmengen (langjähriges Jahresmittel 1971–2000 auf dem
Fichtelberg: 3,2°C). Diese klimatischen Bedingungen garantieren im Win-
ter nahezu schneesichere Pisten. Das Jahresmittel der Temperaturen
1951 – 1980 lag allerdings in Dresden-Klotzsche noch bei 8,5°C und auf
dem Fichtelberg noch bei 2,8°C.
Von den 15 staatlich anerkannten Kurorten Sachsens sind drei wegen
ihres günstigen Klimas als Luftkurorte eingestuft.
Die Sachsen – ein eigenes Völkchen
Räumliche Verteilung
In Sachsen leben nicht nur „Sachsen“ – vielmehr gibt es hier Vogtlän-
der, Sorben, Erzgebirgler, Meißner, Oberlausitzer, Niederschlesier und
Zauberhaftes Wetter
in der Sächsischen
Schweiz
Bevölkerungsdichte
der Landkreise und
kreisfreien Städte
Stand 31.12.2004
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen

8
Land und Leute
andere mehr: Sie pflegen eigene Traditionen und Mundarten.
Der Freistaat ist mit seinen 4 296 284 Einwohnern und einer Bevölke-
rungsdichte von 233 Einwohnern je km² das bevölkerungsreichste und –
abgesehen von Berlin – das am dichtesten besiedelte der neuen Bundes-
länder. Im bundesdeutschen Vergleich nimmt Sachsen bei Bevölkerung
und Bevölkerungsdichte unter den Flächenländern einen mittleren Platz
ein. Sachsen hat mit dem oberen Elbtal zwischen Pirna und Meißen, der
Stadt Leipzig und dem südwestsächsischen Raum zwischen Chemnitz
und Zwickau drei Verdichtungsräume. Relativ dünn besiedelt sind hin-
gegen die im nordöstlichen Teil des Landes gelegene Lausitz, die Region
zwischen Grimma, Torgau und Döbeln oder das Erzgebirge.
Fast ein Drittel (28,7 %) der Bevölkerung des Landes lebte am 30. Juni
2006 in den drei Großstädten Dresden (489 259 Einwohner), Leipzig
(499 232) und Chemnitz (247 589). Nur in Dresden und Leipzig nahm
in den letzten Jahren die Bevölkerung geringfügig zu. In allen Kreisen
und kreisfreien Städten ist hingegen ein kontinuierlicher Bevölkerungs-
rückgang zu verzeichnen.
Mehr als zwei Drittel aller sächsischen Gemeinden haben weniger als
5 000 Einwohner.
Bevölkerungsstruktur
Die Alterspyramide Sachsens ist – wie in den meisten neuen Bundeslän-
dern – sehr unregelmäßig aufgebaut. Sehr tiefe Einschnitte gibt es bei
den heute etwa 60-Jährigen (2. Weltkrieg), den 30-Jährigen („Pillen-
knick“) und den 0 – 15-Jährigen („Wendeknick“). Der Aderlass des
Ausgewählte
Bevölkerungsdaten
Stand 31.12.2004
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Bevölkerung gesamt
4 296 248
davon Frauen
2 204 463
davon Männer
2 091 821
davon Ausländer
118 480
davon unter 18 Jahren
14,3 %
davon zwischen 18 und unter 65 Jahren
64,2 %
davon 65 Jahre und älter
21,5 %
davon Mädchen
16 920
davon Jungen
16 124
Zuzüge 2004
126 240
Fortzüge 2004
136 384
Geburten 2004 gesamt
33 044
Sterbefälle 2004 gesamt
48 254

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Land und Leute
9
2. Weltkrieges wäre noch größer gewesen, hätten sich nicht 997 798
Vertriebene aus Schlesien, Pommern oder dem Sudetenland in Sachsen
angesiedelt, dies entsprach im Jahr 1949 einem Anteil von 17,2 % der
Bevölkerung (Quelle: Bundesarchiv).
Nur 14,3 % der Sachsen sind jünger als 18 Jahre, 21,5 % der Bevölke-
rung sind 65 Jahre und älter. Knapp die Hälfte der erwachsenen Sachsen
(46,8 %) ist verheiratet, mehr als ein Drittel (38,1 %) ledig, der ver-
bleibende Teil verwitwet (8,3 %) oder geschieden (6,9 %).
In Sachsen leben im Vergleich zu anderen Bundesländern wenige Aus-
länder, der Anteil betrug im Jahr 2004 nur knapp 3 %. Die größte Gruppe
ausländischer Menschen stellen mit 11,7 % die Vietnamesen.
Bevölkerungsstruktur
nach Alter und
Geschlecht
Stand 31.12.2004
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen

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10
Land und Leute
Demographischer Wandel
Die Bevölkerungsentwicklung ist in Sachsen wie auch in Deutschland
insgesamt und vielen industrialisierten Ländern rückläufig. Lebten am 1. Ja-
nuar 1990 noch rund 4,9 Mio. Menschen im Freistaat, waren es Ende
2004 nur noch rund 4,3 Mio. Einwohner. Dieser Bevölkerungsrückgang
von 11 % resultiert zu etwa drei Fünfteln aus der geringen Geburtenrate.
Hinzu kamen Wanderungsverluste, insbesondere in die alten Bundeslän-
der. Bis zum Jahr 2020 wird ein weiterer Rückgang auf 3,8 Mio. Einwohner
prognostiziert. Dieser Rückgang geht einher mit einem Alterungsprozess.
Schon jetzt weist Sachsen mit 44,4 Jahren den höchsten Altersdurchschnitt
aller Bundesländer auf. Dieser wird bis 2020 auf rund 49 Jahre steigen.
Dann wird jeder dritte Sachse über 65 Jahre alt sein.
Die Auswirkungen des demographischen Wandels werden in fast allen
Lebensbereichen spürbar sein. Für den Freistaat stellt sich vor allem das
Problem, angesichts sinkender Einnahmen von ca. 25 % bis zum Jahr
2020, für die Bürger trotzdem eine angemessene Infrastruktur bereitzu-
stellen. Zur Schaffung neuer effizienter Strukturen bereitet die Sächsische
Staatsregierung unter Mitwirkung unterschiedlicher Experten aus Wis-
senschaft und Wirtschaft Strategien zur Bewältigung des demographischen
Wandels vor. Vorgesehen ist als ein erster wichtiger Schritt eine umfas-
sende Reorganisation der Verwaltung, die ab dem Jahr 2007 für mehr
Effizienz sorgen soll. Die Strategien zur aktiven Bewältigung der Schrump-
fungsprozesse werden zusammen mit den Bürgern entwickelt. In zwei
unterschiedlichen Regionen wurden Modellvorhaben initiiert, bei denen
Anpassungsstrategien zur Bewältigung des demographischen Wandels ent-
wickelt werden.
Religion
Sächsischer
Familientag am
17. Juni 2006 in Görlitz
Kirchenglieder
der Evangelischen und
Katholischen Kirche
Stand 31.12.2004
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Evangelische Kirchen
924 533
davon Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen
843 296
davon Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz,
sächsischer Teil
51 893
davon Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen,
sächsischer Teil
29 344
Katholische Kirche
156 280
davon Bistum Dresden-Meißen, sächsischer Teil
134 818
davon Bistum Görlitz, sächsischer Teil
15 513
davon Bistum Magdeburg, sächsischer Teil
5 949

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Land und Leute
11
Etwa ein Viertel der sächsischen Bevölkerung (25,1 %) gehört einer der
beiden großen christlichen Kirchen an, dabei dominiert im Mutterland
der Reformation die protestantische Konfession. In den evangelischen Kir-
chen in Sachsen waren Ende 2004 ca. 17,9 % der Bevölkerung
eingebunden. Neben der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sach-
sens liegen Teile der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische
Oberlausitz
1)
und der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM)
Kirchenamt Magdeburg in Sachsen.
Der Katholischen Kirche gehörten 2004 in Sachsen 3,6 % der Bevölke-
rung an. Sie gliedert sich in die über die Landesgrenzen hinausreichenden
Bistümer Dresden-Meißen, Görlitz und Magdeburg. Außerdem gibt es
in Sachsen drei schnell wachsende Jüdische Gemeinden mit 2 314 Mit-
gliedern.
Daneben gibt es noch mehrere Freikirchen und andere religiöse Gemein-
schaften.
Die Sorben – viel mehr als Folklore
Sowohl in Sachsen als auch im benachbarten Brandenburg liegt die Hei-
mat einer nationalen Minderheit, der Sorben, einem westslawischen Volk.
Besucher der Lausitz merken dies zuerst an den zweisprachig gehaltenen
Beschriftungen z. B. auf Wegweisern, Ortsschildern und den Firmierun-
gen über den Geschäften.
Ab und zu begegnet man noch Menschen in Tracht, und besonders um die
Osterzeit kann man die hiesigen Feste und Bräuche hautnah erleben, so
beim Osterreiten in vielen Gemeinden oder in Form von wunderschön
verzierten Ostereiern. Etwa zwei Drittel der ca. 60 000 Sorben leben in
der ostsächsischen Oberlausitz mit dem kulturellen Zentrum Bautzen, wo
ihre Kultur entsprechend der Landesverfassung unter dem ausdrücklichen
Schutz des Staates steht. Das kirchliche Leben hat für das sorbische Volk
eine zentrale Bedeutung, wobei regional verschieden die katholische oder
evangelische Konfession dominiert.
Die Domowina mit Sitz im Haus der Sorben in Bautzen ist die Dachor-
ganisation sorbischer Vereine und Verbände. Die sorbische Sprache ist
wichtigstes Merkmal sorbischer Identität. Sie wird in Teilen des Sied-
lungsgebietes der Sorben im täglichen Leben und in den Familien
gesprochen. Insbesondere in sorbischen Kindergärten, Schulen und an-
deren sorbischen Einrichtungen sowie Vereinen werden sorbische
Sprache, Kunst und Kultur gepflegt.
1)
Zum 1. Januar 2004 haben sich die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg und die Evangelische Kirche
der schlesischen Oberlausitz zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vereinigt.
Die neue Synagoge
in Chemnitz
Traditionelle Osterreiter
in der Lausitz

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12
Gestern und Heute
GESTERN
UND
HEUTE

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Gestern und Heute
13
Ausschnitt aus
dem Fürstenzug am
Dresdner Stallhof
Sachsen macht Geschichte
Geschichtliche Entwicklung bis zum Jahr 929
Zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert n. Chr. wandern die auf dem Ge-
biet des heutigen Freistaates Sachsen sesshaften germanischen Stämme
aus. Ungefähr seit dem Jahr 600 wird das Land von den slawischen Sor-
ben aus dem Gebiet des heutigen Polen bzw. Tschechien besiedelt.
Markgrafschaft Meißen 929–1423
Nach der Unterwerfung des sorbischen Stammes der Daleminzer grün-
det der deutsche König Heinrich I. im Jahr 929 die Mark Meißen. Zur
Christianisierung der heidnischen Bevölkerung entstehen 968 die Bis-
tümer Merseburg, Zeitz und Meißen. Im Jahr 1089 erhalten die Wettiner
die Markgrafschaft als Lehen. Die deutsche adlige und geistliche Ober-
schicht im Land wird im Zuge der Ostausdehnung durch zuwandernde
Bauern und Bürger verstärkt.
Unter Markgraf Otto dem Reichen (1156–1190) kommt es zu einer
ersten wirtschaftlichen Blüte. Durch Rodungen entstehen viele neue
Dörfer, vorwiegend charakteristische Waldhufendörfer, lang gestreckt
entlang der Straße mit schmalen Streifen Ackerland hinter den Gehöf-
ten, begrenzt durch Baum- und Heckenreihen. Im Erzgebirge kommt
der Bergbau auf, wo zunächst kleinere Mengen Zinn, Kupfer und Ei-
senerz gefunden werden. Ein großer Silbererzfund in Freiberg löst 1268
das „Erste Berggeschrey“ aus, vergleichbar dem Goldrausch in Ame-
rika im 19. Jahrhundert. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts gründen
sich zahlreiche Städte.
Der Wettiner, Heinrich der Erlauchte (1221–1288) erwirbt das Pleißen-
land, die Landgrafschaft Thüringen sowie die Niederlausitz und gründet
die Mark Landsberg als neues Fürstentum. Nach dem Verlust der Mark
Meißen an die Könige Adolf von Nassau und Albrecht von Österreich
gewinnt Markgraf Friedrich der Freidige dieselbe in der Schlacht von
Lucka (1307) zurück. Damit legte er den Grundstein für den erneuten
Aufstieg der Wettiner. Seinen Nachfolgern gelingen wichtige Erwerbun-
gen u. a. im Pleißenland, im Vogtland und in Thüringen. 1382 wird der
wettinische Besitz zwischen Meißen, Osterland und Thüringen geteilt.
Allerdings stirbt 1407 die Meißner und 1440 die Thüringer Linie aus, so
dass die wettinischen Lande wieder vereinigt werden können. Im Jahr
1409 erhalten die aus Prag ausgewanderten deutschen Magister und Stu-
denten in Leipzig eine neue Universität.

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14
Gestern und Heute
Urkunde des
Leipziger Messeprivilegs
von 1497
Emil Eugen Sachse:
Kurfürst Moritz von
Sachsen,
Kupferstich-Kabinett
Dresden
Kurfürstentum Sachsen 1423–1485
Als Dank für den Kampf gegen die Hussiten belehnt Kaiser Sigismund
Markgraf Friedrich den Streitbaren 1423 mit dem erledigten
2)
Herzog-
tum Sachsen-Wittenberg. Die Wettiner erlangen damit die Kurwürde,
gleichzeitig geht der Name „Sachsen“ auf die wettinischen Lande über.
1464 wird Dresden Residenz des Kurfürsten.
Albertinisches Herzogtum Sachsen 1485–1547
Durch die Leipziger Teilung von 1485 zwischen den Brüdern Ernst (Be-
gründer der Ernestinischen Linie) und Albrecht dem Beherzten (Begründer
der Albertinischen Linie) wird der wettinische Besitz dauerhaft geteilt.
Ernst erhält das mittlere und südliche Thüringen, das Vogtland, den größ-
ten Teil des Osterlandes sowie das Herzogtum Sachsen-Wittenberg mit
der Kurwürde und Torgau bzw. Wittenberg als Residenz; Albrechts Ge-
biet umfasst die alte Mark Meißen, das östliche Pleißenland, das Leipziger
Land und das nördliche Thüringen mit Dresden als Regierungssitz. Im
Unterschied zum Ernestiner Friedrich dem Weisen, der Luther schützt,
stellt sich der Albertiner Georg der Bärtige gegen die protestantische
Lehre. Erst nach seinem Tod (1539) wird im albertinischen Landesteil
die Reformation eingeführt.
Seit Mitte des 15. Jahrhunderts lassen große Erzfunde im Erzgebirge
weitere Bergbaustätten entstehen (Schneeberg, Annaberg). Im Jahr 1491
findet der Bergmann Kaspar Nitzel aus Frohnau eine ergiebige Silber-
ader und löst damit das „Große Berggeschrey“ im oberen Erzgebirge
und dadurch einen massiven Zuzug von Menschen aus. Auch Handel
und Handwerk Sachsens blühen auf. Leipzig steigt zur führenden Mes-
se- und Handelsstadt Mitteldeutschlands auf, nachdem Kaiser Maximilian I.
ihr 1497 das Messeprivileg und 1507 das Stapelrecht
3)
erteilt hat.
Albertinisches Kurfürstentum 1547–1806
Herzog Moritz, der mit Kaiser Karl V. den ernestinischen Kurfürsten
Johann Friedrich den Großmütigen in der Schlacht von Mühlberg (1547)
besiegt, bringt die Kurwürde und Teile des ernestinischen Landbesitzes
an die Albertiner. Kurfürst August erwirbt die säkularisierten Bistümer
Merseburg, Naumburg und Meißen sowie das Vogtland.
Den letzten großen territorialen Zugewinn erhält Kursachsen im Drei-
ßigjährigen Krieg, als im Prager Frieden (1635) die 1623 verpfändeten
Markgraftümer Ober- und Niederlausitz an Sachsen fallen. Durch den
2)
Erledigt bedeutet unbesetzt bzw. frei, der Begriff wird verwendet, wenn der Inhaber eines Lehens verstarb und
sich kein legitimer Nachfolger fand.
3)
Das Stapelrecht beinhaltete im Mittelalter das von den Landesherren einzelnen Städten verliehene Recht, vor-
überziehende Kaufleute zu zwingen, ihre Waren für eine bestimmte Zeit in der Stadt zum Verkauf auszustellen.

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Gestern und Heute
15
Heinrich Paul Groskurt:
Medaille mit Porträt
Augusts des Starken,
Münzkabinett, Dresden
Historische Ansicht
von Meißen
Dreißigjährigen Krieg wird Sachsen allerdings stark verwüstet und ver-
liert nach dem Westfälischen Frieden (1648) im Reich zunehmend an
Bedeutung. 1656 werden die drei Seitenlinien Zeitz, Merseburg und
Weißenfels als selbstständige Fürstentümer von Kursachsen abgetrennt,
fallen aber bis 1746 durch Aussterben wieder an die Hauptlinie zurück.
Unter Kurfürst Friedrich August I. („August dem Starken“) erhält Kur-
sachsen wieder ein wachsendes politisches Gewicht. Dieser tritt zum
Katholizismus über und wird 1697 zum König von Polen gekrönt. Da-
mit regierte ein katholischer Kurfürst über die zumeist protestantische
Bevölkerung. Die sächsisch-polnische Union wird auch unter seinem
Sohn und Nachfolger Friedrich August II. (als polnischer König: Au-
gust III.) fortgesetzt. August dem Starken und seinen Nachkommen
verdankt die sächsische Hauptstadt Dresden zahlreiche prächtige Bau-
ten und Schätze sowie ihren Ruf als „Elbflorenz“. Unter seiner Herrschaft
wird im Jahr 1710 die Meissener Porzellan-Manufaktur gegründet.
Den Siebenjährigen Krieg verliert Sachsen 1763 und verzichtet in der
Folge auf die polnische Krone. Die Kriegsfolgen im Lande werden rasch
überwunden, das Manufakturwesen, vor allem das Textilgewerbe in
Chemnitz und Umgebung, blüht auf. Leipzig entwickelt sich im 18. Jahr-
hundert zum Zentrum des deutschen Buchhandels und Verlagswesens.
Königreich Sachsen 1806/15–1918
Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon schließt Sachsen mit
Frankreich den Frieden von Posen (1806), tritt dem Rheinbund bei
und wird mit dem Königstitel belohnt. Während der Kontinentalsperre
entstehen zahlreiche mechanische Spinnereien, womit die Industriali-
sierung einsetzt. Der bis zuletzt am Bündnis mit Napoleon festhaltende
König Friedrich August I. wird nach der Leipziger Völkerschlacht
(1813) von den gegnerischen Verbündeten gefangen genommen und
zur Abtretung von mehr als der Hälfte seines Landes an Preußen gezwun-
gen. Die östliche Oberlausitz wird der Provinz Schlesien eingegliedert,
die Niederlausitz der Provinz Brandenburg, die übrigen Gebiete der
Provinz Sachsen. Andere kursächsische Landesteile fallen an Sach-
sen-Weimar.
Nach revolutionären Unruhen im September 1830 erhält Sachsen 1831
eine Verfassung. Reformen erneuern während der konstitutionellen
Monarchie die Staatsverwaltung, das Städte- und Agrarwesen sowie die
Volksschulen. Durch Eisenbahnbau und den Einsatz von Dampfmaschi-
nen schreitet die Industrialisierung weiter voran. In der Märzrevolution
1848 gibt der König den demokratischen Forderungen zunächst nach,
lässt aber den Dresdner Maiaufstand von 1849 mit preußischer Hilfe
blutig niederschlagen. Nach der Niederlage im Krieg von 1866 muss

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16
Gestern und Heute
Eine noch
funktionstüchtige
Dampfmaschine im
Industriemuseum
Chemnitz
Sachsen dem Norddeutschen Bund beitreten und geht 1871 im deut-
schen Kaiserreich auf, dessen föderale Struktur allerdings noch eine
gewisse Selbstständigkeit gewährleistet.
Im 19. Jahrhundert entwickelt sich Sachsen zum ausgeprägten Industrie-
staat. Es ist das am dichtesten besiedelte Land Europas. Mit der Gründung
des allgemeinen deutschen Arbeitervereins durch Ferdinand Lassalle 1863
in Leipzig wird es zur Wiege der deutschen Arbeiterbewegung.
Freistaat Sachsen 1918–1945; Land Sachsen 1945–1989
In der Novemberrevolution 1918 dankt König Friedrich August III.
ab. Sachsen wird Freistaat und erhält 1920 eine demokratische Verfas-
sung. Im sächsischen Landtag ist die SPD die führende Kraft und stellt
unter schwierigen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen bis
1929 den Ministerpräsidenten. 1929–1933 regieren Kabinette konser-
vativer Parteien.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wird
Sachsen als eigenständiger Freistaat aufgelöst und einem Reichsstatt-
halter unterstellt. Die parlamentarische Demokratie wird abgeschafft.
Im 2. Weltkrieg erleidet auch Sachsen schwere Verluste an Menschen-
leben und Kulturgütern. Besonderes Symbol des Krieges ist die
Vernichtung Dresdens mit der Frauenkirche (13.–15. Februar 1945).
Ab 1945 untersteht Sachsen, dem durch die neue Grenzziehung an
Oder und Neiße die 1815 abgetrennten Gebiete um Görlitz und Hoy-
erswerda angegliedert werden, der Kontrolle der sowjetischen Be-
satzungsmacht.
1949 wird Sachsen Land der DDR. Zur Stärkung zentralistischer Struk-
turen werden 1952 die DDR-Länder aufgelöst. Sachsen wird in die
Bezirke Chemnitz (ab 1953: Karl-Marx-Stadt), Dresden und Leipzig
geteilt, kleinere Gebiete kommen an die Bezirke Cottbus und Gera.
Görlitz und Niesky waren sächsische Zentren des Volksaufstandes vom
17. Juni 1953, welcher auch hier blutig niedergeschlagen wird. An-
fang der 80er Jahre gehen mit der Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“,
dem Sozialen Friedensdienst und dem Dresdner Friedensforum wich-
tige Impulse für die Friedensbewegung und die sich bildende
Opposition in der DDR von Sachsen aus.
Freistaat Sachsen ab 1990
Die friedliche Revolution von 1989, die von Leipzig, Plauen und Dres-
den auf die gesamte DDR übergreift (Montagsdemonstrationen),
beendet die Herrschaft der SED. Der Freistaat Sachsen wird am 3. Ok-
tober 1990 wieder gegründet, er geht aus den Bezirken Leipzig (ohne
die Kreise Altenburg und Schmölln), Chemnitz und Dresden sowie

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Gestern und Heute
17
aus den einst zum Bezirk Cottbus gehörenden Kreisen Hoyerswerda
und Weißwasser hervor. Mit dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz
wird Sachsen Land der Bundesrepublik. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
wird am 27. Oktober 1990 vom Landtag zum ersten sächsischen Mi-
nisterpräsidenten nach der „Wende“ gewählt. 1992 erhält das Land
eine neue Verfassung. Seit dem 18. April 2002 ist Prof. Dr. Georg Milb-
radt Ministerpräsident des Freistaats Sachsen. 2004 und 2005 wurde
er vom Magazin „WirtschaftsWoche“ und der „Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft“ für die Erfolge Sachsens als „Ministerpräsident des
Jahres“ ausgezeichnet.
Tabellarischer Überblick
Mittelalter 900 bis 1500
Deutsche Vorzeit 1000 v. Chr. bis 900 n. Chr.
Zeit
Entwicklung in Deutschland
Zeit
Entwicklung in Sachsen
5 Jh. v. Chr.
Beginn germanischer Einwanderung
um 600
Slawische Besiedlung setzt ein
800
Krönung Karls I. des Großen
zum Kaiser des Heiligen
römischen Reiches
919
Erste Erwähnung des
929
Gründung der Marke Meißen durch
„Reiches der Deutschen“
den deutschen König Heinrich I.
962
Otto I. der Große lässt sich zum
römischen Kaiser krönen
1089
Die Marke Meißen fällt an Haus Wettin
um 1160
Leipzig erhält Stadtrecht
1168
Beginn des Silberbergbaus
bei Freiberg
um 1170
Entstehung der Stadt Chemnitz
1206
Erste urkundliche Erwähnung
Dresdens
1307
Schlacht bei Lucka
1347–1351
Die Große Pest wütet in Europa
1348
Gründung der ersten deutschen
Universität in Prag
1409
Gründung der Universität Leipzig
1423
Übergang der sächsischen Kurwürde
auf den Markgrafen von Meißen
um 1440
Erfindung des Buchdruckes
durch Gutenberg
1485
Leipziger Teilung
1495
Reichstag zu Worms – Verkündung
des allgemeinen Landfriedens
durch Kaiser Maximilian
1497
Kaiserliches Messeprivileg für Leipzig
Ministerpräsident
Prof. Dr. Georg Milbradt

18
Gestern und Heute
1517
Thesenanschlag Martin Luthers an
die Schlosskirche zu Wittenberg
1522
Luthers Bibelübersetzung erscheint – 1525
Schlacht bei Frankenhausen – das
bildet die Grundlage für die deutsche
Bauernheer unter Thomas Müntzer
Hochsprache
wird vernichtend geschlagen
1539
Beginn der Reformation im
albertinischen Sachsen
1547
Schlacht bei Mühlberg; Übergang
der Kurwürde auf das albertinische
Sachsen
1618
Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1635
Prager Frieden und Übergang der
Ober- und Niederlausitz an
Kursachsen
1648
Westfälischer Friede
1697
Kurfürst Friedrich August I.
(„der Starke“) tritt zum Katholizismus
über und erwirbt die polnische
Königskrone
1710
Gründung der Meissener Porzellan-
Manufaktur durch August den Starken
1756–1763
Siebenjähriger Krieg (Preußen und
1763
Hubertusburger Frieden; Sachsen
England gegen Österreich, Frankreich,
verzichtet 1765 als Kriegsfolge auf
Schweden und Russland)
die polnische Krone
1769
James Watt erfindet die Dampfma-
schine – Beginn der Industrialisierung
1789
Französische Revolution
Zeit
Entwicklung in Deutschland
Zeit
Entwicklung in Sachsen
Frühe Neuzeit 1500 – 1800
Neuzeit ab 1800
1806
Gründung des Rheinbundes, Kaiser
1806
Sachsen wird Königreich und
Franz II. legt Krone nieder
Mitglied des Rheinbundes
1814
Vollendung der Befreiungskriege
1813
Leipziger Völkerschlacht – Sieg der
gegen Napoleon
Verbündeten (Österreich, Preußen,
Russland und Schweden) im
1814/15
Wiener Kongress – Schaffung des
Befreiungskrieg gegen Napoleon
deutschen Bundes
1815
Sächsische Teilung
1831
Sachsen wird konstitutionelle
Monarchie
1835
Die erste deutsche Eisenbahn fährt
1839
Eröffnung der ersten Fernbahn
zwischen Nürnberg und Fürth
zwischen Leipzig und Dresden
mit der in Sachsen gebauten
Lokomotive Saxonia
1849
Verabschiedung einer
1849
Ablehnung der Reichsverfassung
Reichsverfassung
durch Friedrich August II., Dresdner
Maiaufstand (Richard Wagner und
Gottfried Semper emigrieren)
1850
Auflösung des Landtages, Wieder-
herstellung der alten Ordnung

Gestern und Heute
19
Zeit
Entwicklung in Deutschland
Zeit
Entwicklung in Sachsen
Entwicklung nach der Wiedervereinigung
1862
Fürst Otto von Bismarck wird
preußischer Ministerpräsident
1863
Gründung des Allgemeinen Deut-
schen Arbeitervereins in Leipzig
1866
Gründung des Norddeutschen Bundes
1866
Beitritt Sachsens zum
Norddeutschen Bund
1870/71
Deutsch-französischer Krieg
1871
Sachsen wird Teilstaat des neu
gegründeten Deutschen Reiches
1883–1889
Einführung der Sozialgesetze
durch Bismarck
1914–1918
Erster Weltkrieg
1918/19
Novemberrevolution und Ende der
Monarchie; Sachsen wird Freistaat
1919
Versailler Vertrag
1922/23
Wirtschaftskrise, große Inflation
1933
Machtergreifung Hitlers
1933
Gleichschaltung des Freistaates
Sachsen mit dem Reich
1938
Reichspogromnacht
1939–1945
Zweiter Weltkrieg
1943
Schwerster Bombenangriff auf
Leipzig
1945
Schwerste Bombardierung von
Chemnitz und Dresden
1945
Potsdamer Konferenz
1945
Sachsen wird Teil der sowjetischen
Besatzungszone
1949
Sachsen wird Teil der Deutschen
Demokratischen Republik
1952
Auflösung des Landes Sachsen;
Bildung der drei Bezirke Chemnitz
(ab 1953: Karl-Marx-Stadt),
Dresden und Leipzig
1953
Aufstand vom 17. Juni gegen Norm-
1953
Görlitz und Niesky sind Zentren
erhöhungen und für freie Wahlen
des Volksaufstandes
1961
Bau der Mauer in Berlin
1968
„Prager Frühling“
1989
Beginn der friedlichen Revolution
Oktober 1989
Leipzig, Plauen und Dresden sind
Zentren der Demonstrationen
3.10.1990
Beitritt der fünf neuen Bundesländer
3.10.1990
Neugründung des
zur Bundesrepublik Deutschland
Freistaates Sachsen
1992
Verabschiedung einer neuen
sächsischen Verfassung
2002
Eine Flutkatastrophe trifft Sachsen
1. Mai 2004
Feier der EU-Erweiterung in Zittau

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20
Verfassung und Gesetzgebung
VERFASSUNG
UND
GESETZGEBUNG

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Verfassung und Gesetzgebung
21
Sächsischer
Landtag in Dresden
Prinzip der
Gewaltenteilung
Sachsen in guter Verfassung
Sachsen als Freistaat
Als im November 1918 das monarchische Regierungssystem zusammenge-
brochen war, wurde die „Republik Sachsen“ ausgerufen (10. November
1918) und wenig später dankte der König ab (13. November). Die neu
gewählte sächsische Volkskammer nahm am 28. Februar 1919 das „Vor-
läufige Grundgesetz für den Freistaat Sachsen“ an und behielt diese
Bezeichnung auch in der endgültigen Verfassung bei. Sachsen ist damit
der älteste Freistaat in Deutschland.
„Freistaat“ ist eine sinngemäße deutsche Entsprechung des französischen
Wortes „republique“. Damit wird betont, dass das Land nicht von einem
Souverän, sondern von freien Bürgern regiert wird. Es entsprach dem
Zeitgeist, Fremdworte einzudeutschen. Der Begriff „Freistaat“ anstelle
„Republik“ setzte sich daher durch.
Diese Bezeichnung „Freistaat“ und vor allem die ihr zugrunde liegende
Regierungsform der parlamentarischen Demokratie blieben bis zum
Wirksamwerden des Gesetzes über die Gleichschaltung der Länder mit
dem Reich vom 31. März 1933 erhalten.
Bei Wiedereinführung der Länderstruktur 1990 auf dem Gebiet der DDR
sollte an die demokratische Tradition angeknüpft werden. Privilegien
oder rechtliche Besonderheiten hat der „Freistaat“ gegenüber dem Land
jedoch keine, wohl aber sehr viel ältere staatliche Traditionen.

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22
Verfassung und Gesetzgebung
Wappen
des Freistaates
Sachsen
Wappen
des Sächsischen
Landtages
Sächsische
Landesflagge
Verfassung
Bei der Ausarbeitung der Verfassung des Freistaates Sachsen konnte sich
der federführende Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages auf
verschiedene Verfassungsentwürfe stützen, die schon 1990 im Gefolge
der Bürgerbewegung entwickelt worden waren (Gohrischer Entwurf,
Entwurf Leipziger Hochschullehrer). Die Verfassung des Freistaates
wurde schließlich am 26. Mai 1992 vom Sächsischen Landtag beschlos-
sen und trat am 6. Juni 1992 in Kraft.
Wappen
Der Schild des sächsischen Wappens wird neun Mal von Schwarz und
Gold geteilt. Ein von links oben nach rechts unten verlaufender Rauten-
kranz in Grün überdeckt den Schild. In ihrer Formgebung entsprechen die
Rauten Schmuckformen des vormals in Hochblüte stehenden Architektur-
stils der Gotik.
Der 1918 gegründete Freistaat Sachsen übernahm das alte überlieferte
sächsische Wappen mit Balkenschild und Rautenkranz. Diese heraldi-
sche Tradition führte ab 1990 auch das Bundesland Sachsen fort. Während
die Verwaltung des Freistaates das Wappen in seiner schlichten, geraden
Form nutzt, verwendet der Landtag die barocke Version. Die Landes-
dienstflagge führt das gerade Wappen.
Flagge
Die sächsische Fahne ist historisch gesehen recht jung. Ausgangspunkt
ihrer Farbgebung war eine Verfügung Friedrich Augusts I. vom 22. Mai
1815 an Generalleutnant von Lecoq, welcher hiermit das Kommando
über die am Rhein stehenden sächsischen Truppen übernehmen sollte.
Punkt 7 dieser Verfügung legte fest, dass die bislang nur weiße Kokar-
de
4)
der sächsischen Truppe mit einem breiten grünen Rand zu umgeben
sei, um Verwechslungen mit anderen Kontingenten auszuschließen. Die
Kunde von dieser Festlegung eilte dem König bei seiner Rückkehr in
die Heimat nach dem für Sachsen wenig glorreichen Friedensschluss
voraus: Dresden stand bereits im weiß-grünen Fahnenschmuck. Herbei-
geeilte Leipziger Studenten hatten sich mit weiß-grünen Schleifen an
den Revers geschmückt, Soldaten trugen weiß-grüne Kokarden
4)
und
die Beamten weiß-grüne Kordons
5)
an ihren Hüten. Die frischen Farben
symbolisierten den Neuanfang nach den für Sachsen verlustreichen Be-
freiungskriegen.
4)
Abzeichen, Hoheitszeichen an Uniformen
5)
Ordensband

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Verfassung und Gesetzgebung
23
Plenarsaal im
Sächsischen Landtag
Der Freistaat Sachsen übernahm nach seiner Gründung 1918 die weiß-
grüne Flagge vom untergegangenen Königreich. Seither musste die
Flagge zweimal staatlichem Totalitarismus weichen: Die Nationalsozi-
alisten ersetzten sie durch die Hakenkreuzfahne, und nach der Auflösung
des Landes Sachsen und der Einrichtung dreier Bezirke als Verwaltungs-
einheiten in der DDR wurde sie nach nur kurzer Nachkriegs-Renaissance
gegen die Fahne der DDR ausgetauscht. Ihre Tradition setzt die Sachsen-
flagge seit 1990 wieder fort.
Hymne
Eine offizielle sächsische Hymne gibt es nicht. Als entsprechende Wün-
sche nach 1990 an Parlament und Staatsregierung herangetragen wurden,
wollte man es genauer wissen. Das Ergebnis einer Umfrage des EMNID-
Institutes von 1995 war eindeutig: Lediglich 27 % der Sachsen wünschten
für den Freistaat eine Hymne, 72 % der (repräsentativ) Befragten spra-
chen sich dagegen aus. Ein beliebter Sachsenschlager ist „Sing, mei
Sachse, sing“ von Jürgen Hart, hymnischen Charakter hat das überlie-
ferte Lied „Gott sei mit Dir, mein Sachsenland“ (Hallbauer/Otto).
Sachsens starke Kräfte
Landtag (Legislative)
Unmittelbar nach dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz am 3. Okto-
ber 1990 wurde Sachsen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland.
Schon am 14. Oktober 1990 fanden in Sachsen wieder Landtagswahlen
statt. Zu den Wahlen am 11. September 1994 wurde die Legislaturperi-
ode von vier auf fünf Jahre verlängert, weitere Wahlen gab es daher am
19. September 1999 bzw. am 19. September 2004.
Oberste Volksvertretung ist der Sächsische Landtag als Parlament. Die
Verfassung bezeichnet den Landtag als „Stätte der politischen Willens-
bildung“, ihm obliegt sowohl die gesetzgebende wie auch die Kontrolle
der vollziehenden Gewalt. Der auf fünf Jahre gewählte Landtag kann
sich auf Beschluss von zwei Dritteln seiner Mitglieder selbst auflösen.
Die Gesetzgebung des Landtages wird durch ein dreistufiges Verfahren
der Volksgesetzgebung ergänzt. Mit dem Volksantrag (40 000 Stimmen)
wird das direktdemokratische Verfahren in Gang gesetzt. Lehnt der Land-
tag den Antrag ab, kann durch 450 000 Stimmberechtigte ein Volksbegehren
mit anschließendem Volksentscheid herbeigeführt werden, bei dem die
einfache Mehrheit entscheidet.

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24
Verfassung und Gesetzgebung
Sitzverteilung im
Sächsischen Landtag
nach den Wahlen
vom 19.9.2004
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Der vom Landtag gewählte Ministerpräsident und die Staatsminister
bilden die Staatsregierung als oberste exekutive Gewalt des Landes.
Nur indem der Landtag einen neuen Ministerpräsidenten wählt, kann
die Regierung gestürzt werden (konstruktives Misstrauensvotum).
In der 4. Wahlperiode (2004–2009) hat das Parlament 124 Abgeordne-
te. Landtagspräsident ist Erich Iltgen, 1. Vizepräsidentin Regina Schulz,
2. Vizepräsidentin Andrea Dombois und 3. Vizepräsident Gunther
Hatzsch
6)
.
Parteien
Die bestimmende Rolle der CDU in Sachsen geht nicht auf historische
Wurzeln oder eine Verankerung in bestimmten Milieus zurück. War es
zunächst der ehemalige Bundesvorsitzende und Bundeskanzler Helmut
Kohl (CDU), der der Partei als wichtigster Befürworter der Vereinigung
Deutschlands Popularität verschaffte, so übernahm diese Rolle später
der erste Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU). Hinzu kommt eine
von der DDR-Blockpartei 1990 übernommene, weitgehend funktions-
tüchtige und flächendeckende Organisationsstruktur.
6)
Weitere Informationen findet man unter
www.landtag.sachsen.de

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Verfassung und Gesetzgebung
25
Wahlergebnisse der
sächsischen
Landtagswahlen
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Trotz starken Mitgliederrückganges in den Jahren seit der Wende (1990:
37 200 Mitglieder; 31.12.2004: 15 098) konnte die Partei bei den
Landtagswahlen 1994 und 1999 nicht nur alle Direktmandate, sondern
in 50 bzw. 49 der 60 Wahlkreise auch die absolute Mehrheit gewinnen.
Mit der Wahl 2004 verlor sie erstmals die absolute Mehrheit und ging
eine Koalition mit der SPD ein.
Die SPD gründete erst im Mai 1990 einen Landesverband und musste
ihre Organisationsstruktur in Sachsen völlig neu aufbauen. Die Zahl ih-
rer Mitglieder entwickelt sich seit Jahren nur unwesentlich und lag Ende
2004 bei 4 453. Auch ihr fehlen entsprechend entwickelte Milieus. Die
historischen Wurzeln mit starken sozialdemokratischen Traditionen in
der Weimarer Republik sowie in der unmittelbaren Nachkriegszeit in
Sachsen bleiben offenbar ohne Wirkung. Die SPD, bei der Landtags-
wahl 1994 noch knapp vor der PDS zweitstärkste politische Kraft, verlor
mit der Landtagswahl 1999 die Oppositionsführung im Landtag an die
SED-Nachfolgepartei. 2004 musste sie erneut das schlechteste SPD-
Wahlergebnis im Vergleich aller Bundesländer verkraften.
Die Linke.PDS ist in Sachsen die mitgliederstärkste Partei (Jahres-
ende 2004: 15 280), hat allerdings seit 1990 bei damals 72 000
Mitgliedern große Verluste hinnehmen müssen. Die sächsische
Linke.PDS ging im August 1990 aus dem Zusammenschluss dreier
ehemaliger Bezirksorganisationen der SED hervor. Sie konnte ihr
Wahlergebnis in der Landtagswahl 2004 gegenüber 1999 um 1,4 Pro-

26
Verfassung und Gesetzgebung
zent verbessern und verfügt im Landtag nun über mehr als doppelt
so viel Mandate wie die SPD.
Im Jahr 1990 traten die sächsischen Grünen, Demokratie Jetzt und Neues
Forum bei den Landtagswahlen lediglich als Listenverbindung an. Sie
erreichten damals 10 Mandate. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde in
Sachsen aus diesen drei Organisationen dann erst im September 1991
gegründet und schloss sich im Frühjahr 1992 der Bundesorganisation
an. Bei den Landtagswahlen 1994 trugen Abspaltungen innerhalb der
Bürgerrechts- und Umweltbewegung wesentlich dazu bei, dass die
Bündnisgrünen den Einzug ins Landesparlament knapp verfehlten. Auch
1999 reichte es nicht für einen Einzug in den Sächsischen Landtag. Im
Jahr 2004 gelang mit 5,1 Prozent der Sprung in den Landtag. Die
Mitgliederzahl von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verharrt in Sachsen
schon über mehrere Jahre bei etwa 900 (Ende 2004: 907).
Die FDP in Sachsen entstand 1990 aus dem Zusammenschluss des Bun-
des Freier Demokraten (der vereinten Block-LDPD und -NDPD), der
Anfang 1990 gegründeten Ost-FDP und der Neuen Forumspartei. In die-
ser Konstellation schaffte die Partei 1990 den Einzug in den Landtag,
was ihr bei den folgenden Landtagswahlen allerdings deutlich misslang.
2004 zog sie mit 5,9 Prozent der Stimmen wieder in den Landtag ein.
Mit 2 550 Mitgliedern im Jahr 2004 hatte die FDP nach den Grünen und
der NPD die drittkleinste Basis.
Die NPD gelangte 2004 erstmals in den sächsischen Landtag. Sie war in
Sachsen im Jahr 2004 mit 942 Mitgliedern die zweitkleinste Partei. 1990
in Sachsen gegründet hat die Partei nach anfänglichem Zulauf seit 1998
wieder fast die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Die NPD lehnt nach
Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die parlamentarische Demokra-
tie ab, wurde jedoch demokratisch gewählt. Sie steht weiterhin unter der
Beobachtung des sächsischen Verfassungsschutzes.
Verbände / Gewerkschaften
Die Strukturen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Sachsen
stützen sich wesentlich auf die sechs Kreisverbände im Freistaat. Deren
Aufbau mit der zugehörigen Struktur der Einzelgewerkschaften war Ende
1991 abgeschlossen. In den letzten Jahren hat der DGB (ohne
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di) starke Mitgliederverluste hinneh-
men müssen. Hatte er 1991 noch etwa 1,34 Millionen Mitglieder im
Freistaat, so sind es zum Jahresende 2004 nur noch 147 958 gewesen.
Ver.di als größte Gewerkschaft in Sachsen hatte Ende 2004 127 794
Mitglieder.

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Verfassung und Gesetzgebung
27
Verein Sonnenstrahl e. V.
Dresden – Förderkreis für
krebskranke Kinder und
Jugendliche
Annen-Medaille
Unternehmerverbände
Die berufsständische Organisation folgt in Sachsen der Gliederung der
Regierungsbezirke Dresden, Leipzig und Chemnitz. Demgemäß gibt es
drei Industrie- und Handelskammern sowie drei Handwerkskammern. Der
Wahrnehmung der Interessen der Arbeitgeber in Sachsen widmet sich die
Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e. V. (VSW), gegründet 1998 als
Spitzenorganisation der sächsischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände.
Der VSW arbeitet als Landesvertretung der Bundesvereinigung Deutscher
Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) und des Bundesverbandes der Deut-
schen Industrie e. V. (BDI). Der Unternehmerverband Sachsen e. V. vertritt
seit 1990 branchenübergreifend die Interessen seiner Mitglieder, vor al-
lem kleine und mittlere Unternehmen.
Bürgerschaftliches Engagement
Unsere Gesellschaft profitiert von Solidarität, Bürgersinn und Zivilcou-
rage. Große Teile der kulturellen, sozialen, kirchlichen oder sportlichen
Aufgaben übernehmen ehrenamtliche Helfer oder Vereine. Ob nun Frei-
willige Feuerwehr oder THW, Mieterbund oder Lohnsteuerhilfe,
freiwillige Helfer in Kindergärten, Heimen und Krankenhäusern, in
Sportvereinen oder Hilfsprojekten, in kirchlichen Einrichtungen, bei
Kulturprojekten bis hin zu musikalischen, künstlerischen oder geschicht-
lichen Betätigungsfeldern – überall engagieren sich Ehrenamtliche
finanziell, ideell oder durch körperliche Tatkraft. Sie bilden ein wichti-
ges Fundament des gesellschaftlichen Lebens in Sachsen. Der Freistaat
unterstützt daher das ehrenamtliche Engagement durch Ehrungen, ge-
währt Zuwendungen oder Aufwandsentschädigungen.
Die Staatsregierung vergibt einmal im Jahr den „Joker im Ehrenamt“ an
besonders verdienstvolle Mitbürger. Außerdem wird seit 1995 die Annen-
Medaille jährlich an bis zu 20 sächsische Bürger verliehen, die sich durch
langjährige uneigennützige Dienste am Nächsten und für die Gesell-
schaft verdient gemacht haben.
Darüber hinaus vergibt der Freistaat Sachsen den von Kurt Biedenkopf
gestifteten Sächsischen Verdienstorden. Verliehen wird er an Frauen und
Männer mit besonderem Verdienst um den Freistaat Sachsen, für Leis-
tungen auf wirtschaftlichem, sportlichem, gesellschaftlichem,
geisteswissenschaftlichem oder naturwissenschaftlich-technischem Ge-
biet oder für herausragende ehrenamtliche Tätigkeit. Die Zahl der
Ordensträger ist insgesamt auf 500 Personen beschränkt. Jeder kann
gegenüber der Staatskanzlei Bürgerinnen und Bürger für diese Auszeich-
nung vorschlagen. Über die Verleihung entscheidet der Ministerpräsident.

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28
Verwaltung und Politik
VERWALTUNG
UND
POLITIK

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Verwaltung und Politik
29
Die Sächsische
Staatskanzlei, Blick
vom neuen Ministerial-
gebäude
Sachsen mit schlanker Verwaltung
Ministerpräsident, Ministerien
An der Spitze der Verwaltung des Freistaates stehen die Staatskanzlei
und acht Ministerien als oberste Landesbehörden. Das Ressortprinzip
beinhaltet, dass jedes Mitglied der Staatsregierung seinen Geschäftsbe-
reich eigenverantwortlich leitet. Der Ministerpräsident hat die Richtli-
nienkompetenz und trägt damit die Verantwortung für die grundsätzliche
Richtung der Politik.
Zum Aufgabenbereich des Ministerpräsidenten gehören die Festlegung
der Anzahl der Ministerien, die Berufung und Entlassung der Minister,
Staatssekretäre, Beamten und Richter. Er vertritt den Freistaat nach außen
und übt das Begnadigungsrecht aus.
Die Sächsische Staatskanzlei leistet ihm dafür direkte Zuarbeit. Gegen-
über den Ministerien übernimmt sie als oberste Landesbehörde die Funk-
tion einer Stabsstelle.
Der Chef der Staatskanzlei leitet die Vorkonferenz der Staatssekretäre,
welche die Kabinettssitzungen vorbereiten. Er unterstützt den Minister-
präsidenten bei der Bestimmung der Richtlinien der Politik und prüft
beschlossene Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit, bevor der Minister-
präsident diese gegenzeichnet. Die Regierungssprecherin vertritt die Po-
litik der Staatsregierung gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit.
Landesverwaltung
Die sächsische Verwaltung ist (überwiegend) dreistufig aufgebaut. Sie
besteht aus der Staatsregierung (Staatskanzlei und Staatsministerien),
der „Mittelinstanz“ (drei Regierungspräsidien sowie andere obere Lan-
desbehörden) und der „Unterstufe“ (kreisfreie Städte und Landratsäm-
ter hinsichtlich der Erfüllung staatlicher Aufgaben sowie staatliche untere
Sonderbehörden). Im Zuge der Verwaltungsvereinfachung gibt es
inzwischen auch Ressorts mit zweistufigem Verwaltungsunterbau, wie
zum Beispiel die sächsische Polizei.
Landeshaushalt
Im Haushaltsplan des Freistaates Sachsen sind für das Jahr 2006 Ausgaben
in Höhe von insgesamt rund 15,5 Mrd. Euro
7)
veranschlagt. Im Vergleich zu
den westdeutschen Flächenländern sind die Pro-Kopf-Ausgaben des Frei-
staates
7)
rund 28 % höher, um insbesondere den großen Rückstand bei der
öffentlichen Infrastruktur langfristig aufholen zu können.
7)
Angaben beinhalten keine Einnahmen und Ausgaben für die Beseitigung der Schäden des August-
hochwassers 2002.

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30
Verwaltung und Politik
Regierungsbezirke
in Sachsen
Der Schuldenstand belief sich zum Ende des Jahres 2005 auf 12,2 Mrd.
Euro, was einer Verschuldung von 2 849 Euro je Einwohner entspricht. Die
Pro-Kopf-Verschuldung der neuen Länder ohne Sachsen betrug per 31. De-
zember 2005 im Durchschnitt 6 818 Euro. Damit weist der Freistaat im
Vergleich mit den anderen neuen Ländern die geringste Pro-Kopf-Verschul-
dung aus. Die jährliche Nettoneuverschuldung wird seit 1994 kontinuier-
lich zurückgeführt. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Jahre 2002/2003.
Hier nahm der Freistaat wesentlich weniger Steuern ein als erwartet, was
nicht vollständig durch eine restriktive Haushaltsführung und entsprechen-
de Ausgabenbegrenzungen aufgefangen werden konnte.
Im Jahr 2006 liegt die geplante Neuverschuldung (Nettokreditaufnahme)
bei 250 Mio. Euro. Somit werden 1,6 % des Haushalts über Kredite finan-
ziert. Die sächsische Steuerdeckungsquote ergibt im Haushaltsplan 2006
7)
49,0 %, während sie in den alten Flächenländern im Durchschnitt ca. 71 %
beträgt. Die Finanzen des Freistaates sind damit in hohem Maße von Zu-
weisungen aus dem Finanzausgleich sowie des Bundes und der Europäi-
schen Union abhängig (2006 7,01 Mrd. Euro)
7)
.
Rund ein Drittel der gesamten Ausgaben
7)
wurde für Personal (27,8 %)
und Zinsen (4,1 %) veranschlagt. Für Investitionen standen 3,49 Mrd.
Euro
7)
zur Verfügung. Der hohe Anteil der Investitionsausgaben (In-
vestitionsquote: 22,5 %) charakterisiert den sächsischen Etat im Ver-
gleich zu den alten Ländern (Durchschnitt: 9,7 %) wie auch zu den
übrigen neuen Ländern (Durchschnitt neue Länder ohne Sachsen:
Chemnitz
Dresden
Leipzig
7)
Angaben beinhalten keine Einnahmen und Ausgaben für die Beseitigung der Schäden des August-
hochwassers 2002.

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Verwaltung und Politik
31
Aufgaben der
Kommunen nach
Sächsischer Gemein-
deordnung
18,8 %). Das zeigt, wie sehr sich der Freistaat Sachsen auf den Aufbau
des Landes konzentriert.
Die von der Sächsischen Staatsregierung beschlossene mittelfristige Fi-
nanzplanung für die Jahre 2005 bis 2009 verfolgt weiterhin konsequent
die in den jährlichen Haushaltsplänen verbindlich verankerte Linie ho-
her Investitionsausgaben.
Kommunalverfassung
Zur Verschlankung der Verwaltung reduzierte eine Kreisgebietsreform
ehemals 48 Kreise auf 22 und sieben kreisfreie Städte (Dresden, Chem-
nitz, Leipzig, Görlitz, Plauen, Zwickau, Hoyerswerda). Dem folgte die
Gemeindegebietsreform, bei der die Zahl von 1 626 sächsische Gemein-
den durch Zusammenschlüsse und Eingemeindungen auf gegenwärtig
511 Gemeinden verkleinert wurde. Kreisangehörige Gemeinden kön-
nen auf Antrag zu Großen Kreisstädten ernannt werden, wenn sie mehr
als 20 000 Einwohner haben oder ehemals Kreisstädte waren. Große
Kreisstädte übernehmen neben ihren „normalen“ Aufgaben auch einen
Teil der Aufgaben des Landratsamtes für ihren Bereich.
Die Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen ist zuletzt mit Wir-
kung vom 11. Juni 2005 ergänzt worden. Der für fünf Jahre gewählte
Gemeinderat ist demnach das politische Hauptorgan der Gemeinde und
entscheidet in allen wichtigen Gemeindeangelegenheiten.
Der von den Bürgern auf sieben Jahre direkt gewählte Bürgermeister –
zugleich Vorsitzender des Gemeinderates – erledigt in eigener Verantwor-
Art der Aufgabe
Ob
Wie
Beispiele
Pflichtaufgaben
Ob die Aufgabe
Wie die Aufgabe
Meldewesen nach
nach Weisung
erfüllt wird, ist
erfüllt wird, ist
dem Meldegesetz,
(weisungsgebunden)
durch Gesetz
durch Gesetz
Schutz der öffentlichen
bestimmt
bestimmt
Sicherheit und Ordnung
nach dem Polizeigesetz
Pflichtaufgaben
Ob die Aufgabe
Wie die Aufgabe
Einrichtung öffent-
ohne Weisung
erfüllt werden
erfüllt werden
licher Schulen nach
(weisungsfrei)
muss, entscheidet
muss, kann die
Schulgesetz, Unter-
das Gesetz
Kommune selbst
haltung einer Feuer-
entscheiden
wehr nach Brand-
schutzgesetz
Freiwillige
Ob die Aufgabe
Wie die Aufgabe
Kulturelle und soziale
Aufgaben
erfüllt wird, kann
erfüllt wird, kann
Angelegenheiten, Er-
die Kommune
die Kommune
holungs- und Sportan-
entscheiden
selbst entscheiden lagen, Vereinsförderung
Neues Rathaus Leipzig

image
image
32
Verwaltung und Politik
tung die Geschäfte der laufenden Verwaltung, die vom Gemeinderat über-
tragenen sowie die Weisungsaufgaben. Direktdemokratische Verfahren
(Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid) ergänzen die
politische Willensbildung. In der Landkreisordnung vom 19. Juli 1993
sind entsprechende Regelungen auch für die Kreisebene getroffen.
Die Gemeinden haben die Möglichkeit, ihre Aufgaben in Zusammenar-
beit mit anderen Kommunen zu erledigen, dafür können sie Verwaltungs-
gemeinschaften, Verwaltungsverbände oder Zweckverbände gründen
sowie Zweckvereinbarungen treffen.
E-Government
Unter E-Government (= elektronische Verwaltung) ist das Verwalten und
Regieren mit Hilfe moderner Kommunikationstechnologien (v. a. Inter-
net) zu verstehen. Vorteil ist, dass die Verwaltung den Bürgern und Unter-
nehmen Dienstleistungen wie Information und Datenaustausch online
anbieten kann, was Zeit und Geld auf beiden Seiten spart und die Nutzer-
freundlichkeit wesentlich erhöht. Freistaat und Kommunen arbeiten eng
zusammen, um vorhandene Mittel effizient einzusetzen.
Der langfristige E-Government-Fahrplan der Sächsischen Staatsregie-
rung umfasst über 130 Projekte im staatlichen und ca. 70 Projekte im
kommunalen Teil. Im Jahr 2005 wurde die sächsische E-Government-
Plattform mit einem Formularservice, einem Redaktionssystem für In-
ternetauftritte und dem gemeinsamen Landesportal in Betrieb genommen.
Mit ihrer Hilfe können alle Landes- und Kommunalbehörden Bürgern
und Unternehmen einen leicht nutzbaren Zugang zu elektronischen
Dienstleistungen anbieten.
Bereits jetzt besitzt der Freistaat Sachsen mit dem InfoHighway der
Staatsregierung ein Datennetz, mit dem alle Mitarbeiter der sächsischen
Landesverwaltung Daten austauschen können als säßen sie in einem ein-
zigen Gebäude. Das InfoHighway-Netz besteht aus Glasfaserstrecken von
über 840 km Länge und kann im Kernring 2,5 Gbit/s übertragen.
Die Kommunen des Freistaates kommunizieren über das kommunale
Datennetz (KDN) untereinander und mit der Staatsregierung. Im Herbst
2005 waren alle kreisfreien Städte, alle Landratsämter und der über-
wiegende Teil der kreisangehörigen Kommunen Sachsens – insgesamt
285 Stellen – über das KDN miteinander verbunden. Somit verfügen
alle angeschlossenen kommunalen und staatlichen Behörden über eine
gesicherte und hochverfügbare Netzplattform. Der InfoHighway und
das kommunale Datennetz sind mit dem TESTA-Netz (Trans-Euro-

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image
Verwaltung und Politik
33
ELSTER
Das Programm
für die elektronische
Steuererklärung
pean Services for Telematics between Administrations) des Bundes
verbunden. Auf diese Weise ist ein problemloser Datenaustausch mit
der Bundesverwaltung, den anderen Ländern sowie der europäischen
Verwaltung gewährleistet.
Die sächsischen Behörden bieten immer mehr Dienstleistungen elek-
tronisch an. So können Bürger und Unternehmen zum Beispiel wesent-
liche landesrechtliche Vorschriften des Freistaates Sachsen via Internet
einsehen oder sich jederzeit online über die aktuellen Wasserstände im
Freistaat Sachsen informieren.
Amt 24
Unter
http://amt24.sachsen.de
wird E-Government für die Bürger des
Freistaats sichtbar. Amt24 ist Sachsens online-Bürgerbüro, das schon
heute den Umgang mit Behörden erleichtert und in naher Zukunft
die Abwicklung von Verwaltungsverfahren online, vom heimischen
PC aus, ermöglichen wird. Amt24 ist nach so genannten Lebensla-
gen gegliedert, alltägliche Lebenssituationen, in denen sich jeder
einmal befindet. Mit acht Themenkomplexen ging Amt24 am 12. Sep-
tember 2005 ans Netz und seither werden diese kontinuierlich er-
gänzt und erweitert. An die Lebenslagen geknüpft findet der Nutzer
Beschreibungen der Verwaltungsverfahren, einen Behördenwegwei-
ser, mit dessen Hilfe sich die zuständige Behörde für jedes Verfahren
ermitteln lässt und ein Formularservice, der die notwendigen For-
mulare liefert. Amt24 ist ein Projekt des Freistaates und seiner Kom-
munen – ein Projekt mit Zukunft!
Gesetzesvereinfachung
Bei der Erarbeitung neuer Gesetze und Rechtsverordnungen werden durch
die Staatsregierung u. a. die Notwendigkeit und Praktikabilität der ge-
planten Regelung sowie die Möglichkeit der Rechts- und Verwaltungs-
vereinfachung überprüft. Im Februar 2003 wurde zudem die Aktion
„Paragraphen-Pranger“ ins Leben gerufen, die den Bürgern die Möglich-
keit bietet, Vorschläge zur Abschaffung oder Vereinfachung sächsischer
Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu unterbrei-
ten. Die Staatsregierung hat eine Kommission für Vorschriftenabbau ein-
gerichtet, welche die über 1 800 eingegangenen Vorschläge auswertet und
Empfehlungen hierzu erarbeitet. Die Zahl der Verwaltungsvorschriften
konnte bereits mehr als halbiert werden. Weitere Informationen zu die-
sem Projekt finden Sie im Internet unter
www.paragraphen-pranger.de.
Amt24

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34
Verwaltung und Politik
Der Freistaat Sachsen
liegt in der
Mitte Europas
Sachsen in Europa und der Welt
Föderalismus
Der Freistaat Sachsen ist eines von 16 deutschen Ländern. Diesen steht
grundsätzlich die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung
der staatlichen Aufgaben zu. Damit bestimmte Befugnisse und Aufga-
ben im gesamten Bundesgebiet einheitlich vollzogen werden, ordnet das
Grundgesetz in verschiedenen Bereichen dem Bund die Gesetzgebungs-
kompetenz zu. Die Länder wirken in diesen Fällen im Bundesrat an der
Gesetzgebung des Bundes mit.
Der Bundesrat hat als Bindeglied der Länder zum Bund und seit einigen
Jahren auch verstärkt zur Europäischen Union eine herausgehobene Stel-
lung. Diese wird durch seine Verankerung im Grundgesetz als Verfas-
sungsorgan deutlich.
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Zahl
der Gesetze, denen die Länder zustimmen müssen, stetig vergrößert.
Das damit verbundene parlamentarische Verfahren hat sich zunehmend
als ineffizient erwiesen. Bundestag und Bundesrat haben daher im Jahr
2005 ein Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung der bundesstaat-
lichen Ordnung in Gang gesetzt.
Dessen Ziel ist es, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund
und Ländern zu verbessern, die politischen Verantwortlichkeiten deutli-
cher zuzuordnen sowie die Effizienz der Aufgabenerfüllung zu steigern.
Diese sogenannte Föderalismusreform wurde 2006 vom Bundestag und
Bundesrat beschlossen.
Sachsen in Europa
Mit dem Beitritt von zehn Staaten zur Europäischen Union am 1. Mai
2004 liegt der Freistaat nicht nur im geografischen Herzen Europas.
Aus dieser Erweiterung, insbesondere aus dem Beitritt unserer Nach-
barn Polen und der Tschechischen Republik resultieren für die sächsi-
schen Bürger und für die Betriebe großartige Chancen, aber auch Risiken
durch den zunehmenden Wettbewerb. Eine Folge der Erweiterung ist
zum Beispiel, dass die Mittel aus dem europäischen Strukturfonds, von
denen Sachsen seit über einem Jahrzehnt in großem Umfang profitieren
konnte, nun verstärkt den neuen und strukturschwächeren Mitglieds-
staaten zu Gute kommen. So wird künftig der Regierungsbezirk Leipzig
nicht mehr zu den Gebieten mit der höchsten Förderfähigkeit in der EU
zählen. Dennoch werden weiterhin sachsenweit Maßnahmen zur wirt-
schaftlichen Entwicklung, zur Anhebung des Beschäftigungsniveaus, zur
länderübergreifenden Zusammenarbeit sowie zur Entwicklung des länd-

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Verwaltung und Politik
35
Ministerpräsident
Milbradt während
seiner Russlandreise
im Mai 2006
Binationales Friedrich-
Schiller Gymnasium
Pirna, Ausbildung
deutscher und
tschechischer Schüler
lichen Raumes unterstützt. Von 2007 – 2013 stehen ca. 4 Mrd. Euro Struk-
turfondsmittel zur Verfügung.
Die Hauptziele der Förderung sind die Unterstützung eines nachhalti-
gen Wirtschaftswachstums sowie die Schaffung und Sicherung von Ar-
beitsplätzen. Dabei soll einerseits verstärkt darauf hingewirkt werden,
dass junge Menschen die Berufsfähigkeit erreichen. Andererseits soll
den Folgeproblemen, die aufgrund der demographischen Entwicklung
im Freistaat Sachsen erwartet werden, schon frühzeitig Rechnung ge-
tragen werden.
Die Interessen Sachsens in der EU werden in vielen Fällen über den
Mitgliedsstaat, d. h. von der Bundesregierung wahrgenommen. Die Säch-
sische Staatsregierung wirkt nach Art. 23 GG über den Bundesrat an der
Willensbildung in Angelegenheiten der EU mit. Schwerpunktthemen
sächsischer Europapolitik sind derzeit die EU-Strukturpolitik sowie die
Reform der EU. Den Kontakt zu den EU-Institutionen unterhält das Sach-
sen-Verbindungsbüro in Brüssel, eine Außenstelle der Staatskanzlei.
Internationale Beziehungen
Der Freistaat Sachsen pflegt seit 1990 weit gefächerte internationale
Beziehungen mit rund 30 Staaten. Die unterschiedlichen Formen rei-
chen von Regionalpartnerschaften mit derzeit fünf Regionen (Wojewod-
schaft Niederschlesien, Tschechische Republik, Slowakei, Bretagne/F.,
Alberta/Kan.) bis zur Zusammenarbeit in einzelnen Projekten (zwei-
sprachige Kindergärten, binationale Schulen) oder in themenspezifischen
Netzwerken.
Von besonderem sächsischen Interesse ist die grenzüberschreitende Zu-
sammenarbeit mit Polen und Tschechien. Regelmäßig tagende Arbeits-
gruppen und intensive Kontakte auf Fachebene helfen, die Partnerschafts-
vereinbarungen mit Leben zu erfüllen. Künftig sollen auch die trinationalen
regionalen Beziehungen zwischen Sachsen, Niederschlesien und den
nördlichen und östlichen tschechischen Bezirken intensiviert werden.
Neben den bereits bestehenden Partnerschaften baut Sachsen seine Be-
ziehungen im mittel- und osteuropäischen Raum, darunter zu Ungarn,
den baltischen Staaten, Russland und zur Ukraine sowie im fernöstli-
chen Raum, z. B. einzelnen chinesischen Provinzen aus.
Höhepunkte internationaler Begegnungen im Jahr 2006 sind Reisen
von Mitgliedern der Staatsregierung nach China, in die Russische Fö-
deration, ferner die Teilnahme von Präsident Putin, gemeinsam mit
Bundeskanzlerin Merkel, am Petersburger Dialog im Oktober in Dres-
den sowie die Präsentation Sachsens in der US-Hauptstadt Washing-
ton DC anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am 3. Oktober.

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36
Recht und Sicherheit
RECHT
UND
SICHERHEIT

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Recht und Sicherheit
37
Bundesverwaltungs-
gericht in Leipzig
Die Judikative – die dritte Kraft in Sachsen
Justizaufbau
Die Rechtspflege in Sachsen wird zum einen durch die ordentliche Ge-
richtsbarkeit mit 30 Amtsgerichten, sechs Landgerichten und dem
Oberlandesgericht Dresden ausgeübt. Zum anderen gibt es die Fachge-
richtsbarkeiten mit je drei Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie fünf
Arbeitsgerichten, dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht, dem Säch-
sischen Landesarbeitsgericht, dem Sächsischen Landessozialgericht und
dem Sächsischen Finanzgericht. Die Zuständigkeit für sämtliche
Gerichtsbarkeiten liegt beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz.
Sechs Staatsanwaltschaften und die Generalstaatsanwaltschaft ermitteln
in Strafsachen. Im Jahr 2005 haben die sächsischen Gerichte und Staats-
anwaltschaften über 510 000 Verfahren abgeschlossen.
Als erstes neues Bundesland richtete Sachsen 1993 eine Verfassungs-
gerichtsbarkeit ein. Mit dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat
eines der sechs Bundesgerichte seinen Sitz in Sachsen.
Justizbedienstete
Zum 1. Januar 2006 waren in der sächsischen Justiz neben den Mitarbei-
tern des Justizministeriums 8 016 Bedienstete beschäftigt, davon 1 009
Richter, 335 Staatsanwälte, 1 015 Rechtspfleger, 2 737 Geschäftsstellen-
und Schreibkräfte, 2 048 Justizvollzugsbedienstete, 175 Sozialarbeiter,

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38
Recht und Sicherheit
RECHT UND SICHERHEIT
Polizei in Sachsen
223 Gerichtsvollzieher, 12 Wirtschaftsfachkräfte sowie 392 Wachtmeis-
ter und sonstige Bedienstete.
Hinzu kamen 6 861 Schöffen und ehrenamtliche Richter. Freiberuflich
waren außerdem 161 Notare und 4 279 Rechtsanwälte zugelassen. Zum
1. Januar 2006 bildete die Justiz 961 Rechtsreferendare aus.
Für ein sicheres Sachsen
Polizeiorganisation
Die sächsische Polizei arbeitet seit dem 1. Januar 2005 mit einem zwei-
stufigen Verwaltungsaufbau (sieben Polizeidirektionen auf der Ebene
der Landkreise bzw. kreisfreien Städte). Den Polizeidirektionen sind 79
Polizeireviere, fünf Autobahnpolizeireviere sowie 88 Polizeiposten nach-
geordnet. Neben den sieben Polizeidirektionen sind dem Sächsischen
Staatsministerium des Innern als zentrale Dienststellen und Einrichtun-
gen das Landeskriminalamt, die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste,
das Präsidium der Bereitschaftspolizei, das Aus- und Fortbildungsinstitut
sowie die Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) nachgeordnet.
Polizeibedienstete
Zum 1. Januar 2006 waren bei der sächsischen Polizei 12 168 Polizei-
vollzugsbeamte, 363 Verwaltungsbeamte, 1 698 Angestellte und 591
Arbeiter beschäftigt. Die Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst
erfolgt in den Polizeifachschulen Chemnitz, Dresden und Leipzig, die
organisatorisch dem Aus- und Fortbildungsinstitut der sächsischen Po-
lizei nachgeordnet sind. Darüber hinaus bietet die Hochschule der
Sächsischen Polizei die Möglichkeit einer Aufstiegsausbildung für den
gehobenen Polizeivollzugsdienst.
Kriminalitätsentwicklung
Die Anzahl der Straftaten im Freistaat Sachsen ist in den vergangenen
Jahren kontinuierlich gesunken. Im Jahr 2005 wurden 318 166 Delikte
registriert. Im Vergleich zum Jahr 2004 bedeutet dies einen Rückgang
um 5,2 %. Auf 100 000 Einwohner kamen je 7 406 Straftaten. Das sind
364 weniger als im Jahr 2004. Damit liegt die Kriminalitätsbelastung
auf dem niedrigsten Niveau seit 1993.
Die Gesamtaufklärungsquote stieg um 0,7 Prozentpunkte auf 58,6 Pro-
zent. Es wurden 186 476 Straftaten aufgeklärt. Bei Gewaltdelikten
konnten drei von vier Straftaten aufgeklärt werden. Die Polizei ermittel-
te 119 328 Tatverdächtige. Unter ihnen befanden sich 4 039 Kinder

Recht und Sicherheit
39
(3,4 %) und 15 107 Jugendliche (12,7 %). Vor allem bei Kindern, aber
auch in den anderen Altersgruppen wurden weniger Tatverdächtige er-
mittelt als im Vorjahr.
Der gemeldete finanzielle Schaden betrug im Jahr 2005 insgesamt
414 Mio. Euro. Allein durch Wirtschaftskriminalität entstand ein Scha-
den von 261 Mio. Euro.
Justizvollzug
Der Freistaat Sachsen verfügt über 10 Justizvollzugsanstalten, davon
eine mit Krankenhaus. Im Jahr 2005 saßen durchschnittlich 4 265 Ge-
fangene ein. Wie schon in den Vorjahren gab es auch im Jahr 2005 keine
Ausbrüche; vier Gefangene, die aus Vollzugslockerungen nicht zurück-
kehrten, wurden wieder ergriffen oder kehrten freiwillig in den Vollzug
zurück. Die durchschnittlichen Haftkosten pro Gefangenem und Tag
betrugen im letzten Jahr 69,16 Euro (ohne Baukosten). Die 37 Eigen-
betriebe des Justizvollzugs bieten eine breite Palette von Produkten und
Dienstleistungen an.
Sachsen sind gut geschützt
Rettungswesen
Über den Notruf 112 erreicht man eine der 20 sächsischen Leitstellen
für den Rettungsdienst und für die Feuerwehr. Der Leitstellendisponent
(Leitstellenmitarbeiter) entscheidet je nach Notfall, welche Einsatzkräfte
alarmiert werden. 109 Rettungswachen mit 32 Außenstellen sind sachsen-
weit rund um die Uhr besetzt. Der Leitstellendisponent kann auch die
Feuerwehr zur Brandbekämpfung oder zur technischen Hilfeleistung an
den Unglücksort senden. Sieben Berufsfeuerwehren und 508 Gemeinde-
feuerwehren mit 1 849 Ortsfeuerwehren leisten in 2 056 Feuerwachen
und Feuerwehrhäusern ihren Dienst.
Katastrophenschutz
Der Katastrophenschutz ist Aufgabe der Länder. Er umfasst die Vorbe-
reitung der Bekämpfung von Katastrophen, die Bekämpfung von
Katastrophen und die Mitwirkung an der vorläufigen Beseitigung von
Schäden. Er ist im Freistaat dreistufig aufgebaut.
Im Katastrophenschutz wirken u. a. alle Behörden des Freistaates, die
Landkreise und Gemeinden sowie die privaten Hilfsorganisationen (Ar-
beiter-Samariter-Bund, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Deutsches
Rotes Kreuz, Johanniter Unfallhilfe und Malteser Hilfsdienst) mit. Bei

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40
Recht und Sicherheit
Überall Schuttberge
wie in der Grimmaer
Innenstadt
Bedarf leisten auch Bundeswehr und Technisches Hilfswerk Kata-
strophenhilfe.
Für die Hilfeleistung im Katastrophenschutz steht eine Vielzahl von Ein-
heiten und Einrichtungen zur Verfügung. In den Einheiten werden vom
Wehrdienst freigestellte und ehrenamtliche Helfer eingesetzt. Insgesamt
verfügt der Freistaat Sachsen derzeit über 6 514 Helferinnen und Helfer.
Flutkatastrophe 2002
Im August 2002 traf Sachsen ein außergewöhnliches Hochwasserereignis.
Starke Regenfälle im Erzgebirge ließen zunächst die normalerweise ru-
higen Flüsse wie Weißeritz, Zwickauer und Freiberger Mulde, Triebisch
und Müglitz zu reißenden Wassern anschwellen. Dann stieg die Elbe
und zerstörte in ganz Sachsen Straßen, Brücken, Schienen und Gebäu-
de. Am 17. August maß man in Dresden den Höchststand der Elbe von
9,40 m, normal ist ein Pegelstand von 1,26 m. In Sachsen waren 16
Kreise und vier kreisfreie Städte direkt von der Flut betroffen, die 21
Tote und 110 Verletzte forderte und einen Gesamtschaden von 8,5 Mrd.
Euro verursachte.
Der Welle des Wassers folgte eine großartige Welle der Hilfsbereitschaft,
die den Menschen in den betroffenen Gebieten Kraft für den Wiederauf-
bau gab. Dank der vielen uneigennützigen Mitbürger und Helfer aus dem
In- und Ausland – von Bundeswehr, THW und DRK, um nur wenige zu
nennen – konnten unter anderem in Dresden die wertvollen Kunstgegen-
stände aus Gemäldegalerie und Albertinum gerettet werden. Mit
Sandsäcken bauten die unermüdlichen Helfer zuerst Dämme, und halfen
später bei der Beräumung der riesigen Mengen von Schwemmgut. Sach-
sen ist all jenen sehr dankbar, die durch den Einsatz ihrer körperlichen
oder finanziellen Kräfte den Wiederaufbau ermöglicht haben, der zwei
Jahre nach der Flut weitgehend abgeschlossen werden konnte.
157 000 Menschen wurden dafür mit dem sächsischen Fluthelfer-
orden geehrt.
Hochwasserschutz
Nach der Flut 2002 wurde sofort mit zahlreichen Maßnahmen zum
Hochwasserschutz begonnen, zuerst mit der Schadensbeseitigung an den
sächsischen Gewässern (über 18 000 Schäden waren registriert). Bis
2004 wurden 358 Überschwemmungsgebiete mit einer Fläche von rund
51 000 Hektar ausgewiesen. Davor hatte es nur 23 ausgewiesene
Überschwemmungsgebiete gegeben.
Einmalig in Deutschland ist die Ausweisung von Hochwasser-
entstehungsgebieten mit dem Ziel der Erhaltung und Verbesserung der
Wasserrückhaltung. Auch die Hochwasserrückhalteräume in Sachsens

image
Recht und Sicherheit
41
Hochwasser-
rückhaltebecken
Lauenstein
Talsperren wurden um 26 Mio. m
3
auf 150 Mio. m
3
erweitert. Dazu kommt
die komplette Neugestaltung des Hochwasserwarndienstes, dessen Mel-
dungen nun aus einer Hand per Fax und E-Mail bis auf Landkreisebene
sowie per SMS, Fax und E-Mail bis auf Gemeindeebene reichen. Zur
nachhaltigen Schadensbeseitigung und zum vorbeugenden Hochwasser-
schutz wurden bis März 2005 flächendeckend 47 Hochwasser-
schutzkonzepte erarbeitet. Sie enthalten ca. 1 600 Vorschläge für Hoch-
wasserschutzmaßnahmen an Fließgewässern. Das Investitionsprogramm
zum Hochwasserschutz weist für die Jahre 2005 – 2008 insgesamt 172
Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 310 Mio. Euro auf. Bis
zum April 2006 wurden präventive Hochwasserschutzmaßnahmen im
Umfang von 73,9 Mio. Euro umgesetzt. Neben den Hochwasserschutz-
konzepten wurden den Gemeinden und Landkreisen auch insgesamt 545
neu erstellte Gefahrenkarten übergeben, die die Gefahrenabwehr erleich-
tern. Bei weiteren Planungen können diese in den Gemeinden
berücksichtigt werden und sind der Öffentlichkeit jederzeit zugängig.
Nicht zuletzt wird im Freistaat Sachsen der Wasserrückhalt in der Flä-
che durch gezielte Bodenbewirtschaftung, Waldmehrung und -umbau,
sowie Gewässerrenaturierungen erhöht.

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42
Wirtschaft und Arbeit
WIRTSCHAFT
UND
ARBEIT

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Wirtschaft und Arbeit
43
Sachsen mit aller Kraft voraus
Wirtschaftsstruktur
Ausgehend vom erzgebirgischen Silberbergbau gehörte Sachsen be-
reits im Mittelalter zu den wirtschaftlich weit entwickelten Gebieten
Deutschlands. Diese Tendenz hat sich über Industrialisierung und die
zwei Weltkriege halten können.
Die ab 1990 eingeleitete Umstellung auf die Marktwirtschaft führte je-
doch zum weitgehenden Zusammenbruch der traditionellen, in der DDR
konservierten wirtschaftlichen Strukturen und zum Wegfall vieler un-
rentabler Arbeitsplätze. Mittlerweile kann Sachsen wieder an die
industrielle Tradition des Landes anknüpfen und entwickelt sich zu ei-
nem wettbewerbsfähigen Industriestandort.
In Sachsen gibt es heute fünf Wirtschaftsräume mit drei urbanen Kernen als
Motoren der Wirtschaft. Zwischen Dresden und Freiberg sind besonders
die Mikroelektronik und die Elektrotechnik beheimatet („Silicon Saxony“),
mit Firmen wie AMD, Infineon/Qimonda, Advanced Mask Technology
Center, Siltronic und SolarWorld AG. Der Wirtschaftsraum Nordwestsach-
sen umgibt die Handelsmetropole Leipzig, die sich als Standort für Medien
und Finanzdienstleistungen entwickelt, und im mittelsächsischen Ballungs-
raum um Chemnitz und Zwickau ist traditionell der Maschinen- und
Fahrzeugbau Sachsens konzentriert. Um diese Zentren bilden sich zuneh-
mend regionale Netzwerke. Solche Entwicklungen sind beispielsweise im
Bereich der Mikroelektronik mit Unternehmen in Dresden/Freiberg, im
Fahrzeug- und Maschinenbau mit Chemnitz/Zwickau oder mit dem Medi-
enstandort Leipzig zu verzeichnen. Ostsachsen, das Erzgebirge und das
Obere Vogtland, in der DDR eher monostrukturell, haben bis in die Gegen-
wart deutlich größere Probleme, den wirtschaftlichen Wandel und die
Herausbildung eines modernen wirtschaftlichen Profils zu bewerkstelligen.
Der Mittelstand ist ein wichtiger Bestandteil der sächsischen Wirtschaft.
Diese wird überwiegend von kleinbetrieblichen Unternehmensstruk-
turen geprägt. Mehr als zwei Drittel (rund 69 %) der 118 800 Betriebe
und staatlichen Einrichtungen mit sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigten hatten 2004 bis zu 5 Mitarbeiter, 21 % beschäftigten 6
bis 19 Mitarbeiter und in weniger als 2 % der Betriebe waren 100
und mehr Personen tätig. Insgesamt haben rund 96 % aller Betriebe
weniger als 50 Beschäftigte. Die Zahl der Selbstständigen ist 2004
weiter gewachsen. Mit 200 400 Personen waren 11,3 % aller Erwerbs-
tätigen selbstständig. Die Selbstständigenquote ist die höchste in den
neuen Ländern.
Die neue 300-mm-
Waferfertigung der
Siltronic AG in Freiberg
Fahrzeugmontage
im Volkswagenwerk
Zwickau/Mosel

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44
Wirtschaft und Arbeit
Wirtschaftskraft
Im Zeitraum 2000–2004 nahm die Wirtschaftsleistung (preisbereinigt)
im Freistaat Sachsen um 8,7 % zu. Sachsen ist damit am stärksten unter
allen Bundesländern gewachsen. 2005 konnte der Freistaat diesen Wachs-
tumskurs nicht fortsetzen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
8)
blieb
gegenüber dem Vorjahr preisbereinigt nahezu unverändert (+0,1 %).
Sachsen trug mit seinem BIP in Höhe von 85,8 Mrd. Euro (in jeweiligen
Preisen) 2005 zum BIP der neuen Länder (ohne Berlin) 33,3 % und zum
gesamtdeutschen BIP 3,8 % bei.
Trotz einer weiteren Verbesserung der Arbeitsproduktivität erreichte die
Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigen bislang ca. 76 % des westdeut-
schen Produktivitätsniveaus
9)
(ohne Berlin).
Dennoch ist der wirtschaftliche Umstrukturierungsprozess in Sach-
sen auf gutem Wege. Von 1990 bis Ende 2005 lag der Saldo aus
Gewerbean- und -abmeldungen bei über 277 000. Dieser Trend hält
an. Nach dem gewaltigen, durch Subventionen begünstigten Bauboom
Anfang der neunziger Jahre sind inzwischen verarbeitendes Gewerbe und
unternehmensnahe Dienstleistungen zu den dynamischsten Wirtschafts-
bereichen geworden: Mit rund 47 % der gesamten Bruttowertschöpfung
liegt ihr Anteil höher als in allen anderen neuen Ländern.
Selbstständige
einschließlich
mithelfender
Familienangehöriger in
Prozent der gesamten
Erwerbstätigen
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
8)
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gibt diejenige neu zur Verfügung stehende Gütermenge an, die im Inland
innerhalb eines Jahres von In- und Ausländern hergestellt wurde. Das BIP ist ein Maß für die wirtschaftliche
Leistung eines Landes.
9)
Die Arbeitsproduktivität zeigt an, wie groß der produktive Beitrag eines jeden Beschäftigten ist. Ein Anstieg der
Arbeitsproduktivität bedeutet, dass sich die Wertschöpfung in Bezug auf den Arbeitseinsatz erhöht hat bzw.
das angestrebte Produktionsergebnis mit einer geringeren Menge von Arbeitsstunden erreicht wurde. Einfluss
auf die Arbeitsproduktivität haben vor allem technischer Fortschritt und Arbeitsintensität.
Automobilzulieferer
Cloyes Europe GmbH,
Oberseifersdorf/Zittau

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Wirtschaft und Arbeit
45
Industrie
Motor der wirtschaftlichen Dynamik im Freistaat Sachsen ist die Indus-
trie (verarbeitendes Gewerbe). Zwischen 2000 und 2005 nahm die
Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes in Sachsen preisbe-
reinigt um rund 42 % zu. In den neuen Ländern (ohne Berlin) lag der
Zuwachs in diesem Zeitraum bei 31 % und in den alten Ländern (ohne
Berlin) nur bei 7 %. In den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes mit
20 und mehr Beschäftigten stieg der Umsatz im Jahr 2005 gegenüber
dem Vorjahr um 9,7 %.
Die bedeutendsten industriellen Wirtschaftszweige in Sachsen gemes-
sen an der Beschäftigtenzahl waren im Jahr 2005 mit rund 39 000 bzw.
34 000 Beschäftigten die Metallerzeugung und -bearbeitung/Herstel-
lung von Metallerzeugnissen, der Maschinenbau und die Herstellung
von Büromaschinen; Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik. Der Fahr-
zeugbau hat sich in den letzten Jahren überdurchschnittlich entwickelt
und kommt bei Betrieben mit 20 und mehr Mitarbeitern auf einen Be-
schäftigtenanteil von etwa 13 % (rund 28 800 Personen). Er erwirtschaftet
mit 10,4 Mrd. Euro knapp 24 % des Gesamtumsatzes des verarbeiten-
den Gewerbes.
Neben diesen traditionellen Branchen gewinnen zukunftsweisende Indus-
triezweige der Hochtechnologie zunehmend an Gewicht. Die Herstellung
von „Spitzentechnik“ hat in Sachsen mittlerweile ein ebenso hohes Ge-
wicht wie in Gesamtdeutschland. Investitionen in Schlüsseltechnologien
wie Mikroelektronik, biologische Forschung und Technologie oder neue
Werkstoffe werden zusätzlich befördert durch die gezielte Vernetzung al-
ler Akteure. So werden Netzwerke wie „Silicon Saxony“ und die
Sächsischen Verbundinitiativen zu Markenzeichen einer leistungsstarken
Industrieregion.
In Sachsen arbeiten traditionsreiche Manufakturen wie die Uhrenbetrie-
be in Glashütte, die Porzellan-Manufaktur Meissen, aber ebenso neue
wie die Gläserne Manufaktur von VW in Dresden, die den Phaeton pro-
duziert.
Dienstleistungen und Handel
Der Strukturwandel in Sachsen geschieht mit einem Trend zu Dienst-
leistungen. Besonders Banken, Versicherungen und das Gastgewerbe
konnten sich gut entwickeln, während in einzelnen Bereichen der unter-
nehmensnahen Dienstleistungen noch Nachholbedarf besteht. Bei
Unternehmensdienstleistungen, die auf Wissen basieren, wie z. B. Bera-
tungsdienste oder Datenverarbeitung gab es hingegen eine positive
Entwicklung. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftswachs-
tum und beschäftigen hochqualifizierte Arbeitskräfte.
Meissen® – Marken
Die Gläserne
Manufaktur von VW
in Dresden

image
image
46
Wirtschaft und Arbeit
Der Dienstleistungssektor insgesamt beschäftigte 2005 in Sachsen mit
rund 71 % der Erwerbstätigen über 1,3 Millionen Menschen.
Insbesondere im Gesundheitswesen, im Kredit- und Versicherungsge-
werbe, im Gastgewerbe, in der Hauswirtschaft, in der öffentlichen
Verwaltung sowie in Erziehung und Unterricht sind größtenteils Frauen
beschäftigt, ihr Anteil liegt bei über 60 % der sozialversicherungspflich-
tig Beschäftigten im Dienstleistungsbereich.
Im Jahr 2004 waren im Handel und Kfz-Gewerbe 178 353 Menschen
beschäftigt, das sind rund 13 % der sozialversicherungspflichtig Beschäf-
tigten in Sachsen. Die Verkaufsfläche des Einzelhandels hat sich von
1997 bis 2001 um 10,4 % vergrößert, wobei der IHK-Kammerbezirk
Dresden die größte Zunahme verzeichnete. Bezogen auf die Einwoh-
nerzahl lag Sachsen mit 1,59 m² Verkaufsfläche je Einwohner im Jahr
2002 deutlich über dem Durchschnitt der alten Bundesländer, Spitzen-
reiter war auch hier Dresden (1,67 m
2
pro Einwohner). Der Anteil des
Einzelhandels ab 700 m² Verkaufsfläche lag 2001 bei ca. 64 % der Ge-
samtverkaufsfläche.
Handwerk
Am 31. Dezember 2005 gab es im Freistaat 55 643 registrierte Hand-
werksbetriebe, davon 36 614 meistergeführte Betriebe. Die meisten
Unternehmen befinden sich im Regierungsbezirk Chemnitz mit 22 683
Betrieben, gefolgt vom Regierungsbezirk Dresden mit 20 943 und vom
Regierungsbezirk Leipzig mit 12 017 Betrieben. Damit sind in Sachsen
rund ein Drittel aller Handwerksbetriebe der ostdeutschen Bundeslän-
der (ohne Berlin) ansässig – zum Vergleich: Anfang 1990 hatte es in
Sachsen ca. 31 000 Handwerksbetriebe gegeben.
Im sächsischen Handwerk sind derzeit rund 320 000 Menschen beschäf-
tigt, 1989/90 waren im Handwerk der damaligen DDR-Bezirke
Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Dresden und Leipzig – heute Sachsen –
ca. 95 000 Beschäftigte einschließlich Inhaber tätig.
Fast jeder fünfte sächsische Beschäftigte arbeitet im Handwerk. Mit 13
Betrieben pro 1 000 Einwohner liegt die Handwerksdichte in Sachsen
deutlich über dem bundesdeutschen Mittel von 10,5. Die zahlenmäßig
stärksten Gewerbegruppen bilden die Elektro- und Metallgewerbe mit
18 136 Betrieben sowie die Bau- und Ausbaugewerbe mit 16 287 Hand-
werksfirmen.
Eine Besonderheit im Freistaat ist die Vielfalt des Kunsthandwerkes.
Posamentenmacher aus Annaberg, Lebkuchenbäcker aus Pulsnitz, Uhr-
macher aus Glashütte, Holzspielzeugmacher aus dem Erzgebirge sowie
Musikinstrumentenbauer aus dem Vogtland gehören dazu. Viele alte
Handwerkstechniken haben sich die Sachsen auch wieder neu erarbei-
Die Mädler-Passage
im Zentrum Leipzigs
Ein Reifendreher
drechselt Rohlinge
für Holztiere

image
Wirtschaft und Arbeit
47
tet, herausgefordert durch Vorhaben wie den Wiederaufbau der Sem-
peroper (1985 vollendet), den Wiederaufbau der Frauenkirche
(vollendet 2005) oder des Grünen Gewölbes (Vollendung 2006).
Außenhandel
Seit 1991 ist das Außenhandelsvolumen Sachsens überdurchschnitt-
lich gewachsen. Die Ausfuhren haben sich von 1991 bis 2005 fast
versiebenfacht. Auch die Einfuhren entwickeln sich weiter positiv. Im
Jahr 2005 wurden Waren im Wert von rund 10,8 Mrd. Euro in den
Freistaat importiert.
Exportiert wird traditionell in die MOE-Länder, Westeuropa sowie die
Vereinigten Staaten von Amerika. Mit fast 2,5 Mrd. Euro waren die USA
2005 Sachsens größter Exportpartner, es folgten Italien, Frankreich so-
wie Großbritannien.
Überdurchschnittliche Exportzuwächse gegenüber dem Vorjahr konnten
2005 nach Kuba (+145 %), Indien (+69,1 %) und Taiwan (+64,2 %) ver-
zeichnet werden. Der Exportanteil nach Asien bzw. Amerika ist jedoch
gegenüber Europa vergleichsweise gering. Fast 65 % der sächsischen
Ausfuhren (rund 11,4 Mrd. Euro) gingen in europäische Staaten.
Bei den Importen bleibt die Tschechische Republik mit einem Anteil
von rund einem Fünftel Spitzenreiter, gefolgt von Frankreich sowie der
Russischen Föderation.
Messen
Kaiser Maximilian I. verlieh der Stadt Leipzig bereits 1497 das kaiserli-
che Privileg für Reichsmessen, einen vergleichbaren Markt durfte es im
Umkreis von 225 km nicht mehr geben. Im Laufe der Jahrhunderte wur-
Höchste Präzision
bei der Uhrenfertigung
in Glashütte
Außenhandel Sachsens
1996–2005
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen

image
image
48
Wirtschaft und Arbeit
de Leipzig zu einem sehr bedeutenden Ost-West-Handelsplatz. Hier
wurde 1895 die erste Mustermesse und 1918 die erste Technische Mes-
se ausgerichtet. Im Jahr 1896 öffnete das erste Messehaus „Städtisches
Kaufhaus“. Die Leipziger Messe – auch als Mutter aller Messen be-
zeichnet – wurde damit zum Welthandelsplatz. Das neue Messegelände
öffnete 1996 seine Pforten, besonders erfolgreich sind z. B. die Leipzi-
ger Buchmesse, die Auto Mobil International und die Games Convention.
Auch Dresden und Chemnitz etablierten sich erfolgreich als Messestand-
orte mit hauptsächlich regionaler Ausrichtung.
Wirtschaftsförderung und -entwicklung
Seit 1991 unterstützt die landeseigene Gesellschaft Wirtschaftsförderung
Sachsen (WFS) in- und ausländische Investoren, sächsische Kommunen
und sächsische Firmen. Dabei arbeitet die WFS eng mit kommunalen Wirt-
schaftsförderern zusammen.
Zu Fragen der Förderung steht den Unternehmen die Sächsische Auf-
baubank hilfreich zur Seite.
Gefördert werden Wirtschaft und Technologie, Außenwirtschaft, Ar-
beitsmarkt, Existenzgründungen (v. a. Existenzgründercoaching) und
der Mittelstand. Hilfen zur Konsolidierung werden ebenso wie Betei-
ligungen und Bürgschaften angeboten. Produktions- und Innovations-
kooperationen werden finanziell unterstützt und erhalten zusätzlich
Anstöße durch staatlich geförderte Netzwerke. Eine Fördermittelda-
tenbank
(http://www.foerderfibel.sachsen.de)
hilft bei der Suche nach För-
dermitteln verschiedenster Programme.
Arbeitsmarkt
Der Übergang von der unproduktiven Beschäftigungsgesellschaft der
DDR zu marktwirtschaftlichen Strukturen, verbunden mit entsprechen-
den wirtschaftlichen Umstrukturierungen, hat seit 1990 tiefe Spuren in
der Beschäftigungsstruktur des Freistaates Sachsen hinterlassen. Die Zahl
der Erwerbstätigen reduzierte sich von 1989 bis 1993 um etwa ein Drit-
tel. Nach einem leichten Anstieg bis 1995 stagniert diese Zahl mit leichten
jährlichen Schwankungen. Ab dem Jahr 2001 ist wieder ein stärkerer
Rückgang zu verzeichnen. Im Jahresdurchschnitt 2005 lag die Erwerbs-
tätigenzahl bei 1,885 Millionen. Dabei haben sich die Gewichte zwischen
den Wirtschaftszweigen deutlich verschoben.
Gleichzeitig war ein starker Anstieg der offenen Arbeitslosigkeit zu ver-
zeichnen. Bis 1994 stieg die Arbeitslosenquote (Arbeitslose in Prozent
der abhängigen zivilen Erwerbspersonen) in Sachsen auf 15,7 % an.
Nach einem leichten Rückgang 1995 setzte sich der Anstieg bis 1998
Neue Leipziger Messe
Der von der WFS
betreute Messestand
zur CeBIT 2005

image
Wirtschaft und Arbeit
49
auf 18,8 % fort. Nach einer erneut rückläufigen Entwicklung bis zum
Jahr 2000 stieg diese Quote auf 20 % im Jahresdurchschnitt von 2005.
Allerdings kann die Arbeitslosenquote die tatsächliche Entwicklung nur
unvollkommen abbilden. Zur Beschreibung der Situation auf dem Arbeits-
markt müssen Kurzarbeit, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowie die
Regelungen für ältere Arbeitnehmer, die insbesondere in den Jahren bis
1996 von Bedeutung waren, einbezogen werden. Im Jahresdurchschnitt 2005
waren in Sachsen insgesamt 521 600 Personen von Arbeitslosigkeit
10)
be-
troffen. Gemessen an den abhängigen zivilen Erwerbspersonen lag die Quote
der Gesamtarbeitslosigkeit mit 26 % jedoch unter dem vergleichbaren Vor-
jahreswert. Dabei ist das Niveau der Arbeitslosigkeit regional unterschiedlich.
Einkommen und Preise
Die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer al-
ler Wirtschaftsbereiche lagen im Jahr 2004 in Sachsen bei 21 448 Euro.
Die Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen erzielten damit rund 81 % des
durchschnittlichen Verdienstes der Arbeitnehmer in Deutschland – 1991
waren es noch 57 %.
Im Dezember 2005 erreichte der Preisindex für die Lebenshaltung aller
privaten Haushalte in Sachsen einen Wert von 108,8 (2000 = 100)
11)
und
war damit um 2,5 % höher als im Dezember 2004.
Erwerbstätige im
Freistaat Sachsen
nach Wirtschafts-
zweigen
Daten:
Arbeitskreis Erwerbs-
tätigenrechnung des
Bundes und
der Länder
(Stand März 2006)
10)
Arbeitslose, Kurzarbeit, Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen, Qualifizierung, Beschäf-
tigung schaffende Infrastrukturmaßnahmen, Arbeit für Langzeitarbeitslose, Arbeitsgelegenheiten, spezielle
Maßnahmen für Jüngere, Freie Förderung, § 428 SGB III
11)
Das entspricht einer Preissteigerung eines repräsentativen Warenkorbes (750 Güter) um 8,8 Prozentpunkte
innerhalb der letzten fünf Jahre.

image
50
Wirtschaft und Arbeit
Leben durch Sachsens Natur
Landwirtschaft
Im Jahre 2005 wurde Sachsens Territorium auf 913 120 ha landwirt-
schaftlich genutzt, das sind rund 50 % der Landesfläche. Der weitaus
größte Teil dieser Flächen liegt in der Lausitz, in Mittelsachsen und in
der Leipziger Tieflandsbucht.
Die natürlichen Gegebenheiten lassen eine vielfältige Nutzung zu. Ange-
baut werden vor allem Getreide und Raps, aber auch Ackerfutter. Mit
durchschnittlichen Erträgen von bis zu 64,6 dt/ha wurden z. B. im Jahr 2005
etwa 2,5 Mio. Tonnen Getreide geerntet. Eine lange Tradition haben in Sach-
sen auch der Obstanbau (im Elbtal und südöstlich von Leipzig) sowie der
Weinbau (im Elbtal Raum Meißen – Dresden). 279 Agrarbetriebe wirtschaf-
teten 2005 auf 23 450 ha nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus.
Insgesamt arbeiten 7 434 Unternehmen im Bereich der Landwirtschaft. Sie
beschäftigen ca. 42 000 Personen.
Für das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft im Freistaat Sachsen
(UL)“ wurden seit seiner Einführung im Jahr 1994 bis einschließlich
2005 fast 670 Mio. Euro Fördermittel zur Verfügung gestellt. Einge-
bunden in das Programm sind gegenwärtig 521 484 ha Ackerflächen
(72 % der gesamten bewirtschafteten Ackerfläche), 94 423 ha Grün-
land (52 %), 4 148 ha Obstfläche (89,6 %), 209 ha Rebland (46,4 %)
und 8 834 ha Teichfläche. Allein im Jahr 2005 wurde die Nitratstick-
stoffbelastung des Bodens um ca. 8 450 t verringert. Durch erosions-
mindernde Anbauverfahren wurden bis zu 570 000 t Boden vor der
Abschwemmung bewahrt. Auf 25 454 ha wurden Maßnahmen des Na-
turschutzes und zum Erhalt der Kulturlandschaft gefördert.
Umweltallianz Sachsen
Der Freistaat Sachsen hat 1998 als zweites Bundesland nach Bayern mit
der freiwilligen Vereinbarung zwischen der Sächsischen Staatsregierung
und der sächsischen Wirtschaft, vertreten durch die sächsischen Indus-
trie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Verbände einen
neuen Weg für eine Stärkung der regionalen Wirtschaft bei gleichzeiti-
ger Entlastung der Umwelt eingeschlagen.
Am 8. Juli 2003 unterzeichneten der Ministerpräsident Prof. Dr. Georg
Milbradt, die Fachminister für Umwelt und Landwirtschaft bzw. für
Wirtschaft und Arbeit sowie die Vertreter der sächsischen Wirtschaft die
Fortschreibung für weitere fünf Jahre.
Fast 500 Teilnehmer beteiligen sich an der Umweltallianz, ob kleiner
Handwerksbetrieb, Dienstleister, Krankenhäuser, Verkehrsbetriebe, Ver-

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image
Wirtschaft und Arbeit
51
bände, industrielle Großunternehmen der chemischen Industrie, der Mi-
kroelektronik oder Ernährungswirtschaft. Diese Unternehmen leisten
freiwillig über das gesetzliche Maß hinaus einen Beitrag zum Umwelt-
schutz.
Die Umweltallianz Land- und Forstwirtschaft wurde 1999 als freiwilli-
ge Vereinbarung zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für
Umwelt und Landwirtschaft und 14 Verbänden der sächsischen Land-,
Forst- und Fischereiwirtschaft unterzeichnet.
Am 15. Dezember 2005 haben Umweltminister Tillich sowie Vertreter
der sächsischen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft die Fortschrei-
bung der Umweltallianz Land- und Forstwirtschaft für weitere fünf Jahre
unterzeichnet.
Die 400 Teilnehmer haben sich zu umweltgerechtem Ackerbau, Forst-
und Teichwirtschaft verpflichtet.
Tierhaltung und Teichwirtschaft
Rund zwei Drittel der Gesamterlöse der sächsischen Landwirtschaft stam-
men aus der Tierhaltung. In Sachsens Ställen stehen vor allem Rinder;
daneben auch Schweine, Schafe und Legehennen. Außerdem gibt es in
Sachsen ca. 30 000 Bienenvölker.
Die Rinderhaltung ist Erwerbsquelle für ca. 13 000 Beschäftigte und
dient auch der Pflege der Kulturlandschaft. Die Milcherzeugung ist
derzeit eine der wichtigsten Einnahmequellen der sächsischen Tierhal-
ter; sie dürfen jährlich knapp 1,6 Mio. t Milch produzieren.
Sachsens Pferdezucht ist u. a. bekannt für die elegante Pferderasse
„Schweres Warmblut“. Zahlreiche neu entstandene Reiterhöfe (ca. 150)
sind auch Anziehungspunkt für Touristen geworden. Die jährliche Hengst-
parade in Moritzburg ist ein Höhepunkt für Pferdeliebhaber aus der
ganzen Welt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche vereinsorganisierte Pfer-
dezucht- und Pferdesportveranstaltungen.
Die Teichbewirtschaftung hat in Sachsen Tradition. Sachsens Teichwir-
te vermarkteten 2005 ca. 3 400 t Fisch pro Jahr, davon allein 2 800 t
Speisekarpfen.
Forstwirtschaft
2005 betrug die Waldfläche im Freistaat Sachsen 513 008 ha – das ent-
spricht 27,8 % der Landesfläche. Dieser Anteil soll durch Aufforstung von
Bergbaufolgelandschaften, Hochwasserentstehungsgebieten und in Gebie-
ten mit geringem Waldanteil auf 30 % wachsen. Von der gesamten Waldfläche
sind 37 % Eigentum des Freistaates Sachsen, 6 % gehören dem Bund und
weitere 8 % sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der Anteil des
Hochmechanisierte
Holzernte mit Harvester

image
52
Wirtschaft und Arbeit
Privatwaldes beträgt 46 %. Kirchenwald ist zu 2 % und Sondervermögen
des Bundes (Wald der LMBV
12)
) zu 1 % vertreten. Sachsens Wald wird von
ca. 73 000 einzelnen Forstbetrieben bewirtschaftet. Mit fast 80 % überwie-
gen in den sächsischen Wäldern Nadelbäume, vor allem Fichten und Kiefern.
Der Gesamtholzvorrat beträgt 126 Mio. m³, das sind 258 m³ je Hektar. Der
jährliche Holzzuwachs liegt bei rund 9 m³/ha, wovon bislang lediglich gut
die Hälfte geerntet wird. In den nächsten Jahren sollen die Wälder arten-
reicher werden, auch im Hinblick auf den Klimawandel.
Weinbau
Die erste urkundliche Erwähnung des Weinbaues in Sachsen geht bereits
in das Jahr 1161 zurück. Im 15. Jahrhundert standen schon Reben auf
etwas mehr als 4 000 ha. Die Einschleppung der Reblaus 1887 beschleu-
nigte aber den bereits laufenden Niedergang des Weinbaus enorm. In
der Folge wurden viele Hänge bebaut oder als Obstland genutzt.
Mit der Einführung reblausresistenter Pfropfreben kam es in den zwanzi-
ger und dreißiger Jahren zu einer allmählichen Erholung, die sich nach
dem 2. Weltkrieg fortsetzte. Weitere Impulse gingen von den Hobbywin-
zern aus, die etwa ab 1970 einige besonders markante Lagen im Elbtal
wieder aufrebten.
In den letzten Jahren ist die Rebfläche besonders stark gewachsen, von
320 ha im Jahr 1990 auf heute 450 ha. Prägend sind dabei die jahrhun-
dertealten Steil- und Terrassenlagen, die der Weinbaukulturlandschaft
des Elbtales ihren besonderen Reiz verleihen.
In Sachsen dominiert der Weißwein. Die verbreitetsten Sorten waren
2005 Müller-Thurgau (81 ha), Riesling (62 ha), Weißburgunder (50 ha);
der Goldriesling (12 ha) wird nur hier angebaut. Spätburgunder ist mit
28 ha die am meisten angebaute Rotweinsorte. Die jährliche Weinpro-
duktion liegt in der Regel zwischen 15 000 und 20 000 hl bei einem sehr
geringen Anteil von Tafelwein. Die zahlreichen Weinfeste im Herbst,
mit denen die neue Ernte traditionell gefeiert wird, sind für Einheimi-
sche und Touristen gleichermaßen Anziehungspunkte. Am bekanntesten
sind die Feste in Meißen und Altkötzschenbroda.
Ländliche Entwicklung
Sachsen unterstützt eine ganzheitliche Entwicklung ländlicher Räume und
damit auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Landwirtschaft,
vor allem durch Umnutzung von landwirtschaftlicher Bausubstanz. Die
Entwicklung von Regionen aufgrund von Initiativen durch die „Basis“ selbst
Belvedere und
Weinberg Schloss
Wackerbarth,
Radebeul
12)
Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH

Wirtschaft und Arbeit
53
gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Zeitraum 1991 – 2003 wurden hierzu
rund 2,4 Mrd. Euro an Fördermitteln bewilligt, einschließlich der Hoch-
wasserschadensbeseitigung, wodurch ein Investitionsvolumen von rund
11 Mrd. Euro realisiert wurde.
Bergbau
Sachsens wirtschaftlicher Reichtum beruht nicht zuletzt auf den reichen
Bodenschätzen. Der Bergbau des Erzgebirges ist nur noch in Schau-
bergwerken als touristische Attraktion zu erleben. Anders verhält es sich
beim Abbau oberflächennaher Rohstoffe (Tagebau). Die Braunkohlein-
dustrie hat in Sachsen seit der Wiedervereinigung 10 Mrd. Euro investiert.
2002 wurden von der mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (MI-
BRAG) und der Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG) zusammen rund
30 Mio. Tonnen Braunkohle gefördert, die in den Kraftwerken Boxberg
und Lippendorf verstromt werden. Im Steine- und Erdenbergbau wurden
seit 1990 rund 5 Mrd. Euro investiert, 286 Betriebe förderten 2002 rund
31 Mio. Tonnen Fest- und Lockergesteine. So wurde der Sandstein für den
Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche bei Pirna gebrochen.

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54
Infrastruktur und Kommunikation
INFRASTRUKTUR
UND
KOMMUNIKATION

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Infrastruktur und Kommunikation
55
Die Autobahn A 14
bei Leipzig unterquert
die Rollbahn des
Flughafens
Straßenkilometer in
Sachsen
Stand 1.1.2006
Daten:
Statistisches Landesamt
Sachsen
Sachsen in Bewegung
Straße
Mit 740 m überörtlicher Straße pro km² hat Sachsen eine über dem Bun-
desdurchschnitt liegende Straßendichte. In den Ausbau des sächsischen
Straßennetzes wurden seit 1991 rund 13,3 Mrd. Euro investiert. Dabei
war und ist die Komplettierung des Autobahnnetzes in Sachsen von be-
sonderer verkehrspolitischer Dringlichkeit. Die A 38 Südumfahrung Leip-
zig ist vollendet, der teilweise sechsstreifige Ausbau der A 4 und der
Ausbau der A 72 zwischen Plauen und Chemnitz sind so gut wie abge-
schlossen, das Neubauvorhaben A 17 Dresden – Bundesgrenze D/CZ
soll noch 2006 komplett dem Verkehr übergeben werden. Die neue A 72
Chemnitz – Leipzig befindet sich im Bau.
Zum 1. Januar 2006 waren im Freistaat 2,69 Mio. Kraftfahrzeuge zuge-
lassen, darunter 2,31 Mio. PKW und mehr als 180 000 LKW. Insgesamt
gab es im Jahr 2005 auf Sachsens Straßen 124 146 Straßenverkehrsun-
fälle, darunter waren 15 922 Unfälle mit Personenschaden zu verzeich-
nen, 20 259 Menschen wurden verletzt und 292 getötet.
Anzahl der Straßengrenzübergänge
Öffentlicher Personennahverkehr
Der Freistaat ist durch das Streckennetz von Eisenbahnen, Straßenbah-
nen, Regional- und Stadtbussen sehr gut erschlossen. Die Planung, Or-
ganisation und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs ist
Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte. Diese haben sich zu
Überörtliche Straßen gesamt
13 532 km
davon Bundesautobahnen
478 km
davon Bundesstraßen
2 421 km
davon Staatsstraßen
4 750 km
davon Kreisstraßen
5 883 km

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56
Infrastruktur und Kommunikation
Nahverkehrszug der
Vogtlandbahn
Bahnhof Leipzig – der
größte Kopfbahnhof
der Welt
Die Schmalspurbahn
Zittau-Jonsdorf/Oybin
Zweckverbänden zusammengeschlossen und bilden die Verkehrsverbün-
de Mittelsachsen, Oberelbe, Vogtland, Oberlausitz/Niederschlesien und
den Mitteldeutschen Verkehrsverbund. Sie organisieren den gesamten
Bus- und Bahnverkehr „in einer Hand vor Ort“. Im Jahr 2004 benutzten
über 400 Mio. Personen Busse und Straßenbahnen, es waren insgesamt
309 Unternehmen mit über 9 600 Beschäftigten tätig. Im westsächsisch-
vogtländischen Raum wurde grenzüberschreitend das „EgroNet“ reali-
siert. Es integriert Eisenbahn und Buslinien in einem gemeinsamen
Nahverkehrssystem, 17 Landkreise und kreisfreie Städte sowie 62 Ver-
kehrsunternehmen aus Sachsen, Bayern, Thüringen und Tschechien ar-
beiten im EgroNet-Verbund zusammen.
Eisenbahn
Das sächsische Eisenbahnnetz mit rund 2 700 km Länge und knapp 600
Verkehrsstationen (Bahnhöfe und Haltepunkte) ist eines der dichtesten
Netze Europas.
Der Eisenbahnverkehr Sachsens umfasst vier Bereiche: den ICE/IC-Ver-
kehr nach Zielen in Deutschland und Europa auf Hochgeschwindig-
keitsstrecken bis zu 250 km/h, den Regionalverkehr auf bis zu 80 km/h
schnellen Regionalstrecken, die Strecken Leipzig – Chemnitz mit
160 km/h und Bischofswerda – Zittau mit 100 km/h; die S-Bahn-Syste-
me in Dresden und Leipzig bzw. das artverwandte Chemnitzer Modell
sowie den touristisch geprägten Eisenbahnverkehr auf den historischen
Schmalspurbahnen.
Sachsen wird gegenwärtig von 75 Nahverkehrs- und zehn Fernverkehrsli-
nien erschlossen. Seit der Wiedervereinigung 1990 sind ca. 3,9 Mrd. Euro
in das sächsische Bahnnetz investiert worden. Beim Ausbau des Schie-
nenhauptnetzes sind die Schwerpunkte der Investitionen die Fernstrecken
Sachsen-Franken-Magistrale Hof – Leipzig/Dresden – Görlitz und das
Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 9 (VDE) Leipzig – Dresden.
Die Strecken der EU – Osterweiterung Berlin – Dresden – Prag, Berlin –
Cottbus – Görlitz und Leipzig – Falkenberg – Hoyerswerda – Horka sind
Bestandteile des Transeuropäischen Bahnnetzes und werden ebenso aus-
gebaut. Gegenwärtig bestehen sieben Eisenbahngrenzübergänge nach
Tschechien und zwei nach Polen. Bis zum Jahr 2010 soll die Anzahl auf
zehn (Tschechien) bzw. drei (Polen) erweitert werden. Regionalteilnetze
sind das Vogtland-, Erzgebirgs-, Mittelsachsen und Ostsachsennetz.
Seit der Bahnreform im Jahr 1993 haben sich im Freistaat Sachsen über
20 nichtbundeseigene Eisenbahnen im Personen- und Güterverkehr ge-
bildet, die den Wettbewerb auf der Schiene beleben.

image
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Infrastruktur und Kommunikation
57
Güterverkehr
Sachsen förderte die Entwicklung der Güterverkehrszentren in Leipzig,
Glauchau und Dresden mit über 70 Mio. Euro. Deren wirtschaftspoliti-
sche Bedeutung zeigt sich in folgenden Daten: In Leipzig siedelten sich
bisher 102 Unternehmen mit ca. 2 500 Arbeitsplätzen an, in Glauchau/
Zwickau 70 Unternehmen mit ca. 2 300 Arbeitsplätzen und in Dresden
sieben Unternehmen mit ca. 420 Arbeitsplätzen.
Luftverkehr
In die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden wurden seit 1991 ca. 1,4 Mrd.
Euro investiert. So entsteht in Leipzig/Halle zurzeit eine zweite interkon-
tinentalfähige Start- und Landebahn. Das neue Terminal hat eine Kapazi-
tät von 4,5 Mio. Passagieren pro Jahr. Das Unternehmen DHL wird ab
2008 den Europa-Hub für Luftfrachtexpress am Flughafen Leipzig/Halle
betreiben und somit 3 500 neue Arbeitsplätze schaffen.
Die Dresdner Start- und Landebahn wird momentan saniert und verlängert,
das Terminal mit einer Kapazität von 3,5 Mio. Passagieren wurde 2003
fertig gestellt. Beide Verkehrsflughäfen haben die Erlaubnis für 24-stündi-
gen Betrieb und sind sehr gut an Straße und Schiene angebunden. Damit
können alle Einwohner des Freistaates innerhalb von 90 Minuten einen Ver-
kehrsflughafen erreichen. Leipzig/Halle zählte im Jahr 2005 über 2,1 Mio.
Passagiere, Dresden knapp 1,8 Mio. Außerdem gibt es in Sachsen drei regi-
onale und neun lokale Verkehrslandeplätze sowie zehn Sonderlandeplätze.
Binnenschifffahrt
Sachsen ist über die Elbe an die norddeutschen Seehäfen sowie die mit-
tel- und osteuropäischen Staaten und damit an den internationalen Han-
del angebunden. Zur Entwicklung der Binnenschifffahrt sanierte der
Freistaat die Häfen in Torgau, Riesa und Dresden und investierte dafür
seit 1995 mehr als 65 Mio. Euro. In den Häfen siedelten sich 47 Unter-
nehmen an. Diese investierten nochmals ca. 60 Mio. Euro und schufen
über 500 Arbeitsplätze. Die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH
ist Betreiberin der Häfen. Im Jahr 2002 erwarb sie die tschechischen
Häfen in Tetschen (CZ) und Lovosice (Lobositz) sowie 2004 Anteile am
Roßlauer Hafen. Damit bietet die Gesellschaft nun wettbewerbsfähige
Transportdienstleistungen für die tschechische und sächsische Wirtschaft
aus einer Hand an.
Besonders stolz ist Sachsen auf die größte und älteste Raddampferflotte
der Welt, die in Dresden ihre Heimat hat. Die „Sächsische Dampfschif-
fahrt“ verfügt über neun historische Raddampfer, zwischen 75 und 125
Neu ausgebauter
Verkehrsflughafen
Dresden
Raddampferflotte

image
58
Infrastruktur und Kommunikation
Das Braunkohlen-
kraftwerk Boxberg
der Vattenfall
Europe AG & Co. KG
Jahre alt. Zwei elegante Salonschiffe und zwei kleine Motorschiffe kom-
plettieren die Flotte. Auf dem ca. 101 km langen Fahrtgebiet zwischen
Diesbar-Seußlitz und Tetschen (CZ) mit 17 Anlegestellen werden – bei
normalen Wasserständen – jedes Jahr etwa 700 000 Passagiere befördert.
Sachsens Städte
Die Stadtentwicklung in Sachsen wird vom Bevölkerungsrückgang auf-
grund des Geburtenmangels und der Abwanderung geprägt. Es ist ein
Umbau der sächsischen Städte und Gemeinden notwendig, der vom Frei-
staat Sachsen mit der Städtebau- und EU-Förderung gezielt begleitet
und unterstützt wird.
Diese Zuwendungen sind dazu bestimmt, durch städtebauliche Sanie-
rungsmaßnahmen städtebauliche Missstände und Mängel zu beheben
oder nachhaltig zu mildern. Die zentralen Orte nach dem Sächsischen
Landesentwicklungsplan sollen gstärkt werden.
Besonderes Augenmerk liegt auf den Maßnahmen zum Stadtumbau, die
auf der Grundlage von städtebaulichen Entwicklungskonzepten dem
Rückbau des Wohnungsbestandes und damit dem Abbau des Wohnungs-
leerstandes dienen. Dies trägt zur städtebaulichen Aufwertung zukunfts-
fähiger Stadtteile bei.
Die Zuwendungen im Rahmen des EU-Programms zur Stadtentwick-
lung sollen benachteiligte Stadtgebiete auf der Grundlage eines inte-
grierten Handlungskonzeptes in ihrer Entwicklung nachhaltig fördern
und so die Entwicklung der Gesamtstadt voranbringen.
Sachsen mit Energie
Energie (Energiewirtschaft, Energiebörse, Energiemesse,
Energieprogramm Sachsen)
Seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurden mehr als 11 Mrd. Euro
in den Neu- und Ausbau von Energieanlagen investiert. Neben den über-
regionalen Energieversorgern, der Vattenfall Europe AG und der Ver-
bundnetz Gas AG, sichern sechs Regionalversorgungsunternehmen und
39 Stadtwerke die Versorgung mit Strom, Gas und Fernwärme. Eine der
Stärken Sachsens ist dabei die im Vergleich zu Deutschland doppelt hohe
Fernwärmedichte. Darüber hinaus sind in Sachsen mehr als 300 mittel-
ständische Mineralöl- und Flüssiggashändler und zahlreiche Unterneh-
mer als Energiedienstleister u. a. im Energiehandel tätig.

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Infrastruktur und Kommunikation
59
Sachsen setzt auf heimische Energieträger. Dazu gehören die Braun-
kohle ebenso wie die erneuerbaren Energien. Die Nutzung der Braun-
kohle ist Grundlage für eine sichere und kalkulierbare Stromerzeugung,
denn sie ist in Sachsen ausreichend verfügbar und wettbewerbsfähig.
Der Einsatz der Braunkohle zur Erzeugung von Grundlaststrom in den
sächsischen Kraftwerken Lippendorf und Boxberg ist wesentliche Grund-
lage für den Erhalt von Arbeitsplätzen, insbesondere in strukturschwa-
chen Regionen.
Erneuerbare Energien für Strom- und Wärmeerzeugung sind in den ver-
gangenen Jahren immer wichtiger geworden. Ihre Nutzung hat sich im
Vergleich zu 1990 mehr als verzehnfacht und beträgt nunmehr 9,2 %.
Den größten Anteil daran hat die Windkraft, gefolgt von der Wasser-
kraft, der Biomasse/-gas und der Photovoltaik.
Eine effiziente Nutzung der Energie ist eine wesentliche Strategie für
eine nachhaltige Energieversorgung im Freistaat Sachsen. Die Energie-
effizienz der Wirtschaft (Bruttoinlandsprodukt bezogen auf den Primär-
energieverbrauch) ist seit 1990 auf das 2,5fache angestiegen. Potentiale
gibt es hier in allen Anwendungsbereichen: Industrie, Gewerbe, Verkehr
und Haushalte. Energiesparende Verfahren, Maschinen, Geräte und Fahr-
zeuge „made in Saxony“ sind Weltspitze. Weitere Voraussetzung für eine
nachhaltige Entwicklung der Energiewirtschaft sind Forschung und Ent-
wicklung. Der Schwerpunkt liegt hier in der Erforschung von CO
2
-Re-
duktionstechnologien im Bereich der Kraftwerkstechnik, insbesondere
im Interesse einer geringst möglichen Belastung der Umwelt bei der
ostdeutschen Braunkohleverstromung.
Zur Energiewirtschaft in Sachsen gehört auch der Handel mit Energie und
Energietechnologien. Die erste deutsche Strombörse wurde 1999 auf Ini-
tiative der sächsischen Staatsregierung in Leipzig gegründet. Im Jahr 2002
fusionierte die Leipzig Power Exchange (LPX) mit der Energiebörse in
Frankfurt zur European Energy Exchange AG (EEX) mit Sitz in Leipzig.
Neben der EEX etabliert sich die Energiemesse „enertec“ als Handels-
plattform für Energietechnologien und -dienstleistungen.
Der Freistaat Sachsen aktualisiert derzeit das ENERGIEPROGRAMM
SACHSEN
13)
. Es definiert energiepolitische Leitlinien und Handlungs-
schwerpunkte für die kommenden Jahre.
Energieverbrauch
Der Endenergieverbrauch (Energieverbrauch nach Umwandlung, Nutz-
energie) hat sich analog zum Primärenergieverbrauch nur unwesent-
Grundinstandsetzungs-
arbeiten am Überland-
leitungsnetz durch ABB
13)
Das ENERGIEPROGRAMM SACHSEN und die jährlichen Energieberichte sind unter
www.smwa.sachsen.de
( Wirtschaft/ Energie / Sächsische Energiepolitik) veröffentlicht.
Montagearbeiten im
Solarpark Espenhain

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image
60
Infrastruktur und Kommunikation
lich verändert. Hier stand
einem verringerten Ver-
brauch bei den Mineralölen
ein erhöhter Bedarf bei den
Gasen gegenüber.
Der Energieträgermix wird
im Wesentlichen von Mine-
ralölen und Gasen bestimmt.
Weiterhin trugen Strom,
Fernwärme, Braun- und
Steinkohle sowie die sonsti-
gen Energieträger zur Ener-
giebilanz bei. Die Grafik zeigt deutlich, dass sich der sächsische
Energiemix seit der Wiedervereinigung gesamtdeutschen Strukturen an-
geglichen hat.
Trinkwasserversorgung
Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel. Deshalb ist die Trinkwas-
serversorgung auch eine kommunale Pflichtaufgabe. 79 Träger gewähr-
leisten in Sachsen die Versorgung mit Trinkwasser, darunter 33
Zweckverbände, 11 Gemeinden in einem Teilzweckverband und 35 Ein-
zelkommunen. Im Freistaat gibt es zudem drei selbstständige Fernwas-
serversorgungsunternehmen, die den Aufgabenträgern der öffentlichen
Wasserversorgung Trinkwasser bereitstellen. Die öffentliche Wasserver-
sorgung ist also durch einen Verbund zwischen regionaler Wasserversor-
gung und Fernwasserversorgung geprägt. Das sächsische Trinkwasser
kommt zu 58 % aus dem Grundwasser und 42 % aus den Trinkwasser-
talsperren
14)
.
Abwasserentsorgung
Die Pflicht zur Entsorgung des Abwassers (Schmutzwasser und Nieder-
schlagswasser) liegt bei den Gemeinden, in deren Gebiet das Abwasser
anfällt, die damit europäische Richtlinien und Landes- und Bundesrecht
umsetzen.
Im Freistaat Sachsen waren Ende 2004 insgesamt 802 kommunale Klär-
anlagen mit einer Kapazität ab 50 Einwohnerwerten
15)
(EW) in Betrieb.
Insgesamt 93 Abwasserzweckverbände (darunter 10 Teilzweckverbän-
14)
Stand 2006
15)
Dies ist eine gebräuchliche Messzahl in der Wasserwirtschaft, um die Verschmutzung des Abwassers abzu-
schätzen. Der Einwohnerwert ergibt sich aus der Summe aus Einwohnerzahl und Einwohnergleichwert. Letz-
teres ist wiederum ein Wert, der sich aus dem Vergleich von gewerblichem Schmutzwasser mit häuslichem
Schmutzwasser ergibt.
Trinkwassertalsperre
Carlsfeld

Infrastruktur und Kommunikation
61
de) und 154 Gemeinden (darunter 46 Gemeinden in Teilzweckverbän-
den) erfüllten 2004 die Aufgaben der Abwasserbeseitigung. 641 der heute
vorhandenen 802 Abwasserbehandlungsanlagen wurden seit 1991 neu
errichtet, saniert oder erweitert. 94 % der Anlagen behandeln das Ab-
wasser mechanisch-biologisch, in nur 6%
16)
der Anlagen findet eine rein
mechanische Reinigung statt. Der Anschlussgrad an öffentliche Abwas-
serbehandlungsanlagen betrug 2004 in Verdichtungsgebieten über 2 000
EW 90 %, im Freistaat insgesamt 80 %.
17)
Für über 10 % der sächsischen Bevölkerung insbesondere im ländlichen
Raum werden Kleinkläranlagen dauerhaft Teil der kommunalen Abwas-
serbeseitigung sein. Bis zum Jahr 2015 sollen alle Anlagen dem Stand
der Technik entsprechend ausgerüstet sein.
Sachsen mit eigener Meinung
Tageszeitungen
Der sächsische Zeitungsmarkt wurde in seinen Grundzügen nach 1989 durch
den Treuhandverkauf der ehemaligen SED-Bezirkszeitungen an große west-
deutsche Medienkonzerne geprägt. Kleinere Zeitungen haben sich am Markt
oft nicht halten können. Die verbleibende sächsische Zeitungslandschaft
stellt sich wie folgt dar (Quelle IVW 2005): In Chemnitz und Umgebung
erscheint die auflagenstärkste deutsche Regionalzeitung, die Freie Presse
(Auflage: 354 000), in Dresden und Umgebung die Sächsische Zeitung
(Auflage 301 000). Die Dresdner Neuesten Nachrichten, die Torgauer Zei-
tung und die Muldentalzeitung übernehmen den überregionalen Teil weit-
gehend von der Leipziger Volkszeitung (Auflage insgesamt 270 000). In
Bautzen erscheint die einzige Tageszeitung in sorbischer Sprache Serbske
Nowiny (Auflage knapp 2 000). Der in Plauen erscheinende Vogtland-An-
zeiger (Auflage: 9 300) bezieht seinen Mantel von der bayerischen Fran-
kenpost. Die in Dresden und Chemnitz erscheinende Straßenverkaufszeitung
Morgenpost zählt zu den wenigen fortbestehenden Erweiterungen der säch-
sischen Titellandschaft. Sie bezieht ihren Mantel vom Berliner Kurier und
konkurriert mit der BILD-Zeitung, die ihren deutschlandweit einheitlichen
Mantel in den großen Städten ebenfalls mit lokalen Nachrichten auffüllt.
16)
Die Erhöhung des Anteils mechanischer Kläranlagen im Vergleich zum Statusbericht 2002 resultiert aus einer
vervollständigten Datenerfassung bei kleinen Kläranlagen.
17)
Lagebericht 2004 – Kommunale Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen

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62
Infrastruktur und Kommunikation
Rundfunk
Die Dreiländeranstalt Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) mit Sitz in Leip-
zig wurde 1991 von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gegründet.
Intendant ist Prof. Dr. Udo Reiter. Die öffentlich-rechtliche Rundfunkan-
stalt sendet entsprechend ihrem Programmauftrag ein eigenes Fernseh-
programm (MDR-Fernsehen), in dem auch Beiträge der Landesfunkhäuser
enthalten sein sollen, die jeweils ein landesspezifisches Erscheinungsbild
aufweisen. In Sachsen verfügt der MDR über ein Landesfunkhaus in Dres-
den und vier Regionalstudios. Zudem ist der MDR einer der größten
Programmzulieferer des Ersten Fernsehprogramms der ARD geworden
(2006: 11,0 %). Weiterhin werden in Sachsen fünf MDR-Hörfunkpro-
gramme verbreitet (MDR 1 Radio Sachsen, MDR Figaro, Jump, MDR-
Info sowie über Satellit MDR Sputnik). Zusätzlich kann das Programm
MDR Klassik über Digitalradio (DAB) empfangen werden.
Private Rundfunkveranstalter
Die Zulassung und Aufsicht privater Rundfunkveranstalter unterliegt
in Sachsen der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien
(SLM) mit Sitz in Leipzig. Landesweit zu empfangende private Hör-
funkprogramme sind Radio PSR, Hitradio RTL sowie R.SA. Daneben
gibt es weitere Veranstalter mit jeweils nur regionalen oder lokalen
Radiovollprogrammen.
Seit dem 30. Dezember 1999 wird in Sachsen digitaler Hörfunk (DAB)
im Regelbetrieb veranstaltet, landesweit sind neben den öffentlich-
rechtlichen drei private Programme zu empfangen. Momentan senden
in Sachsen 61 Veranstalter Fernsehprogramme in Kabelanlagen. Sechs
Anbieter strahlen ihre Fernsehsendungen terrestrisch ab. Im Dezem-
ber 2005 wurde in Sachsen digitales terrestrisches Fernsehen (DVB-T)
eingeführt.
Territoriale Aspekte
In Leipzig liegt – anknüpfend an die sächsischen Traditionen im Druck-
und Buchgewerbe sowie im Rundfunkbereich – der Schwerpunkt medien-
wirtschaftlicher Entwicklung in Sachsen. Im Jahr 2005 waren in Leipzig ca.
30 000 Personen bei Medienunternehmen beschäftigt, das sind 13,3 % der
Beschäftigten in der Stadt. Der Umsatzanteil der Medienwirtschaft an der
Gesamtwirtschaft der Stadt lag sogar bei 17,5 %. Starken Anteil an dieser
Entwicklung hat die Errichtung der Media City Leipzig, eines Büro- und
Studiokomplexes in unmittelbarer Nähe zum MDR.
Leipzig ist auch Sitz der Mitteldeutschen Medienförderung GmbH (MDM),
einer 1998 von den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, sowie
dem MDR und dem ZDF gegründeten Institution zur wirtschaftlichen
MDR-Sendezentrale
in Leipzig
SLM
Sächsische
Landesanstalt
für privaten Rundfunk
und neue Medien

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Infrastruktur und Kommunikation
63
Förderung von Film-, Fernseh- und Multimediaprojekten. Die MDM ist
mit einem Fördervolumen von über 12 Mio. Euro derzeit die viertgrößte
regionale Filmförderung Deutschlands. Mit dem alljährlich im Mai statt-
findenden Medientreffpunkt hat sich ein bundesweit wahrgenommenes
Medienforum in Leipzig etabliert.
Sachsens Verbindungen in die Welt
Der Freistaat besitzt eine hervorragende Telekommunikationsinfrastruk-
tur. Die DSL-Verfügbarkeit liegt deutlich über der aller anderen ost-
deutschen Flächenländer. In Sachsen sind auch die meisten .de-Domains
der neuen Länder (ohne Berlin) registriert. Mit einem Wachstum von
über 20 % – das sind fast 90 000 .de-Domains mehr als noch Ende 2004
– nahm der Freistaat im Jahr 2005 bundesweit eine Spitzenposition ein.
Dabei ist Leipzig die deutsche Stadt mit dem stärksten Domain-Zuwachs.
Darüber und über vieles mehr informiert das Internetportal „saxxess.com“
– ein besonderer Service für die Bereiche Information, Kommunikation
und Medien. Mehr als 350 Professoren forschen und unterrichten an
dreizehn sächsischen Universitäten, Fachhochschulen und Berufsaka-
demien in Fächern mit engem Bezug zur Informations-, Kommunikati-
ons- und Medienwirtschaft (IKM). Mehr als 20 000 Studierende bereiten
sich auf Berufe in der IT-Branche und der Mikroelektronik vor. An säch-
sischen Berufsfachschulen lernen fast 5 000 Auszubildende in IKM-
relevanten Berufsfeldern. Mit guter Infrastruktur und mit viel Know-how
unterhält Sachsen so beste Verbindungen in die Welt.
Internetseite
www.sachsen.de

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64
Bildung und Forschung
BILDUNG
UND
FORSCHUNG

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Bildung und Forschung
65
Mittelschule Dresden/
Leuben
Das sächsische
Schulsystem
Sachsen bildet sich
Aufbau des Bildungssystems
Die Landesverfassung beauftragt den Freistaat Sachsen, die Jugend un-
ter anderem „zu sozialem Handeln und zu freiheitlich-demokratischer
Haltung“ zu erziehen. Mit dem Schulgesetz vom 3. Juli 1991 wurde in
Sachsen ein zweistufig gegliedertes, durchlässiges Schulsystem einge-
führt, um Schüler mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Begabun-
gen auf dem individuell günstigsten Weg für das Leben in Gesellschaft
und Beruf auszubilden.
Allgemein bildende Schulen gliedern sich in Grundschule (1.–4. Klassen-
stufe), Mittelschule mit Haupt- und Realschulbildungsgang (5.–9. bzw.
10. Klassenstufe) und Gymnasium (5.–12. Klassenstufe). Weitere allge-
mein bildende Schulen sind die Förderschulen. Die Vollzeitschul-
pflicht dauert neun Schuljahre, die Berufsschulpflicht in der Regel
drei Schuljahre.
Nach dem Besuch der Grundschule entscheiden die Schulen unter Ein-
beziehung der Eltern anhand einer Bildungsempfehlung der Grundschule

66
Bildung und Forschung
Übersicht über
Schulen, Schüler und
hauptberufliche
Lehrer in Sachsen
(Schuljahr 2005/2006)
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Anzahl der Schulen
Schüler
Lehrer
Grundschulen
öffentlich
801
104 905
9 114
freie Träger
53
5 315
375
Mittelschulen
öffentlich
402
110 302
11 026
freie Träger
22
2 521
196
Gymnasien
öffentlich
132
90 521
7 786
freie Träger
14
5 101
403
Förderschulen
öffentlich
147
19 937
3 209
freie Träger
19
911
245
Berufsbildende Schulen
öffentlich
113
126 666
5 412
freie Träger
183
43 429
1 983
Zweiter Bildungsweg
öffentlich
7
2 927
145
freie Träger
1
12
Freie Waldorfschulen
3
1 202
105
über den Besuch der Mittelschule oder des Gymnasiums. In den Klas-
senstufen 5 und 6 wird in beiden Schularten im Wesentlichen nach ein-
heitlichen Lehrplänen unterrichtet, so dass die Bildungsentscheidung
nochmals überprüft werden kann.
Mit erfolgreichem Realschulabschluss am Ende der Klasse 10 der Mit-
telschule und Erfüllung bestimmter Leistungsvoraussetzungen kann in
die 10. Klasse eines allgemein bildenden oder in die 11. Klasse eines
beruflichen Gymnasiums gewechselt werden.
Das Gymnasium vermittelt eine umfassende Bildung als Voraussetzung
für ein Hochschulstudium oder eine sonstige qualifizierte Berufsausbil-
dung. Das als Nachweis der Hochschulreife für ganz Deutschland gülti-
ge Abitur wird in Sachsen nach zwölf Jahren abgelegt, an beruflichen
Gymnasien nach dreizehn Jahren.
Das Spektrum berufsbildender Schulen umfasst fünf Schularten. Berufs-
schule und Berufsfachschule vermitteln verschiedene Berufsabschlüsse
und bereiten in speziellen einjährigen Bildungsgängen auf eine berufliche
Ausbildung oder Tätigkeit vor.

image
Bildung und Forschung
67
18)
Alles über Sachsens Bildungssystem unter
www.sachsen-macht-schule.de
Fachoberschule und berufliches Gymnasium bauen auf dem Realschul-
abschluss auf; der Abschluss qualifiziert für ein Studium.
Die Fachschule ist eine Einrichtung zur beruflichen Weiterbildung. Or-
ganisatorisch sind die öffentlichen berufsbildenden Schulen in berufli-
chen Schulzentren zusammengefasst. Damit wird ein bedarfsgerechtes
flächendeckendes Bildungsangebot gesichert. In der Berufsausbildung
gibt es neben den öffentlichen Schulen auch viele Schulen in freier Trä-
gerschaft, die die sächsische Schullandschaft bereichern.
Durch den starken Geburtenrückgang nach 1989 verringerte sich die
Zahl der sächsischen Schüler inzwischen auf die Hälfte, entsprechend
mussten Schulen geschlossen und das Schulnetz angepasst werden
18)
.
Förderschulen
Schüler, die wegen der Beeinträchtigung einer oder mehrerer Funktio-
nen trotz besonderer Hilfen nicht an den allgemein bildenden Schulen
integriert werden können und deshalb einer sonderpädagogischen För-
derung bedürfen, besuchen die allgemein bildenden Förderschulen.
Dies sind Schulen für Blinde und Sehbehinderte, Schulen für Hörge-
schädigte, Schulen für geistig Behinderte, Schulen für Körperbehinder-
te, Schulen zur Lernförderung, Sprachheilschulen, Schulen für
Erziehungshilfe sowie Klinik- und Krankenhausschulen und berufsbil-
dende Förderschulen. An den allgemein bildenden und den berufsbil-
denden Förderschulen können – ausgenommen die Schulen für geistig
Behinderte und Schulen zur Lernförderung – die Abschlüsse der Mittel-
schule oder die einer beruflichen Ausbildung erworben werden.
Begabtenförderung
Gymnasien mit vertiefter mathematisch-naturwissenschaftlicher, musi-
scher, sportlicher oder sprachlicher Ausbildung stehen für spezielle Be-
gabungen zur Verfügung. 2001 wurde das Landesgymnasium St. Afra
zu Meißen als Gymnasium für Hochbegabte eröffnet.
In Sachsen lebt das Volk der Sorben mit eigener Sprache und eigener
Kultur. In den sorbischen Schulen, in denen je nach Wunsch der Eltern
oder Neigung der Schüler das Sorbische Unterrichtssprache ist, wird
dieses wichtige Kulturgut für die jetzigen und kommenden Generatio-
nen lebendig erhalten.
Da Sachsen Menschen aus aller Welt und ihren Kindern Heimat sein
will, gibt es internationale Schulen in Dresden und Leipzig. Die Dres-
den International School nimmt Kinder ab drei Jahren auf und führt sie
bis zum Abitur – mit Unterricht in englischer Sprache. In der Leipzig
Internat des
Landesgymnasiums
St. Afra Meißen

image
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68
Bildung und Forschung
Berufliches Schul-
zentrum für Technik
„August Horch“ in
Zwickau
Historischer und ge-
planter neuer Campus
der Universität Leipzig
International School wird bei Bedarf ebenfalls bis Klasse 12 gelernt.
Die Lehrpläne basieren auf dem International Baccalaureate Program
und die Abschlüsse berechtigen somit weltweit zum Studium.
Erwachsenenbildung, Weiterbildung
Berufstätige können in zwei- oder dreijährigen Kursen auf dem zweiten
Bildungsweg an Abendmittelschulen einen Haupt- oder Realschulab-
schluss nachholen. Das Abendgymnasium führt Erwachsene im drei-
oder vierjährigen Unterricht zum Abitur, ebenso die Kollegs über drei
oder vier Jahre im Vollzeitunterricht. Ergänzend bieten 30 Volkshoch-
schulen und weitere Einrichtungen freier Träger allen Bürgern ein breit
gefächertes Fortbildungsprogramm an.
Universitäten, Hochschulen und Berufsakademie
Die sächsischen Hochschulen stehen für eine hochqualifizierte Ausbil-
dung. Aus ehemals 22 staatlichen Hochschulen sind im Rahmen der Um-
strukturierung nach dem Ende der DDR vier Universitäten, ein
universitäres Hochschulinstitut, fünf Kunsthochschulen und fünf Fach-
hochschulen hervorgegangen.
Mit den staatlichen Hochschulen wurde eine Vereinbarung über die
Entwicklung bis 2010 geschlossen, die den Universitäten, Fach- und
Kunsthochschulen Planungssicherheit bietet. Die Leipziger Universi-
tät, 1409 gegründet, ist traditionell auf Natur- und Geisteswissenschaf-
ten ausgerichtet. Hier studierten schon Goethe, Lessing und Nietzsche.
Die TU Dresden hat ihr Fächerspektrum nach 1989 durch Eingliede-
rung der ehemaligen Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ und
der Hochschule für Verkehrswesen sowie die Neugründung verschiede-
ner Fakultäten erheblich erweitert. 2005 war sie die Universität mit der
höchsten Studentenzahl in Sachsen. Deutlich kleiner sind die TU in
Chemnitz, die TU Bergakademie Freiberg (älteste montanwissenschaft-
liche Universität der Welt) sowie das Internationale Hochschulinstitut
Zittau, eine universitäre Einrichtung in der Euroregion Neiße für Stu-
dierende, die ihr Grundstudium an polnischen, tschechischen oder deut-
schen Hochschulen bereits abgeschlossen haben. Fachhochschulen sind
in Dresden, Leipzig, Mittweida, Zittau/Görlitz sowie Zwickau angesie-
delt. Diese sind aus ehemaligen Spezial- und Ingenieurhochschulen her-
vorgegangen und in Forschung und Lehre stark praxisorientiert. Sie haben
ihre Tätigkeit mit dem Wintersemester 1992/93 aufgenommen.
Darüber hinaus besteht im tertiären Bildungssektor Sachsens das pra-
xisintegrierte Studienangebot der Berufsakademie Sachsen, deren sechs
staatliche Studienakademien sich in Bautzen, Breitenbrunn, Dresden,
Glauchau, Leipzig, Riesa und Plauen (Modellversuch) befinden.

Bildung und Forschung
69
Daten:
Statistisches
Landesamt Sachsen
Einrichtung
Studenten
Universitäten und Hochschulen Technische Universität Dresden
32 699
Universität Leipzig
29 147
Technische Universität Chemnitz
10 025
TU Bergakademie Freiberg
4 500
Internationales Hochschulinstitut Zittau
282
Hochschule für Bildende Künste Dresden
537
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
571
Hochschule für Musik und Theater Leipzig
822
Hochschule für Musik Dresden
619
Palucca Schule Dresden
139
Fachhochschulen
HTW Dresden
5 079
HTWK Leipzig
5 965
Hochschule Mittweida
5 017
Hochschule Zittau/Görlitz
3 658
Westsächsische Hochschule Zwickau
4 574
FHSV Meißen
667
Berufsakademie
Bautzen
505
(Staatliche Studienakademien) Breitenbrunn
550
Dresden
1 095
Glauchau
1 147
Leipzig
485
Riesa
524
Plauen
196
Zahl der
Studierenden im
Wintersemester
2005/2006
Die Hochschule für Bildende Künste Dresden geht auf die 1764 ge-
gründete Kursächsische Kunstakademie zurück und hat gemeinsam
mit der im gleichen Jahr entstandenen Leipziger „Zeichnungs-, Mah-
lerey- und Architectur-Akademie“, der heutigen Hochschule für Gra-
fik und Buchkunst, unter den sächsischen Kunsthochschulen die
längste Tradition.
Die Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendels-
sohn Bartholdy“, mit 822 Studenten Sachsens größte Kunsthochschu-
le, geht auf das 1843 von ihrem Namensgeber ins Leben gerufene
erste deutsche Konservatorium zurück. Die Dresdner Hochschule für
Musik „Carl Maria von Weber“ steht hingegen in der Tradition einer
seit 1856 in der Elbestadt wirkenden musikalischen „Bildungs- und
Erziehungsstätte“. Die ebenfalls in Dresden beheimatete Palucca

image
70
Bildung und Forschung
Palucca Schule –
Hochschule für Tanz,
Dresden
Anzahl der Bibliotheken
in Sachsen
Stand Ende 2004
Hauptberuflich geführte Bibliotheken
222
Nebenberuflich geführte Bibliotheken
365
Fahrbibliotheken
8
Schulbibliotheken
326
Schule – Hochschule für Tanz ist aus der von Gret Palucca 1925 ge-
gründeten Schule für Tanz hervorgegangen.
Insgesamt gibt es in Sachsen gegenwärtig 27 Hochschulen mit 107 792
Studierenden (Wintersemester 2005/2006). Neben den 15 staatlichen
Hochschulen im Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums
für Wissenschaft und Kunst bestehen zwei im Geschäftsbereich des In-
nenministeriums und zehn in privater Trägerschaft.
Bibliotheken und Archive
Das über Jahrhunderte erworbene Wissen wird in sächsischen Büche-
reien und Archiven bewahrt und weitergegeben. Die umfangreichste der
921 sächsischen Bibliotheken ist die Deutsche Bücherei in Leipzig, hier
werden sämtliche in Deutschland erschienene Veröffentlichungen ge-
sammelt. Im Jahr 2004 lag die Zahl der Entleihungen insgesamt bei rund
21,4 Millionen, das sind rund fünf Entleihungen pro Einwohner.
Der Freistaat betreibt als „kollektives Gedächtnis von Verwaltung
und Gesellschaft“ vier staatliche Archive (Hauptstaatsarchiv Dres-
den, Staatsarchive Leipzig und Chemnitz, Bergarchiv Freiberg).
Weitere Archive gibt es im Sächsischen Landtag, im Archivverbund
Bautzen, in den sächsischen Hochschulen (sechs Archive) und in den
Landkreisen (23 Kreisarchive).
Sachsen denkt weiter
Erfindungen
Sächsischer Kopfarbeit entstammen unzählige Erfindungen, nur we-
nige können an dieser Stelle aufgezählt werden: So baute man in Sach-
sen die erste deutsche Dampflok ebenso wie die erste Kleinbild-Spie-
gelreflexkamera. Alltagsdinge wie Zahnpastatube, BH, Teebeutel,
Bierdeckel oder Kaffeefilter erfand man hier. Die erste Tageszeitung
der Welt konnte man am 1. Juli 1650 in Leipzig lesen. Bereits 1894
gab es in Sachsen den Vorläufer von Rollschuh und Inline-Skates,
den „Fahrschuh“. Die erste Gasanstalt auf dem europäischen Fest-
land brachte 1815 Halsbrücke bei Freiberg via Gaslaternen zum

image
Bildung und Forschung
71
Erste Kleinbildspiegel-
reflexkamera der
Welt mit perforiertem
Kinefilm in der Patrone
1936 aus Dresden
Leuchten und das erste Fernheizwerk Deutschlands heizte schon 1900
den Dresdnern ein. Auch der erste FCKW- und FKW-freie Kühlschrank
aus Sachsen ließen die Umwelt aufatmen und wurden 1993 mit dem
deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Zwischen 1997 und 2002 ver-
zeichnete der Regierungsbezirk Dresden den höchsten Zuwachs an
High-Tech-Patentanmeldungen innerhalb der EU.
Forschung und Entwicklung
Zentren der sächsischen Forschung sind die Hochschulen. Neben ihrer
Grundfinanzierung erhalten sie vom sächsischen Wissenschafts-
ministerium projektbezogen Mittel zur Realisierung von Forschungs-
projekten auf dem Gebiet der Grundlagenforschung und innovativen
Forschung. Die sächsischen Hochschulen partizipieren aber auch mit
wachsendem Erfolg an externen Fördermaßnahmen. Ihre Drittmittel-
einnahmen betrugen 2004 insgesamt rund 226 Mio. Euro. Außerdem
finanziert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) an sächsischen
Hochschulen gegenwärtig elf Sonderforschungsbereiche und zehn
Graduiertenkollegs – davon drei mit internationalem Status – sowie sie-
ben Forschergruppen an sächsischen Universitäten und Forschungsein-
richtungen. Mehr als 50 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit
etwa 2 800 Stellen erhielten eine Förderung durch den Freistaat Sach-
sen, die der Bund mit weiteren Mitteln ergänzt hat.
Zu den Forschungseinrichtungen zählen unter anderem je drei vor allem
in der Grundlagenforschung tätige Max-Planck-Institute in Leipzig und
Dresden, das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, das sich
besonders komplexen Aufgaben im Bereich von Umwelt- und
Gesundheitsforschung widmet, elf Institute und zwei Einrichtungen der
Fraunhofer-Gesellschaft als Zentren der anwendungsorientierten For-
schung, Forschungsinstitute der Wissenschaftsgemeinschaft „Gottfried
Wilhelm Leibniz“ und elf Landeseinrichtungen.
Sachsen hat in den vergangenen zehn Jahren auch die geisteswissenschaft-
liche Forschung im außeruniversitären Bereich ausgebaut und verfügt heute
über sieben außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, darunter die Säch-
sische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, das Institut für Sächsi-
sche Geschichte und Volkskunde in Dresden, das Simon-Dubnow-Institut
für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig, das Sorbi-
sche Institut Bautzen, das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusfor-
schung an der TU Dresden und das Tanzarchiv Leipzig. Weiterhin besteht
in Leipzig das Geisteswissenschaftliche Zentrum für Geschichte und Kultur
Ostmitteleuropas, das seine Grundfinanzierung vom Freistaat Sachsen und
eine ergänzende Projektfinanzierung von der DFG erhält. Seit 2005 ist
auch das Mittel- und Osteuropazentrum für Wissenschaft, Wirtschaft und

image
72
Bildung und Forschung
Empfangshalle im
Max-Planck-Institut für
Molekulare Zellbiologie
und Genetik, Dresden
Kultur in Leipzig ansässig, dass sich als eines von dreizehn in Träger-
schaft der Fraunhofer Gesellschaft befindet.
Besondere Bedeutung kommt der Biotechnologie zu, die durch For-
schung und Industrie zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor in
Sachsen heranwächst. In enger und erfolgreicher Kooperation arbei-
ten an den biotechnologischen Forschungszentren BioInnovationsZen-
trum (BIOZ) in Dresden und Biotechnologisch-Biomedizinisches
Zentrum (BBZ) in Leipzig die Hochschulen und die Industrie des Frei-
staates zusammen.
www.biosaxony.de
– eine Initiative Sachsens –
macht sich weltweit einen Namen. Der Freistaat unterstützt und för-
dert die Biotechnologie mit nachhaltigen Investitionen. Über 200 Mil-
lionen Euro sind seit 2000 in die Verbesserung der Bedingungen einer
nachhaltigen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Struktur der Bi-
otechnologie geflossen: Der Bau der Gründerzentren BIOZ und BBZ
waren dem Freistaat insgesamt 100 Millionen Euro wert. Die Univer-
sitäten in Dresden und Leipzig intensivieren mit zwölf neuen Profes-
suren, die für 40 Millionen Euro eingerichtet wurden, ihre
Forschungsarbeit in der Biotechnologie. Weitere 60 Millionen Euro
wurden für anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungspro-
jekte zur Verfügung gestellt.
Technologietransfer
Zur Unterstützung des Technologietransfers von den Universitäten, Hoch-
schulen und Forschungseinrichtungen in kleine und mittlere Unterneh-
men steht im Freistaat Sachsen ein Netzwerk von 42 Technologiezentren
zur Verfügung.
Zu diesem Netzwerk gehören zwei Patentinformationszentren, vier
Technologieberatungszentren (Technologieagenturen, in Leipzig mit
angegliedertem Patentinformationszentrum), 15 Technologietransfer-
zentren und 21 Technologie- und Gründerzentren. In den Technologie-
gründerzentren sind derzeit mehr als 700 junge technologieorientierte
Unternehmen mit insgesamt 4 200 Beschäftigten angesiedelt. Das Säch-
sische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit fördert ergebnis-
orientierte Projekte von Technologiezentren, die Aktivierung, Beschleu-
nigung oder Verbesserung des Technologietransfers zum Ziel haben.
Bisher wurde der Technologietransfer im Rahmen von 522 Projekten
mit insgesamt mehr als 72 Mio. Euro unterstützt.
Zur Verbreitung neuer Technologien tragen auch Kooperations-
beziehungen und Netzwerke in besonderem Maße bei. Rund vier Fünf-
tel der FuE (Forschung und Entwicklung) betreibenden Unternehmen

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Bildung und Forschung
73
Technologiezentren
und gemeinnützige
Forschungs-GmbHs
in Sachsen
arbeiten im Rahmen ihrer Forschungsaktivitäten mit anderen Unter-
nehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammen. Mehr
als ein Drittel der in FuE aktiven Unternehmen ist in Netzwerke einge-
bunden. Das Netzwerk Silicon Saxony ist das größte Mikroelektronik-
Netzwerk Europas. Es vereint Hersteller, Zulieferer, Dienstleister,
Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Verwaltung. In den 207
Mitgliedsfirmen sind insgesamt 17 000 Mitarbeiter beschäftigt.

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74
Soziales und Sport
SOZIALES
UND
SPORT

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Soziales und Sport
75
Wir Sachsen kümmern uns
Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz
Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit sind nichts, was „von oben“
verordnet werden kann. Die Bürgerinnen und Bürger selbst müssen To-
leranz und Weltoffenheit leben und für ihre Demokratie einstehen. Um
Vereine, Verbände, Kommunen und Initiativen zu unterstützen, die sich
gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit en-
gagieren oder der Entstehung dieser Phänomene präventiv begegnen,
die sich gleichzeitig der Unterstützung von lokalen, demokratischen
Strukturen verschrieben haben und Eigeninitiative, Zivilcourage,
bürgerschaftliches Engagement und Mitbestimmung fördern, hat der
Freistaat Sachsen im Jahr 2005 das mit jährlich 2 Millionen Euro dotier-
te Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ aufgelegt. Rund 80 Projek-
te konnten bislang pro Jahr durch das Programm gefördert werden, rund
60 000 Sächsinnen und Sachsen erreichten die Aktionen, die durch das
Landesprogramm unterstützt wurden. Viele kleine Netzwerkstellen und
mobile Beratungsteams helfen vor Ort mit, dass sich die Zivilgesellschaft
entwickelt, dass Bürgerinnen und Bürger sich vor Ort für ihr Gemein-
wesen einbringen und sich auf kommunaler Ebene in örtlichen Vereinen
und Gremien engagieren. Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist lo-
gische Konsequenz dieser Aktivitäten, stehen doch Toleranz und Demo-
kratie im Gegensatz zum „Führerprinzip“.
Förderanträge können jederzeit bei der Sächsischen Staatskanzlei,
Archivstraße 1, 01095 Dresden eingereicht werden. Über die Mittel-
vergabe entscheidet ein neun Mitglieder umfassender Beirat.
Gesundheitswesen
Im Freistaat gibt es ein flächendeckendes Netz von Arztpraxen; vielerorts
bieten Ärztehäuser diverse Leistungen unter einem Dach an.
Im Jahr 2004 gab es in Sachsen 82 Krankenhäuser, zwei Universitäts-
kliniken und ein Bundeswehrkrankenhaus. Die Universitätskliniken bil-
den nicht nur junge Ärzte aus, sondern hier wird auch auf hohem Niveau
geforscht. Mit umfangreichen Investitionen nach der Wiedervereinigung
haben sächsische Krankenhäuser inzwischen an den baulichen und
medizintechnischen Standard des Westens angeschlossen.
Kindertagesstätten und Jugendhilfe
Ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes besteht ein Rechtsan-
spruch auf einen Kindergartenplatz. Der Betreuungsschlüssel für das pä-
dagogische Fachpersonal sieht in der Krippe eine Fachkraft für sechs
Kinder vor, im Kindergarten eine Fachkraft für dreizehn Kinder und im
Die neuen Erweite-
rungsgebäude am
Kreiskrankenhaus
Zittau

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76
Soziales und Sport
Hort 0,9 Fachkraft für 20 Kinder (bei neun Stunden Betreuungszeit in
Krippe und Kindergarten und sechs Stunden im Hort). Im Freistaat gab es
am 1. April 2005 insgesamt 2 640 Kindertagesstätten.
Zum gleichen Stichtag besuchten in Sachsen 203 264 Kinder eine der
Kindertageseinrichtungen, darunter 3 885 behinderte Kinder. Tagesmütter
und -väter betreuten zu diesem Zeitpunkt 1 648 Kinder. Der Betreuungs-
grad durch Kindertageseinrichtungen beträgt bei Kindern im Krippen-
alter 38,7 %, bei Kindern im Kindergartenalter 102,8 %
21)
und im
Hortalter 62,2 %. Der Landeshaushalt stellte im Jahr 2005 Zuschüsse in
Höhe von 294,5 Mio. Euro für die Kindertagesstätten zur Verfügung.
Für die Förderung von Angeboten und Leistungen der Jugendhilfe (ohne
Kindertagesstätten) wurden im Haushaltsplan des Freistaates 2006 ca.
23,7 Mio. Euro veranschlagt. Weitere Mittel aus dem Europäischen
Sozialfonds kamen ebenfalls zum Einsatz.
Landeserziehungsgeld
Sachsen gewährt ein Landeserziehungsgeld im Anschluss an das Bundes-
erziehungsgeld. Es wird neun Monate lang in Höhe von bis zu 205 Euro
19)
einschl. angestellte Ärzte in Praxen und Gesundheitseinrichtungen
20)
einschl. Zahnärzte in Universitätskliniken und Assistenzzahnärzte
21)
Diese Zahl über 100 % erklärt sich durch Schulrückstellungen von Kindern, die schon im Hortalter sind,
jedoch noch den Kindergarten besuchen.
Berufstätige Ärzte
14 329
niedergelassen
19)
6 124
in Krankenhäusern
7 139
in Behörden (Gesundheitsämter, Versorgungsämter)
466
in sonstigen Bereichen
600
Berufstätige Zahnärzte
20
)
3 821
Krankenhausbetten (laut Krankenhausplan)
26 613
Schwestern, Pfleger und Hilfskräfte
18 110
in Krankenhäusern (31.12.2004)
Medizinische
Versorgung in Sachsen
Stand 31.12.2005
Daten:
Sächsische
Landesärztekammer,
Landeszahnärztekammer
Sachsen
Fasching im
Kindergarten Klotzsche
Kinderkrippen
21
Kindergärten
72
Horte
525
kombinierte Einrichtungen
1 996
Private Kindertageseinrichtungen
26
Kindertagesstätten in
Sachsen 2005

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Soziales und Sport
77
Die Dresdner Tafel gibt
Lebensmittelspenden für
Bedürftige aus
(in Ausnahmefällen 307 Euro) gezahlt, ist aber einkommensabhängig.
Für Kinder, die ab dem 1. Januar 2007 geboren werden, wird das Bundes-
erziehungsgeld durch ein Elterngeld abgelöst. Das Landeserziehungs-
geld wird es weiterhin in vergleichbarer Form wie bisher geben.
Unterstützung für Menschen mit Behinderungen
Im Freistaat besteht ein vielfältiges und differenziertes Angebot an offe-
nen, teiloffenen und auch stationären Angeboten für Menschen mit Be-
hinderungen. Ziel ist die gleichberechtigte und möglichst selbstständige
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Angebote von öffentlichen, kirch-
lichen und freien Trägern betreffen z. B. Selbsthilfegruppen, Beratung,
Beschäftigung und Qualifizierung, aber auch betreutes Wohnen. Viele
Angebote sind integrativ gestaltet (Kindergarten, Schule usw.).
Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt, Integrationsprojekte und Werk-
stätten sowie Schulungsangebote ermöglichen Behinderten ein weitge-
hend normales Leben zu führen. Ein Umfeld ohne Barrieren, ob
abgesenkte Bordsteine, Ampeln mit Signaltönen und ebenerdiger Zu-
gang zu Bus oder Bahn gehören dazu. Der Barrierefreiheit fühlen sich
auch die sächsischen Behörden verpflichtet und rüsten nach und nach
ihre Gebäude um.
Freistaat und Stiftungen fördern entsprechende Maßnahmen. In Sach-
sen gibt es sechs sozialpädiatrische Zentren, 46 Frühförder- und Bera-
tungsstellen, zwei Berufsförderungswerke, drei Berufsbildungswerke,
58 Werkstätten für behinderte Menschen und 146 Wohnstätten für Men-
schen mit Behinderungen; darüber hinaus bestehen Beratungsstellen,
ambulante Dienste für Menschen mit Behinderungen und viele weite-
re Angebote.
Arbeitslosengeld II (Hartz IV)
Im Mai 2006 erhielten im Freistaat Sachsen 561 347 Personen Arbeits-
losengeld II, knapp 80 % dieser Hilfebedürftigen waren erwerbsfähig,
rund 20 % nicht erwerbsfähig. Sehr groß ist auch die Zahl der Kinder
unter 15 Jahre, die solche Hilfen empfangen (113 156 Personen).
Unterstützung für Senioren
Ältere Mitmenschen in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen zu er-
möglichen am gesellschaftlichen Leben aktiv teilzunehmen, ist der Kern
der sächsischen Seniorenpolitik. Die Hilfs- und Betreuungsangebote für
Senioren lassen sich in vier Bereiche unterteilen: die offene Senioren-
arbeit, ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfe und Pflege in kom-
munaler, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft. Die offenen An-
gebote reichen von Seniorentreffen und Begegnungsstätten über Wand-

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78
Soziales und Sport
Sachsens
erfolgreiche Sportler
der Olympischen
Winterspiele 2006
in Turin beim
Empfang in der
Staatskanzlei
ergemeinschaften bis hin zu Selbsthilfegruppen und betreutem Wohnen.
Ein dichtes Netz von derzeit rund 880 ambulanten Pflegediensten ein-
schließlich Sozialstationen sowie von weiteren Angeboten wie z. B.
„Essen auf Rädern“ ermöglicht älteren Menschen eine Versorgung und
Betreuung in der vertrauten häuslichen Umgebung. In über 600 Alten-
und Pflegeheimen stehen insgesamt über 39 000 stationäre Pflegeplätze
zur Verfügung. Hinzu kommen noch circa 1 600 Plätze in Kurzzeitpflege-
einrichtungen.
Sportliches Sachsen
Das Sportland machte erstmals 1899 auf sich aufmerksam: In Leipzig
wurde der Deutsche Fußballverband gegründet. Hier war 2006 anlässlich
der Fußball-WM „Die Welt zu Gast bei Freunden“.
Olympiateilnehmer aus dem Freistaat haben seit 1992 bereits 52
Olympiamedaillen, davon 18 Gold-, 18 Silber- und 16 Bronzemedaillen
sowie 44 Paralympics-Medaillen in den Sportarten Fechten, Gewicht-
heben, Judo, Kanurennsport, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Schwim-
men und Wasserspringen sowie Bob, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf,
Nordische Kombination, Rodeln, Skilanglauf und Skispringen errun-
gen. Allein bei den Olympischen Winterspielen 2006 gewannen acht
sächsische Sportler acht Medaillen (darunter zwei Goldmedaillen).
Damit war Sachsen im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl eines der
erfolgreichsten Bundesländer bei diesen Spielen. Die Aktion „Jugend
trainiert für Olympia“ findet in Sachsen wohl auch deshalb großen
Zuspruch und gipfelte 2006 in der Ausrichtung des Bundesfinales in
den Wintersportarten in Oberwiesenthal.
Doch Sachsen bietet neben Spitzensport auch viel für den Breitensport.
Die Idee des Nachtskatens in Dresden, wofür sogar die Autofahrer von
den Straßen verbannt werden, wurde in viele andere Städte exportiert.
Es gibt zahlreiche Marathons, die Radtour „Sachsen fährt ab“ und vie-
les mehr. Auch der Schulsport wird groß geschrieben – sächsische Schüler
haben in der Regel drei Sportstunden pro Woche. Dies bietet Raum für
Neigungskurse, Kooperation mit Vereinen und die Beschäftigung mit
neuen Sportarten.
Die Vielfalt des Behindertensports wiederum spannt sich vom Rehabilita-
tionssport über den Breitensport bis zum Leistungssport.
Nicht alltägliche Sportarten werden ebenfalls im Freistaat betrieben: Seit
1991 sind die Dresdner Drachenboot-Sportler im Verein „Am Blauen
Wunder“ zu Hause. Bereits 1995 beteiligte sich das erfolgreiche junge
Team an der Drachenboot-WM in China. In Ottendorf-Okrilla trainie-

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Soziales und Sport
79
ren seit 1963 junge Akrobaten. Jedes Jahr ist der Akrobatenclub Aus-
richter des „Internationalen Traditionsturniers in der Sportakrobatik“.
Riesa etabliert sich als deutsche Sportstadt und Ausrichter der Sumo-
Weltmeisterschaften.
Für den Wintersport stehen im (fast) schneesicheren Erzgebirge und
Zittauer Gebirge Skiwanderern 1 000 km gespurte Loipen zur Verfü-
gung. Abfahrtsläufer können über 100 Schlepplifte nutzen. Neben Lang-
läufern und alpinen Skifahrern tummeln sich Snowboarder, Biathleten
und Skispringer in den sächsischen Wintersportgegenden.
Im Landessportbund Sachsen e. V. sind mehr als 4 200 Vereine mit
ungefähr 530 000 Mitgliedern zusammengeschlossen. Mehr als 80 000
Ehrenamtliche engagieren sich hier, die dabei jährlich etwa 18 Mio.
unentgeltliche Arbeitsstunden leisten.
Drachenbootrennen in
Dresden

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80
Kunst und Kultur
KUNST
UND
KULTUR

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Kunst und Kultur
81
Kultur erleben
Burgen, Schlösser und Gärten
Mit seinen Schlössern, Burgen und Gärten aller Epochen ist Sachsen eine
der reichsten und vielfältigsten Kulturlandschaften Europas. Rund 70 die-
ser Anlagen gehören dem Freistaat. Aus 19 der kulturhistorisch bedeut-
samsten Objekte gründete sich 2003 der Staatsbetrieb „Staatliche Schlösser,
Burgen und Gärten Sachsen“. Vier weitere historisch wertvolle Schlösser
werden seit 2000 als wirtschaftlich weitgehend selbstständige Betriebs-
gesellschaften geführt.
Weltbekannte Anlagen sind der Dresdner Zwinger mit der Sempergale-
rie, die Brühlsche Terrasse, Schloss und Park Pillnitz sowie der Große
Garten in Dresden. Sie sind glanzvolle Zeugen sächsisch-kurfürstlicher
Hofhaltung aus der Zeit des Barock und Rokoko.
Seit dem Jahr 2004 zählen das Dresdner Elbtal zwischen den Schlössern
Pillnitz und Übigau wie auch der am deutschen und polnischen Ufer der
Neiße liegende Muskauer Park/Park Muzakowski zum UNESCO-Welt-
kulturerbe.
Schloss Moritzburg liegt nördlich von Dresden inmitten einer weitläufi-
gen Kultur- und Teichlandschaft. Es wurde unter Kurfürst Moritz im
16. Jahrhundert erbaut und ist berühmt für die kostbaren Ledertapeten,
das einzigartige Federzimmer und die historische Geweihsammlung
sowie seine Fasanerie mit Rokokoschloss.
Einen besonderen Platz nimmt als „Wiege Sachsens“ die Albrechtsburg
in Meißen ein. Ab 1471 errichtet, steht sie für den für den Wandel von
der spätmittelalterlichen Burg zum Schlossbau. In dieser Region befin-
den sich weiterhin das Schloss Nossen und der Klosterpark Altzella.
Auf den Resten eines ehemaligen Zisterzienserklosters entstand im Zeit-
geschmack der Romantik ein Ruinenpark.
Schloss Augustusburg, unter Kurfürst August I. als Renaissanceschloss
im Zschopautal errichtet, zeugt vom Reichtum Sachsens während der
Blütezeit des Silberbergbaus. Im Verbund mit Burg Scharfenstein und
Schloss Lichtenwalde bilden „Die Sehenswerten Drei“ eine touristische
Attraktion in der Region.
Als ehemaliger Wohnsitz König Johanns zeichnet sich Schloss Weesen-
stein im Müglitztal durch seine außergewöhnliche Architektur, authen-
tisches Mobiliar sowie eine wertvolle Bibliothek aus. Burg Kriebstein
im Zschopautal, Burg Gnandstein im Kohrener Land und die Burgru-
ine Stolpen lassen bis ins Mittelalter zurückreichende Tradition säch-
sischer Adelsgeschlechter erahnen. Die Ursprünge von Schloss
Rochlitz, Schloss Colditz und Burg Mildenstein im Muldental reichen
zum Teil bis in die Stauferzeit zurück.
Schloss Weesenstein
Schloss Moritzburg
Burg Gnandstein

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82
Kunst und Kultur
Das Barockschloss Rammenau ist ein Beispiel für Tradition und Lebens-
weise des sächsischen Landadels. Es ist bekannt für seine klassizistischen
Räume, besonders den Spiegelsaal.
Die Festung Königstein hat durch ihre exponierte Lage und ihre einstige
militärische Bedeutung einen besonderen Rang unter Sachsens Schlös-
sern. Mit 9,5 Hektar ist sie Deutschlands flächengrößte Festungsanlage
22)
.
Architektur
Der wirtschaftliche und kulturelle Reichtum der Vergangenheit lässt sich
an vielen historischen Stadtkernen erleben. Besonders reizvoll sind die
Altstädte von Bautzen, Freiberg, Görlitz (mit über 3 600 Einzeldenkma-
len), Grimma, Meißen, Pirna und Torgau.
Die ab dem Ende des 15. Jahrhunderts errichteten großen spätgotischen
Hallenkirchen, z. B. in Annaberg, Schwarzenberg oder Görlitz mit ihren
reich gegliederten Gewölben und dem Streben nach Vereinheitlichung
der Raumwirkung waren Folgen des wirtschaftlichen Aufschwungs. Sie
verfügen über eine künstlerisch bedeutende Ausstattung.
Nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges entstand auf der
Grundlage eines erneuten Wirtschaftsaufschwungs eine eigenständige, von
italienischen und französischen Anregungen inspirierte Barockarchitek-
Schloss Lichtenwalde
1000-jähriges Bautzen
Umgebindehaus
in Niederoderwitz,
Oberlausitz
22)
Schriftenreihe und Jahrbücher der „Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen“, dazu ein jährlicher
Veranstaltungskalender. Näheres unter
www.schloesser.sachsen.de.

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Kunst und Kultur
83
Villa Esche, Chemnitz,
Architekt: Henry
van de Velde
Jean-Étienne Liotard:
Das Schokoladen-
mädchen, Gemälde-
galerie „Alte Meister“,
Dresden
tur. Hier verdienen die Frauenkirche und die katholische Hofkirche in
Dresden besondere Erwähnung. Das Romanushaus in Leipzig ist ein mar-
kantes Beispiel eines barocken bürgerlichen Stadtpalais.
Vielfältig sind auch die Zeugnisse ländlicher Bauweise. Besonders her-
vorzuheben sind die Umgebindehäuser, die sich vor allem in der Ober-
lausitz erhalten haben. Beispiele für den um 1800 herrschenden
Klassizismus sind u. a. die Umgestaltung der Nikolaikirche Leipzig,
das Landhaus in Dresden oder das Neue Palais von Schloss Pillnitz.
Mit Gottfried Sempers Gemäldegalerie und seinem ersten und zweiten
Hoftheater ist in Dresden die Rückbesinnung auf die italienische Re-
naissance verbunden. Die Industrialisierung Sachsens im 19. Jahrhun-
dert brachte vor allem Bauten für die Eisenbahn und die Industrie hervor.
Ein beeindruckendes Bauwerk des Historismus ist das ehemalige Reichs-
gericht, heute Sitz des Bundesverwaltungsgerichts. Ein anderes monu-
mentales Bauwerk ist das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.
Mit der Reformarchitektur der Gartenstadt Hellerau in Dresden und dem
dazugehörigen Festspielhaus wurden neue Wege zur Überwindung des
Historismus beschritten. Bekannte Beispiele der klassischen Moderne
sind unter anderem die Villa Rabe in Zwenkau sowie Erich Mendel-
sohns Kaufhaus Schocken in Chemnitz
23)
.
Bildende Kunst
Kunst genießt in Sachsen seit jeher einen besonderen Stellenwert. Die
glanzvolle Tradition geht auf die sächsischen Kurfürsten und Könige zu-
rück, die im Laufe der Jahrhunderte unermessliche Kunstschätze erwar-
ben. Den Grundstein legte Kurfürst August 1560 mit der Gründung der
kurfürstlichen Kunstkammer. Die Sammlung wuchs so rasch, dass schon
im 18. Jahrhundert verschiedene Spezialmuseen gegründet wurden. Unter
anderem entstand 1722 unter August dem Starken die Dresdner Gemälde-
galerie. Mit Werken von Tizian, Correggio, Rubens, Rembrandt und
Vermeer zählt sie zu den weltweit führenden Sammlungen.
Die Begeisterung für Kunst schloss auch die Förderung der Künstler
ein. So wurde 1680 die Zeichen- und Malschule, Vorläufer der Sächsi-
schen Kunstakademie, von Kurfürst Johann Georg III. gestiftet. Zu gro-
ßer Blüte gelangte sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als die Romantiker
Caspar David Friedrich und Ludwig Richter in Dresden wirkten.
Auch die modernen Strömungen am Anfang des 20. Jahrhunderts fie-
len in Sachsen auf fruchtbaren Boden. Vor allem private Kunsthand-
lungen engagierten sich und machten Dresden zu einem wesentlichen
23)
Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Sachsen I (Regierungsbezirk Dresden), München/
Berlin 1996; Sachsen II (Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz), München/Berlin 1998.

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84
Kunst und Kultur
Thomanerchor
Leipzig
Impulsgeber für die europäische Kunst. In diese Zeit fällt die Grün-
dung der Künstlervereinigungen „Die Brücke“ 1905 und „Dresdner
Sezession“ 1919. Sächsische Künstler von Weltrang sind heute Ger-
hard Richter und Neo Rauch.
Neben großen Ausstellungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dres-
den und des Museums der Bildenden Künste Leipzig gibt vor allem eine
lebendige Galerien- und Hochschulszene immer neue Impulse.
Musik und darstellende Kunst
Sachsen ist ein Musiktheaterland mit langer Tradition: Das Dresdner
Schloss, dessen Wiederherstellung zurzeit im Gange ist, war 1662
Geburtsort der Oper im deutschen Raum (Heinrich Schütz: Daphne).
Heute steht der Sächsischen Staatsoper Dresden mit der 1985 wieder
errichteten Semperoper eines der schönsten Opernhäuser der Welt zur Ver-
fügung. Theater in Trägerschaft des Landes sind außerdem das Staats-
schauspiel Dresden sowie die in Radebeul ansässigen Landesbühnen
Sachsen, die als Reisetheater ein vielfältiges Angebot im sächsischen Raum
bieten und im Sommer unter anderem die Felsenbühne Rathen in der Säch-
sischen Schweiz bespielen. Das Deutsch-Sorbische Volkstheater Baut-
zen spielt Stücke sowohl in deutscher als auch in sorbischer Sprache
und ist damit das einzige professionelle bikulturelle Theater Deutsch-
lands. Doch nicht nur in den Zentren Leipzig, Dresden oder Chemnitz
sondern auch in kleineren Orten wie zum Beispiel Annaberg, Görlitz und
Zittau gründete man in den vergangenen zwei Jahrhunderten bürgerliche
Theater. Gegenwärtig gibt es im Freistaat 15 öffentliche Theater und zehn
zugehörige Orchester.
Sachsen verfügt zudem über 16 große Kultur- und Opernorchester in
Landes-, kommunaler und freier Trägerschaft. Am bekanntesten sind
das Gewandhausorchester zu Leipzig, die Sächsische Staatskapelle
Dresden sowie die Dresdner Philharmonie. Außerdem hat das Sinfonie-
orchester des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig seinen Sitz. Zum
ältesten Bestand der europäischen Musikkultur gehören die vor 800
Jahren gegründeten Knabenchöre – der Dresdner Kreuzchor und der
Thomanerchor Leipzig.
Volkskunst und Kunsthandwerk
Kunsthandwerker in Sachsen bewahren und bereichern mit viel Liebe,
Können und Enthusiasmus altüberlieferte Handwerkstechniken. Mar-
kante Beispiele für weit über Sachsens Grenzen hinaus bekannte Pro-
dukte sind: Porzellan aus Meißen und Freital, Plauener Spitze,
Musikinstrumente aus dem Vogtland, Annaberger Posamenten, Eiben-

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Kunst und Kultur
85
In traditioneller sorbi-
scher Wachstechnik
angefertigte Ostereier
Jährliches Wave-Gotik-
Treffen in Leipzig
stocker Stickereien, Sebnitzer Kunstblumen, Waldenburger Töpferwa-
ren, Blaudrucke und Damaste aus der Lausitz, Weihnachtssterne aus
Herrnhut, vielfältiges Holzspielzeug aus Seiffen und Umgebung, Zöb-
litzer Serpentindrechselarbeiten, erzgebirgischer Weihnachtsschmuck,
Glaskunst und Korbflechtereien.
Das Goldschmiedehandwerk brachte Johann Melchior Dinglinger zu Zei-
ten Augusts des Starken zur Perfektion. Seine Stücke kann man in Sach-
sens reichster Schatzkammer – im Grünen Gewölbe in Dresden –
betrachten.
Schnitzen, Drechseln, Holzbastelarbeiten, das Klöppeln von Spitzen, der
Scherenschnitt oder die kunstvolle Verzierung von Ostereiern im sorbi-
schen Gebiet sind heute der Inbegriff der Volkskunst, doch das Spektrum
umfasst auch andere Techniken wie die Kerzenmacherei und das Filzen.
Feste und Festivals
Traditionelle Volks- und Heimatfeste sind in Sachsen ebenso zu Hause
wie zahlreiche Veranstaltungen der Jugend- und Szenekultur – eine bunte
Mischung, die sich verschiedenen Genres und Epochen widmet. Nur
eine kleine Auswahl kann hier erwähnt werden:
Bei den Sorben wird am 25. Januar Vogelhochzeit gefeiert, hier bedan-
ken sich die Vögel bei den Jüngsten mit Naschereien für das Füttern im
Winter. Beim Osterreiten verkünden festlich geschmückte sorbische
Reiter in feierlichen Prozessionen am Ostersonntag die Botschaft von
der Auferstehung Christi. Das internationale Kneipenfestival „Honky
Tonk“ lockt im Mai tausende Besucher nach Leipzig, während in Dres-
den beim internationalen Dixielandfestival der Jazz den Ton angibt.
Pfingsten ist Termin für Europas größtes Wave-Gotik-Treffen in Leip-
zig, im Juni zieht das internationale Trabantfahrertreffen Gäste nach
Zwickau und im August kommen Tausende von Anhängern des Hip-
Hop und Reggae in Chemnitz auf ihre Kosten beim splash!- Festival,
der größten Veranstaltung dieser Art in Europa.
Als „Vogtländisches Familienfest“ feiern die Einwohner von Plauen im
Juni ihr Spitzenfest. Das größte Volks- und Heimatfest im Freistaat ist der
„Tag der Sachsen“. Jedes erste Septemberwochenende im Jahr ist ein an-
derer sächsischer Ort Treffpunkt für Vereine und Verbände. Heimatliches
Brauchtum und Traditionen werden gezeigt, umrahmt von einem bunten
Programm, vielen kulinarischen Angeboten und einem Festumzug.
Im Juni zum Bergstadtfest und am zweiten Advent zieht eine historische
Bergparade durch Freiberg. Um auf das Weihnachtsfest einzustimmen,
feiern die Schneeberger am zweiten Advent das Lichtelfest. Zahlreiche
traditionelle Weihnachtsmärkte – darunter der älteste Weihnachtsmarkt

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86
Kunst und Kultur
Dresdner Striezelmarkt
Deutschlands, der Dresdner Striezelmarkt (erstmalig erwähnt 1434) –
bieten weihnachtliches Flair zur Einstimmung auf das Fest.
Ob Stadtfeste, Flottenparade der Dampfschiffe, Dampflokfest, Burgfeste,
Brückenfeste oder Weltstars in Leipzig, es ist immer etwas los im Frei-
staat. Zu den bekannten Ereignissen des sächsischen Kulturlebens zäh-
len weiterhin:
– Internationale Gottfried-Silbermann-Tage und Gottfried-Silbermann-
Wettbewerb (Orgel, Zentrum ist der Freiberger Dom)
– Dresdner Musikfestspiele (Klassik und zeitgenössische E-Musik)
Dresdner Tage für zeitgenössische Musik (Musik der Gegenwart)
– Chemnitzer Begegnungen (Schwerpunkt: Musik und
darstellende Kunst)
Zwickauer Musiktage (zu Ehren Robert Schumanns)
– Bachfest Leipzig (jährlich) und Internationaler Bach-Wettbewerb
(im Zweijahresrhythmus)
euro scene leipzig (avantgardistisches Festival professioneller freier
Theatergruppen aus Europa)
Festival Mitte Europa (grenzüberschreitendes Festival mit
Schwerpunkt Musik)
Filmfest Dresden – Internationales Festival für Animations- und Kurzfilm
– Internationales Leipziger Dokumentar- und Animationsfilmfestival
Filmnächte am Elbufer (Großprojektionen und Konzerte in Dresden)
– Chemnitzer Kinderfilmschau „Schlingel“ (Internationales
Kinderfilmfestival)
Sächsische Literaturtage (aller zwei Jahre in einem anderen Kulturraum)
– Leipziger Literarischer Herbst
– Kamenzer Lessing-Tage
– Dresdner Lyriktage
– Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung
– Internationales Folklorefestival in Crostwitz
– Sächsische Amateurtheatertage
Kulturförderung
Sachsen ist als Kulturland über Jahrhunderte gewachsen. Weit über sei-
ne Grenzen hinaus sind die Staatlichen Kunstsammlungen bekannt durch
ihre einzigartige Vielfalt und Komplexität der Exponate. Sachsen war
die Heimat für Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Carl Maria
von Weber, Richard Wagner, Felix Mendelssohn-Bartholdy und be-
rühmte Orchester spielten und spielen die Meister noch immer. Die
Leipziger Thomaner und der Dresdner Kreuzchor pflegen seit 800 Jah-
ren ihr musikalisches Erbe auf Weltniveau.

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Kunst und Kultur
87
Opernhaus Chemnitz
Welterbestätte
Landschaftspark
Bad Muskau, angelegt
durch Fürst Pückler
Wegweisende Impulse in der darstellenden Kunst gingen ebenfalls von
Sachsen aus. Caroline Neuber (1697 – 1760) reformierte das deutsche
Theaterwesen, Gret Palucca begründete in den 20er Jahren des 20. Jahr-
hunderts den modernen Ausdruckstanz.
Ab 1990 wurden in Sachsen zentralistische Strukturen in der Kultur-
landschaft durch pluralistische ersetzt; gleichzeitig wollte man die rei-
che kulturelle Substanz weitgehend erhalten. Der Sächsische Landtag
beschloss zur Stärkung der regionalen Ebene im Dezember 1993 das
Gesetz über die Kulturräume in Sachsen. Demnach finanziert das Land
gemeinsam mit acht ländlichen Kulturräumen (aus den dortigen Land-
kreisen und kreisfreien Städten) sowie drei urbanen Kulturräumen
(Chemnitz, Dresden und Leipzig) die Förderung kultureller kommuna-
ler Einrichtungen und Maßnahmen in den Regionen. Die Kulturräume
erhalten dafür vom Freistaat ca. 85 Millionen Euro jährlich.
Sachsen finanziert staatliche Einrichtungen wie Museen, Theater und
Orchester mit ca. 82,5 Mio. Euro jährlich, fördert daneben aber auch die
Arbeit nichtstaatlicher Museen und das freie künstlerische Schaffen von
Komponisten und Musikern, darstellenden und bildenden Künstlern,
Filmemachern, Schriftstellern und die soziokulturellen Aktivitäten en-
gagierter Vereine. Nur auf der breiten Basis ehrenamtlicher Arbeit der
zahlreichen Vereine und verschiedener Stiftungen kann vielfältiges kul-
turelles Leben in den Regionen entstehen und erhalten werden. Für die
Förderung im Rahmen der sog. Allgemeinen Kunst- und Kulturförde-
rung werden jährlich ca. 6,4 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, davon ca.
2,4 Mio. Euro durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.
Die Musikschulen in Sachsen als Basis für das Musikleben des Landes
werden jährlich mit 5 Mio. Euro unterstützt.
Die Sorben pflegen Kunst und Kultur durch eine Vielzahl Ensembles,
Chöre und Vereine. Wichtige kulturelle Einrichtungen sind unter ande-
rem das Sorbische Nationalensemble, der Domowina-Verlag Bautzen,
das Sorbische Museum auf der Ortenburg in Bautzen und das WITAJ-
Sprachzentrum. Darüber hinaus sind die sorbische Sprache und Kultur
in eigenen Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sowie in sorbischspra-
chigen Rundfunk- und Fernsehsendungen präsent. Die Staatsregierung
fördert diese Einrichtungen, Vereine und Projekte gemeinsam mit dem
Bund und dem Land Brandenburg mit jährlich 16 Mio. Euro.
Mit insgesamt rund 98 Euro pro Einwohner bzw. 2,4 % des Staats-
haushaltes ist der Freistaat das Flächenland mit den höchsten Kultur-
ausgaben in Deutschland.

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88
Kunst und Kultur
Der älteste Horch im
August Horch Museum
Zwickau
Deutsches Damast-
und Frottiermuseum
Großschönau
Sachsen bewahrt Erinnerungen
Museen
Im Freistaat Sachsen gibt es mehr als 470 Museen und Schauanlagen.
Die einstigen kurfürstlich-königlichen Sammlungen in Dresden haben
Weltbedeutung. Genannt seien die zu den Staatlichen Kunstsammlun-
gen gehörenden Gemäldegalerien Alte und Neue Meister, die Skulptu-
rensammlung, das Grüne Gewölbe, die Porzellansammlung und die
Rüstkammer, eine der herausragendsten Sammlungen von Waffen, Har-
nischen und Kostümen.
Internationalen Rang besitzen die Kunstmuseen der Stadt Leipzig und
die Kunstsammlungen Chemnitz. Unter den stadtgeschichtlichen Mu-
seen sind diejenigen in Bautzen, Dresden, Freiberg, Leipzig und Zit-
tau hervorzuheben.
Spezialisierte Sammlungen sind unter anderem in Dresden das Militär-
historische Museum, das Deutsche Hygienemuseum, das Verkehrsmu-
seum, die Musikinstrumenten-Museen in Leipzig und Markneukirchen
und das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei in
Leipzig.
Eine Besonderheit für den Freistaat Sachsen stellen die technischen
Schauanlagen dar, darunter die des Montanwesens in Freiberg oder in
Altenberg-Zinnwald, das Bergbaumuseum in Oelsnitz/Erzgebirge, das
Industriemuseum in Chemnitz, das Kalkwerk Lengefeld, der Frohnauer
Hammer bei Annaberg und die Saigerhütte Grünthal. Handwerkliche
und technische Erzeugnisse präsentieren das Spitzenmuseum in Plauen,
die Motorradausstellung auf Schloss Augustusburg, die Schauhalle der
Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen und die Automobilausstel-
lung in Zwickau. In den Technischen Sammlungen der Stadt Dresden
werden u. a. zahlreiche Exponate zur sächsischen Filmtechnik gezeigt.
Das Deutsche Institut für Animationsfilm (DIAF) bewahrt hier außer-
dem über 2 000 Kopien sächsischer Filmproduktionen und macht sie
der Öffentlichkeit zugänglich.
Bedeutende Sammlungen besitzen die Naturkundemuseen in Görlitz, Dres-
den, Chemnitz, Leipzig und Waldenburg. Sie erbringen gleichfalls auf
dem Gebiet der Forschung beachtenswerte Ergebnisse. Eine Reihe von
Museen widmet sich außerdem volkskundlichen Themen, so z. B. das
erzgebirgische Spielzeugmuseum in Seiffen. In Leipzig, Dresden und
Herrnhut präsentieren die staatlichen Völkerkundemuseen ihre reichen
Sammlungsbestände außereuropäischer Kunst und Gebrauchskultur.
Sächsische Literatur-Museen befinden sich unter anderem in Kamenz
(Lessing-Museum), in Dresden (Erich-Kästner-Museum), in Hainichen

image
Kunst und Kultur
89
Gedenkstätte Bautzen,
Außenansicht BZ II
(Gellert-Museum) oder die Karl-May-Museen in Hohenstein-Ernstthal
(Geburtshaus) und in Radebeul.
Gedenkstätten
Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten ist der Erinnerung an die Opfer
der nationalsozialistischen Diktatur, der sowjetischen Besatzungsmacht
und des SED-Regimes gleichermaßen verpflichtet. Die Gedenkstätten
organisieren Ausstellungen, Veranstaltungen, machen Bildungsangebote
und geben Publikationen heraus.
Die Gedenkstätte Bautzen erinnert an die Opfer beider Bautzener Haftan-
stalten, der ehemaligen Landesgefangenenanstalt Bautzen I („Gelbes
Elend“), nationalsozialistisches Zuchthaus, sowjetisches Speziallager und
gefürchtete Strafvollzugseinrichtung der DDR, sowie der Haftanstalt Baut-
zen II, die von 1956 bis 1989 Gefängnis für sogenannte „Staatsverbre-
cher“ mit besonderen Zugriffsrechten des Ministeriums für Staatssicherheit
(MfS) war.
Die Gedenkstätte Münchner Platz in Dresden erinnert an die Opfer der
Justizverbrechen des NS-Staates sowie der sowjetischen Militärjustiz und
der DDR-Strafjustiz. Das ehemalige Landgericht war während des „Drit-
ten Reiches“ Gerichtsort und Hinrichtungsstätte der NS-Justiz.
In der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein wird der in den Jahren 1940/41 im
Rahmen der nationalsozialistischen „Vernichtung lebensunwerten Le-
bens“ ermordeten 15 000 vorwiegend geistig behinderten Menschen ge-
dacht. Das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Torgau
erinnert an die Opfer der nationalsozialistischen Wehrmachtjustiz. Die
Torgauer Militärgefängnisse und Kasernen wurden auch unter sowjeti-
scher Besatzung und in der DDR für politische Haft genutzt. Die Gedenk-
stätte Ehrenhain bei Riesa bezeugt das Massensterben Kriegsgefangener
in den Jahren 1941 bis 1945 im Lager Zeithain.
In der Förderkonzeption der Stiftung sind außerdem Orte der Erinne-
rung an die alltägliche Repression des Ministeriums für Staatssicherheit
enthalten: die ehemalige U-Haftanstalt der Bezirksverwaltung des MfS
Dresden und das Museum in der „Runden Ecke“ in Leipzig (ehemalige
Bezirksverwaltung des MfS Leipzig). Die Stiftung unterhält eine
Dokumentationsstelle „Widerstands- und Repressionsgeschichte in der
NS-Zeit und der SBZ/DDR“ und unterstützt kleinere Projekte der
Gedenkstättenarbeit.

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90
Kunst und Kultur
Schriftstellerin
und Mundartdichterin
Lene Voigt,
1891–1962
Der Fasskeller im
berühmten Auerbachs
Keller in Leipzig
Typisch Sächsisches
Dialekt/Mundarten
Vielerorts gelingt Laien eine Zuordnung unterschiedlichster Landes- und
Regionalsprachen. Auch der Sachse wird an seiner Mundart erkannt –
oftmals begleitet von beißendem, einst hausgemachtem Spott „Bliem-
chendichtung“.
Und doch war eine historische Sprachform – die durch Sprachgelehrte im
14. – 18. Jahrhundert viel gerühmte Meißnische, obersächsische Kanzlei-
sprache als Schreibsprache – eine wesentliche Grundlage der späteren
hochdeutschen Schrift- und Standardsprache, an der auch Luthers Bibel-
übersetzung ihren Anteil trägt.
Will man das Sächsische beschreiben, so fällt zuerst die „Verweichlichung“
der Laute auf, so ersetzt ein „B“ jedes „P“ (Babba statt Papa), ein „D“
jedes „T“ (Diere statt Türe). Zudem werden Endungen verschluckt (ni
statt nicht, mei statt mein) sowie Vokale verändert und gedehnt (glooben
statt glauben). Auch gibt es Wörter, die nur die Eingeweihten verstehen,
wie „Huddelei“ für „Ärger haben“ oder „Dämmse“ für große Hitze.
Das Sächsisch fungiert als landschaftlich gefärbte Umgangssprache
(Regiolekt). Insbesondere die Mundarten
24)
aktivieren bewusst eine eng
mit der musikalischen Volkskultur verbundene Mundartpflege, die sich
bis heute im Kulturalltag erhalten hat.
Unbedingt zu erwähnen für den Sprachraum Sachsen ist das Sorbische
– unterteilt in Ober- und Niedersorbisch – als eigenständige slawische
Sprache. In Ostsachsen ist nicht nur auf den Ortstafeln (z. B. Bautzen –
Budyšin) die Zweisprachigkeit (sorbisch und deutsch) der dort leben-
den Sorben zu erkennen. Vor etwa 1 400 Jahren wurde in fast allen Re-
gionen des heutigen Sachsen slawisch gesprochen, in der Lausitz ist das
Sorbische noch heute eine eigenständige lebende Sprache.
Sächsische Küche
Die sächsische Küche bietet viel Abwechslung mit landschaftstypischen
Besonderheiten. Die Kartoffel wurde im 18. Jahrhundert zum Volks-
nahrungsmittel. Gekocht, gebraten, frittiert, als Brei, Knödel, Suppe oder
Pommes frites bereichern Kartoffelgerichte in unzähligen Varianten die
Speisezettel. Grüne Klöße oder der „Bambes“ (Kartoffelpuffer) im Vogt-
land zu Fleischgerichten gehören besonders an sächsischen Festtagen
auf den Tisch. Das „Leipziger Allerlei“ als Original ist eine köstliche
24)
z. B. das Ost- und Westerzgebirgische, das Vogtländische in seinen sich voneinander abgrenzenden Unter-
mundarten oder das Oberlausitzische mit seinem typisch rollenden „R“ sowie anderen Merkmalen

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Kunst und Kultur
91
Sächsischer Karpfen
Gemüsebeigabe. Zur Verfeinerung der Speisen greift man gern auf ein-
heimische Kräuter zurück.
Ein Elbtal-Wein ergänzt manche gute Mahlzeit. Im kleinsten Weinbau-
gebiet Deutschlands zwischen Meißen und Dresden werden überwie-
gend Weißweine, Riesling, Müller-Thurgau, Burgunder und Bacchus,
angebaut. Eine regionale Spezialität ist der Goldriesling. Das Weingut
Schloss Proschwitz gehört zu den Qualitätsweingütern mit VDP-Siegel,
und auch Schloss Wackerbarth und kleine Winzerbetriebe heimsen zahl-
reiche Preise ein.
Als Stimmungsmacher für gesellige Runden sind die vielen würzigen
sächsischen Biere, als Verdauungshilfen heimische Kräuterliköre sehr
beliebt. Radeberger Bier, das erste nach Pilsner Brauart in Deutschland,
beglückte ab 1905 sogar den sächsischen Königshof.
Fischwirtschaft hat in Sachsen eine lange Tradition. In den rund um
Schloss Moritzburg über die Jahrhunderte (ab 1480) angelegten Teichen
werden nach wie vor Karpfen, aber auch Schleien, Aale und Hechte
gezüchtet. Weitere große Teichgebiete gibt es in der Lausitz sowie im
Raum Wermsdorf. Das jährliche Abfischen der Teiche im Herbst wird
als großes Volksfest gefeiert.
Da Kulinarisches immer im Zusammenhang mit dem Lebensstil, den
Tischsitten und Essgewohnheiten steht, reiht sich die sächsische Küche
in die Kategorie „sächsische Gemütlichkeit“. Die Sachsen lieben darum
ihr Schälchen „Heeßen“ (heißen Kaffee), dazu ein Stück Dresdner Eier-
schecke oder „Lerchen“, das von Leipzigern geliebte Marzipangebäck.
Das Weihnachtsbackwerk Stollen ist sehr beliebt und als „Dresdner
Christstollen
®
“ weltberühmt, ebenso wie auch die würzigen Pulsnitzer
Pfefferkuchen.

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92
Natur und Freizeit
NATUR
UND
FREIZEIT

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Natur und Freizeit
93
Die Mischwaldkultur
kommt dem ursprüng-
lichen Dunkelwald zur
Zeit der Slawen nahe
Natur und Umwelt in Sachsen
Vegetation und Fauna
Die ursprüngliche Vegetation ist im Laufe der Besiedlung von den Men-
schen weitgehend beseitigt worden. Der „Miriquidi“, der ursprüngliche
Dunkelwald der Slawen im Erzgebirge, ist nur noch rudimentär erhal-
ten. Vereinzelt findet man einen naturnahen, artenreichen Laubwald, vor
allem in den Hang- und Auenbereichen der Tieflandflüsse. Flachland
und Hügelland sind nur noch gering bewaldet. Die größten zusammen-
hängenden Wälder sind in den Mittelgebirgen und in der Lausitz zu fin-
den, häufig geprägt von Fichten und Kiefern, die bedingt durch die
einstigen Verhältnisse gepflanzt werden mussten. Erste Erfolge des
Waldumbaus zu Laubmischwäldern mit Tanne sind aber erkennbar.
Weite Teile des Landes sind urban oder landwirtschaftlich genutzte Kul-
turräume. Im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichland-
schaft bietet diese Kulturlandschaft Lebensraum für eine schier
unüberschaubare Anzahl von Tierarten. Das „Land der tausend Teiche“
beherbergt die größte Fischotterpopulation Mitteleuropas. Den Anblick
des gewaltigen Seeadlers kann der Besucher hier täglich erleben.
Im Nationalpark Sächsische Schweiz, wo mit dem Luchs die größte hei-
mische Wildkatze durch die spektakuläre Wald- und Felsregion schleicht,
entwickelt sich die Natur ohne Zutun des Menschen. Das Wiederansied-
lungsprogramm für den Elbelachs in den tief eingeschnittenen Gewäs-
sern der Sächsischen Schweiz verzeichnete bereits viele Rückkehrer
dieser ehemals in Sachsen ausgestorbenen Fischart.
Seit 1998 gibt es auch wieder Wölfe in Sachsen, sie leben in der Ober-
lausitz an der polnischen Grenze.
Schutzgebiete
Zahlreiche Schutzgebiete dienen der Erhaltung der natürlichen Le-
bensräume von Pflanzen und Tieren in Sachsen. Der Nationalpark
Sächsische Schweiz (93,5 km²), das Biosphärenreservat Oberlausitzer
Heide- und Teichlandschaft (300 km²) und die Naturparks „Dübener
Heide“ und „Erzgebirge/Vogtland“ (zus. 1 855 km²) unterliegen teil-
weise strengen Anforderungen für eine Nutzung durch den Men-
schen. Weiterhin sind 173 Landschaftsschutzgebiete mit einer Aus-
dehnung von ca. 5 322 km² und 214 Naturschutzgebiete mit einer Aus-
dehnung von ca. 490 km² ausgewiesen.

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94
Natur und Freizeit
Gute Luft in der
Sächsischen Schweiz
Luftqualität
Die Luftqualität in Sachsen hat sich von 1995 bis 2005 insgesamt ver-
bessert. In der zweiten Hälfte der Neunziger Jahre wurden in Sachsen
und benachbarten Regionen zahlreiche veraltete Großfeuerungsanla-
gen aus DDR-Zeit stillgelegt bzw. modernisiert und neue Anlagen gin-
gen in Betrieb.
Die Belastung durch Schwefeldioxid reduzierte sich im Landesdurch-
schnitt um ca. 85 %. Bei den Stickoxiden fällt der Rückgang geringer
aus, an den besonders durch Verkehr belasteten Messstationen betrug er
ca. 25 %. Insgesamt hat sich auch die Staubbelastung verringert.
Waldzustand
Der Waldzustandsbericht 2004 weist im Landesdurchschnitt 17 % der
Waldfläche als deutlich und 49 % als leicht geschädigt aus. Dabei ist die
Eiche die am stärksten betroffene Baumart Sachsens mit einem Anteil
von 53 %, gefolgt von der Buche mit 50 % und Fichte mit 14 %. Die
Schadstoff
Gesamtemissionen 1995/t
Gesamtemissionen 2004/t
Schwefeldioxid
691 000
33 000
Staub
25 000
12 500
Stickstoffoxide
128 000
71 000
Kohlendioxid
63 180 000
55 000 000
Großschutzgebiete

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Natur und Freizeit
95
Kiefer ist gegenüber den genannten Baumarten am geringsten betrof-
fen. 34 % der sächsischen Waldfläche sind ohne erkennbare Schäden.
Bodenzustand
Der Zustand der Böden hängt vor allem von ihrer Nutzung ab. Die sandi-
gen, von Natur aus zumeist sauren Böden der Altmoränenlandschaften
neigen zur Austrocknung und sind für landwirtschaftliche Zwecke nur
bedingt geeignet. Die ertragreichen Lößböden sind sehr anfällig ge-
genüber Wassererosion und bedürfen besonderer Vorsorgemaßnahmen.
In den Bergbauregionen und Flussgebieten Sachsens sind die Böden
vielfach durch den historischen Bergbau, die Erzverhüttung und den Deich-
bau geprägt. Im Erzgebirge ist es erforderlich, die Bodenversauerung aus-
zugleichen.
Bodenschutzziele sind die sparsame Inanspruchnahme, der Schutz
natürlicher Funktionen, die Erhaltung der Leistungsfähigkeit sowie die
Rekultivierung bzw. Renaturierung beanspruchter Böden.
Renaturierung
Der Jahrhunderte dauernde Bergbau, vor allem aber der Tagebau, hat in
sächsischen Landschaften seine Spuren hinterlassen. Tätigkeits-
schwerpunkte liegen heute darin, die ehemaligen Tagebauflächen wieder
nutzbar zu machen, nachdem in den vergangenen Jahren die Abraum-
massen verdichtet, Großgeräte demontiert und verschrottet sowie Anla-
gen und Gebäude abgebrochen wurden. Im Südraum Leipzig entstand
auf diese Weise beispielsweise der Cospudener See, in der Oberlausitz
unter anderem der Olbersdorfer See.
Für die Sanierung des Uranerzbergbaus in Sachsen wurden seit Beginn
der Arbeiten 1990 rund 2 Mrd. Euro ausgegeben. Unter anderem wer-
den in den Sanierungsbetrieben der Wismut GmbH die Schächte, ober-
flächennahe Grundbauten, Halden und industrielle Absetzanlagen
verwahrt und alte Betriebsanlagen abgebrochen. Die Gruben in Schle-
ma/Alberoda und Königstein werden geflutet. So werden ehemalige
Halden und Betriebsflächen einer weiteren forstwirtschaftlichen, land-
wirtschaftlichen oder gewerblichen Nutzung zugeführt.
Für die Sicherung bzw. Sanierung von 143 Gefahrenstellen des Altberg-
baus wurden seit 2002 rund 8,7 Mio. Euro verwendet.
Abfallaufkommen
Seit Juni 2005 werden im Freistaat Sachsen unbehandelte Abfälle in
mechanisch-biologischen, mechanisch-physikalischen Anlagen oder
Müllverbrennungsanlagen behandelt, bevor die Reste auf Deponien ab-
Bagger als technisches
Denkmal im
Renaturierungsgebiet
„Berzdorfer See“
bei Görlitz

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96
Natur und Freizeit
Saurierpark Kleinwelka
Die „Kulturinsel
Einsiedel“ in
Niederschlesien
gelagert oder verwertet werden. Im Freistaat Sachsen werden derzeit
fünf Anlagen zur Restabfallbehandlung und fünf Deponien betrieben.
Gäste sind in Sachsen willkommen
Tourismus
Das Reiseland Sachsen erlebte 2005 mit knapp 5,5 Millionen Gästen
und knapp 15 Millionen Übernachtungen das bisher erfolgreichste Jahr
überhaupt. So konnte beispielsweise Dresden im Jahr der Weihe der
Frauenkirche ein Plus von ca. 9 % Gästen und eine Steigerung der Über-
nachtungen von 11,8 % verbuchen (im Vergleich zum Vorjahr). Sachsen
als Reiseland mit einem unverwechselbaren Image am deutschen und in-
ternationalen Markt zu positionieren ist Aufgabe der Tourismus Marke-
ting Gesellschaft Sachsen mbH (TMGS). In den 2 142 sächsischen
Beherbergungsbetrieben mit einer Kapazität von neun und mehr Betten
standen den Gästen 110 474 Betten zur Verfügung. Die durchschnittliche
Auslastung der angebotenen Gästebetten stieg in Sachsen auf 38,3 %,
bundesweit betrug sie im Jahr 2005 35,7 %. Im Beherbergungs- und Gast-
stättengewerbe des Freistaats arbeiteten 2005 über 39 000 sozial-
versicherungspflichtig Beschäftigte, davon waren 66 Prozent Frauen.
Freizeitangebote
Sachsen ist ein Land mit unverwechselbarer Kunst und Kultur, jahr-
hundertealten Traditionen, abwechslungsreicher Landschaft, großer Ge-
schichte und faszinierender Moderne. Ob Städte- oder Kulturreisen,
Aktiv- oder Vitalurlaub – in „Sachsen.Land von Welt“ ist Reisen immer
ein Genuss.
Ein großes Radwegenetz (darunter der Elberadweg und der Muldental-
radwanderweg), ein Reitwegenetz und viele Kilometer Wasserwege ste-
hen den Bewegungshungrigen zur Verfügung. Ob Wandern, Wildwasser-
oder Schlauchbootfahren, Reiten, Mountainbiking, Radeln, Sommerro-
deln oder Klettern – der Sport den einst sächsische Studenten entwi-
ckelten – und im Winter Skilanglauf, Abfahrt, Winterwandern und Rodeln
– Sachsen bietet ideale Voraussetzungen für diese Sportarten.
Daneben locken zahlreiche Vergnügungs- und Erlebnisparks wie die
Kulturinsel Einsiedel, der Vergnügungspark Belantis bei Leipzig, der
Saurierpark mit Labyrinth in Kleinwelka, der Märchen- und Erlebnis-
park in Plohn bei Lengenfeld im Vogtland sowie der Miniaturpark „Klein-
Erzgebirge“ in Oederan.

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Natur und Freizeit
97
Exotische und heimische Tierarten kann man in den zahlreichen Zoos und
Wildgehegen wie in Dresden, Görlitz, Chemnitz oder Leipzig mit dem
Pongoland, der weltgrößten Anlage mit allen vier Menschenaffenarten,
beobachten. Farbenfrohe Schmetterlinge leben im Schmetterlingshaus in
Jonsdorf im Zittauer Gebirge. Vital- und Wellnessurlauber können in Sach-
sen u. a. Moorheilbäder nehmen oder eine der zahlreichen Heilquellen
genießen. Im „Bäderwinkel“ des Vogtlandes mit den Sächsischen Staats-
bädern Bad Brambach (mit dem weltweit stärksten Radonbad) und Bad
Elster hat die Anwendung der heilsamen Wasser eine lange Tradition.
Erholungsgebiete
Das Erzgebirge lockt besonders zur Weihnachtszeit Touristen in die Zen-
tren der Spielzeugherstellung und Volkskunst. Die Schnitz- und Drechsel-
kunst, aber auch die Klöppelei verschaffte der Region um Seiffen den Ruf
als Hochburg des Kunsthandwerks. Die Region bietet im Winter annähernd
schneesichere Wintersportmöglichkeiten, im Sommer ausgedehnte Wand-
erwege durch Berge, Felder und Wälder.
Das benachbarte Vogtland ist besonders durch seine Spitzenherstellung
um Plauen und den Instrumentenbau im „Musikwinkel“ bekannt. Touris-
tische Attraktionen dieses Gebietes sind die vielfältigen Wintersportmög-
lichkeiten, die sächsischen Staatsbäder, die Talsperren sowie die
Göltzschtalbrücke, die größte Ziegelbrücke der Welt.
Das Sächsische Elbland mit dem nördlichsten Weinbaugebiet Deutsch-
lands bei Dresden besitzt neben dem hochgeschätzten Rebensaft auch
eine abwechslungsreiche, hügelige Landschaft. Kulturell bietet das Ge-
biet eine große Vielfalt an Museen, Schlössern und historischen Bauten.
Das Tal der Burgen lockt mit behaglichen Orten und naturbelassenen
Gegenden, den Erlebnisbädern und dem urbanen Zentrum Leipzig. In der
Oberlausitz/Niederschlesien sind die typischen Umgebindehäuser, die
Töpferei, Damastweberei, der Blaudruck und die Seen mit schön gele-
genen Wald- und Naturbädern hervorzuheben.
Der Nationalpark Sächsische Schweiz bietet Wanderern, Bergsteigern
und Kletterern hervorragende Möglichkeiten aktiver Erholung. Die säch-
sischen Großschutzgebiete, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Hei-
de- und Teichlandschaft und die beiden Naturparks Erzgebirge-Vogtland
und Dübener Heide laden die Besucher zu intensiven Naturerlebnissen
auf bestens markierten Wander-, Rad- und Reitwegen ein.
Seiffen, Zentrum
der erzgebirgischen
Schnitzkunst
Göltzschtalbrücke im
Vogtland, die größte
Ziegelbrücke der Welt

 
98
Adressen
Sächsische Staatskanzlei
Archivstraße 1, 01097 Dresden
Tel. (0351) 564-0, Fax (0351) 564-1199
Vertretung des Freistaates Sachsen
Brüderstraße 11/12, 10178 Berlin
beim Bund
Tel. (030) 20606-0, Fax (030) 20606-555
Vertretung des Freistaates Sachsen bei
Av. d’Auderghem 67
der Europäischen Union
B-1040 Bruxelles
Sachsen-Verbindungsbüro Brüssel
Tel. +32 2 235.87.21, Fax: +32 2 235.87.22
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des Innern
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Hospitalstraße 7, 01097 Dresden
der Justiz
Tel. (0351) 564-0, Fax (0351) 564 1599
www.justiz.sachsen.de
Sächsisches Staatsministerium
Carolaplatz 1, 01097 Dresden
der Finanzen
Tel. (0351) 564-0, Fax (0351) 564-4029
www.smf.sachsen.de
Sächsisches Staatsministerium
Carolaplatz 1, 01097 Dresden
für Kultus
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www.sachsen-macht-schule.de
Sächsisches Staatsministerium
Wigardstraße 17, 01097 Dresden
für Wissenschaft und Kunst
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Wilhelm-Buck-Str. 2, 01097 Dresden
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für Umwelt und Landwirtschaft
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www.smul.sachsen.de
Die Sächsische Staatskanzlei
und die Sächsischen Staatsministerien

Adressen
99
Regierungspräsidium Dresden
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden
Tel. 0351/825-0, Fax 0351/825-9999
www.rp-dresden.de
Regierungspräsidium Leipzig
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Tel. 0341/977-0, Fax 0341/977 11 99
www.rpl.sachsen.de
Regierungspräsidium Chemnitz
Altchemnitzer Str. 41, 09120 Chemnitz
Tel. (0371) 532-0, Fax (0371) 532-1929
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Sachsen in Zahlen
Statistisches Landesamt Kamenz
Macherstraße 63, 01917 Kamenz
Tel. (03578) 33-0, Fax (03578) 33-1921
www.statistik.sachsen.de
Sachsen im Internet
Der Freistaat Sachsen
www.sachsen.de
Presseinformationen der Staatsregierungen
www.medienservice.sachsen.de
Newsletter der Staatsregierung
www.newsletter.sachsen.de
Sächsisches Landesrecht
www.recht.sachsen.de
Das online-Bürgerbüro/Lebenslagenportal
www.amt24.sachsen.de
Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH
www.wfs.sachsen.de
Sächsischer Landtag
www.landtag.sachsen.de
Schlösserland Sachsen
www.schloesser.sachsen.de
Tourismus Marketing Gesellschaft
www.sachsen-tourismus.de
Sachsen mbH
Sächsischer Bildungsserver
www.sachsen-macht-schule.de
Regierungspräsidien

 
100
Bildquellen
ABB Utilities GmbH – 59
AMD/ Sven Döring – 42
Auerbachs Keller Leipzig – 90
August Horch Museum Zwickau – 88
bauch agentur für Medien & Kommunikation – 38
Berufsbildungswerk Sachsen gGmbH –74
Besser, Gerlinde – 65, 76
Bildarchiv MGO - 11
Bonß, Ronald – 35
Butz, Cornelie – 37
Cloyes Europe GmbH – 44
Dahl, Ulf – 83
Deutsches Damast- und Frottiermuseum – 88
Dresdner Tafel e. V. – 77
Dresdner Verkehrsbetriebe AG – 54
Dresden Werbung und Tourismus GmbH –
12, 13, 29, 81, 92
DWT/ Sylvio Dittrich – 86
Dittrich, Sylvio – 7, 82
Döring, Sven – 21
dresden-bilder.de/ Thomas Uhlig – 5, 82
Ebert, Wolfgang – 16
Erick van Egeraat, Rotterdam – 68
Flughafen Dresden GmbH, Weimer – 57
Gedenkstätte Bautzen – 89
Grafik-Studio – 82, 85, 95, 96
Jüdische Gemeinde Chemnitz – 11
Landeshauptstadt Dresden – 46
Landestalsperrenverwaltung – 60
Landestalsperrenverwaltung, Luftbild-Service
Büschel – 41
Lene-Voigt-Gesellschaft – 90
L&P – 20, 23, 32, 37, 49, 64
Mädler-Passage Leipzig – 46
Max-Planck-Institut (MPI-CBG) Dresden – 72
mdr / Hopf – 62
Leipziger Messe GmbH – 17, 48
Nomos, Glashütte – 47
Opitz, Michael – 70
Photo Pippig – 40
PixelQuelle.de – 6, 31, 49, 56, 87, 94, 97
PUNCTUM Fotografie – 55
Porzellan-Manufaktur Meissen – 45
Röhlig, Steffen, Dr. – 4
Sächsische Dampfschifffahrts GmbH & Co.KG – 57
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft – 5
Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk
und neue Medien – 62
Sächsische Staatskanzlei – 2, 29, 33, 34, 35, 75, 78
Sächsisches Staatsministerium für Soziales – 10
Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und
Arbeit – 48, 73
Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und
Landwirtschaft – 51, 91, 93
SAXONIA Werbeagentur, Christine Pohl – 79
Schalling, Eva – 97
Schloss Wackerbarth – 52
Shell Solar GmbH – 59
Siltronic AG – 43
Sonnenstrahl e. V., Dresden – 27
Staatsbetrieb Sachsenforst – 52
Staatsbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen und
Gärten Sachsen – 15, 81, 82
Stadt Leipzig, Wirtschaftsförderung – 84
Stadt Leipzig, Stadtarchiv – 14
Stadt Leipzig, Universitätsarchiv – 68
Stadtverwaltung Zwickau, Hochbauamt – 68
Staatliche Kunstsammlungen Dresden – 14,15, 83
Technische Sammlungen Dresden – 71
Treffen & Festspielgesellschaft für
Mitteldeutschland mbH – 85
Tröbner, Eric – 67
Tourist-Information Oybin – 56
Universität Leipzig, Universitätsarchiv – 68
Vattenfall Europe AG – 58
Vogtlandbahn GmbH – 56
Volkswagen AG – 45

 
Impressum
Herausgeber:
Sächsische Staatskanzlei, Öffentlichkeitsarbeit
Verantwortlich:
Regierungssprecherin Katrin Träger
Projektleitung:
Christina Flume
Redaktion:
Doreen Neubert, Klaus Permesang
in Zusammenarbeit mit den Staatsministerien
Redaktionsschluss:
August 2006
1. Nachdruck Mai 2007:
10 000 Stück
Herstellung:
SAXONIA Werbeagentur, Dresden
Druck:
Druckerei Wagner GmbH
Verteilerhinweis:
Dieses kostenlose Informationsheft wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer
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als Parteinahme der Herausgeber zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.
Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf welchen Wegen
und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist es jedoch den
Parteien, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.
Wenn Sie weitere Exemplare dieser Broschüre oder andere Veröffentlichungen der Sächsischen Staatskanzlei
wünschen, dann wenden Sie sich bitte an:
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