K
lassifikation und Bewertung
von naturnahen Hochwasser-
schutzmaßnahmen auf
ausgewählten öffentlichen
Umweltgütern
Jan Macháč
Alena Vacková
Lenka Slavíková
et al.
In Ústí nad Labem | Juni 2018
Ergebnis im Rahmen des Meilensteins 1
im Projekt:
Sächsisch-tschechisches
Hochwasserrisikomanagement II
(STRIMA II), Reg. Nr.:
100282105
Inhaltsverzeichnis
1. Bedeutung von naturnahen Hochwasserschutzmaßnahmen ................................................... 1
1.1 Mögliche Einteilungsarten der Maßnahmen
............................................................................. 1
1.2 Übersicht über naturnahe Maßnahmen
...................................................................................... 3
2. Wie sind naturnahe Maßnahmen zu bewerten?
............................................................................. 6
2.1 Kostenidentifikation und -bewertung ......................................................................................... 9
2.2 Nutzenidentifikation und -bewertung ...................................................................................... 11
3. Was ist abschließend (nicht) empfehlenswert?
.......................................................................... 12
4. Literatur ...................................................................................................................................................... 14
1
1. Bedeutung von naturnahen Hochwasserschutzmaßnahmen
In den letzten Jahren wird in Europa immer häufiger über
naturnahe Maßnahmen diskutiert, einschließlich deren
Umsetzung. Es handelt sich um Maßnahmen, welche neben der
Lösung für das konkrete Problem mit weiterem großen
Nutzen
einhergehen.
Der
Implementierung
von
naturnahen
Hochwasserschutzmaßnahmen in der Tschechischen Republik
stehen jedoch viele Probleme gegenüber. Es handelt sich vor
allem um das geringe Bewusstsein bezüglich der Bedeutung
dieser Maßnahmen, was sich in der ungenügenden
Unterstützung, Finanzierung sowie letztlich auch in der
eigentlichen Umsetzung widerspiegelt. Wesentlich beeinflusst
wird das Ganze auch von der Tatsache, dass der weitere
Nutzen, welcher sich aus diesen Maßnahmen ergibt, nur
schwer vorstellbar, darstellbar oder nachvollziehbar ist.
Obwohl die Umsetzung von naturnahen Maßnahmen in Tälern sowie im gesamten
Flussgebiet häufig als Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgt, sind sie oft mit weiterem
großen Nutzen verbunden, wie z. B. Reduzierung der
Erosion, dass Phosphor in die
Flüsse gelangt. etc. Die wirtschaftliche Bewertung der Maßnahmen kann als generelles
Argument zur Umsetzung der Maßnahmen sowie zur Erhöhung des Bewusstseins
angeführt wird. Das Standardverfahren zur finanziellen Bewertung,
welches in der
Wasserwirtschaft in der Tschechischen Republik Anwendung findet, bewirkt nicht, dass
passende wirtschaftliche Argumente in Bezug auf die Bedeutung der Maßnahmen
angeführt werden.
Das Ziel der Unterlagen besteht darin, eine Methodik - einen Basisrahmen zur
wirtschaftlichen Bewertung von naturnahen Maßnahmen im Rahmen des
Hochwasserschutzes aufzustellen. Die wirtschaftliche Bewertung soll bewirken, dass
geeignete Maßnahmenkomplexe getroffen werden, welche kosteneffektiv sind sowie des
Weiteren zur
Darstellung des gesamtgesellschaftlichen Maßnahmenbedarfs in der
Landschaft dienen.
1.1 Mögliche Einteilungsarten der Maßnahmen
Die Hochwasserschutzmaßnahmen lassen sich in drei generelle Kategorien einteilen: in
(i) naturnahe Retentionsmaßnahmen; in (ii) naturnahe Transformationsmaßnahmen
Dieses Kapitel kurz
zusammengefasst:
• In den letzten Jahren
wird immer häufiger über
naturnahe Maßnahmen
diskutiert.
• Der Umsetzung von
naturnahen Maßnahmen
stehen viele Hindernisse
im
Weg.
Das
Haupt-
hindernis ist das geringe
Bewusstsein
bezüglich
des Nutzens.
• Die Maßnahmen lassen
sich nach vielen Kriterien
unterteilen.
2
sowie in (iii) technische Maßnahmen. Die Retentionsmaßnahmen lassen sich des
Weiteren in (i) punktuelle Retentionsmaßnahmen; in (ii) lineare Retentionsmaßnahmen
sowie (iii) in organisatorische Retentionsmaßnahmen
unterteilen.
Eine alternative Betrachtungsweise der Maßnahmeneinteilung ist über den dadurch
bereitgestellten Nutzen möglich, welcher sich über das Ökosystemleistungskonzept
darstellen lässt (z. B. MEA, 2005 oder TEEB, 2010). Entsprechend dem
Ökosystemleistungskonzept ist der Nebennutzen der betreffenden Maßnahmen einfach
ausmachen
sowie
zu
klassifizieren.
Durch
dieses
System
werden
die
Ökosystemleistungen in vier generelle Gruppen eingeteilt, welche auf der Abbildung 1
aufgeführt sind.
Bei der Ausgangskategorie
handelt es sich um die sog. unterstützenden Leistungen,
durch welche die restlichen drei Kategorien bereitgestellt werden können, die bis zu
einem gewissen Maß von dieser Kategorie abgeleitet wurden. Aus diesem Grund wird
die Kategorie mit den unterstützenden Leistungen häufig auch ausgegliedert. Das
Hauptaugenmerk liegt auf den Produktions-, Regel- und kulturellen Leistungen. Ein
weiterer Nutzen besteht in der Förderung der Biodiversität, die nicht zu den
Ökosystemleistungen gehört.
3
Abbildung 1
Einteilung
der Ökosystemleistungen
(
Eigene Regelung entsprechend MEA
2005
)
Naturnahe Hochwasserschutzmaßnahmen sind am häufigsten mit den folgenden
Ökosystemleistungen verbunden, welche auf diese Weise den Nebennutzen ergeben. Es
handelt sich vor allem um: Zunahme der Wasserretention in der Landschaft, Erhöhung
der Wasserqualität
(was indirekt positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat),
Bodenschutz vor Erosion, Regelung der Sedimentabtragung, Regelung der Luftqualität,
Sequestration von Kohlenstoff, Produktion von Biomasse, Zunahme des ästhetischen
Werts (Begrünung), Erholungsnutzen sowie Anstieg der Biodiversität.
Somit kann bei den einzelnen Maßnahmen deren Bedeutung in Bezug auf die
betreffende Ökosystemleistungskategorie betrachtet werden.
1.2
Übersicht über naturnahe Maßnahmen
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine
einheitliche Definition von naturnahen
Hochwasserschutzmaßnahmen. Die dieser Kategorie zugeordneten Maßnahmen
unterscheiden sich voneinander. Zu Zwecken dieses Dokuments wird Barlow, Moore et
Burgess-Gamble
(2014) zugrunde gelegt und es werden hier die
Maßnahmen
•
•
Nicht materieller Nutzen
•
Erholung und Tourismus
•
Wissenschaft und Bildung
•
Ästhetik
•
Nutzen, welcher mit der
Regelung von natürlichen
Prozessen verbunden ist
•
Klimaregelung
•
Regelung der
Luftreinhaltung
•
Regelung des
Wasserabflusssystems
•
Gewonnene Produkte
aus dem Ökosystem
•
Lebensmittel, Süßwasser
•
Brennholz, Biomasse
•
Biochemikalien
•
Leistungen, welche zur
Produktion aller anderen
Ökosystemleistungen
unabdingbar sind
•
Bodenbildung
•
Lebenszyklus von
Nährstoffen
•
Primärproduktion
Unterstüt-
zende
Leistungen
Produktions
-leistungen
Kulturelle
Leistungen
Regel-
leistungen
4
zugeordnet, welche für Tschechien und Sachsen bzw. für Mitteleuropa relevant sind. Das
Ergebnis sind 16 Maßnahmen, die in der Tabelle 1 aufgeführt sowie an Land in der
Landschaft umsetzbar sind und die miteinander kombiniert werden können. Ein Teil
der
Maßnahmen ist eher den technischen Maßnahmen zuzuordnen. Aber da die
betreffenden Maßnahmen mit vielen Ökosystemleistungen über den Rahmen der
Hochwasserschutzmaßnahmen hinaus verbunden sind, werden sie hier den naturnahen
Maßnahmen zugeordnet.
Tabelle 1
Übersicht über die Maßnahmen
Name
Maßnahmenart
Trockenwasserreservoir / Polder
Punktuelle Maßnahmen
Feuchtgebiet
Punktuelle Maßnahmen
Retentions- und Sedimentationsbecken an Land
Punktuelle Maßnahmen
Infiltration - Retentionsgraben
Lineare Maßnahmen
Sicherungsgraben
Lineare Maßnahmen
Umleitungsgraben
Lineare Maßnahmen
Feldrain aus Steine / Steinrücke
Lineare Maßnahmen
Änderung der Fruchtfolge
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Alternierender Streifenanbau
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Mulchen/Verbleib von Ernterückständen auf dem
Acker
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Konturpflügen
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Minimalbodenbearbeitung zur Verringerung des
Bodenabtrags
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Null-Bodenbearbeitung
Landwirtschaftliche - organisatorische
Maßnahmen
Anlage von Grünland
Landwirtschaftliche Maßnahmen
Aufforstung mit Laubbäumen
Landwirtschaftliche Maßnahmen
Aufforstung mit
Nadelbäumen
Landwirtschaftliche Maßnahmen
Für die einzelnen Maßnahmen wurde der Bereitstellungsgrad der betreffenden
Ökosystemleistung bewertet. In der Anlage 1 befindet sich die bewertete
Leistungsbereitstellung auf einer Skala von: keine
Bereitstellung, sehr beschränkt,
mittlere Bereitstellung sowie wesentliche Bereitstellung. In der nachfolgenden Tabelle
ist eine Zusammenfassung für die einzelnen Leistungskategorien enthalten
(Regelleistungen, Produktionsleistungen, kulturelle Leistungen und sonstiger Nutzen).
5
Tabelle 2
Bereitstellungsgrad der einzelnen Ökosystemleistungskategorien
Teil 1
Regelleistungen
Produktions-
leistungen
Kulturelle
Leistungen
Sonstige
Leistungen
Teil 2
Regelleistungen
Produktions-
leistungen
Kulturelle
Leistungen
Sonstige
Leistungen
Trockenwasserreservoir
/ Polder
Alternierender
Streifenanbau
Feuchtgebiet
Mulchen/Verbleib von
Ernterückständen auf dem
Acker
Retentions- und
Sedimentationsbecken
an Land
Konturpflügen
Infiltration -
Retentionsgraben
Minimalbodenbearbeitung
zur Verringerung des
Bodenabtrags
Sicherungsgraben
Null-Bodenbearbeitung
Umleitungsgraben
Anlage von Grünland
Feldrain aus Steine /
Steinrücke
Aufforstung mit
Laubbäumen
Änderung der
Fruchtfolge
Aufforstung mit
Nadelbäumen
Legende:
Bereitstellungsgrad
Keine Bereitstellung oder nur
sehr beschränkt
Mittlere
Bereitstellung
Wesentliche
Bereitstellung
6
Dieses Kapitel kurz
zusammengefasst:
• Zu Bewertungszwecken
ist eine der Methoden zu
verwenden.
• Die detaillierte
Bewer-
tung ist über die
Cost-
Benefit
Analysis
unter
Anwendung des
Öko-
systemleistungskonzepts
vorzunehmen.
• Die Übersicht der mit
den Maßnahmen
verbun-
denen
Kosten
befindet
sich in der Anlage Nr. 2.
2. Wie sind naturnahe Maßnahmen
zu bewerten?
Das wirtschaftliche Denken greift sukzessive auf viele weitere
Bereiche über, welche früher eng mit anderen Fachgebieten
verbunden waren (wie zum Beispiel Naturwissenschaften,
Technik oder Recht). Bei einem dieser Bereiche handelt es sich
um die Wasserwirtschaft, wo sich die Wirtschaft seit der
Jahrhundertwende immer mehr durchsetzen kann. In den
vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach komplexen Heran-
und Vorgehensweisen gestiegen. Eine wesentliche Rolle hat vor
allem die Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) gespielt. Das
wirtschaftliche Hauptaugenmerk liegt vor allem auf der
Zuweisung von beschränkten Mitteln und Ressourcen unter der
Konkurrenznutzung. Zu Bewertungszwecken steht hier eine
ganze Reihe von angewandten Bewertungsmethoden zur
Verfügung. Anhand von Macháč et Brabec (2018) finden zum gegenwärtigen Zeitpunkt
drei generelle Methoden innerhalb der Wasserwirtschaft Anwendung: (i) die monetäre
Kosten- und Nutzenanalyse; (ii) die multikriterielle Analyse und (iii) die Verfahren,
welche auf den Punkten Verfügbarkeit, Ertrag sowie gesellschaftliche Akzeptanz
basieren.
Auf Basis der Literaturübersicht (z. B. Slavíková et al., 2015 oder Galioto, 2013) ist die
wirtschaftliche
Bewertung der auf natürlichen Prinzipien beruhenden Maßnahmen über
die Kosten- und Nutzenanalyse
(CBA) sowie über das Ökosystemleistungskonzept
vorzunehmen. Bei der CBA handelt es sich um ein analogisches Verfahren für die
Finanzanalyse in Unternehmen,
wo neben den finanziellen Privaterträgen und
-kosten
auch die sonstigen gesellschaftlichen Kosten sowie der Nutzen in Betracht gezogen
werden. Die gesellschaftlichen Kosten und der Nutzen sind oft nicht von unmittelbarem
finanziellem Charakter, sondern haben wesentliche Auswirkungen auf das Flussgebiet,
die Landschaft, die Landwirtschaft oder auf die Lebensqualität. Aus diesem Grund stößt
man sowohl auf der Kosten- als auch Nutzenseite auf viele Nichtmarktleistungen/-
waren, welche zu bewerten sind.
Das Ökosystemleistungskonzept kann zur
Identifikation und Kategorisierung der Kosten und des Nutzens verwendet werden. Als
nutzbringend gelten der CBA zufolge Maßnahmen, wo der Nutzen die Kosten überwiegt.
Die Kosten- und Nutzenbewertung sowie der Kosten- und Nutzenvergleich ist mit vielen
Schwierigkeiten verbunden. Am wichtigsten von diesen Herausforderungen ist ein
7
beträchtlicher zeitlicher und finanzieller Aufwand. Zur Reduzierung dieses Aufwands
sowie Belastung ist der nächste Teil dieses Dokuments
bestimmt.
Infrage kommt der Nutzen, welcher Auswirkungen auf die Gesellschaft und die
einzelnen
Personen
hat
(Flussgebietsverwaltung,
hiesige
Bewohner,
Touristen,
Landwirte, Klein-
und Großunternehmer,
Wasser- und Kanalisationsunternehmen, etc.).
Auf diese Weise wird der Kosten und Nutzen im Rahmen der wirtschaftlichen
Bewertung als anthropogene Faktoren aufgefasst. Alle Werte werden von den
Präferenzen der Menschen abgeleitet
-
und dies entweder über Marktpreise, sofern
diese für die betreffenden Güter
existieren oder sie werden als Bereitschaft dargestellt,
für die betreffende Leistung zu bezahlen. Diese wirtschaftliche Betrachtung
unterscheidet sich wesentlich von der Nutzenbetrachtung in den Naturwissenschaften,
wo sich dem Nutzen ein Wert zuschreiben lässt,
welcher vom Standpunkt der Menschen
unabhängig ist. Alle anderen nicht anthropogenen Werte (wie zum Beispiel die Struktur
der biologischen Gemeinschaften) gelten somit als Werte, welche außerhalb der
menschlichen Wahrnehmungsebene liegen und somit im Rahmen unserer Methode
(finanziell) unbewertet bleiben.
Die wirtschaftliche Bewertungsmethode ist auf Abbildung 2 dargestellt. Nach der
Definition des bewerteten Projekts und Gebiets, auf welches es Auswirkungen haben
wird,
erfolgt
die
Identifikation
der
einzelnen
Kosten-
und
Nutzenkategorien,
einschließlich deren Quantifizierung und Darstellung in finanziellen Einheiten. Hierfür
finden in der Wirtschaft mehrere Bewertungsmethoden Anwendung.
8
Abbildung 2
Wirtschaftliche Bewertungsmethode
Nach der finanziellen Darstellung erfolgt die Annualisierung, wo der bekannte
gegenwärtige
Kosten-
und Nutzenwert auf Basis der jährlichen Kosten, die bei
Kumulation dem aktuellen Wert entsprechen, auf den zukünftigen gleichen
Werteverlauf übertragen wird (Jacobsen, 2005). Diese Methode ermöglicht
es, einfacher
der unterschiedlichen Lebensdauer von Teilmaßnahmen zu widerstehen sowie die
Festlegung eines Horizonts zu umgehen, für welchen der Wert festgelegt wird. Mehr zu
dieser Methode ist zum Beispiel in der zertifizierten Methodik von Slavíková et
al.
(2015) zu finden.
Die generelle Universalformel zur Annualisierung ist in der Gleichung 1 enthalten. Die
Gleichung ist bei Bedarf entsprechend den einzelnen Maßnahmengruppen zu
9
modifizieren. So ist zum Beispiel bei den regelmäßigen Betriebskosten, bei
denen nur
inflationsmäßige Änderungen zu erwarten sind, keine Umrechnung erforderlich. Der
Jahreswert ist in diesem Fall gleich dem annualisierten Wert. Die einzelnen
Gleichungsmodifizierungen sind bei Slavíková et al. (2015) enthalten.
Gleichung 1
Annualisierung der Kosten (
Eigene Aufstellung
entsprechend Slavíková et al.
2015
)
= ∑
×
×
(1
+
)
(1
+
)
− 1
Bedeutung:
AC
= annualisierte Kosten,
NPV
l
= aktueller Kostenwert im Zusammenhang mit einer bestimmten
Lebensdauer,
i
= Abzinsungsfaktor,
l
= erwartete Lebensdauer der betreffenden
Maßnahme.
Zur Bestimmung des Kosten- und Nutzengesamtwerts kann ein Kosten- und
Nutzenvergleich erfolgen. Aufgrund von Sicherheiten und Risiken erfolgt eine
Sensitivitätsanalyse. Üblicherweise erfolgt diese über Szenarien, wo die
Mindestauswirkungen des Abzinsungsfaktors getestet werden. Des Weiteren finden die
Kosten und der Nutzen in der Diskussion Eingang, die nicht finanziell dargestellt werden
konnten. Beim letzten Schritt, welcher aus den vorhergehenden Schritten folgt, handelt
es sich um die Bestimmung sowie Bewertung des gesamtgesellschaftlichen Nutzens der
Maßnahmen.
2.1 Kostenidentifikation und -bewertung
Im Rahmen der CBA gehören alle mit der Umsetzung der Maßnahmen verbundenen
negativen Auswirkungen zu den Kosten. Es handelt sich vor allem um (i) die
Investitionskosten, (ii) die
Betriebskosten, (iii) die Kosten für entgangene Gelegenheiten
(entgangener Gewinn) und (iv) um die Verwaltungskosten. Die Verwaltungskosten sind
in Bezug auf die konkrete
Maßnahme eng spezifiziert. Aufgrund ihrer schwierigen
Vorhersage werden sie nur in relevanten Fällen berücksichtigt.
In der Tabelle 3 ist eine ausführliche Übersicht der Kosten dargestellt, welche zu den
vorgenannten Kategorien gehören. Die
Identifikation der Kosten ist in Bezug auf
naturnahe Maßnahmen sowie unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Grundstückseigentümer und Maßnahmenrealisatoren erfolgt.
10
Tabelle 3
Aufgliederung der Kosten
Generelle Kostenkategorie
Kostenart - Beispiele
Investitionskosten
Grundstückkauf
*
Umsetzung/Aufstellung von Maßnahmen
Betriebskosten
Umgestaltung sowie eventuelle Erneuerung der begrünten
Flächen, anschließende Pflege der Anpflanzung, einschließlich
der Entfernung von unerwünschter Vegetation und
Holzgewächsen infolge von Flugbesamung
Entfernung von Sedimenten
Reparatur und Instandhaltung der Objekte und Befestigung
Technische Sicherheitsüberwachung
Regelmäßige Kontrolle aller Objekte und der an das
Wasserwerk angrenzenden Gegend, bei
erhöhtem Durchfluss
höherer Kontrollintensität
Steuerung der Regelobjekte und Betriebssteuerung
Prozessüberwachung, Wartung der Messsysteme
Opportune Kosten
Entgangener Gewinn/entgangene Fördermittel aus der
Produktion von landwirtschaftlicher/forstwirtschaftlicher
Tätigkeit
*
Verwaltungskosten
Erstellung des Projekts zur Umsetzung der Maßnahmen
Lieferanten-Auswahlverfahren
Bauaufsicht
Erstellung der
Unterlagen für ein eventuelles Verfahren
bezüglich der Umweltauswirkungen der Maßnahmen
Sonstige Verwaltungskosten
*
bei der Bewertung werden entweder die Kosten für den Grundstückskauf oder vom entgangenen
Gewinn zugrunde gelegt, entsprechend diesem die
Zahlung zur Pachtung des Grundstücks zur
Umsetzung der Maßnahmen festgelegt würde.
Im Rahmen der wirtschaftlichen Bewertung wurden die Kosten für 16 naturnahe
Maßnahmearten festgelegt. Die Teilbeträge der Investitionskosten, der Betriebskosten
und der Kosten für entgangene Gelegenheiten befinden sich in der Anlage 2. Deren
Festlegung ist anhand bereits umgesetzter Maßnahmen in der Tschechischen Republik
entsprechend der oben genannten Aufgliederung erfolgt.
11
2.2 Nutzenidentifikation und -bewertung
Der jeweilige Nutzen wird von den oben präsentierten Ökosystemleistungskonzepten
abgeleitet. Die Aufzählung der Leistungen ist in der nachfolgenden Tabelle enthalten.
Neben jedem Nutzen
ist auch die eventuelle Bewertungsart des Nutzens aufgeführt.
Tabelle 4
Zuordnung von geeigneten Methoden zur Bewertung der jeweiligen
Ökosystemleistungen (des Nutzens)
Bereitgestellter
Nutzen/Ökosystemleistun
g
Bewertungsmethode
Regelleistungen
Regelung des Abflusses
Marktpreise (Kosteneinsparung auf andere Weise als durch
Wasserretention)
Reduzierung des
Hochwasserrisikos
Marktpreise (entsprechend den Schäden), Kosten zur Vorbeugung
Wasserqualität
Kosten zur Vorbeugung, Kosten für alternative Maßnahmen
(Kosteneinsparung zur Reinigung von entnommenem Wasser)
Lärmreduzierung
Kosten für alternativ Maßnahmen (z. B. Schalldämmung von
Wohnungen)
Luftqualität
Kosten zur Vorbeugung, Kosten für alternative Maßnahmen (Retention
von Schadstoffen aus der Luft: Staubteilchen -
durch Beschränkung der
Winderosion, von Stickstoffoxid, Schwefel und von Ozon)
Bodenerosion
Kosten für alternative Maßnahmen (Kosteneinsparung zum Kauf von
Bodenschwund sowie Kosteneinsparung zur Ersetzung von Nährstoffen
und Sedimententfernung
aus den Flüssen)
CO
2
-Reduzierung
Kosten zur Vorbeugung, Kosten für alternative Maßnahmen, Marktpreis
für CO
2
-Genehmigungen
Kulturelle Leistungen
Nutzen zu
Erholungszwecken
Experimentauswahlverfahren, Reisekostenverfahren
Ästhetischer Wert
Präferenzdarstellungsverfahren: Experimentauswahl, die Bereitschaft
zu zahlen
Produktionsleistungen
Biomassenproduktion
Marktpreisverfahren (Kaufpreis für Biomasse nach Abzug der
erforderlichen Transportkosten, etc.)
Sonstiges
Zunahme der Biodiversität
Experimentauswahlverfahren
Eine weitere geeignete Methode, die sehr einfach anwendbar ist, ist der Wertetransfer
(der Nutzentransfer). In Bezug auf die Relevanz der Ergebnisse sind die lokalen Aspekte
zu berücksichtigen. Aus
dieser Sicht ist es ratsam, den Wertetransfer anhand der Meta-
Analyse vorzunehmen.
12
Dieses Kapitel kurz
zusammengefasst:
• Zur Erstellung des
Maßnahmenkatalogs sind
die naturnahen
Maß-
nahmen
unbedingt
zu
definieren.
• Die wirtschaftliche
Bewertung ist mit vielen
Herausforderungen
und
Unsicherheiten
ver-
bunden.
Zu
den
Hauptfehlern gehört die
mehrfache Kosten- und
Nutzenberücksichtigung.
3. Was ist abschließend (nicht) empfehlenswert?
Diese Unterlagen bilden die Grundlage zur Kategorisierung von
naturnahen Maßnahmen, einschließlich deren wirtschaftlicher
Bewertung. Im Rahmen der Kategorisierung ist zunächst die
mehrdeutige Definition von naturnahen Maßnahmen zu klären.
Für den Maßnahmenkatalog muss diese Maßnahmenkategorie
unbedingt definiert werden. Es ist ratsam, die Maßnahme im
Zusammenhang mit den lokalen Bedingungen und dem
Auswirkungsgrad auf das gesamte Flussgebiet wirtschaftlich zu
bewerten. Die Festlegung der Kosten für die
Maßnahmen ist auf
Basis
von
bereits
umgesetzten
Maßnahmen
als
Durchschnittswerte erfolgt. In einigen Fällen kann es infolge
der lokalen Bedingungen zu wesentlichen Abweichungen
kommen. Dasselbe gilt bei der Nutzenzuordnung bzw. der
Zuordnung der Ökosystemleistungen zu den einzelnen Maßnahmen. Dies kann oft
diskutabel sein. Bei den einzelnen Maßnahmen sind eher die von potenziellem
Charakter, die erfüllbar sein können, aber nicht müssen.
Der gesellschaftliche Nutzen der einzelnen Maßnahmen ist von Fall zu Fall
unterschiedlich. Mancher Nutzen macht sich erst dann bemerkbar, wenn es gelingt, ein
gewisses Volumen an Maßnahmen umzusetzen (z. B. durch Reduzierung der
Eutrophierung lassen sich mehr Maßnahmen umsetzen, die Maßnahmen haben einzeln
betrachtet an und für
sich keine Auswirkungen).
Neben den zusammenfassenden Tabellen (Kosten sowie Übersicht und
Bereitstellungsgrad der Ökosystemleistungen) beinhaltet das Dokument des Weiteren
eine generelle Anleitung zur Vornahme der Kosten- und Nutzenanalyse (CBA), durch
welche
ein
Kosten-
und
Nutzenvergleich
unter
Berücksichtigung
der
Maßnahmenlebensdauer möglich ist. Im Rahmen der wirtschaftlichen Bewertung ist es
äußerst wichtig, häufige Fehler zu vermeiden sowie viele Unsicherheiten zu bewältigen.
Zu den häufigen Fehlern bei einer wirtschaftlichen Bewertung gehört vor allem die
mehrfache Kosten-/Nutzenberücksichtigung.
Hierzu kommt es vor allem dann, wenn die
Bewertung des gleichen Nutzen/der gleichen Kosten über mehrere Verfahren, mehrere
Hilfskennzahlen erfolgt. Somit ist es ratsam, bei einer Kombination der Verfahren eine
doppelte Nutzenberücksichtigung zu vermeiden. Als Beispiel hierfür seien die Kosten
13
zur Grundstücksbeschaffung erwähnt, welche sich bis zu einem gewissen Grad mit den
opportunen Kosten überlagern. Durch den Aufkauf des Grundstücks entsteht dem
ursprünglichen Eigentümer kein Schaden
- Einnahmenverlust mehr (wird durch den
Grundstücksverkauf kompensiert). Der Einnahmenverlust wird nunmehr auf den neuen
Eigentümer verlagert, welcher das Grundstück
allerdings zur Aufstellung der
entsprechenden Maßnahmen und nicht zum ursprünglichen Zweck erwirbt. Zur
doppelten Kosten-/Nutzenberücksichtigung
kann es auch dadurch kommen, dass
manche Verfahren zur Bewertung eines breiteren Nutzenspektrums
führen, wodurch es
zur
teilweisen Überlagerung kommen kann. Diesbezüglich ist es ratsam, eine
entsprechende Kombination der Verfahren zu wählen.
Eine Reihe von Unsicherheiten ist dann mit der Vorhersage der Entwicklung verbunden
sowie mit der Kosten- und Nutzenabzinsung (bzw. mit der Anwendung des
Abzinsungsfaktors zur Kosten- und Nutzenannualisierung), der Verwendung von
Werten aus anderen Gebieten/Ländern, etc. Im Rahmen der Festlegung des
gesellschaftlichen Nutzens muss somit die
Sensitivitätsanalyse
erfolgen, durch welche
die
Auswirkungen
der
einzelnen
Eingangsbewertungsparameter
auf
das
Analyseergebnis überprüft werden. Die einfachste Form dieser Analyse ist die
Analyseform über Szenarien, wo neben der Grundberechnung ein pessimistisches sowie
ein optimistisches Szenario erstellt wird. Im Rahmen dieser Szenarien kann dann die
Einstellung der einzelnen Parameter abweichend von der Grundberechnung erfolgen.
Auf diese Weise werden die Grenzen festgelegt, innerhalb derer sich das Ergebnis
bewegt.
14
4. Literatur
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. Environment Agency Flood and Coastal
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výjimek z důvodu nákladové nepřiměřenosti opatření k dosahování dobrého stavu vodních útvarů
(Methodik zur Anwendung von Ausnahmen aufgrund der kostenmäßigen Unangemessenheit von
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Prag: Výzkumný ústav
vodohospodářský T. G.
Masaryka (wasserwirtschaftliches Forschungsinstitut T. G. Masaryk),
v.v.i., ISBN 978-80-87402-42-9.
TEEB. 2010.
The Economics of Ecosystems and Biodiversity: Ecological and Economic Foundation.
London and Washington: Earthscan.